Alain-Fournier | Der große Meaulnes | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Alain-Fournier Der große Meaulnes


Neuausgabe 2014
ISBN: 978-3-7725-4031-8
Verlag: Freies Geistesleben
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-7725-4031-8
Verlag: Freies Geistesleben
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit der Sicherheit eines Traumwandlers gelangt Augustin Meaulnes auf einer Irrfahrt auf ein geheimnisvolles Landgut. Er findet sein Paradies und … verliert es wieder. Rastlos wird er nach diesem Ort suchen, wo er ein wunderschönes Mädchen kennenlernte. Unterstützt von seinem Freund und Bewunderer François Seurel, der diese Geschichte erzählt. Die Landkarte verrät den Weg nicht. Und doch …

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Erster Teil 1. Der Pensionsschüler 2. Nach vier Uhr 3. "Oft war ich im Laden eines Korbmachers" 4. Die Flucht 5. Der Wagen kommt zurück 6. Jemand klopft ans Fenster 7. Die Seidenweste 8. Das Abenteuer 9. Ein Halt 10. Der Schafstall 11. Das geheimnisvolle Gut 12. Das Wellington-Zimmer 13. Das seltsame Fest 14. Das seltsame Fest (Fortsetzung) 15. Die Begegnung 16. Frantz de Galais 17. Das seltsame Fest (Schluss) Zweiter Teil 1. Das gewagte Spiel 2. Wir fallen in einen Hinterhalt 3. Der Bohémien in der Schule 4. In dem die Rede ist von dem geheimnisvollen Gut 5. Der Mann in Leinenschuhen 6. Ein Streit hinter den Kulissen 7. Der Bohémien nimmt seine Binde ab 8. Die Gendarmen! 9. Auf der Suche nach dem verlorenen Pfad 10. Die Wäsche 11. Ich begehe Verrat … 12. Die drei Briefe von Meaulnes Dritter Teil 1. Der Badeausflug 2. Bei Florentin 3. Eine Erscheinung 4. Die große Neuigkeit 5. Die Landpartie 6. Die Landpartie (Schluss) 7. Der Hochzeitstag 8. Frantz ruft 9. Die Glücklichen 10. Frantz' Haus 11. Unterhaltung im Regen 12. Die Last 13. Das Aufsatzheft 14. Das Geheimnis 15. Das Geheimnis (Fortsetzung) 16. Das Geheimnis (Schluss) Epilog Nachwort von Maria-Sibylla Hesse


ERSTES KAPITEL
Der Pensionsschüler
An einem Novembersonntag des Jahres 189… kam er zu uns. Ich sage noch heute «zu uns», obwohl uns das Haus nicht mehr gehört; denn vor fast fünfzehn Jahren haben wir die Gegend verlassen und werden sicher nie dorthin zurückkehren. Wir wohnten in den Gebäuden des Oberkursus von Sainte-Agathe. Mein Vater, den ich wie die anderen Schüler «Monsieur Seurel» nannte, leitete hier gleichzeitig den Oberkursus, der auf das Grundschullehrerexamen vorbereitete, und den Mittelkursus. Meine Mutter unterrichtete die Kleinen. Ein langes, rotes, von wildem Wein umranktes Haus mit fünf verglasten Türen am Rande des Marktfleckens; ein weiträumiger Hof mit Überdachung für die Pausen, einem Waschhaus und einem großen Tor vorne zum Dorf hin; auf der Nordseite ein kleines Gittertor auf die Landstraße hinaus, die zur drei Kilometer entfernten Bahnstation führte; im Süden Felder, Gärten und Wiesen, die sich bis zu den ersten Häusern des Dorfes erstreckten … So kann man diese Stätte skizzieren, wo sich die bewegtesten und liebsten Tage meines Lebens abspielten – das Haus, von dem unsere Abenteuer ausgingen und in das sie wieder zurückkehrten, wie Wellen sich an einem einsamen Felsen brechen. Der Zufall der «Versetzungen», die Entscheidung eines Schulrates oder Präfekten hatte uns hierher gebracht. Wie weit liegt die Zeit zurück, als einst am Ende der Ferien ein Bauernwagen, dem unser Hausrat folgte, meine Mutter und mich dort vor der kleinen, verrosteten Gitterpforte absetzte. Buben, die Pfirsiche im Garten stahlen, machten sich auf leisen Sohlen durch die Löcher in der Hecke davon … Meine Mutter, die wir «Millie» nannten, eine ganz besonders ordnungsliebende Hausfrau, hatte, nach einem Blick in die Räume voller Staub und Stroh, wie bei jedem «Ortswechsel» sogleich mit Kummer festgestellt, dass unsere Möbel niemals in ein so schlecht gebautes Haus hineinpassen würden; sie war wieder herausgekommen, um mir ihr Leid zu klagen. Währenddessen wischte sie mir mit ihrem Taschentuch vorsichtig den Reisestaub vom Kindergesicht. Dann war sie wieder hineingegangen, um zu sehen, wie viele Türen man würde zustellen müssen, um die Räume bewohnbar zu machen … Ich wartete auf dem mit Kies bedeckten Hof, einen großen Strohhut mit Bändern auf dem Kopf, und erkundete ein bisschen das Gelände um Brunnen und Schuppen. So wenigstens stelle ich mir heute unsere Ankunft vor; denn sobald ich mir die weit zurückliegende Erinnerung an diesen ersten Abend des Wartens in unserem Hofe von Sainte-Agathe wieder ins Gedächtnis rufe, erinnere ich mich auch gleich an andere Augenblicke des Wartens. Schon sehe ich mich, beide Hände auf das Torgitter gestützt, ängstlich nach jemandem ausschauen, der die Hauptstraße herabkommen soll. Und versuche ich, mir die erste Nacht vorzustellen, die ich in meiner Dachstube verbrachte, so denke ich auch gleich an andere Nächte: Ich bin nicht mehr allein in diesem Zimmer, ein großer, unruhiger und vertrauter Schatten gleitet an der Wand auf und ab. Diese ganze friedliche Landschaft – die Schule, der Acker des alten Martin mit den drei Nussbäumen, der Garten, der täglich ab vier Uhr von unseren Besucherinnen erobert wurde – alles dies wird mir für immer im Gedächtnis bleiben, bewegt und verwandelt durch die Gegenwart dessen, der unsere ganze Jugendzeit in Aufruhr brachte und uns selbst durch seine Flucht keine Ruhe gab. Wir lebten immerhin schon seit zehn Jahren in dieser Gegend, als Meaulnes ankam. Ich zählte damals fünfzehn Jahre. Es war ein kalter Novembersonntag, der erste Vorbote des Winters in diesem Herbst. Den ganzen Tag hatte Millie auf einen Wagen von der Bahnstation gewartet, der ihr einen Hut für die schlechte Jahreszeit mitbringen sollte. Am Morgen hatte sie die Messe versäumt; und bis zur Predigt hatte ich, mit den anderen Kindern im Chor sitzend, ängstlich Richtung Glockenturm gespäht, um sie mit ihrem neuen Hut eintreten zu sehen … Am Nachmittag musste ich allein zur Vesper gehen. «Übrigens», sagte sie, um mich zu trösten, während sie mit der Hand meinen Knabenanzug abstäubte, «selbst wenn der Hut gekommen wäre, hätte ich sicher meinen Sonntag damit hinbringen müssen, ihn vollständig umzuarbeiten.» So vergingen unsere Wintersonntage oft. Schon früh am Morgen ging mein Vater weit weg an irgendeinen nebelbedeckten Teich, um vom Boot aus Hechte zu fangen; und meine Mutter, die bis in die Nacht hinein in ihrem dunklen Zimmer blieb, besserte ihre bescheidenen Kleider aus. Sie schloss sich ein, aus Furcht, eine Dame ihrer Bekanntschaft, ebenso arm und stolz wie sie, könnte sie dabei überraschen. Und ich las nach Beendigung der Vesper im kalten Esszimmer in einem Buch, bis sie die Tür öffnete, um mir zu zeigen, wie ihr das Kleid stand. An jenem Sonntag hielt mich ein Ereignis vor der Kirche auch nach der Vesper noch draußen; eine Taufe unter dem Kirchenportal hatte die Gassenkinder angelockt. Auf dem Marktplatz standen einige Männer des Dorfes in Feuerwehruniform in Reih und Glied, frierend und auf der Stelle tretend, um sich zu erwärmen, und hörten zu, wie Boujardon, ihr Kommandant, sich in theoretischen Erklärungen verlor. Die Taufglocke verstummte plötzlich wie ein Festgeläut, das sich in Tag und Ort getäuscht hatte. Boujardon und seine Leute führten, ihre Waffe geschultert, die Spritze im Laufschritt davon, und ich sah sie um die erste Straßenbiegung verschwinden, gefolgt von vier Buben; ihre dicken Sohlen zertraten die dürren Reiser auf der von Raureif überzogenen Landstraße, auf die ich ihnen nicht zu folgen wagte. Das Dorf lag nun ausgestorben da, bis auf das Café Daniel, aus dem die Unterhaltung der Gäste anschwellend und wieder leiser werdend an mein Ohr drang. Ich schlich an der niedrigen Mauer des großen Hofes entlang, die unser Haus vom Dorf trennte, und kam, etwas ängstlich wegen meiner Verspätung, am kleinen Gittertor an. Es war halb offen, und ich sah sofort, dass etwas Ungewöhnliches vorging. Und zwar stand an der Tür zum Esszimmer – der nächsten der fünf verglasten Türen, die auf den Hof führten – leicht vornübergebeugt eine grauhaarige Frau und versuchte, durch die Vorhänge zu blicken. Sie war klein und trug einen altmodischen Kapotthut aus schwarzem Samt. Ihr mageres, feines Gesicht war von Aufregung entstellt, und irgendeine Vorahnung hielt mich bei ihrem Anblick auf der ersten Stufe vor der Gitterpforte zurück. «Wo mag er nur hingegangen sein? Mein Gott!», sagte sie halblaut. «Eben war er doch noch bei mir; einmal ist er schon um das Haus herumgegangen, vielleicht ist er ausgerissen …» Und zwischen jedem Satz klopfte sie dreimal kaum hörbar an die Scheibe. Niemand kam, um der unbekannten Besucherin zu öffnen. Millie hatte wohl endlich ihren Hut vom Bahnhof bekommen und nähte, ohne etwas zu hören, im Hintergrund des roten Zimmers vor einem mit alten Bändern und zerzausten Federn übersäten Bett an ihrer Kopfbedeckung, trennte wieder auf und heftete von Neuem … In der Tat, als ich das Esszimmer betreten hatte, unmittelbar von der Besucherin gefolgt, erschien meine Mutter, die mit beiden Händen Messingdraht, Bänder und Federn auf ihrem Kopf festhielt, die noch nicht ganz ihre Lage gefunden hatten … Sie lächelte mir mit ihren blauen, vom Arbeiten in der Dämmerung ermüdeten Augen zu und rief: «Schau, ich habe auf dich gewartet, um dir zu zeigen …» Aber als sie die Frau im großen Sessel am Ende des Zimmers bemerkte, stockte sie, aus der Fassung gebracht. Schnell nahm sie ihren Hut ab und hielt ihn während der ganzen folgenden Szene in ihrem rechten Arm umgekehrt gegen ihre Brust wie ein Nest. Die Frau mit dem Kapotthut, die zwischen ihren Knien einen Schirm und eine Ledertasche hielt, begann Erklärungen abzugeben, wobei sie leicht den Kopf hin und her bewegte und wie eine Dame auf Besuch mit der Zunge schnalzte. Sie hatte ihre Sicherheit wiedergefunden und setzte sogar, sobald sie von ihrem Sohn sprach, eine überlegene und geheimnisvolle Miene auf, die uns gespannt machte. Beide waren mit dem Wagen von La Ferté-d’Angillon, das vierzehn Kilometer von Sainte-Agathe entfernt lag, gekommen. Sie war Witwe und sehr reich, wie sie uns zu verstehen gab; der jüngere ihrer beiden Söhne, Antoine, war eines Abends nach der Rückkehr aus der Schule gestorben, weil er mit seinem Bruder in einem verseuchten Teich gebadet hatte. Sie hatte beschlossen, den älteren, Augustin, zu uns für den Oberkursus in Pension zu geben. Sie sang auch gleich ein Loblied auf diesen Pensionsschüler, den sie uns brachte. Ich erkannte die grauhaarige Frau nicht wieder, die ich eine Minute zuvor an der Tür gesehen hatte, gebeugt und mit der flehenden und angstvollen Miene einer Henne, die das wildeste Küken aus ihrer Brut verloren hat. Sie erzählte mit Bewunderung die seltsamsten Dinge über ihren Sohn: Er machte...


Alain-Fournier, Henri
Alain-Fournier (eigentlich Henri-Alban Fournier) wurde am 3. Oktober 1886 in La Chapelle-d’Angillon, unweit von Bourges, geboren. Er besuchte das Gymnasium in Paris, Brest, Bourges und Sceaux. Hier lernte er seinen engsten Freund Jacques Rivière kennen. Danach war er als Journalist in Paris tätig. In dieser Zeit entstanden auch Gedichte und Erzählungen, die alle auf sein einziges Werk vorausweisen, den stark autobiografischen Roman Le grand Meaulnes, der 1913 erschien. Im September 1914 fiel Alain- Fournier im Ersten Weltkrieg.

Alain-Fournier (eigentlich Henri-Alban Fournier) wurde am 3. Oktober 1886 in La Chapelle-d'Angillon, unweit von Bourges, geboren. Er besuchte das Gymnasium in
Paris, Brest, Bourges und Sceaux. Hier lernte er seinen engsten Freund Jacques Rivière kennen. Danach war er als Journalist in Paris tätig. In dieser Zeit entstanden auch
Gedichte und Erzählungen, die alle auf sein einziges Werk vorausweisen, den stark autobiografischen Roman "Le grand Meaulnes", der 1913 erschien. Im September 2014 ist
Alain-Fournier im Ersten Weltkrieg gefallen.



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