E-Book, Deutsch, 144 Seiten
Siege Asni
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-89741-938-4
Verlag: Ulrike Helmer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 144 Seiten
ISBN: 978-3-89741-938-4
Verlag: Ulrike Helmer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein reicher Farmer, der im äthiopischen Hochland Drogen anbaut, begehrt das Mädchen Asni als Zweitfrau. Sie wehrt sich, doch ihr eigener Vater zwingt sie, die Schule aufzugeben und ins Dorf des Farmers zu gehen. Bald entscheidet sie sich, wegzulaufen, und flieht als Muslima verkleidet, nach Addis Abeba. Asni schuftet als Haushaltshilfe, läuft erneut weg und lebt schließlich mit anderen Kindern auf der Straße. Bis der Chat-Farmer ihre kleine Schwester als Zweitfrau fordert …
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1 Die Hände hatte er nicht gefesselt. Nur die Knöchel und um den Bauch ein dickes Seil. Er bindet sie los, hebt sie vom Pferdekarren und schiebt sie zu der Frau in der Tür. Sicher die Mutter des kleinen Mädchens, das an ihr lehnt. Ein wellenartiges Zittern durchfährt Asni. Die Augen des Kindes gleiten auf ihr wundes Knie. »Wer ist das?«, will die Frau wissen. »Das ist Asni!« Kassahuns Finger bohren sich in ihren Nacken. »Sie soll dir im Haushalt helfen.« »Warum hattest du sie festgebunden?« »Frag nicht so viel!« Kassahun drängt sie ins Haus, drückt sie auf eine Liege aus Knüppelholz und Kuhhautgeflecht und setzt sich dann dicht neben sie. Hier ist es warm und der Geruch von Essen, Kuhdung und saurer Milch erinnert Asni an Großmutter. Sie schließt die Augen und wünscht sich fort in Großmutters kleine Lehmhütte. »Was ist passiert?« Großmutter hatte die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, als Asni am späten Nachmittag mit der Ziege von der Weide gekommen war. »Wieso blutest du am Knie?« »Eine Schlange. Ich bin vor ihr weggelaufen und gestürzt!« »Was für eine Schlange?« »Sie war schwarz mit roten Streifen und ungefähr sooo lang«, Asni breitete ihre Arme aus. »Und ihre Zunge ging immer rein und raus!« »Das war keine Schlange!« Großmutter schaute besorgt und am Sonntag darauf brachte sie ihr Enkelkind nach dem Gottesdienst zum Priester. »Dir droht eine Gefahr«, prophezeite Abba Noah, während sich seine Augen durch sie hindurchzubohren schienen. »Aber hab keine Angst. Das heilige Wasser unseres Klosters wird dich vor dem Bösen schützen!« Er tätschelte ihren Arm, dann wandte er sich an Großmutter: »An sieben Tagen bringe sie hierher, bevor die Sonne aufgeht! Sieben Tage lang!« Am nächsten Morgen in der Frühe wurde Asni von der Großmutter geweckt, an die Hand genommen und noch im Halbschlaf zur Höhle von Abba Noah geführt, die er sich mit drei anderen Mönchen teilte. Der Abba wartete bereits vor einem der Eingänge auf sie. Er trug einen langen schwarzen Umhang und auf seinem Kopf ein gelbes Käppchen. In der Hand hielt er das große hölzerne Kreuz seiner Kirche. Sie folgten ihm bis zu einem anderen Eingang und schlüpften in die Höhle. Hier war es dunkel, kalt und still. Nur das Geräusch von Tropfen, die von der Decke fielen und in großen ausgehöhlten Steinen aufgefangen wurden, war zu hören. »Zieh dich aus!«, befahl der Priester. Asni schüttelte den Kopf. Der Abba war ein Mann und sie wollte sich ihm nicht nackt zeigen. Außerdem fror sie. Doch Großmutter zog ihr kurzerhand das Kleid über den Kopf. »Du willst doch von dem Bösen gereinigt werden, oder?« Und Asni gab nach. Zitternd vor...