Buch, Deutsch, 140 Seiten, Format (B × H): 130 mm x 200 mm
Kolumnen, Reden, Repliken
Buch, Deutsch, 140 Seiten, Format (B × H): 130 mm x 200 mm
ISBN: 978-3-907334-48-5
Verlag: Knapp Verlag
Manche Erwachsene vergessen, was sie im Kindergarten gelernt haben. Politiker etwa. Sie sind Machtmenschen. (…) Sie verspotten Verhaltensregeln als «nett» und setzen sich darüber hinweg: Fallen dem anderen ins Wort, hören demonstrativ weg oder grinsen hämisch, um eine Aussage zu kommentieren. Machtmenschen verhöhnen Regeln des Zusammenlebens – für sie ist Anstand etwas für Schwächlinge.
Warum bezeichnen wir ein rücksichtsloses Aneinander-Vorbeireden als Kindergarten? Was müsste sich in der Schule verändern, damit sie (endlich!) eine Schule für alle wird – und warum gelingt dies nicht? Der Autor Franco Supino war 36 Jahre lang in der Lehrerbildung tätig und hat sich immer wieder zu den verschiedenen Facetten des Lehrens und Lernens, zur Institution Schule und zur Rolle der Schülerinnen und Schüler und der Lehrpersonen geäussert. In den in diesem Band versammelten Kolumnen, Artikeln und Reden zeigt sich Supino als intimer Kenner der Schule. Ob er Schulnoten mit Banknoten vergleicht, über das Lesen, über Lernverweigerer oder über pädagogische Liebe nachdenkt, immer zeigt er sich auf Augenhöhe mit den Menschen – Kindern und Erwachsenen –, die im Schulbetrieb wirken.
Eine Auswahl der Kolumnen sind bereits im Schulblatt Aargau-Solothurn erschienen, für dieses Buch hat Supino auch neue Texte zu Schule und Pädagogik geschrieben.
Erstmals in Buchform veröffentlicht wird die Rede von Peter Bichsel (1935–2025), die er anlässlich der Gründung der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des mehrsprachigen Unterrichts in der Schweiz 1994 gehalten hat. Ein kurzer Auszug:
«Fremdsprache ist ein eigenartiger Begriff. Auf der ganzen Welt werden ausschliesslich nur Fremdsprachen gesprochen – ausser bei uns. Wir – wer wir auch immer sind – sprechen eine Sprache, alle anderen sprechen Fremdsprachen.»
Im Buch versammelt sind neue und exklusive Zeichnungen des Solothurner Künstlers Ernst Mattiello.
Zielgruppe
Interessierte am Bildungswesen in der Schweiz. Lehrpersonen, Dozenten, Studierende, Eltern.
Weitere Infos & Material
Pyrrhuss und der Sieg der Digitalisierung
Man spricht viel vom Segen der Digitalisierung und von den Möglichkeiten, die wir dank künstlicher Intelligenz bekommen. Das stimmt zweifellos: Alle Wissensbestände sind heute mehr oder weniger frei und zuverlässig zugänglich. Wenn wir – zum Beispiel – wissen wollen, wer Pyrrhuss war, erfahren wir digital in 0.44 Sekunden alle Hintergründe (= 57’600 Ergebnisse). Wir brauchen dafür keine Rechtschreibung, nur eine «Ungefährschreibung»: Pyrhus, Pyrrrhus, Phyrrhuss, sogar Phirkus brachte mich auf den Richtigen. Wer etwas weiss, ohne dass er vorher googeln muss, hat irgendwann in seinem Leben Zeit verschwendet. Deshalb entwickeln sich heutige Gespräche oft zu Suchmaschinen-Wettkämpfen – Google hat am Stammtisch unanfechtbar den Sitz des Besserwissers eingenommen.
Künstliche Intelligenz übernimmt Kulturtechniken wie Schreiben und Lesen immer selbstverständlicher. Letzthin wurde eine Software für das Verfassen von Bewerbungsschreiben vorgestellt, die so gut ist, dass niemand dahinter einen Computer vermutet. Die gleiche Firma bietet für Arbeitgeber eine Software an, die eingegangene Bewerbungsschreiben vorsortiert ¬ und auch gleich den Absagebrief verfasst. Einen Erörterungsaufsatz zum Thema «Digitalisierung heute» kann Künstliche Intelligenz schon jetzt so verfassen, dass man das Gefühl hat, hier schreibt ein 17-jähriger – nach Wunsch inklusive Jugendsprache-Slang und dezent eingebauten Grammatik- und Rechtschreibfehlern. Oder Fremdsprachen: Die Übersetzungsprogramme sind inzwischen so gut, dass wir mühelos Mails auf Italienisch, beispielsweise zum Mieten einer Ferienwohnung in Ascoli Satriano, verschicken können.
Der Sieg der Digitalisierung ist unaufhaltsam, nur hat die Schule sich (noch) nicht ergeben. Ein Schüler beklagte sich letzthin, warum man bei Aufsätzen kein Korrekturprogramm brauchen dürfe. Wo müsse man heutzutage noch schreiben, ohne ein solches Programm zur Verfügung zu haben? Und warum überhaupt einen Roman oder Berichte lesen und dann darüber einen Aufsatz schreiben? Jemand hat bestimmt eine Zusammenfassung hochgeladen und Künstliche Intelligenz kann, bei Bedarf, jeden gewünschten Text für den Lehrer daraus zimmern.
Der junge Mann ist Realist: Warum uns mit einer Stelle auseinandersetzen, für die wir uns bewerben, wenn eine Maschine uns beurteilt? Sollen das doch die Maschinen unter sich ausmachen. Auch unser Ferienhaus in Italien müssen wir nicht persönlich beziehen. Digital reist sich bequemer und vermutlich lehrreicher nach Ascoli Satriano, wo die Molosser unter Pyrrhuss … aber googlen Sie selber!




