E-Book, Deutsch, 148 Seiten
Textor Elternarbeit im Kindergarten
5. Auflage 2011
ISBN: 978-3-8391-5972-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ziele, Formen, Methoden
E-Book, Deutsch, 148 Seiten
ISBN: 978-3-8391-5972-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Martin R. Textor, Jahrgang 1954, studierte Erziehungswissenschaft, Beratung und Sozialarbeit an den Universitäten Würzburg, Albany (New York) und Kapstadt. Er arbeitete 20 Jahre lang als wissenschaftlicher Angestellter am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Vom November 2006 bis Dezember 2018 leitete er zusammen mit seiner Frau das nicht universitäre Institut für Pädagogik und Zukunftsforschung (IPZF) in Würzburg. Martin R. Textor veröffentlichte 23 Monographien, 23 Fachbücher als (Mit-) Herausgeber, mehr als 470 Artikel in Fachzeitschriften, wissenschaftlichen Zeitschriften und (Hand-) Büchern (ohne graue Literatur), rund 300 Fachartikel im Internet sowie circa 660 Rezensionen. Ferner wirkte er an 485 Veranstaltungen - mit mehr als 24.600 Teilnehmer/innen - als Referent oder Fortbildner mit. Gemeinsam mit Antje Bostelmann gibt Martin R. Textor "Das Kita-Handbuch" heraus (www.kindergartenpaedagogik.de). Ausführliche Informationen über seine Person und seine Veröffentlichungen können auf www.ipzf.de abgerufen werden. Seine Autobiographie ist unter www.martin-textor.de zu finden.
Autoren/Hrsg.
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1. Erziehungs- und Bildungspartnerschaft
Seit Jahrzehnten ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Familie einen bei weitem größeren Einfluss auf die Erziehung und Bildung von (Klein-) Kindern hat als Kindergarten und Schule. Beispielsweise wurde schon in den 1960er Jahren in den damals Aufsehen erregenden Büchern „Equality of educational opportunity“ von Coleman et al. (1966) und „Children and their primary schools“ von Plowden (1967) anhand von Untersuchungen aufgezeigt, . Seitdem wurden Hunderte von empirischen Studien veröffentlicht, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Auch die vielen seit der Jahrhundertwende erschienenen internationalen Vergleichsstudien wie PISA, TIMMS oder IGLU belegten immer wieder, dass die Schulleistungen weitgehend von Familienfaktoren abhängen (Bildungsstand der Eltern, sozioökonomischer Status, Migrationshintergrund usw.).
Auch der Kindergarten hat bei weitem nicht einen mit der Familie vergleichbaren Einfluss auf die kindliche Entwicklung und die späteren Schulleistungen. Die erste Längsschnittuntersuchung in der Bundesrepublik Deutschland, die sich mit dieser Fragestellung befasste, wurde 2005 von Tietze, Roßbach und Grenner vorgelegt. Hier wurde u.a. festgestellt, dass am Ende der Kindergartenzeit je nach Kriteriumsvariable 6,3 bis 21,9% der Entwicklungsvarianz durch die Qualität des Familiensettings und nur 3,6 bis 8,4% an zusätzlicher Varianz durch das Kindergartensetting erklärt werden konnten. Am Ende der zweiten Grundschulklasse war der Anteil an der modellerklärten Varianz, die auf die Familie zurückging, rund doppelt so groß wie der Anteil des Kindergartens und der Schule.
Die ersten Ergebnisse der „Nationalen Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit“ (NUBBEK) bestätigen, dass die Familie einen viel größeren Einfluss auf die kindliche Entwicklung als die Kindertagesbetreuung hat. Die Wissenschaftler schreiben: „Die Zusammenhänge mit den Familienmerkmalen sind z.T. um ein Vielfaches stärker als die mit den Merkmalen der außerfamiliären Betreuung“ (Tietze et al. 2012, S. 11).
Amerikanische und britische Längsschnittuntersuchungen, die dank großer Stichproben repräsentativer als die meisten deutschen Studien sind, kommen zu demselben Ergebnis. Beispielsweise ergab die „NICHD Study of Early Child Care“ (Textor 2007a), dass Familienund Kindfaktoren einen größeren Teil der Varianz hinsichtlich der kognitiven, sozioemotionalen und Sprachentwicklung erklärten als Variablen der Fremdbetreuung. Auch bei der größten europäischen Längsschnittuntersuchung, der „Effective Provision of Pre-School Education (EPPE)“-Studie aus Großbritannien, wurde immer wieder der starke Einfluss der Qualität des „home learning environment“ betont (Textor 2007b).
Die Familie prägt aber nicht nur die kognitive bzw. intellektuelle Entwicklung von Kindern, sondern auch ihre . So ist allgemein anerkannt, dass der Einfluss der Eltern auf das Verhalten und Erleben ihrer Kinder bei weitem größer ist als der Einfluss von Kindergarten und Schule.
Wenn die Familie eine so große ausübt, müssen Erzieher/innen die Zusammenarbeit mit den Eltern suchen, wenn ihre pädagogische Arbeit von Erfolg gekrönt sein soll. Die Voraussetzung hierfür ist, dass beide Seiten zunächst einmal erkennen und akzeptieren, dass die Bildung bzw. Erziehung eines Kindes eine gemeinschaftliche von ihnen (und dem jeweiligen Kind) ist. Sie sind sozusagen . Eltern und Erzieher/innen sollten sich somit als Ko-Konstrukteure verstehen, die .
Dieses Kooperationsverhältnis wird heute als „Erziehungs- und Bildungspartnerschaft“ bezeichnet. Damit sind grundlegende Unterschiede zu früheren Konzepten der Elternarbeit impliziert, die nun kurz skizziert werden sollen: Bei der beschränkte sich Elternarbeit zumeist auf Elternabende und – bei Bedarf – auf Termingespräche. Die Eltern mussten ihre Kinder im Eingangsbereich des Kindergartens abgeben, durften also nicht die Gruppenräume betreten. Dies verhinderte weitgehend Tür- und Angel-Gespräche.
Schon seit den 1960er Jahren konkurriert das Konzept einer mit der klassischen Konzeption. Hier wird die Familienerziehung von Erzieher/innen kritisch gesehen, und so soll Eltern pädagogisches Fachwissen vermittelt werden. Ein typischer Elternabend hat dann ein Thema wie „Gefahren des Fernsehens“ oder „Gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf – Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen im Kindergarten“. Die Erzieher/innen definieren sich hier als kompetente Pädagog/innen, während ein Großteil der Eltern als inkompetent betrachtet wird.
Den vorgenannten Konzeptionen ist somit ein zu eigen. Impliziert ist die einseitige Beeinflussung der (passiven) Eltern durch die Fachkräfte – sie „be“ die Erziehungsberechtigten. Dies ist anders, wenn Elternarbeit als eine verstanden wird (z.B. Jansen/Wenzel 1999). Hier werden Eltern als „Kunden“ gesehen, die Angebote der Einrichtung „konsumieren“. Diese sind an ihren spezifischen Wünschen und Interessen auszurichten, was viele Wahlmöglichkeiten bedingt. Eine hohe Qualität der Elternarbeit ist gegeben, wenn die Eltern mit dem Dienstleistungsangebot zufrieden sind. Das Motto lautet somit: „Der Kunde ist König“.
Die neuste Konzeption der Elternarbeit ist die . Hier werden die vorgenannten Konzepte für nicht mehr zeitgemäß gehalten – zum einen seien die meisten Eltern nicht inkompetent und den Erzieher/innen untergeordnet, zum anderen könne es bei dem geringen Zeitbudget für Elternarbeit nicht darum gehen, irgendwelchen Wünschen von Eltern zu entsprechen.
1.1 Ziele der Elternarbeit
Das zentrale Ziel, mit Eltern eine Erziehungs- und Bildungspartnerschaft einzugehen, lässt sich weiter aufschlüsseln. Es umfasst die nachfolgend beschriebenen Zieldimensionen bzw. Teilziele.
Von besonderer Bedeutung für die Elternarbeit ist die : Eltern und Erzieher/innen müssen Zeit finden zum Austausch wichtiger Informationen über das Verhalten des Kindes in Familie und Kindertageseinrichtung, die Lebenslage der Familie, die Kindergartensituation, Probleme und Belastungen. Auch sollten die pädagogische Arbeit in der Kindertagesstätte und die ihr zugrunde liegende Konzeption verdeutlicht werden. Die Eltern wollen beispielsweise wissen, wie die Erzieher/innen dem Bildungsauftrag des Kindergartens entsprechen, welche Methoden sie einsetzen, wie mit der gesamten Gruppe gearbeitet wird, wie einzelne Kinder individuell gefördert und auf welche Weise sie auf die Schule vorbereitet werden.
So wird einerseits den Eltern der Lebensbereich „Kindergarten“ transparent gemacht, während andererseits die Erzieher/innen Einblick in die Familiensituation der ihnen anvertrauten Kinder erlangen und diese in ihrer pädagogischen Arbeit berücksichtigen können ( der Kindertageseinrichtung). Beide Seiten entwickeln Verständnis für den Lebenszusammenhang und die Problemsicht der jeweils anderen. Sie lernen das Kind aus dem Blickwinkel eines anderen Erwachsenen kennen, werden zur Reflexion eigener Erziehungsvorstellungen und Erfahrungen angeregt und erkennen die Kompetenzen der jeweils anderen Seite an.
Erst die wechselseitige Öffnung ermöglicht eine . Erzieher/innen und Eltern tauschen sich über ihre Erziehungsziele, -stile und -methoden aus und streben nach einem Konsens. Aus der bisher üblichen Erziehung und Bildung in Kindergarten und Familie wird ein gemeinschaftliches Unterfangen auf der Grundlage eines gemeinsamen Erziehungskonzepts; beide Seiten bilden eine . Zugleich werden die Verantwortungsbereiche und Rollen von Eltern und Erzieher/innen gegeneinander abgegrenzt. Bei unterschiedlichen, aber akzeptablen Erziehungsstilen können beide Seiten zu wechselseitiger Toleranz finden, sodass sie nicht gegeneinander arbeiten. Kleinkinder „erfühlen“ die Beziehung zwischen ihren Eltern und den Erzieher/innen. Erleben sie hier eine von Verständnis, Vertrauen und Wertschätzung getragene Allianz, wird sich dieses auf ihr Verhältnis zu den Fachkräften und auf ihr Explorationsverhalten positiv auswirken.
kann auch bedeuten, dass Eltern können. Dies hat den Vorteil, dass sie...




