Thoreau | Wenn wir uns von unseren Träumen leiten lassen | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Reihe: Klassiker der Weltliteratur

Thoreau Wenn wir uns von unseren Träumen leiten lassen

Spitze Ungehorsamkeiten
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-8438-0560-5
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Spitze Ungehorsamkeiten

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Reihe: Klassiker der Weltliteratur

ISBN: 978-3-8438-0560-5
Verlag: marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Thoreau "betrachtet das, was ihn mit der Natur verknüpft, sein Fühlen und Leiden mit ihr, seine Freude an ihr, seine Vorausahnung ihrer Ergebnisse". Die Aufenthalte im Freien sind seine Inspirationsquelle. Die Farben und Klänge der Natur bringen die Saiten seines Herzens zum Schwingen – zärtlich und eindringlich überträgt er dies aufs Papier. Seine schillernden, aufmerksamen Gedanken zur Natur sensibilisieren und entschleunigen. Seine Spitzen gegen den Konsumwahn und gesellschaftliche Zwänge machen Nachdenken, erweitern die Wahrnehmung, wecken Tatendrang. Als Verfechter des zivilen Ungehorsams ist Thoreau in seiner Gesellschaftskritik bis heute hochaktuell. Der vorliegende Band versammelt erhellende, wachrüttelnde, wesentliche Gedanken Thoreaus aus seinen Essays, Tagebüchern und Walden.

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Die meisten Menschen, selbst in unserm verhältnismäßig freien Land, sind aus lauter Unwissenheit und Irrtum so sehr durch die unnatürliche überflüssige, grobe Arbeit für das Leben in Anspruch genommen, daß seine feineren Früchte von ihnen nicht gepflückt werden können. Tatsächlich hat der arbeitende Mensch Tag für Tag keine Muße zu einer wahren Integrität; er kann die Zeit nicht aufbringen die menschlichsten Beziehungen zu den Menschen zu unterhalten; seine Arbeit würde auf dem Markte im Werte sinken, er hat keine Zeit etwas anderes zu sein als eine Maschine. Die schönsten und feinsten Eigenschaften unserer Natur können, wie der duftige Hauch, der auf den Früchten liegt, nur durch die zarteste Behandlung erhalten bleiben. Die öffentliche Meinung ist, mit unserer eigenen Privatmeinung verglichen, ein schwächlicher Tyrann. Das, was der Mensch von sich denkt, das bestimmt sein Schicksal oder weißt ihm den Weg. Als ob man die Zeit totschlagen könnte, ohne die Ewigkeit zu verletzen. Die große Masse der Menschen führt ein Leben voll stiller Verzweiflung. Was man so Resignation nennt, ist bestätigte Verzweiflung. Was heute jeder als wahr nachplappert oder stillschweigend passieren läßt, kann sich morgen als falsch erweisen, – bloßer Ansichtsdunst, den man für eine Wolke hielt, welche Wiesen und Felder mit fruchtbarem Regen erquicken würde. Das Alter ist nicht besser, ja kaum so gut im stande zu lehren wie die Jugend, denn es hat nicht so viel gewonnen als es verloren hat. Könnte es ein größeres Wunder geben, als wenn es uns ermöglicht wäre, einen Augenblick mit den Augen der Andern zu sehen? Wir übertreiben die Wichtigkeit von allem was wir tun, und wie viel geschieht doch ohne uns! Um ein Philosoph zu sein, ist es nicht genug, ein tiefer Denker zu sein, nicht einmal Schule gemacht zu haben, sondern die Weisheit so zu lieben, daß man nach ihren Vorschriften lebt, ein Leben der Einfachheit, der Unabhängigkeit, der Großmut und des Vertrauens. Man muß einige der Lebensrätsel nicht theoretisch, sondern praktisch lösen. Der Philosoph eilt seiner Zeit voraus, auch in seiner äußeren Lebensweise. Doch bin ich überzeugt, daß man im allgemeinen mehr darauf besorgt ist, moderne oder wenigstens reine und ungeflickte Kleider zu besitzen, als ein reines Gewissen. Im Lauf der Zeit treffen die Menschen nur das, wonach sie zielen. Darum täten sie, wenn sie es auch jetzt fehlen sollten, doch besser daran, nach etwas Hohem zu zielen. Der Luxus der einen Klasse wird aufgehoben durch die Notdurft der anderen. Unsere Erfindungen sind gewöhnlich hübsche Spielsachen, die unsere Aufmerksamkeit von ernsten Dingen ablenken. Was die Pyramiden anbelangt, so ist an ihnen nichts so erstaunlich als die Tatsache, daß sich so viele Menschen fanden, die herabgekommen genug waren, um ihr Leben an die Erbauung eines Grabes für irgend einen ehrgeizigen Tölpel zu wenden, den in den Nil zu werfen und dessen Leichnam den Hunden zu überlassen, vernünftiger und männlicher gewesen wäre. Nur möchte ich, daß jeder recht sorgfältig trachtete, seinen eigenen Weg zu finden, und nicht statt dessen den seines Vaters, seiner Mutter oder seines Nachbarn. Kein Geruch ist so schlecht als der, welcher von fauler Güte aufsteigt. Es ist menschliches, göttliches Aas. Wüßte ich gewiß, daß jemand zu mir käme mit der bewußten Absicht mir eine Wohltat zu erweisen, ich würde davon laufen, so schnell mich meine Füße tragen würden, wie vor dem Samum, dem trockenen, sengenden Wind der afrikanischen Wüste, der Mund, Nase, Ohren und Augen mit Staub füllt, bis man erstickt, aus Angst er könnte mir etwas von seinem Virus mit meinem Blute vermischen. Philantropie ist fast die einzige Tugend, welche genügend von den Menschen geschätzt wird. Sie wird sogar weit überschätzt; und zwar ist es unsre Selbstsucht, die sie überschätzt. Ich will des Menschen Blume und Frucht. Es soll ein Wohlgeruch von ihm zu mir herüberwehen, eine Reife unserm Verkehr die Würze geben. Seine Güte muß nicht ein vorübergehendes Stückwerk sein, sondern ein beständiges Überfließen, das ihn nichts kostet und dessen er sich nicht bewußt ist. Das ist Liebe, die eine Menge von Sünden zudeckt. Wir suchen uns gerne seltene, angenehme Stellen in einer entlegenen, himmlischeren Ecke des Weltsystems aus, hinter der Kassiopeia – allem Lärm, aller Störung entrückt. Der Mensch, der nicht glaubt, daß jeder Morgen eine frühere, heiligere, heller im Morgenrot leuchtende Stunde umschließe, als alle, die er bis jetzt entweiht hat, der verzweifelt am Leben und geht auf dunklen Pfaden abwärts. Alle denkwürdigen Ereignisse, möchte ich sagen, werden in Morgenstunden, in Morgenluft geboren. Wachsein heißt leben. Noch nie habe ich einen Menschen getroffen, der ganz wach gewesen wäre. Ich kenne keine erhebendere Tatsache als die zweifellose Fähigkeit des Menschen, sein Leben durch bewußte Anstrengung auf einen höheren Standpunkt zu erheben. Auf die Beschaffenheit des Tages selbst einzuwirken, das ist die höchste aller Künste. Jeder Mensch hat die Aufgabe, das Leben, selbst in seinen Einzelheiten, der Betrachtung seiner höchsten und kritischsten Stunde würdig zu gestalten. Ich wollte tief leben, alles Mark des Lebens aussaugen, so trutzig und spartanisch leben, daß alles, was nicht Leben war, in die Flucht geschlagen wurde, einen breiten Schwaden dicht am Boden mähen, das Leben in die Enge treiben und auf seinen äußersten Preis reduzieren, und wenn es sich gemein erwiese, seiner ganzen, wahren Niedrigkeit auf den Grund kommen und sie der Welt verkünden; war es aber erhaben, so wollte ich dies durch Erfahrung erkennen, und imstande sein, bei meinem nächsten Ausflug Rechenschaft darüber abzulegen. Und unsere Nation selbst mit all ihren sogenannten inneren Verbesserungen, die übrigens alle äußerlich und oberflächlich sind, ist gerade solch ein schwerfälliges, veraltetes, mit altem Hausrat vollgepfropftes Institut, voller Schlingen und Fußangeln, ruiniert durch Luxus und leichtsinnige Ausgaben […]. Es wird zu schnell gelebt. Man glaubt, es sei zweifellos notwendig, daß die Nation Handel treibe, Eis exportiere, daß man durch den Telegraphen sprechen und dreißig Meilen in der Stunde fahren könne, ob man es nun tut oder nicht; ob wir aber wie Paviane oder wie Menschen leben sollen, ist nicht ganz so sicher. Dem Philosophen sind alle Neuigkeiten Geschwätz, und die es herausgeben und lesen, sind alte Kaffeebasen. Wenn die Menschen ruhig nur die Wirklichkeit beobachten und sich nicht blenden lassen wollten, so würde ihnen das Leben, um es mit etwas, das wir kennen, zu vergleichen, wie ein Feenmärchen, wie Erzählungen aus »Tausend und eine Nacht« erscheinen. Wenn wir nur das achten wollten, was unvermeidlich ist und ein Recht hat zu sein, so würden Musik und Poesie die Straßen entlang erklingen. Wenn wir weise und nicht in Eile sind, so sehen wir, daß nur große und würdige Dinge eine permanente absolute Dauer haben, daß kleine Sorgen und kleine Freuden nur Schatten der Wirklichkeit sind. Die Kinder, die das Leben spielen, erfassen seine wahren Gesetze und Beziehungen richtiger als die Erwachsenen, die nicht fertig bringen, es würdig zu leben, sich aber durch Erfahrung, das heißt das Fehlschlagen ihrer Pläne, für weiser halten. Wir glauben, daß das ist, was zu sein scheint. Laßt uns niedersetzen und durch den Schlamm und Kot der Meinungen, der Vorurteile, der Tradition, der Täuschung und des Scheines, der Anschwemmung, welche die Erdkugel bedeckt, durch Paris und London, durch New York, Boston und Concord, durch Kirche und Staat, durch Poesie, Philosophie und Religion hindurch unsere Füße wetzen und reiben, bis wir auf harten Boden und Felsen an einen Ort gelangen, den wir Wirklichkeit nennen und von dem wir sagen können: Das ist, das ist...


Henry David Thoreau (1817–1862) wurde in Concord, Massachusetts geboren und studierte in Harvard Klassische Philologie. Mit seinen bekanntesten Werken "Walden" und "Über die Pflicht zum Ungehorsam gegenüber dem Staat" wurde der Bürgerrechtler, Schriftsteller, Naturforscher und Philosoph zum festen Bestandteil der amerikanischen Kultur. Thoreau gilt als Vorreiter der gewaltfreien Proteste und des zivilen Ungehorsams.



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