E-Book, Deutsch, Band 49, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Terrid Mythor 49: Der Drachensee
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9801-3
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 49, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9801-3
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Seit dem Tag der Wintersonnenwende, dem Tag der entscheidenden Schlacht, die auf dem Hochmoor von Dhuannin zwischen den Streitern der Lichtwelt und den Kräften des Dunkels ausgetragen wurde, sind Monde vergangen. Mit der Unterstützung Drudins, des obersten Dämonenpriesters, der die Kräfte der Finsternis mobilisierte, haben die eroberungssüchtigen Caer über die Kämpfer der Lichtwelt triumphiert und die große Schlacht für sich entschieden. Damit halten Tod und Verderben ihren Einzug auch in solchen Ländern, die bisher vom Krieg verschont geblieben sind. Massen von Menschen, unter ihnen die demoralisierten Besiegten der Schlacht, streben in heilloser Flucht nach Süden, die Herzen von Trauer und Hass erfüllt. Auch Mythor zieht südwärts, wobei der junge Held der Lichtwelt mit seinen jeweiligen Weggefährten oft aufgehalten und in eine ganze Reihe von lebensgefährlichen Abenteuern verwickelt wird. Dennoch verliert Mythor Logghard, die Ewige Stadt, die der siebte Fixpunkt des Lichtboten ist und daher das Ziel seiner Reise, nicht aus den Augen. Gegenwärtig streben Mythor und seine drei Gefährten den Ruinen von Erham zu. Ein Fluch liegt über diesem Gebiet - außerdem befindet sich dort DER DRACHENSEE ...
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1.
Hörst du?
Harter Hufschlag im Nebel. Das leise Schnauben der Pferde. Waffen klirren.
Sie sind es. Kennst du sie, die Abgesandten des Grauens? Bist du es, den sie jagen?
Wehe dir!
Sie reden nicht viel, sie handeln vielmehr. Seit geraumer Zeit sind sie unterwegs. Müdigkeit kennen sie so wenig wie Erbarmen. Sie haben ein Ziel, sie werden es erreichen.
Drudin hat sie losgeschickt. Sie sind die Vollstrecker seines Willens, der keine Gnade kennt. Sie reiten bei Tag und Nacht, nichts und niemand kann ihnen entgehen.
Versuche nicht, dich vor ihnen zu verstecken. Sie werden dich finden. Ihr Weg ist die Straße des Bösen. Wo sie rasten, hält der Tod Einzug.
Wie in Sarphand, wo sie sich unter die wilden Fänger mischten, wo sie Mythor tatsächlich zu ihrem Gefangenen machen konnten. Wäre der Stumme Große Vierfaust nicht gewesen – nichts sonst hätte Mythor retten können.
Sie suchen immer noch. Niemand kreuze ihren Weg. Wer du auch bist, birg dich bang und zeige dich nicht.
Du könntest enden wie der Stumme Große Daumenlos. Mythor hat seine verschrumpelte Leiche gefunden. Sein Tod geht zu Lasten dieser drei.
Sie reiten schweigend. Fröhliches Plaudern kennen sie nicht. Nur ab und zu sagt einer etwas.
Es sind drei: Herzog Krude von Elvinon, Coerl O'Marn und Oburus, drei Männer, drei Kämpfer, drei Boten Drudins, die den Tod überall hin tragen, in welche Richtung Drudin sie auch sendet.
Noch immer suchen sie Mythor.
Ihre Pferde durchtraben einen Bach voll eisig kalten Wassers, aber sie halten nicht inne. Weiter geht der Ritt, immer weiter nach Süden.
Sie wissen, dass Mythor von einem Deddeth beherrscht wurde, der im Hochmoor von Dhuannin entstanden ist. Sie wissen aber auch, dass Mythor wieder frei ist – freies Wild für die schweigsamen Reiter Drudins.
Sie jammern und beklagen sich nicht, dass sie immerzu unterwegs sind, kaum Pausen kennen. Sie sind willfährige Gefolgsleute Drudins, sein Wille ist ihr Wille. Sie jammern auch nicht über verpasste Gelegenheiten, nicht darüber, dass sie keinerlei Einfluss auf Luxon mehr haben.
Ihre Gedanken sind starr wie ihre gläsernen Gesichter. Sie suchen Mythor. Sie wollen ihn finden und töten – nicht mehr, nicht weniger.
Hörst du sie? Sie sind in deiner Nähe!
Wo sie auftauchen, sind Tod und Angst mit ihnen. Sie wissen, dass sie ihren Auftrag erfüllen werden, denn Drudin ist ihr Auftraggeber, und hinter Drudin wiederum stehen Mächte, die sich dem Zugriff kleiner Menschen entziehen. Die Todesreiter wissen sich mit der ganzen Macht der Finsternis im Bunde. Sie wissen, dass Cherzoon schon in Richtung Süden unterwegs ist, zusammen mit Drudin und einigen Tausendschaften Eiskrieger. Das Böse ist unterwegs, der Schattenzone entgegen.
Lauf, wenn du kannst. Lass sie nicht in deine Nähe.
Sie sind nach Süden unterwegs. Nebel liegt über dem Land und verhüllt, was besser niemand sieht. Es ist, als berge sich das Land vor dem Anblick der Todesreiter.
Sie haben keine Empfindung für das Land ringsum. Sie reiten durch den Nebel, den Ruinen von Erham entgegen. Dort wollen sie Mythor fangen und töten.
Rühre dich nicht. Stelle dich tot. Höre auf den harten Schlag der Hufe und warte viele bange Augenblicke lang, bis der Schall nicht mehr wie Trommelschlag in deinem Schädel dröhnt, bis sie sich von dir entfernen. Kannst du sie noch hören? Dann bleib liegen, Unbekannter. Rühre dich nicht. In dem Augenblick, in dem sie dich erkennen, bist du dem Tod verfallen. Also schweige und lass sie an dir vorüber ziehen. Und sind sie vorbei, dann laufe, so schnell du kannst, so weit du es vermagst. Dein ferneres Leben kann glücklich sein.
Lauf. Du bist Drudins Todesreitern begegnet und nicht darüber gestorben. Ist das nicht genug?
Anderen ist es nicht so gut ergangen. Sie sind nun tot, du aber lebst und kannst laufen. Tu es also.
Drudins Reiter werden ihren Weg fortsetzen. Sie haben dich nicht bemerkt. Sie reiten nach Erham.
Sie kennen keine Furcht, schon gar nicht vor dem Tod. Sie haben es auch nicht nötig, sich zu fürchten. Sie wissen etwas, das ihnen Freude einflößen könnte, wären sie zur Freude noch fähig.
Sie werden nicht allein sein in den Ruinen von Erham.
Sie wissen, weil Cherzoon es sie hat wissen lassen, dass dort in den Ruinen von Erham Freunde und Gefährten auf sie warten.
Wehe dem Unglücklichen, der jetzt seinen Weg nach Erham nimmt und den Reitern Drudins begegnet ...!
*
»Langsam könnte etwas passieren«, murmelte Sadagar. Er spielte mit einem der Wurfmesser aus dem Gürtel. »Diese Reise wird langweilig.«
Mythor lächelte verhalten.
Der Yarl bewegte sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit vorwärts, auf seinem Rücken trug er eine kleine Gruppe Männer – Mythor, Sadagar, No-Ango und Hrobon, dazu zwei Odam-Krieger, der Rest der Mannschaft, die Odam zur Verfügung gestellt hatte.
»Ist nicht genug geschehen?«, fragte Mythor halblaut.
Sadagar machte eine wegwerfende Geste.
»Nicht für mich«, sagte er leichthin. Wieder lächelte Mythor.
In der Tat war dieser Abschnitt der Reise langweilig – und nervenzehrend zugleich. Es geschah nichts, aber es konnte jederzeit etwas geschehen. Die überaus schweigsamen Krieger Odams hatten Mythor in knappen Stichworten verraten, was sich abgespielt hatte – alten Legenden und Mären zufolge.
Erham, das Ziel des Yarls und seiner Besatzung, war einst eine blühende Stadt gewesen, reich und berühmt, erfüllt von brodelndem Leben. Dann aber waren ihre Bewohner dem Götzendienst verfallen. Dutzende verschiedener Götzen, Dämonen und Zauberer waren in Mode gekommen; die Vielfalt der Kulte war bald zu einem Wirrwarr geworden. Und dann, eines schrecklichen Tages, hatte ein Fluch die Stadt getroffen. Aufgetan hatte sich die Erde, und Erham war verschlungen worden von den Fluten, mitsamt seinen verfluchten Bewohnern. Bis auf diesen Tag stand ein See in der Senke; nur die Ruinen der großen Häuser und die Standbilder der verfluchten Götzen ragten noch hervor aus den schweigenden Wassern, die die Frevler verschlungen hatten.
Und seither waren das Land und der See eingehüllt in Nebel, in weiße undurchdringliche Schwaden, die dicht über dem Land lagen, als wollten sie den Vorwitzigen warnen, nicht einzudringen.
Mythor deutete nach vorn.
Dort wurde der Nebel immer dichter. Die ersten lichten Schleier umwirbelten schon den Yarl, aber weiter voraus wurden sie zu einer dichten weißen Wand. Der Yarl bewegte sich darauf zu. Dort lag Erham, dort lag das Ziel, das Mythor erreichen wollte.
»Es wird mehr als genug zu tun geben«, sagte Mythor. »Mehr als uns lieb sein wird.«
Unwillkürlich sah Mythor auf das Krummschwert an seinem Gürtel. Es war keine schlechte Waffe, aber fürwahr kein Vergleich mit Altons herrlicher Schärfe. Und sobald er an Alton dachte, dachte Mythor an Luxon, und beinahe von selbst wanderte sein Blick weiter zu Hrobon, der Luxons Gegner, dem göttlichen Shallad Hadamur, diente. Eine wahrhaft seltsame Besatzung hatte der Yarl auf seinem breiten Rücken.
»Was ist das?«
Mythor wandte sich Sadagar zu.
»Ich habe etwas gehört«, sagte der Steinmann mit den weißblonden, lichten Haaren. »Und es hörte sich nicht gut an. Ich prophezeie Übles.«
Mythor spitzte die Ohren.
Sadagar schien sich nicht geirrt zu haben. Irgendetwas weit voraus gab Laut. Es hörte sich wie Krächzen an, wie das Schreien großer Vögel. Und Mythor hatte das ungute Gefühl, als werde sich ausnahmsweise eine der Prophezeiungen Sadagars bestätigen. Das Prophezeien war von jeher eine der Stärken Sadagars gewesen, nur hatte er leider sehr oft mit einer Wirklichkeit zu tun gehabt, die sich seinen Voraussagen nicht fügen wollte. Dieses Mal schien er richtig zu liegen. Das Krächzen wiederholte sich, und es klang nicht verheißungsvoll.
»Was mögen das für Bestien sein?«, fragte Sadagar.
Mythor erinnerte sich unwillkürlich der Vrod-Krähen, die ihm bei Xanadas Lichtburg zugesetzt hatten; die Mächte der Finsternis hatten sie ausgesandt. Mythor wusste auch, dass ihm bei den Ruinen von Erham Gefahr von den Mächten der Dunkelheit drohte.
»Wir werden es sehr bald wissen«, sagte Mythor halblaut. Er hielt die Hand am Schwertgriff.
Dann schälten sich aus der Wand schwarze Punkte heraus, hoch am Himmel, soweit in dem einheitlichen Grauweiß überhaupt zwischen Boden, Nebel und Himmel unterschieden werden konnte.
»Vögel«, sagte Sadagar verächtlich.
Es war ein ganzer Schwarm. Sie blieben weit entfernt, blieben mit mattem Flügelschlag in der Luft. Sie schienen hervorragende Segler zu sein. Die Größe ließ sich nicht abschätzen, dafür fehlte der Vergleichsmaßstab.
»Zwei Dutzend«, schätzte Sadagar, »vielleicht ein paar mehr.«
Mythor kniff die Augen zusammen. Die Angelegenheit gefiel ihm nicht. Die Vögel hatten sich zu einem Schwarm gesammelt und flogen jetzt in einem dichten Pulk auf den Yarl zu. Wieder ertönte das Krächzen.
Es war recht leise, und Mythor begriff sehr bald, was das zu bedeuten hatte – die Vögel mussten sehr weit entfernt sein, wenn ihr Ruf so leise klang, und das wiederum konnte nur eines bedeuten – in der Nähe mussten sie beeindruckend groß sein.
»Greift zu den Waffen!«, rief Mythor. »Wir werden angegriffen!«
»Hä?«, machte Sadagar. Hrobon wölbte die Brauen. Offenbar bewertete er Mythors Vorsicht als Feigheit, für ihn ein neuerlicher Beweis, dass Mythor nicht der Sohn des Kometen sein konnte.
Die Krieger Odams griffen nach ihren Speeren und den weittragenden...




