Spoerri / Prediger / Aurel | Winterstern | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 362 Seiten

Spoerri / Prediger / Aurel Winterstern


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-96164-066-9
Verlag: Sternensand Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 362 Seiten

ISBN: 978-3-96164-066-9
Verlag: Sternensand Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Was ist ein Winterstern? Ein magisches Artefakt? Ein verwunschener Ort? Eine verzauberte Person? Oder etwas, das gar nicht greifbar ist? Lasst euch in fremde Welten entführen, lernt fantastische Legenden kennen, kämpft für die Gerechtigkeit, Liebe oder Freiheit, erlangt Ruhm und Ehre, erfahrt, was wirklich zählt im Leben. Dies ist eine Fantasy-Anthologie, die euch zum Lachen, Lieben, Gruseln, Träumen, Hoffen und Bangen einlädt.

C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Ursprünglich aus der Klinischen Psychologie kommend, schreibt sie seit Frühling 2014 erfolgreich Fantasy-Jugendromane (Alia-Reihe, Greifen-Saga) und hat im Herbst 2015 mit ihrem Mann zusammen den Sternensand-Verlag gegründet. Weitere Fantasy- und New Adult-Projekte sind dabei, Gestalt anzunehmen.
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Jasmin Aurel – Gewispert


Über die Geschichte:

Als Ethan im Kaminzimmer seines guten Freundes Gabriel einschläft, hat er eine unheimliche Begegnung.

London, 1893

Es war einer dieser düsteren Tage im Februar, an denen der Winter nie zu enden schien.

Ich war zu jener Zeit bei Gabriel zu Gast, einem meiner engsten Freunde seit Kindertagen. Er war Musiker und wie stets nach dem Abendessen ließen wir uns in seinem Musikzimmer nieder, er am Klavier, ich vor dem Kamin.

Wir tranken ein Glas Wein und ich rutschte tiefer in den Sessel. Gabriels Diener Adrian reichte Tee.

Die zarte Melodie des Instruments, die knisternde Wärme der Flammen – schon nach wenigen Minuten fiel ich in tiefen Schlaf.

»Ethan«, flüsterte es.

Nur mit Mühe öffnete ich die Augen. Meine Lider waren schwer wie Blei.

»Schlaf nicht ein. Wenn wir einschlafen, war alles nur ein Traum.«

Mit einem Seufzen drehte ich den Kopf zur anderen Seite, wollte nicht aufwachen. Ich war müde, so müde …

»Schlaf nicht ein«, flüsterte es erneut.

Ich öffnete die Augen.

»War denn alles nur ein Traum?«

Ich fror. Der Kamin war düster und kalt.

Verwirrt richtete ich mich auf. Mein Atem nahm in der eisigen Luft Gestalt an.

Der Raum lag in Dunkelheit. Alle Lichter waren erloschen, lediglich ein paar wenige Kerzen flackerten noch.

Mein Freund war mit dem Oberkörper auf das Klavier gesackt.

»Gabriel! Gabriel, was ist mit dir?« Erschrocken trat ich zu ihm, rüttelte an seiner Schulter, fühlte seinen Puls.

Sein Arm rutschte dabei über die Tasten, erzeugte krude Missklänge.

Gabriel atmete, doch er war bewusstlos. Seine Haut fühlte sich kalt an, als wäre er tot.

»Ethan«, flüsterte es.

Weißer Nebel kroch über den Teppich auf mich zu, kringelte sich in Schlieren und Schleifen, löste sich auf, um mich zu umhüllen.

Mein Schuh stieß gegen eine Teetasse. Adrians Finger berührten sie noch, er selbst lag bäuchlings auf dem Boden. Die Kanne war zerbrochen und der Tee tränkte den Teppich. Auch der Diener war nicht bei Bewusstsein, fühlte sich kalt und leblos an.

»Sie träumen«, flüsterte es.

Langsam hob ich den Blick.

Dort stand Annabel. Träge zog der Nebel seine Bahnen um sie, als wäre sie das Zentrum seiner Kraft.

»Annie.« Ich bekam kaum Luft. Das konnte nicht sein. »Das ist unmöglich.«

Sie lächelte. Sie trug das zarte Spitzenkleid, in dem sie beerdigt worden war.

»Das ist ein Traum«, erkannte ich und doch klang es wie eine Frage.

»Nicht ganz.«

Ein Kichern huschte durch den Raum und sie war fort.

Verwirrt drehte ich mich im Kreis. Wie war das möglich? Annabel, Gabriels Schwester, meine Annie … meine Verlobte.

Ich spürte einen Luftzug. Im Flur flackerte ein warmes Licht auf.

»Annie?«

Das hier war nicht echt.

Ich hörte sie singen.

Aber Annie konnte nicht mehr singen. Sie war tot, begraben, schon seit ein paar Jahren.

»Das Eis zerbricht, ein Splitter gar,

Bohrt sich in dein Herz, für immer da.«

Was war das für ein Lied?

Früher hatte Annie viel gesungen. Bei jeder Gelegenheit hatte sie am Klavier gestanden, mit dem Gabriel sie begleitete. Sie hatte wie ein Engel gesungen und ich hatte sie nie stärker angebetet.

Tatsächlich glaubte ich, jedes ihrer Lieder zu kennen.

Wie ich mich doch irrte …

Ich verließ den Raum, rannte in den Flur.

Hinter der Ecke huschte Licht über die Wand wie Flammenschein.

»Er schmilzt nicht, nein, er brennt und sticht,

Verdunkelt deiner Seele Licht.«

Der Nebel war hier dichter, ich torkelte blind durch ihn hindurch.

Plötzlich stand ich im zweiten Stock vor dem Gästezimmer.

Wie war ich die Treppe hinaufgekommen?

Annie stand vor der offenen Tür und starrte auf mein Bett. Der Nebel kräuselte sich zu ihren Füßen. Sie trug ihr Haar offen, ein blonder Schleier.

Einen Wimpernschlag später stand sie im Zimmer.

Traurig blickte sie auf die Fotografie auf dem Nachttisch, die sie selbst zeigte.

Sie wiegte sich leicht und summte die eingängige Melodie der Strophe. Die Töne vibrierten in meinem Kopf und schmerzten unerträglich.

»Annie, bitte hör auf damit!«, flehte ich sie an, hielt mir die Ohren zu.

Das Summen erstarb. Langsam drehte sie sich zu mir um, sah mich aus großen Augen an.

»Hörst du das Wispern?«, flüsterte meine Annabel. »Es ruft mich zurück, ich sollte nicht hier sein.«

Ich hörte nur sie, sie, sie.

»Du bist tot«, beharrte ich. Als würde diese Tatsache dadurch an Wirklichkeit gewinnen. Dabei wünschte ich mir nichts mehr, als dass es nicht der Wahrheit entspräche.

»Suche nach dem Winterstern«, sagte sie und machte einen Schritt auf mich zu. »Er ist nicht fern.«

Wie bitte?

Ich nickte unsicher, weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte.

Winterstern? Was redete sie nur?

Da stand sie vor mir, meine Annie. Sie sah nicht aus wie ein Geist. Sie war lebendig, atmete, bewegte sich.

Wie konnte es ein Traum sein? War es echt? War ich wahnsinnig? Hatte ich ihren Tod nur geträumt? War sie ein Spuk? Ein Gespenst? Eine Manifestation des Wahnsinns?

Vorsichtig hob ich die Hand. Meine Finger berührten schon fast die weiße Spitze ihres Ärmels, als sie sich ruckartig abwandte und vor sich hin murmelte.

»Schürt ein Fieber, treibt dich in die Nacht,

Wo die Finsternis ist an der Macht.

Schürt ein Fieber, treibt dich in die Nacht,

Wo die Finsternis ist an der Macht.

Schürt ein Fieber, treibt dich in die Nacht,

Wo die Finsternis ist an der Macht …«

Sie wiederholte es immer und immer wieder, schneller und schneller.

»Was ist der Winterstern?«, fragte ich laut, um sie zu übertönen.

Sie hielt inne und drehte sich von mir weg, löste sich im Nebel auf.

Ich blieb allein zurück, blickte hilflos um mich.

Wenn das ein Traum war, warum wachte ich dann gottverdammt noch mal nicht endlich auf?

Ich fror, fühlte Schmerzen. Was für eine elende Sorte Traum sollte das sein?

Doch am meisten schmerzte mein Herz …

Nichts geschah. Sogar meine Taschenuhr, die neben dem Bild von Annie auf dem Nachttisch lag, stand still. Die Zeiger bewegten sich nicht. Kein Ticken, nicht das geringste Geräusch drang an mein Ohr.

Mit einem Mal fühlte ich mich einsam.

Was hatte ich getan, dass mir so etwas widerfuhr?

Da hörte ich sie wieder singen.

Die Melodie drang die Stufen herauf, hing in der Luft wie Annabels Parfum.

»Hörst du das Wispern, gar nicht fern?

Suche nach dem Winterstern, Winterstern.

Hörst du das Wispern, gar nicht fern?

Suche nach dem Winterstern, Winterstern.«

Ich folgte dem Ursprung ihrer Stimme bis in die Eingangshalle.

»Ich höre dich. Rede mit mir! Was ist der Winterstern?«

»Hast du ihm von uns erzählt?«

Kerzengerade aufgerichtet, stand sie mitten in der Halle, die Hände in den Stoff ihres Kleides gekrallt.

Ich wusste, was sie meinte. Sie sprach von ihrem Bruder und unserer heimlichen Verlobung.

»Nein, Annie. Wir wollten es ihm gemeinsam sagen und dann … dann konnten wir es ihm nicht mehr gemeinsam sagen.«

Weil ihr das Leben genommen worden war. Und allein hatte ich es nicht geschafft.

»Wieso hast du es ihm nicht nach der Beerdigung gesagt?«

Sie schien fast wütend darüber.

Ich war ein solcher Nichtsnutz, ich erzürnte sogar einen Geist, der mich heimsuchte.

Ich seufzte. »Wozu sollte ich ihm auch noch diesen Schmerz zufügen? Wir haben alle genug gelitten, Annie.«

Sie schwieg.

»Außerdem … außerdem ist unser Geheimnis das Einzige, was mir geblieben ist«, gestand ich in die Stille hinein.

Das war selbstsüchtig und die reine Wahrheit.

So dringend brauchte ich etwas Kostbares von ihr, das mir allein gehörte und mir niemand mehr nehmen konnte. Wenn auch sonst nichts blieb von unserer heimlichen Liebe, dann wenigstens das.

Wenn ich meine Erinnerungen teilte, waren sie nicht mehr mein allein. Sie war mein, und dann nicht mehr.

»Annie, ich habe dich so vermisst«, presste ich gequält hervor, hob erneut die Hand, um sie zu berühren.

Wenn ich sie doch nur spüren könnte, ihre Wärme …

Annie hob den Blick. Blutige Tränen liefen ihr aus den Augen. Ein Schnitt, hauchdünn, zeichnete sich quer über ihre Kehle … und begann zu bluten.

Das Blut lief erst langsam und dann in Strömen.

Es sollte spritzen, doch es lief stetig und unaufhaltsam aus ihr heraus, ohne einen Puls, ohne einen Herzschlag.

So viel Blut, dass es nicht mehr rot war, sondern schwarz wurde.

Voller Entsetzen wich ich vor ihr zurück.

»Nein!«

Es war überall.

Blut, Blut, B L U T!

Ein Meer aus Blut!

Es färbte ihr Kleid, strömte über den Boden, machte ihn glitschig, breitete sich immer weiter aus.

Es sprudelte in Wellen über meine Schuhe, tränkte meine Hose, nässte mein Bein.

Ich hatte Wärme erwartet, doch es war kalt.

Eisig wie der Tod.

Erschrocken wich ich zurück, rutschte aus, stürzte hart auf die Fliesen.

Annie krallte ihre Hände in die Haare und schrie.

Ich schrie....



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