E-Book, Deutsch, 80 Seiten
Abubakar Imam / Rösch Das Heilwasser
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7557-8723-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 80 Seiten
ISBN: 978-3-7557-8723-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Heilwasser ist die Geschichte des Abenteurers Alhaji, der in die Welt hinauszieht, um das Heilwasser zu finden. Auf seiner Reise ins Ungewisse erlebt er aufregende, skurrile und amüsante Dinge. Alhaji Abubakar Imam schrieb die Abenteuergeschichte Ruwan Bagaja (Das Heilwasser) 1933 im Alter von 22 Jahren im Rahmen eines Schreibwettbewerbs des Translation Bureau in Zaria, Nigeria. Der Wettbewerb war Teil einer bedeutsamen Veränderung in der Hausa-Literatur, die bis dahin entweder mündlich überliefert oder in arabischer Schrift verfasst wurde. Hierfür sollten Werke auf Hausa in lateinischer Schrift eingereicht werden. Bald wurde Erzählliteratur auf Hausa zu einer anerkannten Kunstform. Das Heilwasser gilt heute als ein Klassiker der Hausa-Literatur, wurde in mehrere Sprachen übersetzt (u.a. Englisch, Arabisch, Französisch und Chinesisch) und inspirierte Bühnenstücke und Filmadaptionen.
Alhaji Abubakar Imam (1911-1981) wurde in Kagara im Norden von Nigeria geboren. Zur Zeit seines ersten Werks Ruwan Bagaja (Das Heilwasser) war er als Lehrer an einer Mittelschule tätig. Später übertrug er zahlreiche Erzählungen aus dem arabischen und europäischen Raum ins Hausa. Er war an der Gründung des Verlagshauses Gaskia Corporation 1945 beteiligt. 1951 ging Alhaji Abubakar Imam in die Politik, verließ das House Of Representatives jedoch im Jahre 1954, um sich weiter der Verbreitung von Literatur im Norden Nigerias zu widmen. Neben Erzählungen schrieb er auch Sachliteratur, unter anderem über den Islam.
Autoren/Hrsg.
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Erstes Kapitel
Alhaji geht auf die Suche nach dem Heilwasser
»Mein Name ist Alhaji Imam«, begann der Hausherr. »Mein Vater war ein wichtiger Gelehrter des Emirs des Sudan. Sein Name war Malam3 Na-Bakin-Kogi. Bis er ins mittlere Alter kam, ereignete sich in seinem Hause nicht einmal eine Fehlgeburt. Dies plagte ihn wirklich sehr. In seinem Haus gab es zahlreiche Bücher, aber niemanden, um sie zu erben. Obgleich der Malam keine eigenen Kinder hatte, hatte er doch einen teuflischen Stiefsohn, der Saimu hieß. Bei allem, was der Malam für ihn tat, dankte ihm weder die Mutter, noch brachte ihm der Junge Dank entgegen. So lebten sie miteinander. Der Junge wurde älter und bald sehr mutig. Nach fünfzehn Jahren war er zu einem starken, tapferen Mann herangewachsen. Als er merkte, dass er groß und stark geworden war, zog er in die umliegenden Dörfer, blockierte dort die Straßen und beschlagnahmte die Habseligkeiten der Leute. Der Malam, sein Stiefvater, tat alles, damit er damit aufhörte. Doch vergebens. Deswegen ließ er ihn festnehmen. Nach drei Tagen am Fußblock4 befahl der Stiefvater, ihn freizulassen. Als man ihn entlassen hatte, kehrte er wütend nach Hause zurück. Jedoch sprach er mit niemandem ein Wort. In der Nacht nahm er sein Schlachtschwert und ging in das Zimmer des Malams. Dort drehte er ihm den Hals um. Seinen Körper hüllte er in ein Leichentuch. In der Morgendämmerung trat er vor den Emir und teilte ihm mit, dass sein Vater in der Nacht an Bauchschmerzen gestorben sei. Die Leute versammelten sich, die Beerdigung fand statt und dann gingen sie wieder ihrer Wege. Die Ehefrauen trauerten auf traditionelle Weise. Ein paar Tage nach dem Tod des Malams hatte Saimu einen Traum. Er sah den Malam dastehen und dann etwas Kleines, wie einen Dattelkern, aus seinem Penis kommen. Darauf sah er, wie dieses Ding immer größer wurde, bis es sich in einen Löwen verwandelte. Der fiel ihn an und tötete ihn. Dieser Traum verstörte Saimu sehr. Am Morgen rief er einige Weise zu sich, die ihm den Traum deuten sollten. Alle Malams konzentrierten sich und begannen, in den Sand zu zeichnen und ihre Bilder dann wieder zu verwischen. Sie zeichneten und wischten. Danach sagte der älteste Weise unter ihnen: »In diesem Hause wird ein Sohn geboren werden, von einer der Frauen des Alten, der verstorben ist. Dieser Sohn wird dich umbringen.« Saimu rief: »Auch wenn ich keine hellseherischen Fähigkeiten habe, ist dies eine Lüge! Mein Stiefvater hat sein ganzes Leben lang kein Kind bekommen. Geht mir aus den Augen, ihr nutzlosen Wahrsager!« Alle Malams klopften sich beschämt die Hände ab und standen unvermittelt auf. Mitten in der Nacht erwachte Saimu voller Angst und Sorge. Er überlegte hin und her: »Gefürchteter Gott, gefürchteter Herr! Die beste Idee ist, dass ich die vier verwitweten Frauen hier auslösche, damit die Prophezeiungen dieser langbärtigen Wahrsager nicht wahr werden.« So besorgte er sich Gift, das er ihnen – einer nach der anderen – verabreichte, und sie starben. Es hieß, der Verlust ihres Malams hätte sie getötet. Eine der Frauen hielt sich jedoch nicht in der Stadt auf. Diese war meine Mutter. Nach dem Tod meines Vaters hatten ihre Eltern sie zurück in ihr Dorf geholt. Saimu verschonte auch sie nicht und sandte einen seiner bösen Diener in ihr Dorf. Er befahl ihm, alles daran zu setzen, sie zu entführen, in den Wald zu bringen und zu töten. In der Nacht stieg der Diener auf sein Pferd und ritt los. Er schlich zu ihr, knebelte sie und brachte sie bis hinter den Stadtrand. Dort hatte er sein Pferd versteckt. Er setzte sie auf den Sattel und ritt mit ihr in den Wald. Bis zum Morgengrauen galoppierte er weiter, tief in den Wald hinein. Schließlich hielt er an. Er nahm sein Schwert, um sie zu töten. Da trat er versehentlich auf den Schwanz einer Kobra und wurde gebissen. Er fiel auf der Stelle tot um. Das Pferd machte sich auf in den Wald! Meine Mutter wusste nicht, wo Osten und wo Westen war. Sie war zu verschreckt, um nach dem Weg nach Hause zu fragen. Nach tagelanger Wanderschaft kam sie hier in Kwantagora an. Und siehe da, sie war im zweiten Monat schwanger mit mir. Ihr Bauch wuchs und nach einer Weile wurde ich geboren. Sie gebar mich hier im Hause des Imam der Stadt. So gab man mir den Namen Alhaji Imam. Alhaji wurde ich genannt, da ich am Tag des Hadsch, der Pilgerreise nach Mekka, auf die Welt kam. Imam sollte ich heißen, weil der Imam keinen Sohn und keine Enkelkinder hatte. Deshalb sagte er, er habe nun einen Sohn bekommen. Er nannte mich Imam, auf dass ich eines Tages der zweite Imam nach ihm würde. Der Name meiner Mutter war Yautatu. Vierzig Tage nach meiner Geburt heirateten sie und der Imam. Als ich zwölf Jahre alt wurde, beharrte der Imam immerzu darauf, dass ich lernen sollte. Doch vergeblich. Jetzt bin ich groß und kann kaum das ABC. Trotz alledem behandelte er mich ganz als seinen Sohn. Ich war nie bösen Blicken, geschweige denn Schlägen ausgesetzt. Eines Tages nach dem Freitagsgebet sah ich meinen Vater, den Imam, mit tränenüberströmtem Gesicht nach Hause kommen. Weinend ging ich zu ihm und fragte: »Vater, ist alles in Ordnung?« Er öffnete den Mund und sagte: »Nichts ist in Ordnung. Heute hat der Emir mich auf der Versammlung gedemütigt.« Ich fragte ihn nach dem Grund hierfür und er antwortete: »Weil er heute in unserer Sitzung erzählte, dass sein Sohn Yarima sehr krank sei und er nichts für ihn ausrichten könne. Ich sagte dann, dass ich gehört habe, dass es ein Heilwasser in einer gewissen Stadt zu holen gäbe. In jener Stadt leben alle Menschen sicher vor den Krankheiten unserer Zeit. Nur weil ich diese kleine Sache sagte, verlor der Emir seine Fassung. Er meinte, ich könne ihn nicht so verspotten. Und er fragte mich: Wenn es nicht meine Schamlosigkeit sei, aus der ich spräche, wo hätte ich denn jemals jemanden auf dieser Welt gesehen, der das Heilwasser gefunden habe?« Als ich meinen Vater dies erzählen hörte, wurde ich wütend und es erfüllte mich mit Unruhe. Ich ging ins Haus zurück, nahm meinen Stock, trat zu meinen Eltern und bat sie um Vergebung, da ich in die Welt hinausziehen würde! So brach ich auf und verließ die Stadt durch das östliche Tor – nur weil ich in dieser Richtung auf Glück hoffte, nicht weil ich wusste, wohin ich ging. Ich folgte dem Weg nach Timbuktu und lief sehr weit. Nach siebzig Tagen der Reise sah ich einen Felsen aus der Mitte des Waldes herausragen. Da sagte ich mir: »Ich sollte dorthin gehen, vielleicht finde ich Wasser zu trinken.« Ich näherte mich dem Felsen, und als ich an seinem Fuße ankam, sah ich eine große Höhle. Hier drinnen müsse es Wasser geben, dachte ich mir. Deshalb kroch ich hinein und lief tiefer in die Höhle. Nach einigem Laufen hörte ich eine Stimme sagen: »Du! Mensch oder Dschinn?« Als ich dies vernahm, erschrak ich und mein Herz fing wild an zu klopfen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und sagte: »Mensch.« Daraufhin sah ich einen sehr alten Mann mit einer Gebetskette in der Hand auf mich zukommen. Er fragte mich nach meiner Geschichte und ich erzählte ihm alles, vom Anfang bis zum Ende. Sobald er von meinem Vorhaben hörte, das Heilwasser zu finden, stieß er einen heftigen Schrei aus: »Dies ist unmöglich, junger Mann!« Seine Erwiderung schwächte mich. Sobald ich merkte, dass er sich beruhigt hatte, sagte ich: »Vater, bist du ein Mensch oder ein Dschinn?« Ich stellte ihm diese Frage, da ihm sein Haar bis auf die Brust reichte. Er antwortete mir: »Ich bin ein Mensch wie du. Seit siebzig Jahren bin ich hier und bete. In all dieser Zeit habe ich bis heute nie eine Seele gesehen, nur dich.« Der Alte schilderte mir seine Geschichte sowie die Geschichte seiner Stadt und seiner Familie. Ich erfuhr, dass er mein Onkel war! Er war der ältere Bruder des Imam. Früher hatte der Imam mir einiges von ihm erzählt – darüber, dass er in die Welt hinausgegangen war und niemand wusste, wo er war. Als er fertig war, erklärte ich ihm, wer ich war, und dann umarmten wir uns und weinten vor Glück. Er fragte mich nach Geschichten von zu Hause und ich setzte mich hin und berichtete ihm alles. Ich ruhte mich zwei Tage bei ihm aus und aß Früchte, von denen auch er sich ernährte. Als wir uns aneinander gewöhnt hatten, sagte ich ihm, er solle mir im Sand die Zukunft lesen und mir meine Geschichte sowie die Geschichte meines Vorhabens wahrsagen. Er las im Sand und sprach: »Es gibt das Heilwasser auf dieser Erde, aber es befindet sich in den Händen der Dschinns. Es gibt keines in diesem Lande, in dem wir leben.« Auf seine Erklärung sagte ich: »Gut. Da es das Heilwasser auf Erden gibt, soll ich auf der Suche danach enden. Auch wenn der Imam nicht mein leiblicher Vater ist, werde ich dafür sorgen, dass seine Ehre wiederhergestellt wird.« Dann reiste ich siebzig Tage lang weiter und erreichte Timbuktu. Ich...