Spranger | Kriegsgebiete | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Edition 211

Spranger Kriegsgebiete

Thriller
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-937357-69-0
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Reihe: Edition 211

ISBN: 978-3-937357-69-0
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Daniel gerät während seines Afghanistan-Einsatzes in einen Hinterhalt. Einige der Soldaten, für die er als Hauptfeldwebel verantwortlich ist, sterben. Wieder zu Hause leidet er an einer posttraumatischen Belastungsstörung, an der auch seine Ehe zerbricht. Seitdem kampiert er im Garten, dort verbringt er seine Tage und Nächte auf einer Ledercouch vor einem kaputten Fernseher. Unterbrochen wird sein eintöniges Dasein nur von einem harten Trainingsprogramm, das er sich selbst auferlegt hat, Besuchen beim Psychotherapeuten und betreuten Treffen mit seiner Tochter Lea. Da geschehen in seinem Umfeld mehrere grausame Morde. Von der Polizei verdächtigt, beginnt er auf eigene Faust zu recherchieren, wer hinter den Verbrechen steckt. Oder ist er tatsächlich der Mörder? Ist er wirklich so schizophren, dass ein Teil seiner Persönlichkeit Verbrechen begeht, an die sich der andere Teil nicht erinnern kann? Ein packender Thriller vor dem aktuellen Hintergrund weltweiter Krisenherde und den psychischen Belastungen der Soldaten, die Extremes erleben müssen. Ausgezeichnet mit dem Friedrich-Glauser-Preis 2013 in der Sparte 'Bester Kriminalroman'!

Roland Spranger, Jahrgang 1963, arbeitet als Betreuer in Wohneinrichtungen für psychisch Kranke und geistig Behinderte. Daneben ist er als Theater-Autor erfolgreich, zuletzt mit 'Das Comeback des Jahres', das im März 2012 uraufgeführt wurde. Roland Spranger lebt und arbeitet in Hof. Mehr über den Autor unter www.roland-spranger.de und auf seinem Facebook-Profil.

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Prolog

Provinz Kunduz (Afghanistan)
Serpentine für Serpentine tasteten sich die drei Mowag Eagle talwärts. Langsam. So langsam, dass die Fahrer jeden Stein auf der Piste nach seinen wahren Absichten befragen konnten. Selbst dem afghanischen Dreck war nicht zu trauen. Das ganze Land war minenverseucht. Daniel wusste, dass die Panzerung des Eagle okay war, um vor leichteren Sprengladungen zu schützen. Bei stärkeren Detonationen war sie nicht okay genug. Vor Explosionen schützte man sich sowieso am besten, indem man sie großräumig umfuhr. Von der Passstraße aus betrachtet, erinnerten die kaugummiweich geformten Berge an eine absichtsvoll idyllisch gestaltete Modelleisenbahnlandschaft. Daniel hatte Lust, kleine Plastikmännchen in die menschenleere Szenerie zu stellen. Ohne humanitäre Hilfe und ohne militärischen Auftrag. Plastikmännchen eben. In Dorfnähe gingen die unbefestigten Serpentinen in eine befestigte Schotterpiste über. Nach einer Haarnadelkurve öffnete sich das Tal gastfreundschaftlich. Ein beschauliches Mosaik aus gepflegt bewirtschafteten Feldern. Friedlich. Verdächtig also. Dem Frieden durfte man in diesem Land nie trauen. Trotzdem wenig Möglichkeiten für einen Hinterhalt. Daniel beruhigte der Blick aus den kugelsicheren Fenstern des Eagle IV. Der Schweiß brannte in seinen Augen. Innenraumtemperatur deutlich über vierzig Grad. Die Schutzweste ließ kaum Luftzirkulation zu. Schwere Titanplatten und Kevlarfasern. Hielten angeblich sogar Maschinengewehrbeschuss aus. Daniel war nicht gerade erpicht darauf, die Weste einem Praxistest zu unterziehen. Wie die meisten seiner Kameraden. Klar, ein paar Durchgeknallte gab’s immer, die bereit waren, im Alleingang die Welt zu retten. Oder wenigstens jede Menge Taliban umzunieten. Kampflüstern. Kriegsgeil. Irgendwas mit fehlgeleiteter Sexualität. Und ein bisschen zu sehr durch Call Of Duty sozialisiert. Zu diesen Typen hielt Daniel den größtmöglichen Abstand, weil sie gefährlich waren. Im Ernstfall vergaßen sie alle taktischen Maßnahmen, die ihnen während ihrer Ausbildung eingeimpft worden waren. Und dann ist es ziemlich scheiße, wenn du zu dicht danebenstehst. Todessehnsucht hatte keiner seiner Kameraden. Sterben hört auf, romantisch zu sein, nachdem man es zum ersten Mal live gesehen hat. Ohne Regisseur und passende Beleuchtung. Die Schutzwesten sollten verhindern, dass man plötzlich in den Tunnel schwebte, um anschließend im Jenseits zu landen. Oder im Nichts. Oder bei einer Wiedergeburt. Dafür nimmt man das bisschen Schwitzen gern in Kauf. Daniel wollte nichts weiter als eine stinklangweilige Überlandfahrt mit anschließendem Personentransport. Ohne irgendeine Möglichkeit, zum Helden zu werden. Ohne die Ausrüstung unter Gefechtsbedingungen zu testen. Und hey!, dachte Daniel, das ist eine Sicherheits- und Aufbaumission, kein Kampfeinsatz. Er besann sich auf seine Rolle als aktiver Beifahrer. Routiniert drückte er einige Tasten des Bordcomputers. »Noch vier Kilometer bis zum Zielpunkt«, sagte Daniel. »Was macht der Doc eigentlich in dieser Bauernhütte?«, fragte Pöhlmann von der Rückbank. »Tee trinken«, antwortete Timo, während er einem Schlagloch auswich. »Hier trinkst du ständig Tee, wenn du mit den Einheimischen in Kontakt kommst. Wenn du keinen Tee magst, dann musst du so tun als ob.« »Ich kann Tee nicht vertragen«, antwortete Kunz. Ein kurzer Blick in den Rückspiegel genügte, um zu erkennen, dass Kunz tatsächlich schon beim Gedanken an Tee kreidebleich geworden war. An der Strecke oder am Fahrzeug konnte es nicht liegen. Bei Patrouillenfahrten hatten sie schon Pisten überwunden, auf denen das Fahrzeug so durchgeschüttelt wurde, dass die Insassen Gefahr liefen, mit dem Kopf gegen den Fahrzeugrahmen zu knallen. Und im Gegensatz zum Dingo, mit dem sie vorher durch die beschissene afghanische Infrastruktur gurken mussten, war der Eagle sehr geräumig und hatte eine echte Stoßdämpfung. Im Dingo mit seiner sehr sehr sehr weichen Federung konnte man schnell mal seekrank werden. »Hey«, fragte Daniel, »verträgst du echt keinen Tee?« »Darauf reagiere ich irgendwie allergisch. Mir wird schlecht und ich bekomme kleine Pusteln am ganzen Körper.« »Von jeder Teesorte oder nur von bestimmten?«, wollte Pöhlmann wissen. »Von jeder.« Daniel zuckte mit den Schultern. »Vielleicht irgendein traumatisches Erlebnis in deiner Kindheit.« »Ohne Tee kommst du in diesem Land nicht durch«, bekräftigte Timo noch einmal kopfschüttelnd seinen Standpunkt. »Ich könnte kotzen, wenn ich bloß an Tee denke.« »Dann hör auf dran zu denken, bevor dir was aus dem Gesicht fällt und der ganze Eagle danach stinkt«, kommentierte Timo trocken, während er seine Aufmerksamkeit einem Maultiertreiber am Wegrand schenkte. »Nur ein Maultiertreiber«, sagte Daniel. »Ja«, antwortete Timo, während er im Rückspiegel sah, wie der Einheimische samt seinem schwer bepackten Lasttier von einer Staubwolke verschluckt wurde. Daniel hatte Timo bereits während der gemeinsamen Ausbildung kennengelernt. In der Zwischenzeit waren sie beide schon seit fünf Monaten in Afghanistan. Jeder von ihnen zum zweiten Mal. Timo war einer, auf den man sich verlassen konnte. Der sich auch in Stresssituationen nicht so schnell aus der Ruhe bringen ließ. Die Jungs auf dem Rücksitz waren frisch. Sven Kunz trug in der Freizeit Fan-Shirts von Bayern München. Angeblich, weil er der Meinung war, dass sie zur Völkerverständigung beitrugen. Alexander Pöhlmann hatte Daniel in der vergangenen Woche vor einem Poker-Abend erklärt, wie man das Spiel berechnet, dann aber doch zwanzig Euro verloren. Auf den Vordersitzen waren die Cowboys und auf der Rückbank die Greenhorns. Daniel entwickelte väterliche Gefühle und erklärte den beiden, warum der Militärarzt bei einem Einheimischen Tee trank. »Der Afghane ist auch Arzt. Er will in seinem Dorf eine Arztpraxis aufbauen. Das ist ein mutiger Mann. Gelegentlich bringt unser Doc seinem Kollegen abgelaufene Medikamente und uraltes Verbandsmaterial vorbei. Humanitärer Auftrag.« »Und dafür braucht es drei Fahrzeuge mit zwölf Soldaten?«, fragte Pöhlmann. Timo drehte die Augen so weit nach oben, bis das Weiß der Augäpfel die Oberhand gewann. »Die Scheißtaliban haben was gegen den humanitären Auftrag«, erklärte Timo genervt. »Eigentlich haben sie gegen fast alles was. Die sind voll auf Dschihad.« Daniel drehte sich zu den Greenhorns um. »Wisst ihr, was der Dschihad ist?« »Ist das die Hundert-Euro-Frage?«, wollte Kunz wissen. Pöhlmann sagte: »Ich hab mal gelesen, dass auf die Märtyrer zweiundsiebzig Jungfrauen im Paradies warten. Also, zweiundsiebzig für jeden.« Timo lachte. »Pass bloß auf, dass du nicht den Glauben wechselst. Scheiß asymmetrische Kriegsführung!« Daniels Finger flogen über die Tastatur des Bordcomputers. Routiniert, aber nervös. Hoffentlich werde ich zu Hause die Nervosität wieder los, dachte er. Niemand folgte ihnen. Sie waren das letzte Fahrzeug der aus drei Eagle bestehenden Kolonne. Die Nachhut war ein potenzielles Angriffsziel. Eigentlich war jedes Fahrzeug ein potenzielles Angriffsziel. Je nach Taktik. Die einen schießen zuerst auf die Vorhut, um die Kolonne zu stoppen. Die anderen auf den letzten Wagen, um die Vorderleute in Panik zu versetzen und so in einen Hinterhalt oder eine Minenfalle zu treiben. Oder man zerfetzt mit einer Rakete das mittlere Fahrzeug, um das komplette Chaos anzurichten. In einem Guerillakrieg ist alles irgendwie gut, solange du der Angreifer bist. Daniels Nacken schmerzte unter dem Gewicht der Schutzweste. Eigentlich war es okay zu spüren, wie der Schutz mit dem eigenen Schweiß verklebt, aber dazu kam noch das Gewicht der Munition und der Batterien. Keiner macht sich eine Vorstellung davon, wie viel Strom ein moderner Soldat verbraucht. Navigations-, Funk-, Nachtsicht- und Wärmebildzielgeräte. Man schleppt die ganze digitale Kriegsführung mit sich herum. Auch ohne Schutzweste erkannte man die Veteranen daran, dass sie leicht nach vorne gebeugt durchs Feldlager schlurften. Und vor den Duschen und im Fitnessraum nicht drängelten. Die alten Hasen waren auch nicht genervt, wenn die Internetverbindung sich mal wieder verabschiedet hatte, während die Neuen gestresst waren, weil Facebook auch ohne sie weiter am Leben war. Früher oder später würden es die Greenhorns auch noch lernen. Im Krieg gewöhnte man sich ans Warten. Zuerst war der Krieg eine Friedensmission, aber auch für eine Friedensmission brauchst du zuallererst Geduld. Damals gab es weniger Anschläge und Beschuss durch Raketen, aber mehr Minen. Zehn Millionen hatten allein die Sowjets liegen lassen, als sie den Kommunismus am Hindukusch verteidigten. Bösartige Artefakte des real existierenden Sozialismus....


Roland Spranger, Jahrgang 1963, arbeitet als Betreuer in Wohneinrichtungen für psychisch Kranke und geistig Behinderte. Daneben ist er als Theater-Autor erfolgreich, zuletzt mit “Das Comeback des Jahres", das im März 2012 uraufgeführt wurde. Roland Spranger lebt und arbeitet in Hof. Mehr über den Autor unter www.roland-spranger.de und auf seinem Facebook-Profil.



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