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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 464 Seiten

Reihe: Carl-Mørck-Reihe

Adler-Olsen Schändung

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 2, 464 Seiten

Reihe: Carl-Mørck-Reihe

ISBN: 978-3-423-41559-0
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Nach ›Erbarmen‹ jetzt der zweite Fall für das Sonderdezernat Q.'Der Blutdurst der Jäger. Wie würden sie es machen? Ein einzelner Schuss? Nein. So gnädig waren die nicht, diese Teufel, so waren sie nicht.'
Ein Leichenfund in einem Sommerhaus in Rørvig. Zwei Geschwister sind brutal ermordet worden. Der Verdacht fällt auf eine Gruppe junger Schüler eines exklusiven Privatinternats, die für ihre Gewaltorgien bekannt sind. Einer von ihnen gesteht.Zwanzig Jahre später. Nachdem Carl Mørck aus dem Urlaub zurückkommt, stößt ihn sein Assistent Assad mit der Nase auf die verstaubte Rørvig-Akte. Doch von oberster Stelle werden ihnen weitere Ermittlungen verboten. Carl und Assad ist klar, dass hier etwas zum Himmel stinkt: Die Spuren führen hinauf bis in die höchsten Kreise der Gesellschaft, in die Welt der Aktienhändler, Reeder und Schönheitschirurgen – und sie führen ganz weit nach unten, in die Abgründe der Gesellschaft, zu einer Obdachlosen: äußerlich hart wie Granit, doch mit einer blutenden Seele.
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3
Erst als er im Keller des Präsidiums stand, ging es Carl Mørck auf, dass der Sommer und der Urlaub endgültig zu Ende waren. Die Büroräume des Sonderdezernats Q waren dunkel. Er machte Licht an. Sein Blick fiel auf seinen überquellenden Schreibtisch, auf dem sich Stapel von Aktenbündeln gegenseitig stützten. Am liebsten hätte er sich umgedreht und die Tür hinter sich zugeknallt. Es half auch nichts, dass Assad mitten in das geordnete Chaos einen Strauß Gladiolen gepflanzt hatte, groß genug, um damit eine mittelgroße Hauptstraße zu blockieren. »Willkommen zurück, Boss!«, tönte es hinter ihm. Er drehte sich um und sah direkt in Assads hellwache braune Augen. Das dünne dunkle Haar stand gewissermaßen entgegenkommend in alle Richtungen ab. Der ganze Mensch strahlte Vitalität aus und schien es kaum erwarten zu können, wieder in den Ring zu steigen, leider Gottes. »Nanu!«, sagte Assad, als er den matten Blick seines Chefs wahrnahm. »Man sollte kaum glauben, dass du gerade aus dem Urlaub kommst, Carl.« Carl schüttelte den Kopf. »Tu ich das etwa?« Die oben im zweiten Stock waren wieder mal umgezogen. Verdammte Polizeireform. Demnächst würde er das Büro von Marcus Jacobsen, Chef der Mordkommission, nur noch per GPS finden. Drei Wochen war er weg gewesen, und schon gafften ihn mindestens fünf neue Gesichter an, als käme er vom Mond. Wer zum Teufel war das? »Carl, ich habe eine gute Nachricht für dich«, sagte Jacobsen. Carls Blick glitt über die Wände des neuen Büros. Mit den hellgrünen Scheiben dort kam es ihm vor wie ein Mittelding aus OP-Saal und dem Raum für Krisenmeetings aus dem Len-Deighton-Thriller, den er gerade gelesen hatte. Wie verloren starrten von überall die fahlen Augen von Leichen auf ihn herab. Karten und Diagramme und Einsatzpläne hingen dort in einem vielfarbigen Durcheinander. Alles wirkte deprimierend effektiv. »Eine gute Nachricht, sagst du. Das klingt nicht gut.« Carl ließ sich seinem Chef gegenüber auf einen Stuhl fallen. »Du bekommst bald Besuch aus Norwegen, Carl, ich hatte das vor einiger Zeit schon mal erwähnt.« Carl Mørck sah ihn unter schweren Lidern müde an. »Eine Delegation der Obersten Polizeibehörde in Oslo, erinnerst du dich? Na, die kommen jetzt jedenfalls mit fünf oder sechs Mann und wollen sich das Sonderdezernat Q anschauen, und zwar am nächsten Freitag um zehn Uhr. Du denkst doch dran?« Marcus lächelte. »Sie freuen sich schon, soll ich ausrichten«, fuhr er fort und blinzelte ihm zu. Damit standen sie verdammt allein. »Ich habe aus diesem Anlass dein Team verstärkt. Sie heißt Rose.« An der Stelle kam Carl kurz von seinem Stuhl hoch. Anschließend stand er vor der Tür des Chefs und gab sich alle Mühe, die hochgezogenen Augenbrauen wieder in ihre alte Position zu bringen. Hieß es nicht, dass eine schlechte Nachricht nie allein kommt? Wie wahr! Kaum fünf Minuten bei der Arbeit, und schon sollte er den Nachhilfelehrer für eine Sekretariatsanwärterin und den Guide für eine Gruppe Berggorillas spielen. Letzteres hatte er bisher glücklich verdrängt. »Wo ist denn die Neue, die zu mir nach unten kommen soll?«, fragte er Frau Sørensen, die wie immer hinter der Theke des Sekretariats saß. Die hob nicht mal den Blick von der Tastatur, diese Frauensperson. Er haute leicht auf die Theke. Probieren konnte man es ja mal. Dann spürte er, wie ihm jemand auf die Schulter tippte. »Hier hast du ihn in höchsteigener Person, Rose«, hörte er hinter sich. »Darf ich vorstellen? Carl Mørck.« Er drehte sich um und blickte in zwei verblüffend ähnliche Gesichter. Der Erfinder der schwarzen Farbe hat nicht umsonst gelebt, schoss es ihm durch den Kopf. Rabenschwarzes Haar, ultrakurz und fransig geschnitten, pechschwarz umrandete Augen und düstere Kleidung. Hui, verdammt unheimlich. »Lis, zum Teufel. Was ist denn mit dir passiert?« Die effektivste Sekretärin des Dezernats fuhr sich mit der Hand durch ihr früher so herrlich blondes Haar. Ein Lächeln blitzte in ihren Augen auf. »Ja, schick, was?« Carl nickte langsam, bevor sein Blick weiter zu der anderen Frau wanderte. Ihre Schuhe hatten turmhohe Absätze. Sie betrachtete ihn mit einem umwerfenden Lächeln. Dann schaute er wieder zu Lis. Die beiden sahen sich irgendwie zum Verwechseln ähnlich. Es war ihm ein Rätsel, wer von beiden wen angesteckt hatte. »Das hier ist also Rose. Sie ist ein paar Wochen bei uns gewesen und hat mit ihrer herrlich positiven Ausstrahlung unser Sekretariat belebt. Jetzt überlasse ich sie deiner Obhut. Pass gut auf sie auf, Carl.« Reichlich munitioniert mit Argumenten stürmte Carl in Marcus Jacobsens Büro. Doch spätestens nach zwanzig Minuten merkte er, dass die Sache längst gelaufen war. Eine Woche Aufschub bekam er, dann musste er das Mädchen mit nach unten nehmen. Ihr künftiges Büro, in dem bisher das Equipment zur Absperrung von Tatorten aufbewahrt wurde, lag direkt neben Carls Büro. Es sei bereits aufgeräumt, sauber gemacht und eingerichtet, setzte Marcus ihn in Kenntnis. Rose Knudsen war die neue Mitarbeiterin des Sonderdezernats Q und damit basta. »Rose Knudsen hatte auf der Polizeischule erstklassige Noten, sie ist aber bei der Fahrprüfung durchgefallen. Wie du weißt, ist damit die Sache gelaufen, egal wie geeignet man sonst sein mag. Allerdings war sie für die Feldarbeit vielleicht ein bisschen zu dünnhäutig. Aber sie wollte unbedingt zur Polizei, und deshalb machte sie eine Sekretärinnenausbildung. Ein Jahr lang war sie jetzt auf der Polizeiwache City. In den letzten Wochen hat sie Frau Sørensen vertreten, aber die ist ja nun wieder da«, sagte Marcus Jacobsen abschließend und drehte seine ausgebeulte Zigarettenpackung zum fünften Mal um die eigene Achse. Die Umstände, die den Chef der Mordkommission dazu bewogen hatten, ihm Rose Knudsen aufs Auge zu drücken, interessierten Carl eigentlich weniger. »Und warum hast du die Neue dann nicht zur City zurückgeschickt, wenn ich fragen darf?« »Ja, warum? Da hatte es intern irgendwas Unleckeres gegeben. Nichts, was uns angeht.« »Okay.« Unleckeres, das Wort klang bedrohlich. »Du hast jetzt auf jeden Fall eine Sekretärin, Carl. Und sie ist fleißig.« Das sagte Jacobsen im Grunde doch von allen. »Sie wirkte richtig nett, fand ich.« Unter den Leuchtstoffröhren unten im Keller versuchte Assad Carl aufzumuntern. »Sie hat in der City was Unleckeres angestellt, kann ich dir nur sagen. Dann ist man nicht nett.« »Was Unleckeres …? Das muss ich noch mal haben, Carl.« »Vergiss es, Assad.« Sein Helfer nickte und trank einen Schluck von der minzig stinkenden Substanz, die er sich eingeschenkt hatte. »Nun hör mal zu, Carl. Der Fall, an den du mich gesetzt hast, als du weg warst … also, damit konnte ich nicht weiterkommen. Ich habe hier und an allen möglichen anderen Orten nachgeschaut, aber alle Akten zu dem Fall sind in dem Umzugschaos oben verschwunden.« Carl blickte auf. Verschwunden? Da sollte doch der Teufel …! Aber okay, dann passierte am heutigen Tag ja doch noch etwas Positives. »Ja, die sind komplett weg. Also habe ich stattdessen ein bisschen die Stöße bei uns unten durchgesehen und dieses hier gefunden. Sehr interessanter Fall.« Assad reichte ihm einen hellgrünen Aktenordner. Stumm und starr wie eine Salzsäule blieb er vor Carl stehen und sah ihn erwartungsvoll an. »Hattest du vor, hier stehen zu bleiben, während ich lese?« »Danke, ja«, sagte Assad und stellte seine Tasse auf Carls Schreibtisch. Carl blies die Backen auf, und während er die Mappe aufschlug, atmete er ganz langsam aus. Ein alter Fall. Richtig alt. Vom Sommer 1987, um genau zu sein. Das war das Jahr, in dem er und ein Kumpel zum Pfingstkarneval nach Kopenhagen herübergekommen waren. Damals hatte ihm ein rothaariges Mädchen das Sambatanzen beigebracht. Der Rhythmus hatte sie noch nicht einmal in der Nacht verlassen, die sie auf einer Decke hinter einem Busch im Park beschlossen. Zweiundzwanzig war er gewesen, und noch nie so wenig jungfräulich wie nach diesem Ausflug. Ein guter Sommer, 1987. Der Sommer, in dem er schließlich von Vejle nach Kopenhagen zur Polizeiwache Antonigade versetzt wurde. Die Morde mussten acht bis zehn Wochen nach jenem Karneval begangen worden sein. Das war etwa zu der Zeit, als die Rothaarige beschlossen hatte, ihren Sambakörper über einen anderen Jütländer zu stülpen, ja, tatsächlich genau in den Tagen, als er seine ersten nächtlichen Runden in Kopenhagens engen Gassen Streife ging. Eigentlich merkwürdig, dass er sich überhaupt nicht an den Fall erinnerte, denn der war wirklich besonders. Man fand das Geschwisterpaar, ein Mädchen und einen Jungen von siebzehn und achtzehn Jahren, bis zur Unkenntlichkeit misshandelt in einem Sommerhaus in Rørvig, nicht weit von Dybesø. Das Mädchen war ganz besonders übel zugerichtet. Sie musste entsetzlich unter den Schlägen gelitten und auch versucht haben, sie abzuwehren, davon zeugten die spezifischen Verletzungen. Carl blickte auf den Text. Keine sexuellen Übergriffe. Und es fehlte nichts. Dann las er den Obduktionsbericht noch einmal und blätterte anschließend die Zeitungsausschnitte durch. Es waren nur wenige, doch die hatten beeindruckend fette Überschriften. »Zu Tode...


Thiess, Hannes
Hannes Thiess studierte in Frankfurt am Main, Edinburgh und Kiel Altnordistik, Germanistik und Politikwissenschaft. Seit 1996 übersetzt er für eine Reihe deutschsprachiger Verlage aus dem Schwedischen, Dänischen und Norwegischen Belletristik, Sachbücher sowie Kinder- und Jugendliteratur. Im dtv sind in seiner Übersetzung die Bücher von Jussi Adler-Olsen erschienen. Hannes Thiess lebt in Kiel.

Adler-Olsen, Jussi
Jussi Adler-Olsen veröffentlicht seit 1997 Romane, seit 2007 die erfolgreiche Serie um Carl Mørck vom Sonderdezernat Q. Er ist einer der erfolgreichsten Bestsellerautoren weltweit. Seine vielfach preisgekrönten Bücher erscheinen in über 40 Ländern und werden mehrfach verfilmt.

Jussi Adler-Olsen wurde am 2. August 1950 in Kopenhagen geboren. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film. Bevor er 1995 mit dem Schreiben begann, arbeitete er in verschiedensten Berufen: als Redakteur für Magazine und Comics, als Koordinator der dänischen Friedensbewegung, war Verlagschef im Bonnier-Wochenblatt TV Guiden und Aufsichtsratsvorsitzender bei verschiedenen Energiekonzernen. Sein Hobby: das Renovieren alter Häuser.
Mit seiner Thriller-Serie um Carl Mørck und seinen Romanen ›Das Alphabethaus‹, ›Das Washington-Dekret‹ und ›Takeover‹ stürmt er die internationalen Bestsellerlisten. Seine vielfach preisgekrönten Bücher erscheinen in 42 Ländern.


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