E-Book, Deutsch, Band 2, 200 Seiten
Reihe: Kripo Norden ermittelt
Albertsen Tod beim Spökenkieken. Ostfrieslandkrimi
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-96586-350-7
Verlag: Klarant
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 200 Seiten
Reihe: Kripo Norden ermittelt
ISBN: 978-3-96586-350-7
Verlag: Klarant
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein brisanter Mordfall stört die Idylle im ostfriesischen Lütetsburg. Im Hotel ?Friesenwohl? hat die bekannte Geistheilerin Fruu Mariann zu einem Treffen geladen, doch alle weiteren Veranstaltungen müssen abgesagt werden, denn Fruu Mariann liegt erwürgt im Konferenzraum! Hauptkommissar Axel Groot und Kommissarin Hilka Martens von der Kripo Norden müssen in diesem Fall mit viel Fingerspitzengefühl ermitteln: Während Kritiker das »Spökenkieken« für pure Abzocke halten, schwören andere auf den Erfolg der alternativen Heilmethode. Ist etwa ein radikaler Esoterik-Gegner für den Mord verantwortlich, oder liegen die Motive vielmehr im privaten Bereich? Wer war Fruu Mariann wirklich? Und haben es die Kommissare mit einem oder mehreren Tätern zu tun? Das spektakuläre Ablenkungsmanöver, das dem Mord vorausgegangen war, deutet nämlich darauf hin, dass auch ein Komplize seine Finger im Spiel haben muss...
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2. Kapitel
Das Bild, das sich Hilka Martens knapp zehn Minuten später auf dem Parkplatz des Hotels »Friesenwohl zu Lütetsburg« bot, erinnerte sie entfernt an eine Szene aus einem Katastrophenfilm, den sie vor einiger Zeit gesehen hatte. Sie sah Rettungsfahrzeuge mit blinkendem Blaulicht, die dicht beieinander abgestellt waren, und umhereilendes Rettungspersonal, das Ausrüstung in das palastähnliche Gebäude trug. Ihr Magen verkrampfte sich bei dem Anblick. Das Gefühl verstärkte sich, als sie das Foyer betrat. Hilkas Blick flirrte durch den hell erleuchteten Raum. Sie nahm die meisten Einzelheiten binnen eines Herzschlags in sich auf. Große Halle – Marmorfußboden – Ledergarnituren – großzügig verteilte Grünpflanzen – griechisch anmutende Stützsäulen im ionischen Stil – eine breite aus dunklem Holz gefertigte Rezeption. Irgendetwas Großes war passiert, aber es schien sich nicht um eine Katastrophe zu handeln, denn Hilka sprangen keine Blutlachen oder abgetrennten Körperteile ins Auge. Stattdessen entdeckte sie blasse Menschen, die erschöpft auf Stühlen saßen oder auf bereitgestellten Tragen gebettet lagen. Sie wirkten krank und wurden von Rettungssanitätern versorgt. Einige erhielten Infusionen. Angestellte des Personals – in schwarze Westen und rote Hemden gekleidet – unterstützten sie dabei. Hilka spürte, wie der Adrenalinschub in ihr nachließ, und fand endlich die Zeit, an die SMS zu denken, die sie am Schießstand erreicht hatte. Sie war vom Präsidium abgeschickt worden und hatte ziemlich dramatisch geklungen. Großeinsatz beim Hotel Friesenwohl zu Lütetsburg. Der Besitzer hat den Verdacht, dass Gäste und einige Mitarbeiter vergiftet wurden. Sofortiges Eingreifen notwendig, Rettungskräfte sind alarmiert! Ludger Vogt schob sich in Hilkas Sichtfeld. Er sorgte sich um seine Ehefrau Mareike, die im Hotel an der Rezeption arbeitete. »Ludger«, erklang ein Ruf aus Richtung des Rezeptionstresens. Eine großgewachsene Frau eilte mit raschen Schritten herbei. Ihre blonden Locken flogen in alle Himmelsrichtungen und hektische Röte legte sich auf ihre gut durchbluteten Pausbacken. Sie fiel Vogt in die ausgebreiteten Arme und presste sich an ihn. »Mareike-Schatz«, keuchte er und erwiderte die Umarmung. »Ich bin ja so froh, dass es dir gut geht.« Eine warme Woge durchflutete Hilka bei dem Anblick. Für gewöhnlich achtete sie auf professionelle Distanz, doch in diesem Fall war sie zu einer Ausnahme bereit. Der massige Polizeihauptmeister löste sich von seiner besseren Hälfte und wischte sich unter lautstarkem Räuspern eine Träne aus dem Augenwinkel. »Schatz, darf ich dir unsere Kommissarin Frau Martens vorstellen?«, sagte er und räusperte sich erneut. Mareike Vogt reichte Hilka die Hand. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Mein Mann ist schwer von Ihnen beeindruckt.« Ludgers Wangen röteten sich. »Das ist jetzt vielleicht nicht der richtige Moment, um …« »Vielen Dank«, fuhr Hilka ihm in die Parade. »Leider sind die Umstände, unter denen wir uns zum ersten Mal treffen, nicht besonders schön.« Sie deutete auf die Sanitäter und deren Schützlinge. »Was genau ist passiert?« Mareike Vogt presste die Hände kurz gegen den Mund, ehe sie antwortete. »Es ging vor etwa einer Dreiviertelstunde los«, erklärte Vogts Frau und holte Hilka aus ihren Gedankengängen. »Zuerst waren es nur ein paar Leute, aber dann kamen immer mehr dazu. In immer kürzeren Zeitabständen.« Axel Groot, der bislang schweigend bei ihnen gestanden hatte, trat näher heran. »Wie viele Personen sind betroffen?«, fragte er. »Etwas mehr als dreißig, glaube ich. Ich habe sofort den Notruf gewählt. Die Rettungswagen kamen wirklich schnell.« »Um was für Beschwerden geht es?« Mareike Vogt blinzelte Hilka irritiert an. »Eigentlich kann man die Betroffenen in zwei Gruppen einteilen.« »Die da wären?« »Wenn es nicht so schrecklich wäre, wäre es fast zum Lachen. Die eine Gruppe übergab sich schlagartig. Wo sie gingen und standen, haben sie … na ja, Sie wissen schon.« »Gekotzt«, platzte es aus Ludger heraus. Er kassierte von seiner Frau einen Ellenbogenstoß in den massigen Bauch. »Krümel, reiß dich zusammen. Du weißt, ich mag solche Ausdrücke nicht.« »Entschuldige«, murmelte Vogt. Er wirkte wie ein überdimensionaler Schuljunge, den man bei der Durchführung eines Streichs ertappt hatte. Hilka kramte ihr Notizbuch hervor und hatte dabei Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. Krümel? Ist ja niedlich. Vogts Worte schienen eine innere Schranke aufgehoben zu haben. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft nahm sie einen sauer-beißenden Geruch wahr. »Im Wesentlichen hat mein Mann aber recht«, erklärte Mareike Vogt. »Die eine Gruppe übergab sich, wobei es die wenigsten auf die Toilette schafften.« Sie deutete zur Rezeption, vor der sich gelbgrünliche Lachen ausbreiteten. Im gleichen Moment rückten aus dem hinteren Teil der Halle zwei grau gekleidete Frauen an. Sie schoben einen Reinigungswagen neben sich her, auf dem Eimer und Putzmittel standen und Wischmopps in Halterungen steckten. »Ludger, bitte verhindere, dass die Reinigungscrew loslegt«, bat Groot. »Vielleicht benötigen wir … Proben für das Labor.« Vogt verzog das Gesicht, nickte aber eifrig. Er tätschelte seiner Mareike zärtlich den Arm und eilte dann davon. Hilka nahm den Faden wieder auf. »Und die andere Gruppe?« »Ach so, ja«, erwiderte Ludgers Frau. »Die hätte ich beinahe vergessen. Nun, wie soll ich es sagen, die Leute aus der anderen Gruppe … na ja, die bekamen …« »… einen mörderischen Durchfall«, beendete eine Stimme hinter ihnen den Satz. Die Kommissarin wandte sich um und sah eine Bekannte, die mit zügigen Schritten näher kam. »Dr. Willers?«, stieß Groot überrascht aus. »Sie hier? Gibt es etwa Tote?« Dr. Kristine Willers schüttelte den Kopf. Sie war wie die Rettungssanitäter mit einer Reflektorjacke bekleidet. »Keine Sorge, keine Toten. Heute bin ich nicht als Gerichtsmedizinerin unterwegs, Herr Groot«, erklärte sie. Sie wies auf die Aufschrift ihrer Jacke. NOTARZT. Die Ärztin trat näher heran. Sie war schlank und hochgewachsen. Das dunkle Haar trug sie als Pferdeschwanz. Eine rot gerahmte Brille dominierte ihr schmales Gesicht, wobei die Gläser die Augen eulenhaft vergrößerten. »Von Zeit zu Zeit mache ich Bereitschaftsdienst. Ich finde es manchmal schöner, mit Lebenden zu arbeiten.« »Es hat also auch keine wirklich Schwerverletzten gegeben?«, fragte Hilka nach. »Nein, Frau Martens. Es ist nur so, dass bei einigen Hotelgästen und Angestellten die Verdauung verrücktspielte.« »Vergiftung?«, fragte Groot. Willers wiegte den Kopf. »Gut möglich. Für einen absoluten Beweis brauche ich Laboruntersuchungen, aber da ich so etwas in der Art schon einmal erlebt habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass hier Anthrachinone und Emetika zum Einsatz kamen.« »Bitte was?«, fuhr Vogt atemlos dazwischen. Er war zurückgekehrt und stand erneut neben seiner Frau. »Abführ- und Brechmittel«, erklärte Hilka. »Sehr richtig«, bestätigte die Ärztin. »Ich gehe davon aus, dass irgendjemand erhebliche Mengen davon untergemischt hat.« »Wie sollte das denn möglich sein?« Groot wies auf die Betroffenen. »Bei so vielen verschiedenen Gästen hätte er eine Menge Menüs manipulieren müssen.« »Vielleicht ein vom Leben enttäuschter Koch?«, warf Hilka ein. Sie sprach den Satz überzogen süffisant aus, damit erkennbar war, dass sie diesen Verdacht nicht ernst meinte. Mareike Vogt überhörte den Unterton offenbar und schüttelte energisch den Kopf. »Für den Koch lege ich meine Hand ins Feuer, der würde so etwas niemals tun.« »Es ist gar nicht so kompliziert«, mischte sich Willers ein. »Ach ja, wie kommen Sie darauf?«, fragte Groot gereizt. Hilka verstand ihn. Dieses ganze Um-den-heißen-Brei-Herumgerede zerrte auch an ihren Nerven. »Im Hotel findet seit zwei Tagen eine Convention statt. Eine sogenannte Zusammenkunft«, erklärte die Ärztin. Sie deutete auf einen Klappaufsteller, der direkt neben der Drehtür stand. Hilka verließ die Gruppe und trat vor ihn. »Willkommen zum Fruu-Mariann-Event«, las sie vor. ...