Adam Suche Frau in anständigem Zustand
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8387-2504-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die witzigsten Kontaktanzeigen der Welt
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-8387-2504-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
'Wer suchet, der findet' heißt es schon in der Bibel - nur wen finden wir, wenn wir uns in Kontaktanzeigen umschauen? Da scheinen sich die Freaks, Sexbesessenen und überdurchschnittlich Selbstbewussten nur so zu tummeln. Ob in seriösen Zeitungen, im regionalen Wochenblatt oder natürlich im Internet, wenn Menschen sich selbst und ihren Traumpartner in minimaler Zeichenzahl beschreiben, ranken sich schnell liebliche Stilblüten um entlarvende Selbstbeschreibungen und entwaffnende Ehrlichkeit trifft auf verheißungsvolle Angebote ... Vielleicht findet man in den Kontaktanzeigen nicht immer der richtigen Partner, aber auf jeden Fall großartige Unterhaltung!
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BUCH SUCHT LESER/-IN
Blickt man bei den steinzeitlichen Höhlenmalereien von Lascaux ganz genau hin, dann sieht man sicherlich irgendwo die Zeichnung eines Mannes, der mit einem extra langen Speer besonders viele Mammute oder Hirsche erlegt und mutig einen Säbelzahntiger abwehrt. Sein Ziel: besonders viele Steinzeitfrauen zur Paarung in seine Höhle zu locken. Ungläubige behaupten auch, dass die Steintafeln, die Moses am Berg Sinai erhielt, keineswegs die zehn Gebote enthielten, sondern nur der verzweifelte Hilferuf einer einsamen Frau waren. Sie hatte die Nase voll von Lügnern und Betrügern und suchte nun mit Hilfe dieser vorchristlichen Kontaktanzeige einen Mann, der nicht falsch Zeugnis redete wider seinen Nächsten, nicht nach der Frau des Nächsten verlangte und auch nicht die Ehe brach. VOM BRAUTRAUB ZUR KONTAKTANZEIGE
Bis 1695 die erste »richtige« Heiratsanzeige erschien, war es ein langer Weg. Lange Zeit mussten junge Männer und Frauen überhaupt nicht selbst nach der Frau oder dem Mann fürs Leben suchen. Der Vater bestimmte, wer geheiratet wurde, egal, ob das dem Nachwuchs auch recht war. Notfalls ging das auch mit Gewalt: In der germanischen Zeit und im Frühmittelalter wurde eine Braut schon einmal geraubt, wenn der Bräutigam den Brautpreis nicht zahlen wollte. Zwar musste danach noch offiziell geheiratet werden, doch dagegen wehrte sich die Familie der Braut nun nicht mehr. Das Mädchen war sowieso »befleckt« und auch für viel Geld nicht mehr an den Mann zu bringen. Die Menschen lernen lesen und schreiben
Zwei Dinge müssen die Menschen vor allem können, wenn sie eine Heirats- oder Kontaktanzeige aufgeben wollen: lesen und schreiben, auch wenn bei manchen Fundstücken im Internet die Rechtschreibung – sagen wir einmal – sehr kreativ gehandhabt wird. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit konnten das nur sehr wenige Menschen. Die Lese- und Schreibkundigen lebten an den Höfen – wo machtpolitische Gründe bestimmten, wen man heiraten musste – und in Klöstern, wo überhaupt nicht geheiratet wurde. Erst mit dem Zeitalter der Aufklärung und der Französischen Revolution lernten große Teile der Bevölkerung lesen und schreiben. Für sie gab es immer mehr Tages- oder Wochenzeitungen, und diese Zeitungen entdeckten schon bald die Annonce als Möglichkeit, zusätzlich ein bisschen Geld in die Kassen der Herausgeber zu spülen. Und so wurde bald auch die erste Heiratsanzeige – denn eine Beziehung mündete damals ja noch unweigerlich in eine Ehe – veröffentlicht. Sie erschien am 19. Juli 1695 in einer englischen Zeitschrift namens A collection for improvement of husbandry and trade (Sammelsurium für den Fortschritt in Landwirtschaft und Handel) und lautete: EIN HERR von etwa 30 Jahren mit ansehnlichem Besitz sucht eine junge Dame mit einem Vermögen von ca. 3000 Pfund. Der Herausgeber der Zeitung musste sich damals noch sehr für die Veröffentlichung dieser Anzeige verteidigen und beteuern, dass es sich dabei keineswegs um einen Scherz handle. Dabei waren arrangierte Ehen zu dieser Zeit ja keineswegs ungewöhnlich. Normalerweise verhandelten Vertreter der Familien von Braut und Bräutigam über eine Heirat – nun übernahm eben die Zeitung diese Vermittlerrolle. Gleich und gleich gesellt sich gern
Geheiratet wurde damals übrigens noch aus völlig anderen Gründen als heute: Während heute die Liebe den Ausschlag für die Partnerwahl gibt (etwas anderes würde zumindest niemand zugeben), spielten damals der gesellschaftliche Status, das Vermögen und bei den Adelsgeschlechtern politische Gründe die Hauptrolle. Frei nach dem Motto »Gleich und Gleich gesellt sich gerne« wurde innerhalb der eigenen gesellschaftlichen Schicht geheiratet – deshalb sucht der Herr aus unserer allerersten Heiratsanzeige auch eine Dame, die ähnlich vermögend ist wie er. Kein Wunder: Das Märchen vom Aschenputtel erschien ja auch erst rund 120 Jahre später und lässt seitdem unzählige Mädchen und Frauen davon träumen, dass auch sie ihren ganz persönlichen Prinzen finden können – egal, ob in der Zeitung oder im Internet. Liebesheirat oder arrangierte Ehe?
Dass Zuneigung die Grundlage eines gemeinsamen Lebens bilden sollte, forderte als Erster Jean-Jacques Rousseau in seinem Roman Julie oder Die neue Heloise von 1761. Zwar gab es schon rund 170 Jahre zuvor Romeo und Julia, doch wie diese Geschichte ausging, wissen wir ja. Trotzdem dauerte es noch lange, bis es allgemein akzeptabel wurde, sich bei der Partnerwahl von Gefühlen leiten zu lassen und nicht Vermögen, Status oder Herkunft in den Vordergrund zu stellen. Auch heute wird noch nicht in allen Ländern der Welt aus Liebe geheiratet: In den unteren Kasten Indiens, in einigen Teilen Afrikas oder im ländlichen Raum Japans spielen arrangierte Ehen immer noch eine wichtige Rolle. Doch haben die zukünftigen Eheleute hier durchaus ein Wörtchen mitzureden – es handelt sich also um keine Zwangsheiraten. Doch zurück zu unseren Kontaktanzeigen: Ob unser hoffnungsvoller Gentleman mit seinem Gesuch Erfolg hatte, wissen wir nicht. Doch trat er eine Welle los, die den heutigen Online-Partnervermittlern und Kontaktbörsen einen Umsatz von ca. 180 Millionen Euro pro Jahr beschert. Neu war im Jahr 1695 vor allem, dass unser Inserent sein Gesuch nach einer Partnerin öffentlich machte, denn die Heiratsvermittlung war damals eine rein familiäre Angelegenheit. Und interessanterweise hindert diese Öffentlichkeit auch heute noch viele Menschen daran, im Internet auf die Suche nach einem Partner oder einer Partnerin zu gehen. »Dann sieht ja jeder, dass ich einen Mann suche …«, heißt es dann. So dauerte es dann auch noch dreißig Jahre, bis sich endlich auch eine Frau traute, ihre Suche nach einem Partner öffentlich zu machen: Helen Morrison hieß die Dame, die 1727 im Manchester-Weekly-Journal einen netten Menschen suchte, mit dem sie ihr Leben teilen konnte. Die Quittung für ihr exzentrisches Verhalten bekam Miss Morrison prompt: Sie wurde in eine Nervenklinik eingewiesen. Ab dem Anfang des 19. Jahrhunderts erschienen dann in beinahe allen europäischen Zeitungen Heiratsanzeigen. Schon damals tat sich eine Bevölkerungsgruppe übrigens besonders schwer, eine Partnerin zu finden: die Bauern. In den Tagen vor »Bauer sucht Frau« blieb ihnen hier zunächst einmal nur die Heiratsanzeige. Jedes Mädel, das eine Kuh hat, ein gutes Federbett, 500 Dollar in Zinn, die die Masern gehabt hat und weiß, wie man mit Kindern umgeht, kann hier einen lebenslangen Kunden finden, wenn sie eine kurze Nachricht an Z. Q. schreibt und sie in eine Ritze von Onkel Ebenezers Scheune hinter dem Hühnerstall steckt. Aus einer amerikanischen Zeitung, frühes 19. Jahrhundert Die Mitgift ist entscheidend
Im 18. und 19. Jahrhundert spielte die Mitgift noch eine große Rolle bei der Anbahnung von Ehen. Vermögen, ob Geld oder Immobilien, war damals eine Sache der Männer und wurde auch nur an die männlichen Erben weitergegeben. Doch um männliche Erben zu produzieren, brauchte ein vermögender Mann zunächst einmal eine Frau – und die sollte ihn finanziell möglichst wenig belasten, denn das Vermögen sollte schließlich nicht geschmälert werden. Allerdings hatte eine bürgerliche Frau im 18. und 19. Jahrhundert durchaus ihre Ansprüche: Kleider, Schmuck, Bälle – das alles war auch vor 200 Jahren nicht gerade billig. Deshalb bekamen nicht nur adelige, sondern auch bürgerliche Bräute von ihrem Vater eine Mitgift, die ihnen auch weiterhin ein standesgemäßes Leben ermöglichen sollte. Zwischen 50.000 und 200.000 Reichsmark konnte diese Mitgift im 19. Jahrhundert betragen – nach heutigen Maßstäben sind dies Beträge von mehreren Millionen Euro. Kein Wunder also, dass unser Herr aus unserer allerersten Heiratsanzeige auf seine 3000 Pfund bestand. Ohne Geld keine Liebe, so war das eben damals. Und nicht jeder Mann, der eine Tochter mit reicher Mitgift heiratete, war überhaupt auf der Suche nach einer Frau. Immer wieder gab es Mitgiftjäger, die es lediglich auf das Vermögen einer Frau abgesehen hatten, um ihre Schulden zu bezahlen oder das Geld beim Glücksspiel oder mit Prostituierten zu verjubeln. Die Eltern einer jungen Frau, 21 Jahre alt, hübsch, gebildet und im Besitz von 4300 Franken pro Jahr, doch leider am Veitstanz leidend, bieten sie einem Arzt zwischen 40 und 45 Jahren, der sich aufopfernd um sie kümmert, als Ehefrau an. Manchester Guardian, England, 30. Januar 1856 DIE FRAUEN HOLEN AUF
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg waren es die Frauen, die in Zeitungen nach einem Ehemann suchten. Zu viele Männer waren im Krieg gefallen, und nicht jede Frau konnte darauf hoffen, in ihrem Bekanntenkreis einen Versorger zu finden. Oft wurde auf diese Weise auch ein Nachfolger für den Verstorbenen gesucht, denn eine Frau, die vielleicht auch schon Kinder hatte, brauchte einen Ernährer oder einen Nachfolger für den familieneigenen Betrieb. Ähnlich sah es nach dem Zweiten Weltkrieg aus, als ebenfalls ein Frauenüberschuss bestand. Blumenmädchen und Unternehmersohn
Ab Anfang der 1970er-Jahre wurden die Heiratsanzeigen dann von den Kontakt- oder Bekanntschaftsanzeigen abgelöst. Die wilden 68er hatten es möglich gemacht, dass man auch ohne Trauschein zusammenleben konnte, und das wirkte sich auch auf den Charakter der Anzeigen aus. Explizit nach einer Heirat suchten nur noch Inserate von Heiratsvermittlern. Hier waren vermögende Unternehmer und heiratswillige Mädchen auf der Suche nach dem Mann oder der...