Ventura | Der Rache Glanz | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Ventura Der Rache Glanz

Roman
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-455-02018-2
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-455-02018-2
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sie muss berühmt werden - dafür ist sie zu allem bereit Cléo weiß schon früh, dass sie den fürchterlich durchschnittlichen Verhältnissen, in denen sie aufwächst, entkommen will. Spätestens als sie bei einer banalen Modenschau von einer Mitschülerin ausgestochen wird, reift in ihr die Erkenntnis, dass sie sich rächen muss. Ihre Vendetta heißt: Berühmt werden. Als Popsängerin. Unerbittlich arbeitet Cléo jahrelang an ihrem Timbre, ihren Lyrics, ihrem Charisma, überhaupt an ihrer Außenwirkung bis ins winzigste Detail. Immer obsessiver verfolgt sie ihr einziges Ziel, geht dabei immer strenger mit sich selbst ins Gericht. Und während sie dem Weltruhm näher kommt, steigt der Preis dafür ins Unermessliche.  Der Rache Glanz ist ein mitreißender, messerscharfer Roman über unsere dem blendenden Glanz des schönen Bilds verfallene Zeit und Maud Ventura eine der aufregendsten französischen Autorinnen ihrer Generation. »Jede Seite ein Peitschenhieb.« Libération »Herrlich bissig - beeindruckend!« Le Telegramme »Ein Volltreffer.« People

Maud Ventura, geboren 1992, ist eine französische Autorin. Ihr Debütroman Mein Mann, mit dem Prix du Premier Roman ausgezeichnet, wurde in Frankreich zum meistverkauften Debüt des Jahres 2021 und zu einem Best- und Longseller-Phänomen. Auch ihr zweiter Roman Der Rache Glanz sorgt seit seinem Erscheinen 2024 für viel Furore: »Jede Seite ein Peitschenhieb!«, urteilte u.a. die Libération.
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Weitere Infos & Material


Cover
Titelseite
Widmung
Motto
Berühmt zu sein [...]
Drei Wochen auf [...]
Teil Eins Der Glaube
Teil Zwei Der Aufstieg
Teil Drei Der Ruhm
Literaturhinweise
Dank
Über Maud Ventura
Impressum


Drei Wochen auf einer einsamen Insel mitten im Pazifischen Ozean. Ohne Wasser und Strom, ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Genau diese Art von Fantasie kann man sich als Celebrity einfach kaufen. Wenn man alles hat, muss man bei der Wahl des Sommerurlaubs schon ein bisschen Einfallsreichtum beweisen.

Gestern habe ich zehn Stunden in einem Privatjet gesessen. Wir landeten in der Nähe von Tahiti oder den Fidschi-Inseln, vielleicht war es auch Hawaii. Ich stieg in ein anderes Flugzeug um, und dann in ein Wasserflugzeug. Eine Stunde später tauchte die Insel auf: ein in den unendlichen Weiten verlorenes Atoll.

Wasser, so weit das Auge reicht, weißer Sand, prächtige Lagunen, ich spaziere durch eine Postkartenidylle. Schwärme von Seevögeln legen am Strand einen Zwischenstopp ein, die Natur ist üppig, man ahnt, dass es hier oft heftig gießt, die Regenwasserzisterne ist voll. Kokospalmen, Bananenstauden, Orangenbäume, verhungern werde ich hier nicht. Den Blick in die Ferne gerichtet, suche ich den Horizont nach Land, nach einem Ankerpunkt ab. Es gibt keinen.

In den nächsten drei Wochen wird mein einziger Unterschlupf eine Hütte am Strand sein. Sie ist bezaubernd, auf Pfeilern errichtet, hat eine Terrasse mit Blick auf den Ozean. Die hohe, schräge Holzkonstruktion stützt ein Dach, das mit den geflochtenen Blättern tropischer Pflanzen gedeckt wurde. Darin nur ein spärlich möblierter Raum: ein einfaches Bett, eine Kommode, ein Tisch, zwei Stühle. Die Vorräte befinden sich in einem Schrank: Reis, Obst, getrockneter Fisch, Wurzelknollen, Konservendosen, hundert Liter Mineralwasser. Ich öffne die Schubladen, um meine Inventur zu vollenden, breite die magere Beute auf dem Boden aus: ein Kocher, zwei Gasflaschen, Schwimmflossen, eine Tauchermaske, eine Taschenlampe, eine Machete, eine Streichholzschachtel, eine Fliegenklatsche, ein Wasserfilter, eine Angelschnur, ein Globus, eine Bibel. Kahle Wände, keinerlei Dekoration, keine Uhr, kein Spiegel. Ziemlich rustikal für einen 500000-Dollar-Urlaub. Aber das ist ja kein Geheimnis: je teurer, desto weniger WLAN. Ich zahle einen hohen Preis, um mitten im Nirgendwo zu sein, unerreichbar für Blicke, Handys und die Kameraobjektive der Paparazzi – und die unablässige Inanspruchnahme durch meine Crew. Dieses Jahr mache ich mir das schönste Geschenk überhaupt: Sie können mir alle mal den Buckel runterrutschen.

Vor sechs Monaten erfuhr ich zum ersten Mal von dieser Insel. An dem Abend hatte ich einen mit Spannung erwarteten Auftritt auf dem Fest nach der Preisverleihung, bei der ich wieder einmal groß abgeräumt und eine Dankesrede nach der anderen gehalten hatte. Kurz zuvor hatte ich, Trophäe in der Hand, viermal meinem Publikum gedankt, mit zitternder Stimme und Tränen in den Augen. Das ist das Erste, was man lernen muss: auf Befehl zu weinen. Man weiß ja, wie der Hase läuft. Man muss so tun, als sei man gerührt und aufgeregt, im Triumph bescheiden bleiben, allen weismachen, dass man seine Musik nur für die Fans macht, sich bei den Teams im Hintergrund bedanken und dabei eine lange Liste von Namen aufzählen, die niemandem irgendetwas sagen.

Natalie Holmes steht bei der After-Show-Party an der Bar, einen Champagnerkelch in der Hand. Ich habe sie schon über ein Jahr nicht mehr gesehen, ein Jahr, in dem viel los war: Trennung, Verrat, Medienrummel, Dramen, triumphaler Release des dritten Albums. Natalie Holmes und ich hatten früher eine Handvoll gemeinsamer Freunde, aber diese Freunde wurden zu Feinden, daher könnte ich drauf wetten, dass sie so tun wird, als hätte sie mich nicht gesehen, den Blick auf ihre Jimmy-Choo-Pumps gesenkt. Wette verloren. Sie kommt mit einem breiten Lächeln auf mich zu. Es ist schon verrückt, wie schnell der Erfolg alte Feindschaften ins Land des Vergessens schickt. Meine neue Assistentin flüstert mir den Titel des letzten Films ins Ohr, in dem sie eine Rolle hatte, den Namen des Regisseurs, das Premierendatum. Ich bin ja gerne bereit, Konversation zu treiben, aber ein Minimum an Fakten muss man mir schon geben.

Natalie beglückwünscht mich als Erstes zu meinem Album (als Einstieg nicht sehr originell) und zu den vier Awards, die ich heute Abend kassiert habe (wie platt), dann gesteht sie mir, dass sie oft an unsere Gespräche bei John Cutler in Los Angeles denken muss (ich habe nicht die geringste Erinnerung daran). Ihre Robe schneidet ihr deutlich in die Arme – und ich mag ja Bustierkleider, aber sie schmeicheln nicht jedermann (was hat ihr Stylist da nur verbrochen?). Ich beiße die Zähne zusammen, um nicht zu gähnen, und wäre gern überall, nur nicht hier bei dieser Plauderei mit einer abgeschmackten Schauspielerin. Ich will mich gerade freundlich verabschieden, als das Gespräch eine unerwartete Wendung nimmt. Natalie Holmes legt mir vertraulich eine Hand aufs Handgelenk und fängt an, mir von ihrem letzten Urlaub zu erzählen.

»Eigentlich war es kein richtiger Urlaub, eher ein Experiment«, murmelt sie.

»Inwiefern?«

»Ich darf nicht mehr darüber verraten, aber ich schwöre dir, es hat mein Leben verändert.«

»Tatsächlich?«

»Du kannst dir das nicht vorstellen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es mich so umhauen würde … Ich kann dir die Nummer geben, wenn du magst.«

»Ja, warum nicht.«

»Aber ich garantiere für nichts. Das läuft nur über Mundpropaganda, es gibt extrem wenige Plätze. Ich habe gehört, Selena Gomez wartet schon seit Monaten auf ihre Chance.«

Wenn ich Natalie Holmes glauben darf, gibt sich die ganze Elite von Hollywood an diesem Ort, der »top secret« und »hochexklusiv« ist, die Klinke in die Hand. Das ist natürlich genau das, was man mir erzählen muss, damit ich unbedingt auch dabei sein will. Keine Mega-Yacht, keine Villa auf den Bahamas, kein Schloss in der Toskana, aber drei Wochen auf einer Privatinsel im Pazifik. »Ein Abenteuer à la Robinson Crusoe«, »ein spirituelles Retreat«, »ein Ende-der-Welt-Erlebnis«, »ein so abgeschiedener Ort, dass nichts anderes mehr existiert«. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie Natalie Holmes den Sommer ohne Klimaanlage und Harpunenfischen verbringt, aber warum nicht? »Genau da hatte Christopher Nolan die Idee für seinen Film «; »Taylor Swift stellt einmal im Jahr ihre Koffer dort ab, lädt ihren Akku wieder auf und findet Inspiration für neue Songs«; »Die Insel hat angeblich mal Francis Scott Fitzgerald gehört, er soll dort die ersten Kapitel von geschrieben haben.« Ich wage das zu bezweifeln, meines Wissens ist der amerikanische Autor nie reich geworden, aber Natalie Holmes weiß, mit welchen Argumenten man mich ködern kann, Fitzgerald ist mein Lieblingsschriftsteller.

Mit einem Funkeln in den Augen und einem bedeutungsschwangeren Lächeln fügt sie hinzu: »Die Eingeweihten nennen sie die Insel der Meisterwerke … Es wird sich bestimmt rumsprechen, aber momentan ist der Ort noch geschützt, das muss man doch ausnutzen. Es ist absolut zauberhaft dort.«

»Was du nicht sagst.«

Ich fühle mich tief getroffen. Gestern bin ich Selena und Taylor begegnet, wieso haben sie mir nichts davon erzählt? Und außerdem, warum weiß eine Schauspielerin wie Natalie Holmes, die weder meine Aura noch meinen Einfluss hat, vor mir darüber Bescheid? Als sie sich verabschiedet, nimmt sie mir übrigens noch das Versprechen ab, es nicht weiterzusagen. Sie hat eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet, hart wie Stahlbeton. Sollte ich das Glück haben hinzufahren, würde man mir auch eine vorlegen. Der Ort wird geheim gehalten, es gibt keinerlei Informationen im Internet, ein knallhartes Auswahlverfahren. Der Reiz des Mysteriums.

Eines Abends, ich bin ziemlich kaputt, gebe ich einem plötzlichen Impuls nach und wähle die Nummer. Ich stecke gerade mitten in der Werbekampagne für mein drittes Album und wurde den ganzen Tag nur von Dumpfbacken belagert, von denen keine in der Lage war, meine Anweisungen korrekt auszuführen. Die Leute um mich herum sind alle entweder inkompetent oder faul, und die Woche endet in einem Klima der Angst. Musik wirkt sich ja angeblich positiv aufs Gemüt aus – dass ich nicht lache! Durch die Schnelligkeit und den Druck werde ich unausstehlich. Als ich wieder alleine in meinem Hotelzimmer in Las Vegas bin, betrachte ich mich im Spiegel, während ich warte, dass jemand rangeht, vergebens. Auf einem rätselhaften Anrufbeantworter, der einen Bibelvers zitiert, hinterlasse ich eine Nachricht.

Feiner Sand, türkisblaues Wasser, absolute Stille. Ich schwimme eine ganze Weile langsam vor mich hin, erst Brust, dann Rücken. Ich denke an die Strömungen, die mich ins offene Meer hinausziehen könnten, an die Tiefenwellen beim Korallenriff, an Fische, deren Rückendornen ein tödliches Gift enthalten. Der Thrill ist Teil des Vergnügens.

Nach meinem Bad knote ich unter der Außendusche, einer spartanischen Installation hinter der Hütte, meinen Badeanzug auf. Das von der Sonne erwärmte Regenwasser ist lauwarm, die Seife schäumt im Kontakt mit meiner Haut, ich seufze glückselig. Endlich einmal kein Paparazzo, der sich hinter einem Felsen versteckt, um meine Brüste zu fotografieren, ich muss nicht einmal den Bauch einziehen.

Den restlichen Tag baue ich an einer Sandburg. Wie damals am Strand der Île d’Oléron, als ich noch ein Kind war, häufe ich nassen Sand auf, ziehe Wassergräben, befestige meine Burg, in aller Ruhe, konzentriert, bevor ich Muscheln suchen gehe, um damit meine Türmchen zu dekorieren. Eine nutzlose, beliebige Tätigkeit, die ich nur für mich mache. Die Freude, etwas zu tun, ohne dabei brillieren zu müssen. Ist es zwei Uhr oder schon fünf? Ich habe nicht die geringste Ahnung. Mechanisch lasse ich die Hand in meine...


Ventura, Maud
Maud Ventura, geboren 1992, ist eine französische Autorin. Ihr Debütroman Mein Mann, mit dem Prix du Premier Roman ausgezeichnet, wurde in Frankreich zum meistverkauften Debüt des Jahres 2021 und zu einem Best- und Longseller-Phänomen. Auch ihr zweiter Roman Der Rache Glanz sorgt seit seinem Erscheinen 2024 für viel Furore: »Jede Seite ein Peitschenhieb!«, urteilte u.a. die Libération.

Meßner, Michaela
Michaela Meßner übersetzt seit vielen Jahren aus drei Sprachen und hat u.a. Werke von Alexandre Dumas fils, Anne und Emily Brontë, Négar Djavadi, Giuliano da Empoli und Anne Berest ins Deutsche übertragen. Für ihre übersetzerische Arbeit wurde sie u.a. mit dem Raymond-Aron-Preis ausgezeichnet.

Maud Ventura, geboren 1992, ist eine französische Autorin. Ihr Debütroman Mein Mann, mit dem Prix du Premier Roman ausgezeichnet, wurde in Frankreich zum meistverkauften Debüt des Jahres 2021 und zu einem Best- und Longseller-Phänomen. Auch ihr zweiter Roman Der Rache Glanz sorgt seit seinem Erscheinen 2024 für viel Furore: »Jede Seite ein Peitschenhieb!«, urteilte u.a. die Libération.



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