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E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Simmons Helix

Erzählungen
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-19230-3
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Erzählungen

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-641-19230-3
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dan Simmons erschafft die fantastischen Mythen unserer Zeit

Mit „Helix“ legt Dan Simmons, der Autor des Bestsellers „Terror“, fünf preisgekrönte Erzählungen vor, die zum Besten gehören, was die SF in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht hat. Darunter eine Rückkehr in das Universum von „Die Hyperion-Gesänge“ und jene Geschichte, die den Grundstein für sein Zukunftsepos „Ilium“ legte. Diese Geschichten werden Sie nicht mehr loslassen!

Dan Simmons wurde 1948 in Illinois geboren. Nach dem Studium arbeitete er einige Jahre als Englischlehrer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Simmons ist heute einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Seine Romane »Terror«, »Die Hyperion-Gesänge« und »Endymion« wurden zu internationalen Bestsellern, die Verfilmung von »Terror« ist eine der erfolgreichsten TV-Serien unserer Zeit. Der Autor lebt mit seiner Familie in Colorado.
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EINLEITUNG


»Ganzheit; alles andere ist Öde und Trostlosigkeit.«

Mit diesem Satz beginnt und endet »Daniel Martin« von John Fowles. Es ist einer meiner Lieblingsromane, den ich freilich vier- oder fünfmal lesen musste, ehe ich die volle Bedeutung dieses Satzes erfassen konnte – nicht nur in Bezug auf den Roman selbst, sondern auch als cri de cœur, der als Mahnung an alle Schriftsteller und Künstler aus dem Herzen der Kunst selbst zu kommen schien. In der vorletzten Szene von »Daniel Martin« wird der Titelheld mit diesem Befehl konfrontiert, als er den Blick des alten Rembrandt sieht. Kompromisslos brennt auf einem der letzten Selbstporträts des Meisters die Kraft in den betagten Augen. Auch mich hat der Anblick eines Selbstbildnisses von Rembrandt wie ein Hammerschlag getroffen, und auch ich bin der Ansicht, dass hier sowohl die letzte Frage als auch die letzte Antwort zur schöpferischen Suche des Künstlers festgehalten sind.

Eigentlich schätze ich es nicht, wenn man mich durch Einführungen darauf vorbereiten will, ein besseres Verständnis für ein fiktives Werk zu bekommen. Ich lese Einleitungen zwar ganz gern, bin aber gleichzeitig auf der Hut. Für viel zu viele gilt das, was John Keats über schlechte Dichtung sagte: »Man spürt die Absicht uns gegenüber – und wenn wir dem Verfasser nicht beipflichten, schiebt er die Hände in die Hosentaschen.« Als Autor bin ich der Ansicht, dass eine Erzählung – wie die Kunst ganz allgemein – für sich stehen und nur für sich selbst genommen beurteilt werden sollte. Man sollte sie nicht mit hohlem Wortgeklingel retuschieren oder rechtfertigen müssen.

Und doch …

Da ich Leser und Autor zugleich bin, gefällt es mir, wenn die Geschichten meiner Lieblingsautoren durch Einleitungen in einen Kontext gestellt werden. Mein Freund Harlan Ellison sagte einmal: »Alle raten mir, eine Autobiografie zu schreiben. Ich antworte ihnen: ›Ich habe sie in jeder Geschichte, die ich veröffentliche, in Stückchen und Bröckchen in den Einleitungen, längst geschrieben.‹« Ich verspüre zwar nicht den Drang, eine Autobiografie zu schreiben, aber ich muss gestehen, dass ich Harlans mitreißende, aufschlussreiche Einführungen liebe, ja dass ich mich an einige dieser Texte sogar noch erinnern konnte, als ich die Einzelheiten der Geschichten, zu denen sie gehörten, längst vergessen hatte.

Im Gegensatz zu Performance-Künstlern, die ihr Publikum überall finden – etwa in den Benutzern eines Aufzugs oder den Gästen eines Restaurants –, trete ich in der Öffentlichkeit nicht in Erscheinung und habe auch nicht die Absicht, daran etwas zu ändern. In einer Zeit, in der die Privatsphäre missachtet wird und alle an rückhaltlosen Enthüllungen interessiert sind, wirke ich mit meinem Beharren auf Zurückgezogenheit altmodisch. Nein, ich bin damit altmodisch. »Sagen Sie nichts, ich werde auch nicht fragen« – das könnte meine Haltung zu einem großen Teil der Welt beschreiben, die vieles viel zu schnell offenbart.

Doch als Romanautor, der ab und an auch Kurzgeschichten veröffentlicht, habe ich die Mauern meiner Privatsphäre längst bewusst niedergerissen. »Schriftsteller treiben ihre Dämonen selbst aus«, sagte Mario Vargas Llosa einmal, und das Gegenstück zu dieser Maxime ist Henry James’ Bemerkung, die Gegenwart des Autors sei wahrnehmbar »auf allen Seiten all seiner Bücher, aus denen er sich so eifrig zu tilgen suchte«.

So ist vielleicht das Herstellen eines Kontextes die einzige Rechtfertigung für Einführungen, wie sie in dieser Sammlung erscheinen. Womöglich sind Einleitungen aber auch einfach nur ein Ausdruck guter Manieren, so wie man »Hallo« zu anderen Wanderern sagt, denen man hier in den Rocky Mountains, wo ich lebe, begegnet. Wenn man es richtig macht, beeinträchtigt der Gruß nicht die Landschaft und die Einsamkeit, welche die wahren Gründe sind, um hier zu wandern – und wenn man es richtig macht, stört eine Einführung den Leser auch nicht beim Lesen der Geschichte.

Die fünf Erzählungen in diesem Band sind in einer Zeit entstanden, in der der Autor deutliche, aber nicht unbedingt äußerlich sichtbare Veränderungen durchgemacht hat. Man möchte an Dante denken, der in der »Göttlichen Komödie« den Abschnitt über die Hölle folgendermaßen beginnen lässt:

Auf halbem Weg des Menschenlebens fand

Ich mich in einen finstern Wald verschlagen,

Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt.

Wie schwer ist’s doch, von diesem Wald zu sagen,

Wie wild, rau, dicht er war, voll Angst und Not;

Schon der Gedank erneuert noch mein Zagen.

Nur wenig bitterer ist selbst der Tod;

Doch um vom Heil, das ich drin fand, zu künden,

Sag ich, was sonst sich dort den Blicken bot.

Man könnte das für melodramatisch halten und die Ansicht vertreten, dass nicht sehr vielen Menschen eine Führung in und durch den neunten Kreis der Hölle angeboten wird – aber genau dort landen natürlich die meisten früher oder später. Viele – wenn auch nicht alle – haben das Glück, an Satans behaarten Schienbeinen hinunterklettern zu können (oder hinauf, weil er im eisigen neunten Kreis kopfüber begraben liegt), um wieder herauszukommen, und wenn sie auf dem Weg nach oben schon nicht durchs Fegefeuer ins Paradies gelangen, so doch wenigstens ins Licht eines gewöhnlichen Arbeitstages.

Ich hätte da einen Vorschlag. Falls Sie sich einmal in dichtem Gehölz wiederfinden, an einem Ort, an dem die einfachsten Dinge schiefgehen (was heißt, Ihr ganzes Leben gerät aus den Fugen), dann empfehle ich Ihnen, genügend Geld für ein paar Monate Therapie zusammenzukratzen. Wenn Sie das Geld dann haben, pfeifen Sie auf die Therapie und fliegen stattdessen zur Insel Maui. Fahren Sie zur fast unbewohnten Nordostküste und mieten Sie in der Nähe des Dorfes Hana (800 Einwohner) ein kleines hale. Wenn Sie dort sind, essen Sie hauptsächlich Reis und Gemüse, schlafen mit dem Rauschen der Brandung ein und erwachen vor der Morgendämmerung davon, dass der »weiße Regen von Hana« aufs Blechdach trommelt. Sie wandern viel, zeichnen ein bisschen, schreiben ein wenig (falls Ihnen das liegt) und hören Musik, soweit es Ihre Stimmung erlaubt. Der Waianapanapa State Park in der Nähe von Hana ist ein großartiger Ausgangspunkt für Wanderungen an der Küste – entweder nach Süden in Richtung Hana Town oder, noch interessanter, einige Meilen nach Norden bis zum kleinen Flugplatz von Hana. Wenn Sie sich vom Dorf entfernen, sollten Sie aber vorsichtig sein, denn der alte hawaiische »befestigte Wanderweg«, der am kahlen, vulkanischen Strand verläuft, ist keineswegs befestigt und stellenweise nicht einmal mehr als Weg zu erkennen. Der Wanderer muss über Blaslöcher springen und sich unter hohen Klippen an der donnernden Brandung im Geröll seinen Weg suchen. Ich übertreibe nicht, es ist wirklich eine bezaubernde Gegend – wunderschön mit dem milden Regen und den darauf folgenden Regenbogen, die sich über die grünen Hänge von Haleakala spannen. Sie werden garantiert auf andere Gedanken kommen.

Fünf Tage sollten reichen, eine Woche wäre noch besser.

Die längeren Geschichten, die Sie in dieser Sammlung finden, müsste man wahrscheinlich als Novellen bezeichnen, aber mir war nie so recht klar, von welchem Umfang an diese Bezeichnung gilt, deshalb nenne ich sie einfach »längere Geschichten«. Es gibt keine übergreifende Architektur, wohl aber einige gemeinsame Themen, die immer wieder auftauchen.

Wenn Autoren über ihre Themen reden, werden sie oft anmaßend. Ich will mich also lieber jetzt schon entschuldigen, falls die folgenden Kommentare diesen Eindruck erwecken sollten. Früher oder später muss freilich jeder mal über sein Handwerk reden – und wenigstens seinen Ehrgeiz beschreiben, ohne deshalb unbedingt über vollbrachte Leistungen zu schwadronieren.

Im Idealfall sollten die hier versammelten Geschichten (genau wie meine Romane) den Gedanken des niwa verwirklichen, was die Elemente des fukinsei, kanso, koko, datsuzoku, seijaku und shibui einschließt. All diese Elemente müssten durch die Resonanz von wabi und sabi verstärkt werden. Das scheint nicht immer der Fall zu sein, aber ich betrachte es zumindest als mein Ziel.

Vor einigen Jahren bin ich mit einem Freund nach Japan und in andere Regionen Asiens gereist. Angeblich, um für einen Roman zu recherchieren (die Recherchen ergaben schließlich, dass ich den Roman besser nicht schreiben sollte), in Wahrheit aber, um Zen-Gärten zu besuchen.

Das japanische Wort für Garten lautet niwa, doch es bedeutet auch »reiner Ort«. Wie beim Betrachten von Kunstwerken ist ein gewisses Maß an Vorbildung notwendig, wenn man einen Zen-Garten oder einen Moosgarten oder irgendeinen anderen japanischen Garten in sich aufnehmen möchte. Etwas sehr Einfaches kann viel mehr bedeuten, als man auf den ersten Blick zu erkennen vermag: Geharkter Kies könnte das Meer symbolisieren, ein Stein eine Insel mit Millionen Einwohnern, ein einfacher Strauch alle Wälder.

In diesen Gärten und, wie ich glaube, in zunehmendem Maße auch in meinen fiktiven Werken wirkt als steuerndes Element das fukinsei – die Ansicht, dass jenes Prinzip, welches das Gleichgewicht einer Komposition bestimmt, stets asymmetrisch sein sollte. Ein wenig bekannter Aspekt der Ästhetik scheint der zu sein, dass alle Menschen, ob sie es nun wissen oder nicht, bei...


Simmons, Dan
Dan Simmons wurde 1948 in Illinois geboren. Nach dem Studium arbeitete er einige Jahre als Englischlehrer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Simmons ist heute einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Seine Romane »Terror«, »Die Hyperion-Gesänge« und »Endymion« wurden zu internationalen Bestsellern, die Verfilmung von »Terror« ist eine der erfolgreichsten TV-Serien unserer Zeit. Der Autor lebt mit seiner Familie in Colorado.



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