Buch, Deutsch, Band 84, 321 Seiten, PB, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
Buch, Deutsch, Band 84, 321 Seiten, PB, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
Reihe: Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft
ISBN: 978-3-901064-47-0
Verlag: Universität Innsbruck Inst. f. Germanistik
»Die Welt ist alles, was der Fall ist«, konstatierte einmal Ludwig Wittgenstein. Und: »Was der Fall ist, […] ist das Bestehen von Sachverhalten.« Damit ist auch ein Anliegen der meisten Fallgeschichten markiert: dezidiert und programmatisch über Einzelnes zu reden und dabei gleichzeitig das Allgemeine nicht aus dem Blick zu verlieren.
Der vorliegende Band geht davon aus, dass Fallgeschichten auf diese Weise sowohl neues Wissen generieren als auch vermeintliche Gewissheiten infrage stellen können: etwa die strikte Grenzziehung von fiktionalem und faktualem Erzählen, von Norm und Abweichung, von Finden und Erfinden einschlägiger Tatbestände. Die daraus resultierenden Konflikte und Aporien werden in den Beiträgen ›fall-weise‹ aufgezeigt und untersucht, wobei das historische Spektrum von der Mitte des 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert reicht. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach dem Verhältnis von Individualität und Topik, dem von Kunst und Nicht-Kunst sowie den Schnittstellen von Literatur und Wissen bei ihrem beiderseitigen Interesse am Kasus.
Zielgruppe
GermanistInnen, MedizinhistorikerInnen, PsychologInnen, PädagogInnen
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Thomas Wegmann: »Die Welt ist alles, was der Fall ist«: Zur Einführung
Claus-Michael Ort: ›Mord‹-Geschichten und ›Verbrecher‹-Wissen. Probleme
der Verbrechensdeutung und die Generierung von Wissen in Georg Philipp
Harsdörffers Grossem Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte (1650–1652)
Stefanie Retzlaff: Symptomatische Krisen. Adam Bernds Eigene Lebens-Beschreibung
(1738) als religiöse Versuchsanordnung und anthropologisches Fallnarrativ
Gunhild Berg: Die verführte Unschuld. Episteme des »Falls« und Präsoziologie des
»Kasus« in moralischen Fallerzählungen der Spätaufklärung
Roman Widder: Die Form des Sozialen zwischen Kasus und Roman
bei Karl Philipp Moritz
Susanne Düwell: Die »Ausforschung der Kinder-Charactere«. Beobachtung und
Falldarstellung in der Aufklärungspädagogik
Steffen Martus: Animalischer Magnetismus, Pathographie und Kunst in Büchners Lenz
Philipp Hubmann: »ich, dem’s alle Tage geschehen kann, er weiß nicht wie,
daß er Einen erschlagen muß«. Biopolitik und Risikobewusstsein in Marie von
Ebner-Eschenbachs Das Gemeindekind
Magdalena Maria Bachmann: Der Psychiater als Literat – der Literat als »Psichopat«
– der »Psichopat« als Psychiater. Zu den Fallgeschichten des Falls Oskar Panizza.
Mit einem Seitenblick auf Foucaults Hermaphrodismus
Clemens Peck: Serienfälle. Medizin, Kriminalanthropologie und Literatur um 1900
Martina King: »Wie Novellen zu lesen«? Die Fallgeschichte des kranken Körpers
zwischen Literatur und Medizin (1800–1900)
Michael Pilz: Vom Steckbrief zum Schutzumschlag. Zur intermedialen Inszenierung
von Autorschaft als Fallgeschichte bei Ernst Toller
Joachim Jacob: Massenhafte Fälle? Siegfried Kracauers Fallstudie Die Angestellten