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E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Abeln Vom Karriereknick zum Comeback
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-593-46159-5
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Führungskräfte ihre schleichende Entlassung erkennen und die richtige Gegenstrategie finden
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-593-46159-5
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Christoph Abeln ist Anwalt für Manager und seit fast 30 Jahren auf die Vertretung von Führungskräften, Vorständen und Executives spezialisiert. Seine Kanzlei ABELN, mit Standorten in Berlin, Frankfurt/M., Düsseldorf und München, berät in Branchen wie Banking, Finance, Automotive und Pharma. Führungskräfte aus dem Who's who der deutschen und internationalen Wirtschaft vertrauen auf seine Expertise.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Am Anfang steht der Ehrgeiz, am Ende die Hilflosigkeit
Wenn ein Manager mich um Rat in der beruflichen Krise bittet, studiere ich vor dem ersten Gespräch den Lebenslauf. Mit dem Lesen dieses Dokuments erkenne ich die Expertise und Zielstrebigkeit und manche Facette im Charakter. Es entsteht ein erstes Bild von dem zukünftigen Mandanten, denn schwarz auf weiß findet sich dort der eindrucksvolle Beginn einer Karriere.
Diese präzis formulierten Sätze im Lebenslauf, versehen mit Ort und Jahreszahl, zeugen meist von lückenlosen Stationen, von Studien an Eliteuniversitäten, von Internationalität und stetigen Weiterbildungen. Viele dieser Männer und Frauen hätten einen Fortgang der beruflichen Laufbahn verdient, und es scheint nahezu absurd, dass ein Unternehmen eine Kündigung einleitet. Das aber ist nur der erste Blick auf die Fakten, der zweite erfolgt in einem Gespräch. Und genau dort entfalten sich die Dramen, die mehr und mehr Manager erfahren, weil die Wirtschaft hinkt, die Politik ihre Bürokratisierungen vorantreibt, die Rahmenbedingungen verengt, weil die Umsatzzahlen schwinden, weil Umstrukturierungen stattfinden müssen, um die steigenden Energiekosten abzufedern und die digitale Transformation voranzutreiben. Es mag mannigfaltige, nachvollziehbare Gründe geben, warum ein Unternehmen sich von einer Führungskraft trennt, aber nicht immer ist dieser Prozess fair und transparent. Und genau an dieser Stelle ärgere ich mich, und das erzeugt ein Kribbeln in mir, ein Kribbeln vor einem Kampf, dessen Sieg ich für meinen Mandanten davontragen, für ihn fechten will, elegant und taktisch. Ich will die Energie der nächsten Attacke frühzeitig wahrnehmen, in mir glüht dann auf, was man Leidenschaft nennt. Denn der Manager, der vor mir sitzt, ansonsten wortgewandt und diszipliniert, braucht in dieser Krise einen Partner an seiner Seite, einen, der unabdingbar zu ihm hält. Seine Nerven liegen blank. Er ist, ich kann es nicht anders sagen, zutiefst enttäuscht von dem Unternehmen, für das er sich die Nächte um die Ohren schlug, für das er auf Urlaub und Privates verzichtete. Die emotionale Verletzung spiegelt sich in seinem Gesicht. Nur sind in einem Kampf die Emotionen störend. Ein Kampf braucht Entschlusskraft, Richtung und Ziel. Wir Arbeitsrechtler haben das trainiert. Mit Konsequenz fordern wir in meiner Kanzlei das Recht für unsere Mandanten – ohne den Gesichtsverlust der Gegenseite zu riskieren. Denn in jedem Kampf sollte Disziplin in der Sache herrschen und auch Respekt gegenüber dem Gegner. Wichtig aber bleibt es, die Tricks und Verlockungen, auch die Angriffe einzuschätzen, zu parieren, mit kluger Strategie zum Schutze der Mandanten zu handeln. Ja, es geht um Verteidigung und Schutz gleichermaßen! Alles andere würde nur an Körper und Seele des Managers zehren, würde in ihm die Gewissensbisse schüren, er habe seine Zeit nicht richtig genutzt. Und würden Sie mich nach einem Satz fragen, den ich in diesem ersten Gespräch am häufigsten höre, dann wäre es dieser: »Ich habe bisher auf so vieles verzichtet. Das kann doch nicht das Ende meiner Karriere sein!«
Vom Fleiß der ersten Jahre
Wer eine Topkarriere anstrebt, der arbeitet von Beginn an hart. Erst das Abitur, nach Möglichkeit zweisprachig, dann die Auswahlverfahren in der Bewerbung um einen Elitestudienplatz. Es gibt in diesen jungen Leben kaum einen Raum, um sich Jugendträume zu erfüllen. Während andere für den ersten Sportwagen sparen, Hobbys pflegen oder eine Auszeit auf der anderen Seite der Erde nehmen, bevor sie sich an einer Universität einschreiben, sind diese Curricula Vitae der Strebsamen anders. Deren Tage sind vollgepackt mit zusätzlichen Stundenplänen, um das Studienfach in Regelzeit zu bewältigen, um Praktika und Weiterbildungen zu absolvieren. Ihnen ist das Netzwerken wichtiger als die Zerstreuung in der Freizeit. Alles, wirklich alles richtet sich auf eines, nämlich den guten und baldigen Start im Beruf.
Sobald das Studium in den relevanten Bereichen wie Betriebswirtschaft, Management, Rechts- oder Ingenieurwissenschaft abgeschlossen ist, wird die Karriere durchdekliniert, und zwar als progressive Laufbahn in verschiedenen Positionen mit steigender Verantwortung – vom Junior-Manager bis zur Senior- oder Executive-Führungskraft mit dem Wissen aus den Bereichen Vertrieb, Finanzen, Strategie und Marketing. Dass der Nachweis von außerordentlichen Projekterfolgen zur Umsatzsteigerung in vorigen Unternehmen und deren Expansion in neue Märkte vorliegt, das ist selbstredend. Und am Ende dieser eindrucksvollen Stationen einer Topkarriere stehen Namen von wichtigen Stakeholdern und die Empfehlungen einstiger Vorgesetzter. Eine solche Liste, so denke ich oft, liest sich wie das Who’s who der deutschen Wirtschaft und Industrie. Ich blättere weiter durch die Vita, lese vom kulturellen und gesellschaftlichen Engagement der zukünftigen Mandanten, die in diesem Moment den Scherbenhaufen vor sich sehen. »Warum ich?«, mögen sie sich fragen. Das weiß nur der Chef – oder der Himmel. Manches wird kaum zu rekonstruieren sein. Es sei denn, Unbedachtheit, Wägen in Sicherheit oder Fehlerverhalten liegen vor. Dazu später mehr. Zunächst liegen die Fakten auf dem Tisch: Man will den Mandanten loswerden, und der Mandant wiederum bereut, dass er auf vieles Privates verzichtet hat – zum Wohle der Firma.
Dass Manager deutlich mehr als 60 Stunden in der Woche für den Job leben, ist eher die Regel als die Ausnahme. Kaum jemand hinterfragt das private Glück, wenn er sich auf dem steilen Karriereweg befindet. Wenn andere sich in einer stillen Stunde überlegen, ob sie glücklich sind, zucken Manager mit den Schultern und halten diese Art der Selbstreflexion für spirituelle Plattitüden. Aber das will ich nur am Rande erwähnen: Es ist oft gar nicht so dumm, innezuhalten, durchzuatmen und sich zu fragen, zu welchen Teilen sich Berufliches und Privates fügen. Und doch beeindruckt mich, wie erwähnt, diese Durchhaltekraft der Manager in den Karrieren. Mit Risikobereitschaft und Mut sind sie bereit gewesen, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen, um Verantwortung zu tragen und Stress nicht zu scheuen. Sie haben dem Boss den Rücken freigehalten, haben das Team gestärkt. Ja, der bisherige Lebenslauf lässt auf ein hohes Maß an Resilienz schließen, auf jene mentale und seelische Widerstandskraft, die Manager beständig trainieren. Charismatisch wird ein Mensch, wenn er Disziplin aufbringt, den klaren Fokus hält und es schafft, die Prioritäten mit leichter Hand zu setzen. Nun aber scheint sich das Blatt zu wenden. Der Mandant steht an der Klippe, denn er hat den leisen Angriff aus dem Hinterhalt zu spät gespürt, die schleichende Entleitung, oftmals getarnt als Lob und Beförderung, hat er nicht als Attacke erkannt. Denn sie wurden mit einem Lächeln versehen, mit schönen Worten, mit verlockenden Verträgen. Später erst wird sich zeigen, dass das Lächeln falsch und die Worte eine Falle waren. Meist beginnt diese Kampfkunst der Unternehmer mit einer Selbstüberschätzung des Managers, wenn dieser denkt, er sei unersetzbar, seine Leistung werde hochgeschätzt. Solch ein Glaube ist schlichtweg falsch, schon das Vergessen des Geburtstags des Vorgesetzten kann den Anlass bieten, die Kaskade der Schikanen auszulösen. Und ganz besonders explosiv kann eine Situation werden, wenn Manager sich zu Kollegen oder Mitarbeitern in Freundschaft wähnen, wenn sie plaudern, Bösartiges im vermeintlichen Schutze der Privatsphäre formulieren – und damit die unternehmerische Leitlinie und den persönlichen Anstand vergessen.
Der Fall der Frau L., oder: Wie eine Textnachricht einer Vorständin zum Verhängnis wurde
Frau L. genoss keinen Abschluss an einer Eliteuniversität, wie man dieses mit Blick auf ihre herausragende Karriere vermuten könnte. Sie schloss ihr Studium mit einem doppelten Masterabschluss ab. Diese Tatsache mag ein Hinweis auf ihre enorme Belastbarkeit und Problemlösungsfähigkeit sein, mit der sie ihre Konkurrenten hinter sich ließ. In 20 Berufsjahren war Frau L. auf verschiedenen Leitungsebenen tätig. Zuletzt wurde sie in den Vorstand eines der weltweit größten Unternehmen ihrer Branche bestellt. ...