E-Book, Deutsch, Band 1, 390 Seiten
Sprinz What if we Drown
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7363-1411-5
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 390 Seiten
Reihe: University of British Columbia
ISBN: 978-3-7363-1411-5
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sie möchte endlich nach vorne blicken. Er macht es ihr unmöglich
Ein Neuanfang - das ist Lauries sehnlichster Wunsch, als sie nach dem tragischen Tod ihres Bruders an die Westküste Kanadas zieht. Noch vor der ersten Vorlesung ihres Medizinstudiums an der University of British Columbia lernt sie Sam kennen und spürt sofort, dass er sie auf eine nie gekannte Weise versteht. Unaufhaltsam schleicht sich der attraktive Jungmediziner in ihr Herz. Bis Laurie erkennt, wie tief er in die Ereignisse der Nacht verstrickt war, die ihren Bruder das Leben kostete ...
'Für mich gleicht diese Geschichte einer Umarmung eines geliebten Menschen, der dir in schlechten Zeiten versichert, dass alles gut werden wird - emotional, einnehmend, wärmend. Ich bin absolut verzaubert.' Ava Reed, Spiegel-Bestseller-Autorin
Auftakt zur bewegenden und romantischen New-Adult-Trilogie von Sarah Sprinz
Sarah Sprinz wurde 1996 in Tettnang am Bodensee geboren. Für ihr Medizinstudium verschlug es sie nach Aachen. Wenn sie nicht gerade schreibt, lässt sie sich während langer Spaziergänge am Seeufer zu neuen Geschichten inspirieren und träumt von ihren nächsten Reisen nach Kanada und Schottland. Sie liebt Schreibnachmittage im Café, Ahornsirup und den Austausch mit ihren Lesern auf Instagram (@sarahsprinz).
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2. KAPITEL
Wen interessierte es, ob mein Gastgeber scharf war oder nicht? Ich hatte auf seinem Foto den Hoodie mit dem Logo der University of British Columbia gesehen und das Zimmer sofort bei Airbnb angefragt. Für die erste Zeit bei einem künftigen Kommilitonen zu wohnen schien mir nicht die dümmste Idee zu sein. Insbesondere nicht angesichts der ernüchternden Lage auf dem Wohnungsmarkt, der kaum etwas Bezahlbares hergab. Vielleicht hatte der Kerl ja einen Tipp für mich, wo ich nach den ersten zehn Tagen in seiner WG wohnen könnte. Aus dem Wohnheimplatz auf dem Campus ganz im Westen der Stadt war leider nichts geworden. Blieben also nur noch eine private WG oder ein Einzimmerapartment. Wenn ich ehrlich war, hatte ich nach den drei Jahren im Studentenwohnheim der University of Toronto während meines Bachelors in Sozialwissenschaften gegen ein wenig mehr Privatsphäre nichts einzuwenden. Andererseits würde es mir in dieser neuen Situation vermutlich ganz guttun, Menschen um mich zu haben.
Das Taxi brauste davon. Vor mir ragte die hellgraue Holzfassade eines typisch kanadischen Einfamilienhauses in den violett verfärbten Abendhimmel. Dunkelgrüne Hecken schützten den schmalen Vorgarten vor neugierigen Blicken. Das schmiedeeiserne Tor war nur angelehnt, sodass ich mein Gepäck mit vollem Körpereinsatz bis vor die breite Eingangstreppe aus dunklem Holz hievte. Wenn ich mich nicht irrte, lag mein Zimmer auch noch im Obergeschoss … Das würde spaßig werden.
Ich unterdrückte ein Seufzen und stieg die wenigen Stufen hinauf. Die anthrazitfarbenen Fensterrahmen passten zum dunkel gedeckten Dach, das sich über mehrere Giebel und verspielte Vorsprünge erhob. Efeuranken schlängelten sich an den Holzpfeilern der kleinen Veranda empor. Vor der Haustür entdeckte ich ein Paar dreckige Wanderschuhe und kleinere, knöchelhohe dunkelblaue Gummistiefel.
Ich musste lächeln, während ich läutete. MacKenzie/Sorichetti stand auf dem kleinen Schild neben der Türklingel. Hinter den beiden Namen schien ein weiterer gestanden zu haben, der mit dicken schwarzen Strichen überkritzelt worden war.
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde ein Flügel der Tür vor mir aufgerissen. Doch statt in ein fremdes Gesicht blickte ich auf den breiten Rücken eines Mannes, der sich zu Boden bückte.
»Oh nein, Kitsilano, hiergeblieben!« Das schwarz-rot karierte Flanellhemd spannte sich leicht über seinen Schultern, als er nach dem dunkelgrauen Etwas griff, das da zwischen seinen Beinen gen Freiheit drängte. »So siehst du aus … Du kannst doch nicht schon wieder abhauen.«
Der Unbekannte richtete sich auf. Dunkle Locken fielen ihm in die Stirn, und seine Mundwinkel hoben sich, als er mich nun ansah, während er ein Kätzchen gegen seine Brust gedrückt hielt.
»Ah, du musst Laurence sein«, vermutete er, legte sich die Katze über die Schulter und streckte mir die frei gewordene Hand entgegen. »Entschuldige, wir haben gerade ein ausführliches Zecken-entfern-Date. Nicht wahr, Kits?«
»Oh, verstehe.« Ich schüttelte seine Hand, woraufhin er seinen Griff von der Katze löste. Kurz balancierte sie auf seiner Schulter, ehe sie in einem eleganten Bogen und völlig lautlos hinter ihm auf den Boden sprang. Nur um keine zwei Sekunden später an unseren Beinen vorbei in den Vorgarten zu verschwinden.
»Na ja, dann halt morgen«, meinte er leichthin, ehe er mich anlächelte. »Komm rein. Hattest du eine gute Reise?« Mein Gastgeber trat einen Schritt zur Seite und warf einen kritischen Blick auf meine Koffer am Fuß der Treppe. »Willst du hier dauerhaft einziehen, oder ist das da tatsächlich dein Gepäck für einen zehntägigen Aufenthalt?« Er lachte dabei, kleine Fältchen gruben sich rund um seine funkelnden Augen und nahmen seinen Worten die Schärfe. Unwillkürlich stimmte ich in sein Lachen ein.
»Tatsächlich plane ich, etwas länger zu bleiben. Ich komme aus Toronto und ziehe gerade hierher.«
»Ach so. Das erklärt’s!«
»Ignorier ihn einfach.« Eine zarte Stimme ertönte hinter dem jungen Mann. Sie gehörte zu einem Mädchen in meinem Alter, das nun neben ihn trat und mich anlächelte. Ihre blauen Augen leuchteten und bildeten einen erstaunlichen Kontrast zu ihren dunklen Haaren, die ihr fein geschnittenes Gesicht als kinnlanger Bob rahmten. Auch sie reichte mir die Hand. Entgegen meiner Erwartung war ihr Händedruck bemerkenswert kräftig. »Ich bin Hope, die zweite Mitbewohnerin. Schön, dass du da bist.«
»Laurie. Freut mich«, erwiderte ich und spürte, wie die Anspannung der letzten Stunden langsam von mir abfiel.
Hope wandte sich an ihren Mitbewohner und stieß ihn leicht an. »Wie wär’s, wenn du dich vielleicht auch mal vorstellst?«
Er lachte. »Oh, ähm, ja, stimmt. Ich bin Emmett.«
»So, und jetzt komm rein.« Hope griff nach meiner Hand, und ich sah zu meinen Sachen.
»Ich hole noch eben mein Gepäck.«
»Warte, wir helfen dir.« Emmett trat bereits an mir vorbei.
»Oh, das ist wirklich nicht …«
»Doch, doch. Außerdem geht es zu dritt schneller.« Hope schenkte mir ein Lächeln, dann folgte sie Emmett und mir in ihren Birkenstocks und den grünen Socken die Treppe hinab. In ihre ausgewaschenen Mom-Jeans hatte sie ein weißes T-Shirt gesteckt, über dem sie ein dunkles Trägershirt trug. Emmett ging barfuß die Stufen hinunter. Seine schwarzen Jeans waren mit Katzenhaaren übersät und klebten geradezu an seinen langen Beinen. Nun schob er die Ärmel seines karierten Hemds bis zu den Ellbogen hoch, als bereitete er sich darauf vor, einen ganzen Waldabschnitt zu fällen. In Anbetracht meiner Berge an Gepäck wäre das vermutlich nur unbedeutend anstrengender gewesen. Emmett rückte seine runde Nerdbrille zurecht und griff nach einem der Koffer. Er stöhnte übertrieben laut auf, als er ihn anhob.
»Um Gottes willen, hast du den ganzen CN Tower eingepackt?«
Die Hitze stieg mir in die Wangen. Tatsächlich hatte ich die erlaubten dreiundzwanzig Kilogramm pro Gepäckstück bis aufs Äußerste ausgereizt. Nun kam es mir fast lächerlich vor, wie viel ich besaß, dass es drei Menschen brauchte, um meine Koffer ins Haus zu schaffen.
»Stell dich nicht so an«, wies Hope ihren Mitbewohner zurecht, doch auch ihre Stimme klang gepresst, während sie mir mit dem zweiten Koffer half.
»Wie um alles in der Welt hast du das überhaupt allein hierher transportiert?«
»Gepäckwagen am Flughafen und überzeugendes Trinkgeld für den Taxifahrer.« Ich keuchte.
»Na, hoffentlich hast du auch ein überzeugendes Trinkgeld für uns.«
»Emmett!« Hope schüttelte den Kopf. »Sei nicht so.«
»Ein Obstkorb täte es auch.« Er lachte leise.
»Soll ich die Schuhe ausziehen?«, fragte ich aus einem Reflex antrainierter Höflichkeit, sobald ich wieder auf der Veranda angekommen war.
Hope stieß die Luft aus. »Ach Unsinn. Fühl dich ganz wie zu Hause.«
»Ja, Hope putzt dir dann liebend gern hinterher.« Emmett funkelte sie an.
»Hey, ich habe erst letzten Sonntag gewischt!«
»Nachdem du euren halben Bauernhof im Flur verteilt hast, war das auch mehr als nötig. Nächstes Mal bleiben deine Stallschuhe draußen.«
»Was soll das? Farmkind-Shaming ist nicht okay.« Hope grinste. Dann wandte sie sich mir zu. »Meine Familie hat einen Hof, draußen auf dem Land. Ich bin oft am Wochenende dort, um ihnen zu helfen.«
»Das ist ja cool.«
»Ja, total …«, grummelte Emmett, doch seine Mundwinkel zuckten. »Sie versucht mich immer noch zu überreden, Hühner im Garten zu halten.«
»Das wäre doch mega! Und ein richtiger Game Changer für unser Airbnb-Inserat. Stell dir vor, wir könnten den Leuten dann unsere eigenen frischen Eier anbieten.« Hope kicherte. »Laurie, du hättest sicher keine Sekunde gezögert, wenn das mit im Angebot gestanden hätte, nicht wahr?«
»Ich habe auch so keine Sekunde gezögert.«
Emmett lachte. »Du weißt genau, was Hope hören will.«
»Das heißt, du bist Team Hühner, richtig?«, sagte Hope zu mir und wandte sich wieder an Emmett. »Vielleicht bringe ich nächsten Sonntag einfach ein paar von zu Hause mit.«
»Ja, großartig. Ich weiß jetzt schon, wer sich dann um sie kümmern darf, wenn du jedes Wochenende abhaust.«
Ich musste lächeln. Während die beiden sich weiter einen verbalen Schlagabtausch lieferten, streifte ich meine Sneakers ab. Ein Zuhause war erst ein Zuhause, wenn man es auf Socken betrat.
»Also, Laurie, was führt dich her? Fängst du an der UBC an?«
Ich nickte, während Emmett die Tür hinter mir schloss. »Ja, mit Medizin.«
»Oh, wow!« Emmett wirkte nicht minder beeindruckt als ungefähr jeder, dem ich bislang meine Pläne verraten hatte. Auch Hope sah mich voller Bewunderung an. Eine Bewunderung, die ich nicht verdiente, schließlich stand ich ganz am Anfang meiner Ausbildung und hatte keinen blassen Schimmer, ob ich das Studium überhaupt bewältigen würde. Und ob es wirklich das war, was ich wollte.
»Ist es tatsächlich so hart, einen Studienplatz zu bekommen?«
»Einfach war es nicht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe erst meinen Undergrad-Abschluss in Toronto gemacht und mich nebenbei auf die Zulassungstests und Auswahlgespräche vorbereitet.«
»Heftig«, murmelte Hope.
»Und ich dachte, Architektur wäre hart«, meinte Emmett.
»Machst du das?«, fragte ich ihn.
Er nickte, und ein stolzes Funkeln trat in seine dunklen Augen. »Es ist stressig, aber ich liebe es mehr als...