E-Book, Deutsch, 192 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Sonnleitner Reflektiert führen
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-648-17765-5
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit vier Impulsen eine neue Führungskunst entwickeln
E-Book, Deutsch, 192 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-17765-5
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Christian Sonnleitner ist Philosoph. Er berät Konzerne und mittelständische Unternehmen zu Leadership-Themen und lehrt als Dozent an der Hochschule für Oekonomie und Management München (FOM). Sein Motto: Unterschätze niemals Menschen. Der Autor lebt in München.
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1 Die erste Frage der Führungskunst: Wer bin ich?
Wer bin ich?
Vor allem junge Menschen am Beginn zum Erwachsenwerden stellen sich diese Frage. Aus einer gewissen Verunsicherung oder manchmal auch Euphorie oder Verzweiflung heraus geht die Frage aufs Ganze. Es ist eine Übergangszeit: vom Kind zur Frau oder zum Mann. Haben wir uns gefunden, stellen wir uns schon wieder in Frage. Es ist eine Zeit der Unruhe, aber auch des Neubeginns. Die Frage Wer bin ich? ist zentral für alle Phasen unserer Entwicklung als »sich selbst deutende Tiere«, in denen es um Neuorientierung und Wachstum geht. Zum Führungsverständnis passt sie dann, wenn wir unsere eigene Einstellung erforschen, uns reflektieren, sortieren und neu orientieren wollen. Überleg einmal: Kann man Verantwortung für Menschen übernehmen, kann man sie führen, ohne über sich zumindest einigermaßen Bescheid zu wissen?
Was erwartet dich?
Das erste Quartal der 100 Tage wird das intensivste der vier sein. Indem du dir die erste Frage in immer neuen Variationen stellst, lernst du deine Persönlichkeit kennen und beginnst, sie zu verstehen. Die Fragen sollen aktiv machen. Begreife es als sportliche Herausforderung, dich selbst im Kontext deiner sozialen und persönlichen Wirklichkeit zu hinterfragen. Du wirst immer ins Schwarze treffen. Was erwartet dich in den folgenden Zehnzeilern? Neben philosophischen Gedanken werden wir unterschiedliche Erwartungen klären, die uns betreffen. Zur Führungskunst gehört unbedingt die Beschäftigung mit wunden Punkten, mit Stärken natürlich, aber auch mit Schwächen. Wie frei sind wir? ist eine besonders wichtige Frage.
Weitere Inhalte des ersten Quartals
Mit Fragen zu unserer Einstellung und Haltung bewegen wir uns ins zentrale Geschäft der Führungskunst. Sogar die Sinnfrage wird gestellt und dabei überlegt, was eine souveräne Persönlichkeit auszeichnet. Werte dürfen nicht fehlen. Was sind Werte? Was haben sie mit uns, was mit dem Unternehmen zu tun? Wie gehen wir mit Regeln um? Neben der allfälligen Wertediskussion dreht sich das erste Quartal auch um Strukturen und Funktionen, die uns umgeben. Wir sind nicht allein, sondern beruflich und privat eingerahmt von Organisationsformen, die uns und unsere Kommunikation prägen, von Partnerschaft über Familie und Verein bis zur NGO, zum mittelständischen Unternehmen oder Konzern. Wir sind nicht allein: Wir erleben Verbundenheit mit anderen und Beeinflussung durch andere. Dies alles und mehr. Appetit bekommen?
Es geht los: erste Phase, erster Versuch, erstes Glück
Bei unserer Orientierung bauen wir unbewusst darauf auf, was wir von uns zu wissen meinen und wovon wir bereits überzeugt sind. Es lohnt sich, das ebenfalls kritisch zu beäugen und uns auf die Suche nach unseren sogenannten blinden Flecken zu machen, die zwar andere, aber wir selbst nicht wahrnehmen. Plane dir in den nächsten Tagen eine Stunde ein – nur eine einzige. Suche einen ruhigen und ansprechenden Ort auf, mache einen Spaziergang. Die Aufgabe: Auseinandersetzung mit der Frage Wer bin ich? Lasse deinen Gedanken zunächst freien Lauf. Beobachte dich dabei, was in dir geistig (deine Gedanken betreffend), emotional (alle aufkommenden Gefühle inbegriffen) und körperlich (Empfindungen, die gerade eine Rolle spielen) vorgeht. Nimm dir zur Vertiefung ein paar der Zehnzeiler vor oder wähle einen Gedanken aus, der dir gerade wichtig ist. Versuche dabei, in der Gegenwart zu bleiben.
Der Prozess geht los: Mal über sich selbst nachdenken
Wer bin ich? ist die Schlüsselfrage der Selbstreflexion. Indem wir sie uns stellen, beginnt ein elementarer Prozess. Dieser (Reflexions-)Prozess ist uns Menschen eigentümlich und vielleicht sogar vorbehalten. Selbstreflektierend, über uns selbst nachdenkend, verfolgen wir ein Erkenntnisinteresse: uns selbst zu begegnen, eine Antwort auf die Frage, wer ich sei, zu erhalten usw. Die Motivation kann ganz unterschiedlich sein, je nachdem was wir mit der gewonnenen Erkenntnis tun. Wir, unterwegs zur Mona Lisa in uns und zu unserer eigenen Führungskunst, wollen wissen, was wir für eine Persönlichkeit sind, die führt. Andere starten diesen Prozess als Wissenschaftler und untersuchen dessen Eigentümlichkeiten, andere wollen Zufriedenheit, Problemlösung oder ein Verständnis, ob das »Ich« nur eine Illusion ist usw. Versuche also, dir in dieser Stunde der Selbstreflexion über deine Motivation und dein Erkenntnisinteresse klar zu werden.
Nachdenken – was ist das gleich nochmal?
Nachdenken ist wie ein innerer Dialog, der nicht nach schnellen Antworten sucht. Es ist die Kunst, den Raum zwischen Impuls und Reaktion zu weiten. Nachdenken bedeutet, die eigene Sicht zu hinterfragen, ohne sich zu verurteilen. Es schafft Ordnung im Chaos und gibt den Dingen ihren rechten Platz. Nachdenken verlangt Geduld: Nicht jede Frage will sofort beantwortet werden.
Es ist die Begegnung mit sich selbst – eine Übung in Mut und Offenheit. Dabei sind Fehler keine Stolpersteine, sondern Einladungen, genauer hinzusehen. Nachdenken ist ein leiser Akt der Schöpfung, der Kraft und Klarheit bringt. Es ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um in einer komplexen Welt zu bestehen. In der Führungskunst ist es der erste Schritt zu Selbstführung und Weisheit. Mit Victor Frankl gesprochen, sollten wir weniger darüber nachdenken, was wir vom Leben zu erwarten haben, viel mehr reflektieren, was das Leben von uns erwartet.
Nachdenken in der Führungskunst
Nachdenken beginnt mit Innehalten – ein Moment der Stille, um anzukommen. Es ist das Beobachten der eigenen Gedanken, ohne sie gleich zu bewerten. Stelle Fragen: Was bewegt mich? Was habe ich übersehen? Was ist wirklich wichtig? Entwickle kleine Szenarien und betrachte sie aus verschiedenen Perspektiven. Erkenne Muster in deinen Überlegungen – wo führt dich dein Denken immer wieder hin? Halte Ideen fest, nicht um sie festzuschreiben, sondern um sie weiterzuentwickeln. Nachdenken ist das bewusste Zulassen von Zweifeln, aber auch das Suchen nach Klarheit. Nutze äußere Impulse: ein Gespräch, ein Buch, eine unerwartete Beobachtung.
Überlege, was dich ins Handeln bringt – und was dich vielleicht noch aufhält. Nachdenken heißt, die Zeit zu nutzen, um innerlich aufgeräumter weiterzugehen.
Lasse die Frage wirken: Wer bin ich?
Großen Respekt vor den drei Wörtern brauchst du nicht aufzubringen. Respekt gilt dir selbst, also diesem Ich, das wir erforschen wollen. Denke an die letzten Jahre oder wichtige Zäsuren deines Lebens. Denke an das Auf und Ab deiner Entwicklung. An die Menschen, die dir nahe sind oder waren. An große oder kleine Erfolge. Die schönen und schmerzhaften Erfahrungen. Was ist unverzichtbar für mich? Anerkennung, Erfolg, gutes Auskommen, Freunde, Lebenspartner? Wenn das alles nicht mehr da wäre, was würde übrigbleiben? Das nackte Ich? Wer hat dich für deinen aktuellen Beruf eingestellt und warum? Warum hast du dich für deinen Beruf, für diese Firma entschieden?
Bei der Frage Wer bin ich? zählen auch Gefühle
Gefühle geben Sinn, Richtung, Orientierung mitten im gegenwärtigen Leben, im Jetzt meines Daseins. Wie fühlt sich das an, ich zu sein? Gut? Neutral? Nicht so gut? Gefühle kommen und gehen, die Person bleibt. Wichtig für das Selbstverständnis sind sie allemal. Denn sie zeigen etwas Sensationelles. Sie zeigen, dass wir leben und nicht nur aus Gedanken bestehen. Zum Leben gehören Freude und Schmerz, Liebe und Ablehnung, Sympathie und Antipathie. All das zeichnet deine Persönlichkeit aus. Und damit spielt es auch für dich als Führungskraft eine Rolle. Als Führungskraft bist du kein klinisch sauberer Avatar einer beruflichen Rolle, außer du willst das so. Wer bist du?
Klartext: Was sind Gefühle?
Sobald das Wort Gefühl fällt, entsteht spontan Unklarheit: irgendetwas Irrationales. Etwas, was soft ist und »im Bauch« entsteht, so reden wir. Mit der ersten Frage der Führungskunst sortieren wir den Sinn von Gefühlen. Gefühle bestehen aus unseren ganz normalen körperlichen Empfindungen wie Wohlgefühl und Schmerz und unseren Emotionen wie Angst und Furcht, Liebe und Hoffnung, Hass und Ablehnung, Verbundenheit und Sicherheit. Gefühle kommen und gehen. Weißt du noch, was du gestern zu einer bestimmten Uhrzeit gefühlt hast? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dies nicht mehr zu wissen.
Mit Emotionen reagieren wir auf unsere Körperempfindungen und Wahrnehmungen
In meinem Führungsalltag: Welche körperlichen Empfindungen treten regelmäßig bei mir auf? Zu welchen emotionalen Befindlichkeiten führen sie? Welche Emotionen steuern mich in meinem (Führungs-)Verhalten? Was läuft bei mir immer wieder ab? Wo bin ich buchstäblich verhärtet? Welches innere Programm wird aktiviert, wenn ich etwas Bestimmtes erlebe? Vergegenwärtige dir die Reaktionen und inneren Zustände, die entstehen. Denn daraus bilden sich Verhaltensmuster, das bedeutet Reaktionsroutinen. Wenn du diese Muster erkannt hast, entwickelst du dich als Experte deines eigenen Verhaltens weiter. Gefühlskram? Vielleicht. Die Meinung deiner Umwelt über dich hängt allerdings wesentlich davon ab.
Können wir unsere Gefühle verändern?
Neben dem sicher aufschlussreichen Selbststudium der eigenen Reaktionsroutinen stellt sich die Frage, ob und wie wir unsere Gefühle verändern können. Wer will nicht eher positive Emotionen sein Eigen nennen? Unser Selbststudium...




