Buch, Deutsch, 388 Seiten, Format (B × H): 133 mm x 212 mm, Gewicht: 538 g
Science Fiction Thriller
Buch, Deutsch, 388 Seiten, Format (B × H): 133 mm x 212 mm, Gewicht: 538 g
ISBN: 978-3-98942-397-8
Verlag: NOVA MD
Als 2024 der NASA-Satellit Sentinel I über dem Südpol des Mondes online geht, entdeckt er etwas Sonderbares: Eine Reflexion inmitten des Shackleton-Kraters, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Zudem empfängt die Radioantenne von derselben Stelle ein mysteriöses Signal, das einem komplexen Muster folgt. Die Aufregung bei NASA und Pentagon ist groß, da es nur eine Erklärung geben kann: Auf dem Mond liegt ein außerirdisches Artefakt tief in der ewigen Dunkelheit von Shackleton verborgen. Und es will gefunden werden.
Doch schon bald kommt heraus, dass China an die brisanten Informationen gelangt ist und es entbrennt eine Neuauflage des Wettlaufs zum Mond. Mitten drin ist der NASA-Astronaut Charly Reid, der um jeden Preis verhindern will, dass die Welt an dem hart geführten Wettkampf zugrunde geht. Der Einsatz ist nichts weniger als der Schlüssel zur Zukunft der Menschheit und das Militär droht bereits, die Kontrolle an sich zu reißen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Sie begannen den Landeanflug auf Luna exakt sieben Stunden und
vier Minuten später. Die Berechnungen hatten länger gedauert und
die Überprüfungen durch Houston ein paar weitere Sensortests zur
Folge gehabt. Nachdem das alles abgeschlossen war, stellte sich heraus,
dass der Bordcomputer bereit war für das heikle Manöver. Sie zogen
sich ihre Druckanzüge an, verschlossen ihre Helme und setzten sich
auf ihre Bank mit den vier abgetrennten Sitzen, die Visiere dicht vor
den Touchdisplays mit ihren erstaunlich aufgeräumten Anzeigen.
Ab jetzt mussten sie lediglich noch die angezeigten Werte in Echt-
zeit überprüfen, die von der Steuersoftware als Navigations- und Steu-
ergrundlage herangezogen wurden.
Der Flug nach unten begann am Periselenum, als sie wieder den
dichtesten Punkt zur Oberfläche erreichten, in knapp über 15 Kilome-
tern Höhe. Sie kamen von der Nachtseite und rasten mit 1.700 Metern
pro Sekunde auf die Tagseite zu. Dann feuerten die Haupttriebwerke,
um ihren Orbit zu verringern. Entsprechend der Orbitalmechanik
geschah das nicht wie auf der Erde dadurch, dass man in eine Rich-
tung steuerte, sondern einfach nur langsamer wurde.
Die elliptische Bahn der Liberty um Luna verkürzte sich dadurch
immer stärker. Durch den ersten 60 Sekunden dauernden Bremsschub
der Raptor-Triebwerke wurde ein Schub von 30 Kilonewton erzeugt,
der ihre Geschwindigkeit auf 300 Meter pro Sekunde verringerte und
ihren Orbit auf eine Ellipse mit 100 Kilometern am Aposelenum und
10 Kilometern an der tiefsten Stelle reduzierte. Eine Dreiviertelstunde
später erreichten sie erneut das Periselenum und zündeten erneut,
diesmal für 30 Sekunden, wieder mit 30 kN Schub, wodurch ihre hori-
zontale Geschwindigkeit auf null sank und die Vertikalgeschwindigkeit
in Richtung Grund auf 3 Meter pro Sekunde.
»Vertikale Abstiegsphase eingeleitet«, verkündete Miles über
Funk. Obwohl er direkt neben Charly saß, klang er weit entfernt.
»Druck, Temperatur und Hüllenintegrität im Soll«, sagte Anne.
»Luna zieht schon ordentlich an uns.« Miles streckte einen Finger
aus und drückte den Knopf für die genaue Aufteilung der Beschleuni-
gungswerte. Seine Hand wackelte dabei, weil die ganze Liberty in
Bewegung war, als würde sich der Mond gegen ihre Ankunft wehren.
»Wir werden schneller, 1,62 Meter pro Sekundenquadrat.«
Das entsprach genau der Beschleunigung von Masse durch die
Mondgravitation. Womit sie gerade pro Sekunde um 1,62 Meter
schneller wurden. Das entsprach exakt dem erwarteten Wert.
»Bestätigt. Abstiegsgeschwindigkeit nominal«, sagte Anne. Louis
blieb auffällig still.
Charly betrachtete den Höhenmesser. Sie waren bereits auf unter
zwei Kilometer abgesunken. Nach einem Seitenblick durch eines der
Fenster konnte er die Silhouetten von rauen Berghängen erkennen, die
beinahe weiß aussahen im Sonnenlicht, als wären sie mit Schnee
bedeckt. Es war, als wären sie von einer Leinwand umgeben, auf der
ein Schwarz-Weiß-Film abgespielt wurde.
»750 Meter!«, sagte Anne. Jetzt ruckelte und wackelte es etwas
stärker, da die Draco-Düsen mit ihrem Stickstoff die Lagekontrolle
übernahmen und sie in einer stabilen, dreh- und taumelfreien Flug-
bahn senkrecht hielten. Jeder ihrer Kaltgasstöße war als ein gedämpf-
tes, kurzlebiges Rauschen zu hören.
»Fahre Landestutzen aus!« Es klang, als würde Miles das selbst
tun, doch es war der Bordcomputer, der präzise am exakten 750-
Meter-Punkt die entsprechende Technik auslöste. Es gab ein lautes
»Puff!«, als mittels Pyrotechnik die vier massiven Stützen aus dem
Heckbereich ausfuhren.
»500 Meter!«
»Finale Triebwerkszündung!«
Ein sanfter Ruck ging durch die Liberty und Charly wurde
leicht in den Sitz gedrückt, als die Raptors einmal mehr zündeten
und sie stark abbremsten. Jetzt feuerten die kleineren Stickstoff-
düsen überall in der Hülle im Sekundentakt, um sie präzise aufrecht
zu halten.
Bei 250 Metern aktivierten sich die hydraulischen Stoßdämpfer in
den Stelzenbeinen, um den Aufprall abzufangen.
Charly sprach in Gedanken ein Stoßgebet und schloss die Augen.
Einige Momente später erlosch das Triebwerksrauschen und kurz
darauf setzten sie mit einem heftigeren Ruck auf dem Mond mit
weniger als fünf Stundenkilometern Vertikalgeschwindigkeit auf.
»Houston«, ertönten Louis’ erlösende Worte. »Liberty ist
gelandet!«
»JA!«, rief Charly triumphierend und es dauerte nicht lange, da
fielen die anderen drei mit ein.
»WOHOOO!«
»Wir sind gelandet, Baby!«
Sie klatschten sich gegenseitig ab und reckten die Fäuste hoch, was
in der kaum merklichen Mondgravitation sehr leicht vonstattenging
und beinahe dazu geführt hätte, dass Miles in eines der Displays boxte.
Sie beruhigten sich schnell wieder, damit sie Houston hören konn-
ten, doch von dort war auch nur hemmungsloser Jubel aus dem
Control Center zu hören. Also überprüften sie mit ihrer wiederge-
wonnenen Professionalität sämtliche Anzeigen und überzeugten sich
davon, dass wirklich alles in Ordnung war.
»Alles auf grün, alle Parameter im Normbereich«, sagte Anne.
»Bilderbuchlandung, Miles! Bilderbuchlandung.«
»Ich habe nichts gemacht.« Er hob die Hände. »Dankt dem
Bordrechner und den verdammt noch mal besten Nerds der Welt
daheim in Houston.«
»Kannst du deinen Arsch drauf verwetten.« Louis grinste und
schnallte sich ab, um zu einem der Fenster zu gehen, und stürzte dabei.
Sein Fall sah aus, als hätte Charlys Gehirn auf Zeitlupe gestellt.
»Kaum sind die Mikrofone aus, lässt er alles raus, was er die letzten
Tage zurückgehalten hat.« Anne lachte.
»Die sind nicht aus, Liberty«, erinnerte Cortez sie aus dem
Mission Control Center. »Aber im nächsten Stream darf er gern
wieder etwas vorzeigbarer sprechen.«
»Verstanden, Flight Control. Wir bereiten jetzt den Ausstieg vor.«
»In Ordnung. Wir bleiben online. Gute Arbeit, Liberty!«
Charly schnallte sich ebenfalls ab und machte sich auf den Weg zu
Louis – vorsichtig und bedacht. Seine stundenlangen Trainings
während der Parabelflüge hatten ihn auf die Mondschwerkraft vorbe-
reitet, aber die kurzen Intervalle waren etwas anderes gewesen als jetzt.
Sein Körper fühlte sich leicht an, als hätte jemand ihn mit Luft aufge-
blasen, die nach oben wollte.
Als er neben seinen Kameraden ans Fenster trat, starrte er faszi-
niert in die Mondlandschaft hinaus. Sie standen in einer kleinen Senke
vor einem Bergrücken, der mehrere hundert Meter hoch war und von
der Sonne angestrahlt wurde. Das reflektierte Licht schimmerte kaum
merklich auf dem Regolith, das die Landezone umgab. In der Luft
flogen Myriaden winziger Staubpartikel, die ihre Triebwerke bei der
Landung aufgewirbelt hatten. Aufgrund der geringen Schwerkraft
dauerte es eine ganze Weile, bis sie sich wieder legten.
Durch diesen Schleier aus extraterrestrischem Glitzer sah er etwa
fünfhundert Meter entfernt einen großen Krater, den er auf der Erde
für einen See mit spiegelglatter Oberfläche gehalten hätte. Aufgrund
ihrer erhöhten Position im Cockpit der Liberty konnte er die runde
Form erkennen und hatte keinen Zweifel, dass es sich um Shackleton
handelte.
»Siehst du Starship 5?«, fragte Charly und ließ den Blick über die
öde Landschaft streifen. Der Bergrücken rechts und die Hälfte des
Kraterrandes lagen in der Sonne, die andere Seite im Schatten eines
höheren Bergs auf der linken Seite. Die Signalquelle war jetzt zum
Greifen nahe, ohne dass sie sie hätten sehen können.
»Nein, das müsste achthundert Meter weiter westlich stehen, da,
in der Dunkelheit des Bergs«, erwiderte Louis und deutete nach links.
Für die Liberty war absichtlich eine Landezone im sonnenbe-
schienenen Bereich gewählt worden nach der schlechten Erfahrung
mit Starship 4, das im Schatten abgestürzt war, weil die Sensoren zu
wenig Licht bekommen hatten. Mit Starship 5 und einigen Verbesse-
rungen hatte es zwar funktioniert, aber die Gefahr durch die extreme
Hitze war den Ingenieuren in Houston doch kleiner erschienen, als
das Risiko, dass Starship 5 in der Dunkelheit bloß Glück gehabt
hatte.
»Wir sind wirklich gelandet.« Louis ballte eine Hand zur Faust.
»Wir kommen zwar nicht mehr hier weg, aber dafür sind wir zuerst da
und da hinten, im Shackleton, wartet das größte Mysterium der
Raumfahrtgeschichte auf uns, Leute.«
»Der Menschheit wohl eher«, berichtigte Miles seinen Komman-
danten. Er drückte sich gerade mit Anne an einem der anderen Fenster
die Nase platt.
»Ich hab’s mir irgendwie beeindruckender vorgestellt«, sagte
Anne unvermittelt. »Klar, ich wusste, dass Luna eine Regolith-Einöde
ohne Atmosphäre ist, aber das sieht wirklich aus, als wäre ich in einem
Schwarz-Weiß-Film gefangen.«
»Das ist ja gerade das Faszinierende«, befand Miles.
»Denk einfach daran, dass noch nie ein lebendes Wesen seinen
Fuß hierher gesetzt hat«, meinte Charly. »Alles, was du hier tust, wird
zum ersten Mal getan.«
»Außer, die Aliens haben dieses Ding im Shackleton persönlich
hergebracht«, entgegnete Anne.
»Dann warst du immerhin der erste Mensch.«
»Auch wieder wahr.«
»Also gut, nehmt euch noch ein paar Augenblicke, um den
Ausblick zu genießen, dann machen wir uns an den Plan. Ihr wisst
alle, wie der aussieht. Wir gehen raus, laufen ein bisschen umher und
machen ein paar Fotos mit der Flagge. Dann bauen wir den Rover auf
und die Solaranlage«, entschied Louis.
»Können wir nicht zumindest kurz in den Krater sehen?«, fragte
Miles und klang fast wie ein enttäuschtes Kind.
»Negativ. Wir halten uns an das Protokoll. Ein halber Kilometer
sieht wenig aus, aber wir verschwenden keine Zeit in der kosmischen
Strahlung, die nicht unbedingt sein muss. Erst die Basics, also der
Aufbau. Dann überprüfen wir alles und wenn es gut läuft, ruhen wir
uns aus, essen etwas und machen uns dann auf den Weg zum Shackle-
ton. Zu zweit, während zwei hier die Stellung halten.«
»Alles klar.« Miles seufzte und ging vorsichtig zur Luke in den
Korridor, wo zwei Leitern an der Wand jetzt zu ihrem vertikalen Weg
nach oben und unten geworden waren.
»Also dann: Luna wir kommen. Und wir sind gekommen, um zu
bleiben«, sagte Louis und wandte sich vom Fenster ab. Die Euphorie
war im Cockpit greifbar und Charly spürte, wie er immer aufgeregter
wurde. Was lange ein Traum gewesen war, würde in Kürze zur Realität
werden.