E-Book, Deutsch, Band 69, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Walker Mythor 69: Die Barbaren
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9821-1
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 69, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9821-1
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held Gorgan, die nördliche Hälfte der Welt, durch das Tor zum Anderswo verlassen. Anderswo - das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist. Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird. Während Mythor mit seinen Gefährten inzwischen die Insel Gavanque, wo er im Krieg der Hexen eine Schlüsselrolle spielte, verlassen hat und neuen Abenteuern entgegenzieht, blenden wir um und wenden uns wieder dem Geschehen auf Gorgan zu. Zuerst beschäftigt uns das Schicksal Nottrs, des Lorvaners, der längst Mythors Freund geworden ist und der den Gedanken verfolgt, dem verschwundenen Sohn des Kometen in seinem Kampf zu helfen, indem auch er gegen die Kräfte der Finsternis angeht. An Nottrs Seite kämpfen DIE BARBAREN ...
Autoren/Hrsg.
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1.
Der Wind heulte über die Vorberge des Voldend-Gebirges, der Berge-am-Rand-der-Welt, wie die Barbaren sie nannten. Der Tag der Wintersonnenwende stand kurz bevor, und es war als ob die Götter des Frosts und der eisigen Stürme sich mit all ihrer Grimmigkeit auf diesen Festtag vorbereiteten. Und hier in den Wildländern, wo der Winter der große Mörder war für einen Großteil des Lebens, war dieser Sturm einer der schlimmsten des Mondes. Schnee trieb so dicht über die Hänge, dass man keine drei Schritt weit zu sehen vermochte. Es war am Mittag so düster wie in der Abenddämmerung. Es war so düster wie alle Omen, seit sie zu diesem wahnsinnigen Marsch aufgebrochen waren. Nottr verfluchte die Entscheidung bei allen Göttern, die ihm in den Sinn kamen. Und er verfluchte Skoppr, den Schamanen. Seine Männer ertrugen es stoischer. Lange Märsche machten sie immer schweigsam. Ihre barbarische Wildheit, über die in zivilisierteren Gegenden nicht ohne Furcht berichtet wurde, erwachte nur im Kampf. Wenn sie sich in die Schlacht stürzten, hatte Gorgan keine wilderen Kämpfer gesehen, als die Lorvanerscharen der Wildländer. Aber diesmal würden die Westländer vergeblich auf ihre Überfälle warten, obwohl tiefster Winter war. Aber statt Beute und Nahrung im Westen zu suchen, froren und hungerten sie in einem Land, das die Götter sicher nicht für den Menschen erschaffen hatten. Und fünftausend Krieger und Kriegerinnen hockten ein Dutzend Tagemärsche südwestlich in ihren Winterlagern und verzehrten die Vorräte, weil Urgats Horden sich nicht entschließen konnten, das Offensichtliche zu tun: sich Nottrs bisher in der Geschichte der Wildländer einmaliger Streitmacht anzuschließen, und tiefer in den Westen vorzustoßen, als jemals zuvor. Die Omen waren nicht gut. Und Urgat wollte die Führerschaft selbst. Sie hatten es längst in einem Zweikampf entschieden, wie es üblich war. Doch die Schamanen erhoben Einspruch. Wer Führer solch einer gewaltigen Streitmacht sein sollte, die nicht nur Siege und Eroberungen, sondern auch das Ende der Lebensweise der Lorvaner bringen mochte, das durfte nicht durch den stärkeren Arm oder gar das Glück entschieden werden. Nicht nur die lebenden Lorvaner durften dies entscheiden, befragt werden mussten auch die Toten und die Ungeborenen. Die Fetische von fünf Dutzend Schamanen sprachen für Nottr. Nur Urgats Schamanen hatten Zweifel, wie zu erwarten war. Sie forderten ein Zeichen. In der Ratlosigkeit, die folgte, hatte Nottrs engster Berater, der Schamane Skoppr, eine Vision, die er nicht zu deuten wusste. Nur dass es keine Tiere waren, die zu ihm sprachen, und keine Geister, nicht die Boten der Götter und nicht die Stimmen des Windes. »Es ist ein Zeichen«, murmelte er. »Es ist das Zeichen, das ihr haben wollt.« »So deute es uns!«, verlangten sie. So aß er erneut vom Alppilz, obwohl die Furcht ihn quälte, denn er war nun einmal dazu da, dass Geister und Dämonen sich seiner bedienten, um sich den Lebenden mitzuteilen. Wieder entfernte er sich von seinem Bewusstsein, während das Gift des Pilzes seine Glieder erschlaffen ließ. Er hörte, wie ein Einhorn zu ihm sprach, doch er achtete nicht darauf, denn die Stimmen, die er voll Furcht suchte, kamen von jenseits der Träume. Wieder verstand er sie nicht, nur dass sie riefen ... riefen ... Und hätte nicht der Pilz seine Wirkung verloren, wäre er diesen Rufen gefolgt. So aber wachte er zitternd auf aus seiner Entrückung und sagte mit schnarrender Stimme: »Das Zeichen ... es ist in den Bergen-am-Rand-der-Welt.« Aus diesem einzigen Grund waren Nottr und ein halbes Hundert der besten seines Haufens vor zwanzig Tagen nach Nordosten aufgebrochen, um das Zeichen zu holen, damit das Volk der Lorvaner erkannte, dass es einen Führer hatte, den selbst die Götter guthießen. Drei Dutzend Männer waren sie und vierzehn Frauen. Die jungen Krieger und Kriegerinnen waren ausnahmslos aus bewährten Viererschaften. Mit den älteren war Nottr seit vielen Monden zusammen geritten. Skoppr hatte ihn natürlich begleitet. Nottr verzichtete ungern auf seinen Berater, auch wenn er dem Rat des Alten nicht immer folgte. In diesem Fall allerdings hatte der Schamane darauf bestanden mitzukommen. Eine der Frauen war Nottrs Gefährtin Olinga, die ihn seit langem begleitete und als einstige Schamanendienerin im Stamm der Chereber auch Skoppr unentbehrlich geworden war. Sie war hochschwanger und mochte jeden Tag gebären, was Nottrs Unruhe und Besorgnis beträchtlich steigerte, dass er wie ein ergrimmter Bär in der windumtosten Jurte auf und ab schritt, bis sie sich von ihrem Felllager halb aufrichtete und nach seiner Hand griff. »Wir sind in keiner Gefahr, Nottr«, sagte sie sanft. »Der Sturm ist auch unser Freund. Urgats Männer, wenn sie uns gefolgt sind, wie du glaubst, haben uns längst verloren.« »Ich hätte dich nicht mitnehmen dürfen«, sagte er wild. »Du weißt, dass du es tun musstest. Chipuras Weissagung war eindeutig. Du hast sie dir gut eingeprägt. Dass es ein Sohn wird, mein Nottr, und dass du bei seiner Geburt zugegen sein musst. Es ist bald soweit. Ein paar Tage, und wir können weiterziehen.« »Übermorgen«, sagte er düster, »ist der Tag der Wintersonnenwende. Vor einem Jahr genau schlugen sie die Schlacht im Hochmoor von Dhuannin. Auch das ließ mich Chipura sehen und wissen, dass es nicht gut wäre, wenn mein Sohn an diesem Tag das Licht der Welt erblickt.« Sie lächelte ein wenig hilflos. »Ich werde tun, was ich kann.« Er grinste plötzlich, und sein zernarbtes Gesicht hellte sich auf. »Ich bin immer noch ein lorvanischer Narr, Chipaw.« Er nannte sie manchmal so, mit dem lorvanischen Namen für das Eichhörnchen. »Man sollte meinen, ich hätte in Mythors Gefolge gelernt, dass zwischen Schamanen und Scharlatan oft nur ein kleiner Schritt liegt, und dass Omen etwas für alte Weiber sind. Ich sollte nicht alles ernst nehmen, was Skoppr mir einzureden versucht.« Sie nickte. »Du darfst Skoppr nicht unterschätzen. Er würde kaltblütig töten, wenn seine Geister es ihm rieten, auch dich oder mich.« »Vertraust du seinen Kräften?« »Ja, Nottr. Er ist ein großer Schamane. Er hat mit Qiraha gelegen, der Geisterkönigin. Alle Schamanen kennen sie, auch Chwum, dessen Dienerin ich war, als du in mein Leben kamst. Nur wenige sind auserwählt, die Kräfte von ihr zu erlernen. Skoppr ist einer der wenigen.« Sie zögerte und fuhr dann fort: »Er hat Angst vor dem, was wir in den Voldend-Bergen finden werden.« »Sollte ich ebenfalls Angst haben?«, fragte er ernst. »Ich weiß es nicht, mein Nottr.« * Nottr ließ seine Gefährtin unter Kelkas Obhut zurück. Kelka war eine junge Kriegerin, die seit Olingas Schwangerschaft als Flankenschwester mit Nottr geritten war. Zu Nottrs Viererschaft gehörte auch Grana, Kelkas Mutter, eine üppige, verschlossene Frau, die mit Speer und Dolch meisterhaft umzugehen wusste. Der vierte in Nottrs Kampfgruppe war Baragg, ein alter Haudegen, der wie Nottr einen großen Teil seines Rückenfells verloren hatte. Nottr hatte Glück mit dem Lagerplatz gehabt. In die große Höhle waren sie im letzten Augenblick gestolpert, als der nicht enden wollende Schneesturm losbrach. Seit zehn Tagen hockten sie nun untätig in ihren Zelten. So gab es viel Murren und Fluchen, und Nottr dachte sich allerlei aus, um sie allesamt zu beschäftigen. Er ließ die Höhle erkunden, in der sich vielleicht Tiere aufhalten mochten, die sie erlegen und damit ihre Vorräte auffüllen konnten, denn diese begannen bereits zu schwinden. Bären mochten sich für den Winterschlaf hier zurückgezogen haben. Aber sie entdeckten nichts. Am Abend des zehnten Tages legte sich der Sturm, und es klarte auf. Sie kämpften sich mühsam durch die hohe Schneewand des Eingangs und starrten erleichtert auf die mondhelle, tiefverschneite Landschaft. »So werden wir bei Sonnenaufgang aufbrechen, Nottr?«, fragte Baragg. Nottr schüttelte den Kopf. »Nein. Wir warten die Geburt meines Sohnes ab. Danach bleibt dies unser Hauptlager. Ich habe beschlossen, mit der Hälfte der Krieger in die Berge hinaufzusteigen und nach dem Zeichen zu suchen. Die anderen werden auf unsere Rückkehr warten und nach Urgats Männern Ausschau halten. Ich traue ihm nicht.« Baragg nickte düster. »Ich auch nicht, Hordenführer.« »Das liegt daran, dass ihr in meiner Horde seid. Wärt ihr in seiner, würdet ihr mir wohl auch nicht trauen«, erklärte Nottr grinsend. Der andere nickte zustimmend. »Schon möglich, Hordenführer. So sind wir Lorvaner nun einmal. Deshalb glaube ich auch nicht, dass dir Urgats Haufen folgen wird, wenn du dieses Zeichen wirklich findest.« Nottr wiegte bedächtig den Kopf. Er dachte anders. Der Westen lockte. Milch und Honig flossen dort immer noch, trotz der dunklen Gefahr durch die Caer. Aber Nottrs Ziel war nicht die Eroberung und Plünderung der Westländer. Nicht dafür hegte er diesen Traum eines gewaltigen Barbarenheers. Sondern gegen die Finsternis wollte er ins Feld ziehen! Aber diesen Traum würden sie besser schlucken, wenn sie erste Siege hinter sich hatten und sich so stark fühlten, dass sie selbst den Teufel nicht mehr fürchteten. Spät in der Nacht schreckten die Krieger durch ein Wolfsgeheul auf und griffen hastig nach ihren Waffen, als das kehlige Grollen einer Raubkatze folgte. Als sie verschlafen aus den Zelten stürzten, schrillte eine menschliche Stimme. Sie erstarrten, als sie die sich langsam wiegende Gestalt sahen, die an der letzten Glut des Feuers saß, die Bärenmaske auf dem Haupt, die Fellschlangen um seine...