Alder | ACT in der Psychoonkologie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 237 Seiten

Alder ACT in der Psychoonkologie

Ein Praxisleitfaden

E-Book, Deutsch, 237 Seiten

ISBN: 978-3-8444-2966-4
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Eine Krebserkrankung ist ein kritisches Lebensereignis, das auf vielen Ebenen des Lebens von einschneidenden Veränderungen begleitet wird. Betroffene benötigen ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, um mit den körperlichen, psychischen und sozialen Veränderungen umgehen zu können. Das Buch informiert praxisnah über Interventionen der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), die dabei helfen, Patienten und Angehörige bei ihrer Krankheitsbewältigung zu unterstützen.
Die Grundlagen der ACT werden anhand zahlreicher Fallbeispiele vermittelt. Ebenso wird die Förderung der dem Therapie-Modell zugrunde liegenden Bewältigungsprozesse dargestellt. Für die psychoonkologische Beratung und Therapie wird ein Handlungsleitfaden zur Verfügung gestellt, der sich auf viele Problemstellungen und Herausforderungen der Betroffenen – von der Diagnose bis in die palliative Erkrankungsphase – direkt übertragen lässt. Ziel ist es, die psychische Flexibilität zu fördern, so dass die Reaktionen auf die Erkrankung funktional sind und nicht zu zusätzlichem Leiden führen. Betroffenen soll es ermöglicht werden, das Leben entsprechend der eigenen Werte zu gestalten.
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Zielgruppe


Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, Psychoonkologische Therapeuten und Berater (aus Sozialarbeit, Pflege, Seelsorge), Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


|45|2  Diagnostische Überlegungen und Fallverständnis: Fallkonzeptualisierung und Identifikation von zu fördernden Prozessen
Die Anpassung an eine Krebserkrankung zieht in verschiedenen Lebensbereichen einen Adaptationsprozess nach sich, der sich auf den Ebenen des Verhaltens, Kognition und Emotion zeigt. Krebspatienten und ihre Angehörige suchen aufgrund von verschiedenen Fragestellungen und mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Zielen eine psychoonkologische Therapie oder Beratung auf. Dabei kann es sich um ein einmaliges Gespräch bis hin zu einer mehrere Jahre dauernden Unterstützung handeln. Ebenso vielfältig sind die Settings, wobei die in der Psychotherapie konsequentere Trennung von Einzel- und Paarsetting oftmals nicht sinnvoll ist und das eine das andere ergänzen kann. So kann es vorübergehend wichtig sein, beispielsweise während eines stationären Aufenthaltes oder bei Unterschieden im Umgang mit der Krankheit, Fragen rund um Kinderwunsch oder Sexualität, den Partner oder die Partnerin einzubeziehen. Rund 30?% der Krebspatienten und deren Partner und Partnerinnen erfüllen zu einem Zeitpunkt der Erkrankungs- oder Behandlungszeit bzw. in der Phase der Nachsorge die Kriterien für eine psychische Störung (Singer, Das-Munshi & Brahler, 2009). Eine Behandlung wird aber nicht ausschließlich von diesen aufgesucht (Faller et al., 2017) und hängt u.?a. auch von patientenunabhängigen Faktoren ab (Frey Nasicmento et al., 2019). Diese Überlegungen haben Implikationen für das Fallverständnis und die Fallkonzeptualisierung. Der transdiagnostische Ansatz von ACT löst sich von einer vordergründig störungsspezifischen Indikationsstellung und versteht und erklärt die Anliegen, Probleme und Beschwerden, mit denen Krebspatienten oder Angehörige eine psychoonkologische Therapie aufsuchen, aus der Perspektive der sechs ACT-Prozesse. Der diagnostische Prozess hat zum Ziel, diejenigen ACT-Prozesse, die aktuell einen flexibleren Umgang mit der veränderten Lebenssituation behindern, zu identifizieren und mittels geeigneter therapeutischer Strategien adaptive, funktionale psychische Prozesse zu fördern. Die ACT-Therapeutin setzt den Kontext des Patienten in den Mittelpunkt und versucht, mittels der Fallkonzeption zu verstehen, welche inneren und äußeren Faktoren im Leben des |46|Patienten die Anpassung an die Krebserkrankung erschweren oder behindern und seine psychische Flexibilität einschränken. Aus dieser Perspektive ist nicht die Krebserkrankung selbst das Problem (obwohl sie natürlich eine belastende, einschneidende und absolut unerwünschte Lebenssituation ist), sondern das durch Vermeidung, Inakzeptanz oder Wertentfremdung geprägte Verhalten reaktiv auf die Krebserkrankung, wobei mit Verhalten sowohl sichtbares als auch inneres Verhalten (Denken, Erinnerungen, Voraussagen) gemeint ist. Im Zentrum der Fallkonzeption steht die Funktion dieses Verhaltens, also die Frage, wozu das Verhalten dienen soll, und nicht, was der Patient genau tut. Dabei ist es wichtig, zu erfahren, woher das Verhalten kommt, d.?h. welche Faktoren im Leben des Patienten seine Reaktionen auf ein so schwieriges Lebensereignis wie die Krebserkrankung mitprägen. Die Funktionalität erschließt sich nicht unbedingt aus dem Verhalten selbst: Dasselbe Verhalten kann unterschiedliche Funktionen erfüllen, die adaptiv sind oder auf ein Festhalten und auf Inflexibilität hindeuten können. Der Patient, der nach einer Chemotherapie täglich ins Fitnesszentrum geht, um sich und der Umwelt seine unveränderte Leistungsfähigkeit zu beweisen, bekämpft dadurch vielleicht seine Angst vor Schwäche und Kontrollverlust – die Fluktuation seiner Leistungsfähigkeit wäre für ihn eine bedrohliche Konfrontation mit der vermiedenen Angst, gleichzeitig ist eine Leistungseinbuße eine unvermeidliche Tatsache einer mehrmonatigen Krebstherapie. Der Patient, der nach einer Chemotherapie täglich ins Fitnesszentrum geht, um auf diese Weise seiner Gesundheit als einem nun wichtiger gewordenen Wertebereich Gutes zu tun, wird mit Anzeichen von Schwäche oder Leistungseinbußen flexibler umgehen können, da er – unabhängig vom Ergebnis des Trainings – immer noch in Kontakt zu seinem Wertebereich ist. Er kann sein Training seiner täglichen Verfassung anpassen und sich damit umso mehr für seine Gesundheit engagieren. Um ein Verständnis für die Funktion dieses Verhaltens zu entwickeln, ist es wichtig, etwas über die Vorgeschichte des Patienten, über seinen aktuellen Lebenskontext sowie über die Faktoren, die das Verhalten motivieren und aufrechterhalten, zu wissen. 2.1  Fallkonzeption
Eine ACT-Fallkonzeption ergänzt die im psychoonkologischen Erstgespräch erfassten Informationen und ersetzt diese nicht. Das Verständnis für die oben beschriebene Funktionalität der Reaktionen des Patienten führt in der ACT-Diagnostik zu den Prozessen des Hexaflex, anhand derer das Verhalten erfasst wird: Ist der Patient, wenn er so reagiert, in Kontakt mit dem, was ihm wichtig ist und dafür engagiert, verbunden mit dem Hier und Jetzt und akzeptierend, was nicht |47|veränderbar ist, und vermag er verschiedene Perspektiven über seine Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle und sein Selbstbild einzunehmen? Damit hätte er wichtige Fähigkeiten, die die Adaptation an die Krebserkrankung und deren Begleiterscheinungen unterstützen. Hinweis: Fallkonzeption nach ACT Die Fallkonzeption nach ACT analysiert das durch den Patienten präsentierte Problem, seine Reaktion darauf (wie er mit dem Problem umgeht), die Funktion der Reaktion (das oft nicht bewusst beabsichtigte Ziel) und deren Auswirkung auf die gewünschten Lebensmöglichkeiten, die sich am Wertesystem des Patienten orientieren. Das Fallverständnis orientiert sich also an den beiden Kernfragen: Welches Leben möchte der Patient aus tiefstem Herzen leben? Welche inneren und äußeren Faktoren erschweren es dem Patienten, sein Leben so zu leben? Angesichts einer lebensbedrohlichen Erkrankung mag dies beinahe zynisch erscheinen und die Antwort, wenn die Fragen so direkt gestellt würden, könnte lauten: „Ein langes und gesundes Leben, aber die Krebserkrankung erschwert dies.“ Nun gehört es zum Schicksal von Lebewesen, dass die Beeinflussung von Lebensdauer und Gesundheit zu einem großen Teil außerhalb der eigenen Möglichkeiten liegt. Ein gesunder Lebensstil ist keine Garantie für Gesundheit. Ziel ist es daher, den Patienten mit dem in Kontakt zu bringen, was ihm für sein Leben – unabhängig von dessen verbleibender Dauer – wirklich wichtig ist. Diese Werte und Prioritäten mögen sich über den Verlauf des Lebens und insbesondere angesichts einer schweren Krankheit ändern, und die Begleitung dieses Klärungsprozesses kann eines der Ziele der Therapie sein. Wenn ACT in der Psychoonkologie angewendet wird, möchte die Therapeutin folgende Fragen beantworten können: Was macht die Erkrankung mit dem Patienten? Welche Auswirkungen und Veränderungen hat die Krebserkrankung auf den Patienten und seinen bisherigen Lebenskontext? (Im weitesten Sinne sind dies die externalen und internalen Trigger, auf die der Patient reagiert.) Wie reagiert er auf diese Auswirkungen? Wie offen, flexibel und adaptiv sind die Reaktionen auf diese Veränderungen? Welche Funktion haben diese Bewältigungsstrategien? Worauf zielen die Reaktionen ab, was soll vermieden oder hergestellt werden und was motiviert den Patienten, so zu reagieren (welche Konsequenzen halten das Verhalten aufrecht)? Inwieweit ermöglicht diese Reaktionsweise ein Leben entsprechend der individuellen Werte? Hilft dies, das Leben so zu leben, wie man es sich wünscht? Führt das Verhalten eher in Richtung oder weg von dem, was dem Patienten wichtig ist? ...


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