Stavridis | Segeln gen Nord | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Stavridis Segeln gen Nord

Zehn Heldenreisen auf dem Weg zu wahrem Charakter
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96092-597-2
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Zehn Heldenreisen auf dem Weg zu wahrem Charakter

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-96092-597-2
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



James G. Stavridis gehört zu den höchst dekorierten Admirälen unserer Zeit. Mit Segeln gen Nord begibt er sich mit zehn der glorreichsten Marinekapitäne der Geschichte auf eine einmalige Reise. Von Themistokles über Drake und Nelson bis zu Nimitz und Hopper spannt er einen Bogen über 2500 Jahre Seefahrtsgeschichte - vom alten Griechenland bis ins 21. Jahrhundert. Die abenteuerlichen Karrieren und außergewöhnlichen Biografien der zehn porträtierten Admiräle dienen gleichsam als Blaupause für den Weg zu wahrem Charakter. Denn in unseren postmodernen Zeiten werden wir Zeuge eines schleichenden Charakterverlustes, getrieben von einer globalen Populärkultur, die sich zunehmend von klassischen Tugenden entfernt. Wir streben auf eine Welt zu, die sich in atemberaubender Geschwindigkeit bewegt, in der wir nicht einen Moment innehalten und überlegen, was richtig und gerecht ist. Mit diesem Buch liegt eine einmalige Sammlung der größten Seefahrer und großartigsten Geschichten der Weltmeere vor, die Ihnen auf Ihrem Weg zur Charakterbildung als wertvoller Kompass dienen soll.

James G. Stavridis war Admiral der US Navy und militärstrategischer Oberbefehlshaber des Bündnisses für Operationen der NATO. Er lebte als Kind einige Jahre in Deutschland. Er studierte an der Fletcher School of Law and Diplomacy, wo er auch mehr als fünf Jahre als Dekan tätig war. Laut New York Times war er im Stab der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton als Vizepräsident im Gespräch.
Stavridis Segeln gen Nord jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


KAPITEL I


Die Kunst der Überzeugung


THEMISTOKLES

GEBOREN UM 524 V. CHR. IN ATHEN, GRIECHENLAND

GESTORBEN UM 459 V. CHR. IN MAGNESIA AM MÄANDER (HEUTIGE TÜRKEI)

Mit acht Jahren hörte ich zum ersten Mal von Themistokles. Meine Familie war gerade nach Athen gezogen, weil mein Vater, ein Major des Marinekorps der Vereinigten Staaten1, als stellvertretender Marineattaché der amerikanischen Botschaft nach Athen versetzt worden war. Für seine Ernennung gab es einen einfachen Grund: Er war Amerikaner griechischer Herkunft und seine Muttersprache war Griechisch. Zwar war er in den Vereinigten Staaten geboren, aber in seiner Familie wurde nur Griechisch gesprochen, und bis zu seiner Einschulung konnte er keine andere Sprache. Nach Kampfeinsätzen im Koreakrieg und einem Studium an der Purdue University, wo er seinen Master-Abschluss erwarb, wurde er nun, Mitte der 1960er-Jahre, in das Land seiner Vorväter entsandt. Meine Mutter, selbst keine Griechin, begann, Griechischunterricht zu nehmen. Mich interessierte damals nur, ob auch mein Fahrrad mit verladen worden war.

Als Teil der Umzugsvorbereitungen erzählte mir mein Vater von Griechenland. Er erzählte mir die Legenden der griechischen Mythologie und fesselte mich mit den Geschichten der Götter des Olymps. Zeus, Poseidon, Athene, Hephaistos, Ares und viele andere begannen sich in meinen Träumen zu tummeln. Nachdem wir mit den Göttern fertig waren, wechselte er zu Homer und ich lernte die Geschichten über die Trojanischen Kriege, über Odysseus und seine lange Reise zurück nach Ithaka. Schon als kleines Kind wusste ich, dass es Fabeln und Legenden waren, die wenig mit der Wahrheit zu tun hatten. Nach Homer begannen wir jedoch über die echte Geschichte der griechischen Antike zu sprechen.

Mein Vater erzählte mir von dem Albtraum der persischen Invasion in Griechenland, die ein halbes Jahrhundert dauerte, genauer gesagt von 499 bis 449 vor Christus. Er war ein fesselnder, von Natur aus begabter Geschichtenerzähler und beschrieb mir die Sage aus jenen Jahren in lebhaften, eindrucksvollen Farben. Ich erinnere mich noch immer besonders gerne an seine Schilderung der Schlacht von Marathon im Jahr 490 vor Christus und (natürlich) den heroischen Widerstand der drei Spartaner in der Schlacht bei den Thermopylen im Jahr 480 vor Christus. Ich liebte die Geschichte über das dortige Denkmal mit der Inschrift: »Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.«2 In jenen Jahren, als wir in Griechenland lebten, ließ mein Vater all diese Legenden lebendig werden, indem er mit uns zu den berühmten Schlachtfeldern der Antike fuhr.

Sosehr ich die Geschichten meines Vaters über die Spartaner liebte, mochte – und mag – ich am liebsten die von Themistokles, dem Admiral aus Athen, der – ebenfalls im Jahr 480 vor Christus – die entscheidende Schlacht bei Salamis gewann. Die Zahlen, die aus den Schlachten der Antike überliefert sind, sind naturgemäß sehr ungenau, aber den meisten Schätzungen zufolge verfügten die persischen Streitkräfte ungefähr über fünfmal so viele Trieren3 mit ihren in Dreierreihen gestaffelten Ruderern als die Griechen. Nachdem Themistokles die Perser in die Meerenge bei Salamis vor der Küste Athens gelockt hatte, führte er die freien Griechen unter seinem Kommando zu einem überwältigenden Sieg über die Rudersklaven des persischen Feindes.

Immer wieder bat ich meinen Vater, mir die Geschichte von Themistokles noch einmal zu erzählen. Damals war mir die Komplexität des Lebens und des Charakters dieses Admirals aus der Antike nicht bewusst – als Sieger einer der wichtigsten Seeschlachten, die die alten Griechen geschlagen hatten, wirkte er auf mich einfach überlebensgroß. Und obwohl ich die Schlacht mit Spielzeugschiffen auf einer handgemalten Landkarte der Bucht von Salamis oft nachstellte, war es Themistokles’ Fähigkeit, seine Männer zu inspirieren, die meine Fantasie am stärksten gefangen nahm. Ich fragte mich, welche Eigenschaft er wohl besessen hatte, die ihm ermöglichte, seine Soldaten in die Schlacht zu führen. Mein Vater versuchte mir die komplexe Mischung aus Charisma, Inspiration und Rhetorik zu erklären, derer sich Themistokles bedient hatte. Zwar überstiegen diese Begriffe mein damaliges Verständnis, aber ich habe seitdem viele Male auf sie zurückgegriffen.

Bei einer Gelegenheit suchte ich bei der Vorbereitung einer Rede für eine große Abendgesellschaft im Rahmen einer patriotischen Feier in New York City im November 2007 nach den richtigen Worten. Die Veranstaltung stand unter dem Motto »Eine Ehrenbezeugung für die Freiheit«. Nach einigem Nachdenken sprach ich schließlich über unsere heldenhaften US Navy SEALs4, indem ich die Geschichte von Themistokles und sein Gebet schilderte, das die Griechen vor 2500 Jahren so tief inspiriert hatte. In den darauffolgenden Jahren habe ich noch viele Male über die Schlacht und Themistokles’ Charakter gesprochen.

Zu dem Zeitpunkt, als ich 2007 besagte Rede hielt, war mein Vater, der als Colonel (Oberst) der US Marines in den Ruhestand ging und nach seiner Promotion in Pädagogik ein großes Community College leitete, bereits verstorben. Ich wusste allerdings, dass er sehr stolz darauf gewesen wäre, dass sein Sohn, der es inzwischen zu einem Vier-Sterne-Admiral gebracht hatte, die Geschichte von Themistokles vor einem großen Publikum in New York erzählte. Fast ein halbes Jahrhundert, nachdem er mir die zeitlosen Geschichten eines griechischen Admirals aus der Antike vermittelt hatte, gelang es mir, das Andenken an diese inspirierende Persönlichkeit wach und lebendig zu halten und viele Jahrhunderte zu überbrücken, indem ich seine Worte wiederholte, dass wir alle »für die Freiheit rudern müssen«. Das ist eine eindrucksvolle Lektion, die ich im steten Angedenken an Themistokles immer in meinem Herzen getragen habe.

Was wissen wir über diesen Admiral und was können wir von seiner Charakterreise lernen? Verschiedene Quellen aus der Antike zeichnen ein lebhaftes, aber inkonsistentes Bild von Themistokles. Anstelle einer knappen, klaren, tatsachenbasierten Erzählung bietet sich uns ein Mosaik aus eindrucksvollen kurzen Episoden seines Lebens aus der Feder zweier der frühesten griechischen Geschichtsschreiber: Herodot und Thukydides. Zwar werden sie als die ersten modernen Historiker bezeichnet, allerdings würden ihre Werke die modernen Standards nicht erfüllen. Außerdem führten ihre unterschiedlichen Ansätze und Einstellungen zu einer ganz unterschiedlichen Bewertung der Person des Themistokles. Herodot, der über die Perserkriege schrieb, die Themistokles’ Karriere prägten, hielt den Admiral für einen gierigen Schwindler. Thukydides, der Jahrzehnte später vom Peloponnesischen Krieg berichtete, sah in Themistokles einen tragischen Helden, der Griechenland rettete, nur um anschließend aus seiner eigenen Stadt verbannt zu werden. Beide sind sich jedoch einig, dass Themistokles eine äußerst einflussreiche und selbstbewusste Stimme im militärischen und politischen Leben seiner Zeit war.

Themistokles wurde ungefähr im Jahr 524 vor Christus geboren. Im Jahr 508, als er gerade zum Mann heranreifte, begann Athen mit seinem demokratischen Experiment, indem die Stadt allen freien Männern das Wahlrecht gewährte. Das war damals ein radikaler Schritt, allerdings muss man dabei bedenken, dass nur sehr wenige Einwohner der Stadt Athen dieses Privileg genossen. Nichtsdestotrotz ermöglichte es dem jungen Themistokles, der aus der soliden Mittelschicht stammte, zu gleichen Bedingungen in das politische Leben von Athen einzutreten. Er wuchs in einer Zeit radikaler Umwälzungen auf, die ebenso viele Chancen wie Herausforderungen bot, und konnte sich schnell als ernst zu nehmende Stimme im blühenden Stadtstaat etablieren. Von Kindesbeinen an war er Teil einer Gesellschaft, die einerseits die Hierarchie der griechischen Stadtstaaten anführte, aber auch unter dem Druck und den Herausforderungen der kleineren Nationen der hellenischen Welt sowie unter der Bedrohung des mächtigen Feindes im Osten, des Perserreichs, stand.

Über das Leben, das Themistokles führte, bevor er mit 31 Jahren zum Archonten, dem höchsten Beamten Athens, gewählt wurde, ist nicht viel überliefert. In dieser Rolle stach Themistokles schon früh durch seine rhetorischen Fähigkeiten heraus, auf die die athenische Demokratie großen Wert legte. Kaum im Amt, plädierte Themistokles eindringlich dafür, Athen zu einer Seemacht aufzubauen. In seiner Rolle als Archont gab er den Auftrag, bei Piräus (dem nächstgelegenen Hafen nur wenige Kilometer entfernt von Athen) einen geschützten Hafen zu bauen, der die Stadt praktisch über Nacht in eine Seemacht verwandelte und bis heute als Hafen dient. Themistokles verfolgte eine strategische Vision, die sich mit seiner praktischen Fähigkeit verband, Unterstützer zu gewinnen, in öffentlichen Diskussionen zu überzeugen und den langfristigen Wert eines Meereszugangs darzustellen....


James G. Stavridis war Admiral der US Navy und militärstrategischer Oberbefehlshaber des Bündnisses für Operationen der NATO. Er lebte als Kind einige Jahre in Deutschland. Er studierte an der Fletcher School of Law and Diplomacy, wo er auch mehr als fünf Jahre als Dekan tätig war. Laut New York Times war er im Stab der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton als Vizepräsident im Gespräch.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.