E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Abel Gestohlener Name
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7407-4220-1
Verlag: TWENTYSIX CRIME
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
ISBN: 978-3-7407-4220-1
Verlag: TWENTYSIX CRIME
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Entführt. Gequält. Aufgegeben Freunde werden zu Feinden Familie zu Fremden Herzen werden zerfetzt Seit sechs Tagen wird die sechzehnjährige Alyssa vermisst. Die Kommissare Silver und House sind restlos überfordert Zeitgleich wird ihr Privatleben auf eine harte Probe gestellt. Eine unerwartete Begegnung stellt alles auf den Kopf und verstrickt Silver in einen Kampf mit seinen Gefühlen. Eine furchtbare Tragödie ereilt die Kommissare. Währenddessen kämpft Alyssa qualvoll um ihr Überleben und wird mit ihren schlimmsten Ängsten konfrontiert. Ein dunkles Geheimnis kommt ans Licht. Kann Alyssa aus ihren Qualen befreit werden oder hat ihr Herz inzwischen aufgehört zu schlagen?
Julia Abel wurde 2007 geboren und lebt in der Nähe von Köln. Sie schreibt, seit sie klein war und wurde darin stets von allen bestärkt. So entdeckte sie ihre große Leidenschaft fürs Lesen und Schreiben und begann mit ihrem eigenen Buch. Mit sechzehn Jahren veröffentlichte Julia ihren Debütroman, doch vor der Fertigstellung veröffentlichte sie Gedichte in zwei Anthologien. Vier in der Spendenanthologie Zimt und Poesie Mitternachtsgedanken der Cinnamon Society und eins in der Fantasyanthologie Die zauberhafte Bibliothek der Wortelfen. Lesen und Schreiben stehen bei ihr auf der Tagesordnung. Sie geht noch zur Schule, doch ihr Traum ist es, niemals mit dem Schreiben aufzuhören und es nebenbei wei-terhin zu verfolgen. Es werden also bestimmt noch weitere Texte von ihr folgen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
KAPITEL 2
(Kevin)
Ich sitze gerade in meinem Büro des Polizeipräsidiums von Wallersheim, als im Flur plötzlich ein lautes Getrampel ertönt. Ich wappne mich schon, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, da kommt mein Kollege Peter House auch schon völlig aufgelöst in unser Büro gestürmt. Vor lauter Hast öffnet er die Tür mit einem gewaltigen Stoß, sodass sie mit einem heftigen Knall gegen die Wand donnert und beinahe aus den Angeln fliegt. Seine dunklen Haare zeigen in sämtliche Himmelsrichtungen, einige kleben ihm verschwitzt am Kopf. Er muss wirklich in einem Affenzahn die Treppen zu unserem Büro hochgerannt sein. Was ihn wohl dazu angetrieben hat? Sicherlich ein neuer Fall. Er hat breite Schultern und eine gute Statur. Dennoch merkt man an dem leichten Abheben seines Hemdes vom Bauch, dass er nicht der schlankeste Mann ist und seine bereits gegrauten Haare zeugen von seinen 41 Jahren. Peter trägt wie immer ein kariertes Hemd, dieses Mal in Grau- und Rottönen. Wenn ich so darüber nachdenke, hat er eigentlich überhaupt keinen amerikanischen Touch, obwohl Peter immer sehr mit seinem amerikanischen Nachnamen angibt und behauptet, er sei multikulturell. Er hat den Namen nur, weil sein Großvater Amerikaner gewesen ist und seine Eltern den Namen beibehalten haben. Doch jetzt könnte er glatt einen guten Hollywood Filmstar abgeben, dem man die Rolle eines Polizisten aufgebrummt hat. Die Beine auseinandergestellt, Schultern gerade und eine gewaltige Ausstrahlung von Energie, während seine Waffe an seiner rechten Hüfte am Gürtel hängt. Er hält eine braune Aktenmappe in den Händen. Gut, mein Name Silver ist auch nicht gerade typisch deutsch, aber ich habe keine Ahnung, warum meine Eltern so hießen und ich gebe auch nicht damit an. Das breite Lächeln, das seine Lippen umspielt, lässt mich bereits erahnen, dass er tatsächlich wieder einen neuen Fall für uns in der Tasche hat. Wird langsam aber auch Zeit! Wir hatten schon ewig keinen spannenden Fall mehr und ich sehne mich nach neuem Kopfzerbrechen. Ich liebe Aufregung und ich liebe es, Menschen zu helfen. Deswegen kam mir der Beruf Kommissar nach meinem Schulabschluss auch wie eine Erleuchtung vor. Wie sehr brennt mir doch der Wunsch nach einem neuen Fall unter den Fingernägeln! Mein bester Freund sieht allerdings so aus, als ob der beste Fall aller Zeiten auf uns warten würde. Seine Wangen glühen rot vor Aufregung. „Sag schon! Was für einen neuen Fall schleppst du uns an?“ begrüße ich ihn ohne Umschweife. „Kennst mich ja wirklich verdammt gut, was?“ Er bleibt stehen und funkelt mich amüsiert an. „Mag wohl daran liegen, dass wir uns bereits über dreißig Jahre kennen, wir auch schon ewig zusammenarbeiten und wir fast jeden Tag miteinander verbringen. Da lernt man sich automatisch besser kennen. Also, spuk es aus!“, fordere ich ihn auf. Ich setze mich in meinem Stuhl aufrecht hin und tippe nervös mit den Fingern auf dem Tisch. Meine Neugier steht mir deutlich ins Gesicht geschrieben. „Das wirst du nie glauben! An sich ist es zwar kein außergewöhnlicher Fall, aber irgendetwas sagt mir, dass der Schein trügt und mehr dahinter steckt. Ich weiß zwar eigentlich kaum etwas über unseren neuen Fall, aber mein Bauchgefühl sagt es mir. Und wie du weißt, behält mein Bauchgefühl meistens auch Recht. Okay, manchmal irrt es sich zwar doch, aber …“ Er zuckt mit den Schultern und droht gehörig vom Thema abzuschweifen. „Komm endlich zum Punkt, Peter! Was ist los?“ Der macht mich echt noch verrückt! Peter schafft es immer wieder, mich wie einen kleinen hilflosen Fisch am seidenen Faden zappeln zu lassen. Das kann oft ziemlich nerven! Wenn mich eines Tages jemand ins Grab bringt, dann ist es sicherlich er. Bei diesem Gedanken muss ich innerlich die Augen verdrehen und gleichzeitig ein Schmunzeln unterdrücken. „Na schön. Unten im Empfang wartet ein Ehepaar, das Anzeige gegen Unbekannt erstatten möchte“, erklärt er mir schließlich. „Und weswegen wollen sie Anzeige erstatten?“ Meine Neugier wacht langsam auf und reibt sich blinzelnd die Augen im Schein der frühmorgendlichen Sonne. Doch aus dem Bett will sie noch nicht. „Das habe ich, um ehrlich zu sein, noch nicht so ganz begriffen. Die beiden, insbesondere die Frau, waren so aufgelöst, dass man kaum einen deutlichen Satz aus ihrem Gebrabbel filtern konnte. Ich habe nur verstanden, dass ihre Tochter angeblich entführt worden sei“, meint Peter und hebt schulterzuckend die Arme. „Dann müssen wir uns mal dringend auf die Socken nach unten machen und herausfinden, was genau vorgefallen ist“, antworte ich, während ich mich schwerfällig aus meinem bequemen Stuhl erhebe. „Das denke ich ebenfalls. Ich hoffe, es lohnt sich!“, zwinkert mein bester Freund. Uns beiden juckt es in den Fingern. Zusammen machen wir uns auf den Weg ins Erdgeschoss. Bereits aus der Ferne höre ich eine aufgebrachte Frau bitter weinen. Das kann ja noch heiter werden. Hoffentlich werden wir wenigstens ein vernünftiges Wort aus ihr herausbekommen. Als wir um die Ecke biegen, sehe ich ein älteres Paar. Der Mann hält seine Frau fest an sich gedrückt im Arm und versucht sie zu trösten, indem er ihr sachte übers Haar streicht, wobei er selbst kaum die Tränen zurückhalten kann. Sie hat ihre schwarzen Haare zu einem lockeren Dutt nach hinten gebunden, aus dem sich bereits die ersten Strähnen lösen und ihr ins Gesicht fallen. Sie trägt eine Jeans und eine blaue Regenjacke, genau wie ihr Mann, dessen Haare allerdings schon grau sind. Ich schätze ihn auf etwa Anfang bis Mitte fünfzig, während sie eher wie Mitte vierzig aussieht. Peter und ich wechseln vielsagende Blicke. Er holt tief Luft, bevor er zu dem Paar sagt: „Guten Morgen! Das ist mein Partner Kevin Silver. Kommen Sie doch bitte mit in unser Büro, dann können Sie uns alles in Ruhe erzählen, in Ordnung?“ Ich schenke den beiden ein warmes Lächeln und versuche, sie somit etwas aufzumuntern. Das Paar erhebt sich wortlos und schlurft zusammengesunken mit uns ins Büro. In der Mitte des Raumes befinden sich zwei direkt aneinander geschobene Schreibtische mit jeweils einem schwarzen Drehstuhl. Links an der Wand steht ein kleiner Holzschrank, auf dem unsere Kaffeemaschine und saubere Tassen stehen. Direkt daneben ragt ein gigantisches Regal mit Unmengen an Ordnern und Akten in die Höhe. Ich hasse diesen ganzen Papierkram! Unser Büro ist eher in Grautönen gehalten. Peter und ich geben nicht viel auf Dekoration und das einzige, was ein wenig Farbe und Leben hier reinbringt, sind die beiden Elefantenfüße auf unseren Tischen. Meine Frau Lucy hat diese Pflanzen Peter und mir vor einigen Jahren geschenkt, weil sie unser Büro als zu trist empfand. Es ist recht klein, reicht aber für uns beide vollkommen aus. Über unseren Schreibtischen hängt an der Wand eine Uhr, deren Ticken mich manchmal echt zum Fluchen bringt, wenn ich mich konzentrieren muss. Doch Peter hat sie mal von seiner Mutter geschenkt bekommen, weshalb ich nicht mal Andeutungen machen darf, dass Ding zu beseitigen. Alles von seiner Mutter ist ihm heilig. „Setzen Sie sich doch bitte.“ Ich weise auf zwei freie Stühle und die beiden lassen sich erschöpft auf die Besuchersitze fallen. Ob das so einfach werden wird, bezweifle ich langsam. Besorgte und niedergeschlagene Eltern sind nicht immer leicht zu befragen. „Fangen wir doch erstmal ganz von vorne an. Wie heißen Sie beide?“ „Mein … mein Name ist Heinz Philipps und das ist meine Frau Elisabeth.“ „In Ordnung, Frau und Herr Phillipps, weshalb genau wollen Sie denn bei uns Anzeige gegen Unbekannt erstatten?“, fragt Peter ohne lange um den heißen Brei zu reden. „Unsere Tochter ist seit sechs Tagen spurlos verschwunden und wir können sie einfach nicht erreichen“, erklärt Herr Philipps. Seine Frau schluchzt laut in ihr Taschentuch und putzt sich die Nase. „Seit sechs Tagen und Sie kommen jetzt erst her?“ Fassungslos sehe ich zu Peter. Wenn mein Kind verschwunden wäre, würde ich eindeutig eher zur Polizei gehen und eine Vermisstenanzeige aufgeben. Vielleicht sind sie nicht so besorgt, wie sie den Anschein machen, überlege ich mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Ja, sie ist bereits sechzehn und manchmal bleibt sie ein paar Tage von zuhause weg und versucht zur Ruhe zu kommen. Wissen Sie, unsere Tochter Alyssa hatte es nicht gerade leicht in ihrem jungen Leben. Ihre leiblichen Eltern, Tom und Narzissa Engel, sind vor neun Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Danach haben wir Alyssa adoptiert. Sie vermisst ihre Eltern sehr, auch wenn sie sich nicht mehr so gut erinnern kann. Manchmal braucht sie eben Zeit für sich. Das ist ihre Art mit dem schrecklichen Ereignis umzugehen“, erklärt Alyssas Vater mit nassen Augen und unterdrückt dabei einen Schluchzer, während er sich mit dem Finger über die Nase reibt. „Aber sie bleibt nicht länger als sechs Tage von...