E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
Alexander Das Winterweihnachtswunder
19001. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8437-2149-3
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Adventsroman
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
ISBN: 978-3-8437-2149-3
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Im Alter von fünf Jahren schrieb Poppy Alexander ihr erstes Buch. Während ihrer Schulzeit ruhte ihre Karriere als Autorin. Nach ihrem Studium von klassischer Musik hatte sie die Erkenntnis, dass es der Musik ohne sie besser ginge. Stattdessen stürzte sie sich in verschiedene PR-Jobs, entwickelte Marketingkampagnen, machte Lobbyarbeit und ein bisschen Journalismus. Sie lebt mit ihrem Ehemann, ihren Kindern und anderen Haustieren in West Sussex im Süden Englands.
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KATE
»Wir freuen uns schon alle darauf«, beendete Mr Wilkins seinen Vortrag und rückte dabei mit einem selbstgefälligen Grinsen seine unsagbar hässliche Krawatte zurecht.
»Sie wollen damit also sagen«, erwiderte sie und lenkte ihren Geist widerwillig in den drögen Raum mit dem beigen Teppichboden zurück, in dem Mr Wilkins sich hinter den Lagerräumen sein kleines Reich geschaffen hatte, »dass Sie – obwohl Sie mir im letzten Jahr versprochen haben, es würde das letzte Mal sein – von mir erwarten, mich wieder vor dem Laden zu postieren und diese Christbäume zu verkaufen.«
»Genau! Ihr Talent und die Begeisterung, mit der Sie sich in den vergangenen drei Jahren der Aufgabe angenommen haben, haben beim Managementteam der Portman Brothers Eindruck gemacht«, erläuterte er, ganz offensichtlich in der Annahme, sie würde sich dankbar gebauchpinselt fühlen. »Und in diesem Jahr erwartet Sie eine besonders befriedigende Herausforderung. Denn mit unserem vollen Lager an zwei Meter hohen Norwegischen Blautannen – zu einem Ladenpreis höher denn je, wie ich hinzufügen möchte – zielen wir darauf ab, dieses Jahr unseren besten Umsatz damit zu machen.«
»Bekomme ich denn einen Bonus?«
»Nein.«
»Muss ich Überstunden machen?«
»Ja.«
»Bekomme ich diese bezahlt?«
»Nein.«
»Gibt es unterstützende Werbemaßnahmen?«
»Ja.«
»Meinen Sie damit tatsächliche Werbemaßnahmen, oder heißt das, Sie möchten, dass ich in der Eiseskälte ein sexy Elfenkostüm mit Schläppchen und einer bis zum Schritt reichenden Tunika trage? Wieder?«
»Ja.« Mr Wilkins machte eine Pause. »Letzteres«, ergänzte er. »Sie werden sich einen fellgefütterten Schlüpfer besorgen müssen«, schlug er vor und grinste anzüglich.
Recht hatte er ja, sagte sich Kate. Der vom Fluss kommende Wind fegte eisig durch die High Street und trieb einem die Kälte in die Knochen. In den vergangenen Jahren hatte nie viel zu einer Unterkühlung gefehlt.
»Gibt es denn ein Budget für fellgefütterte Hosen?«, erkundigte sie sich, ohne sich Hoffnungen zu machen.
»Nein. Für eine Ausstattung, die nicht zur Uniform gehört, kommt der jeweilige Angestellte selbst auf.«
Hab ich’s mir doch gedacht, überlegte sie finster. »Und was genau soll mich nun ohne einen umsatzbezogenen Bonus und andere Anreize dazu motivieren, Ja zu sagen?«
»Ich denke«, meinte Mr Wilkins mit kaum verhohlener Häme, »dass es allen Angestellten mit Verträgen, die im Januar auslaufen, gut zu Gesicht stünde, sich nicht zu fragen, was Portman Brothers für sie tun kann, sondern was sie für Portman Brothers tun können.«
»Mein Vertrag läuft aus?«
»Zum einunddreißigsten Dezember«, bestätigte Mr Wilkins. »Wie schnell die Zeit doch vergeht, wenn man Spaß hat … Sie haben, wie Sie zweifellos wissen, einen bedingten Vertrag, der sich mit Ende des Geschäftsjahres unabhängig vom Eintrittsdatum verlängert. Das steht alles hier. Wissen Sie das nicht mehr?«
»Ja schon«, erwiderte Kate, weil sie sich undeutlich erinnerte, dass es da eine Klausel gab. Die Vertragsbedingungen waren ganz allgemein sehr schlecht gewesen, das wusste sie mit Sicherheit, Lohn, Urlaubstage und Zusatzleistungen beschränkten sich auf das absolute Minimum, aber der Job war eine Notlösung gewesen, und sie hätte nie gedacht, noch immer hier zu sein. »Aber er hat sich doch jedes Jahr automatisch verlängert, deshalb dachte ich …«
»Weil es ein bedingter Vertrag ist«, erklärte er geduldig, »aber jetzt ist es schon bald vier Jahre her – kaum zu glauben, nicht wahr? –, seit ich mit Ihnen das Einstellungsgespräch geführt habe. Sie haben Max mitgebracht, wie ich mich erinnere, er war erst wie alt? Drei?«
»Zwei«, korrigierte Kate ihn matt. »Er war zwei. Und er heißt Jack.«
»Ja, nun egal.« Er verlor das Interesse. »Wie gesagt, alles in allem vier Jahre, wir müssen alle den Gürtel enger schnallen, Kürzungen und so weiter und so fort … da ist es immer klug, einen guten Eindruck zu machen, nicht wahr? Sie wollen doch sicherlich nicht ohne Beschäftigung ins neue Jahr starten, schon gar nicht bei Ihrer Verantwortung für den Kleinen.«
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht öffnete Helen die Tür zu ihrem hellrosa Reihenhaus.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte Kate. »Ich hatte nach der Arbeit noch eine Besprechung. Ich habe auch überlegt anzurufen, als ich rauskam, habe aber dann beschlossen, sofort herzukommen.«
»Kein Problem«, meinte Helen, die von Haus aus ein sonniges Naturell hatte, deren Lächeln aber durchaus einen handfesten Grund hatte: Sie hatte für alle Eltern, die ihre Kinder nach der von ihr festgesetzten Zeitschranke von neunzehn Uhr abholten, eine Strafgebühr von fünfzehn Pfund festgelegt, und jetzt stand der Minutenzeiger entschieden auf zehn nach.
Sie hatte es nicht anders verdient, sagte Kate sich grollend, aber das Geld fehlte nun anderswo. Dennoch war Helen ein Rückhalt, ohne den Kate überhaupt nicht hätte arbeiten können, und die vielen Gefallen, die sich im Lauf der Jahre angehäuft hatten, wogen viel schwerer, als dass sie der älteren Frau diese kleine Aufbesserung ihres Einkommens hätte missgönnen können.
»Es lief gut mit ihm«, sagte Helen. »Er hat seine Hausaufgaben gemacht und anständig zu Abend gegessen, jetzt ist er aber ein wenig müde. Mrs Chandler bat mich, Ihnen auszurichten, sie wolle Sie morgen sprechen, wenn Sie ihn bringen. Jack wird Ihnen sagen, warum …«, ergänzte sie und schnitt dabei eine Grimasse. »Jedenfalls seine Version dazu.«
»Gekämpft!«, empörte sich Kate, als sie mit Jack draußen war. »Was habe ich dir übers Kämpfen gesagt?«
»Dads Beruf war es zu kämpfen«, meinte er eingeschnappt. »Und Onkel Stuart sagte, er sei ein ›verdammter Held‹.«
»Du sollst nicht fluchen. Und das tut hier nichts zur Sache. Dad war Soldat. Das ist nicht das Gleiche. Worum ging es eigentlich bei diesem Kampf?«
»Lucas und Krishna sagten, der Weihnachtsmann komme nur, wenn man einen Dad hat.«
»Und wie kommen sie da drauf?«
Seufzend erklärte Jack es ihr. »Es ist ganz einfach. Weißt du, der Weihnachtsmann kann doch unmöglich in einer Nacht in alle Häuser kommen, oder?«
Kate musste blinzeln. »Kann er nicht?« Sie spielte auf Zeit.
»Offenbar nicht«, sagte Jack geduldig. »Realistisch ist das doch nicht, oder? Also muss er was tun, wozu er die Väter braucht, verstehst du? Es ist also – irgendwie – so, als wäre er es selbst, ist es aber nicht, weißt du. Die Väter …«, er suchte nach einer logischen Lösung, »die helfen ihm. Verstehst du?«
»Oookay«, erwiderte Kate, »aber dann ist doch alles gut, denn du hast ja einen Daddy, oder?«
»Ja, aber er ist doch nur ein dummer Stern, oder nicht?«, sagte Jack und zeigte hoch in den Himmel. »Wie soll er denn dem Weihnachtsmann von dort oben helfen, mir die Geschenke zu bringen?«
Inzwischen waren sie zu Hause angekommen. Sie und Jack wohnten in Stokes Croft, dem trendigen Viertel, das eigentlich im Kommen war, aber es doch nicht ganz schaffte. Architektonisch dominierten spätviktorianische Häuser – nunmehr überwiegend in Wohnungen umgewandelt –, durchsetzt von der Architektur im Stil des Brutalismus aus den Sechzigerjahren, die das ersetzte, was infolge verirrter Kriegsbomben, die eigentlich für die Hafenanlagen bestimmt gewesen waren, kaputtgegangen war. Es war der einzige Stadtteil in der Nähe des Zentrums – und somit ihrem Arbeitsplatz –, der nicht völlig überteuert war. Das war einer der Gründe, weshalb Kate so froh gewesen war, diese halbwegs bezahlbare kleine Wohnung über der Wäscherei zu bekommen. Außerdem fand Kate, dass die behaglichen Gerüche von Seifenpulver und heißer Wäsche, die über die Treppe hinauf zu ihrer Haustür waberten – die nur durch die Wäscherei zu erreichen war –, einen weiteren Pluspunkt ausmachten.
»Zeit fürs Bett«, sagte sie, als sie beim Öffnen der Haustür bemerkte, wie der kleine Junge sich die Augen rieb, und sie schob ihn vor sich her, während sie mit ihren Tüten hinterherkam.
»Kann ich nicht einen heißen Kakao bekommen?«
Sie überlegte kurz. Es war kaum noch Milch da, aber für einen Becher reichte sie noch, vorausgesetzt, sie gab ihm zum Frühstück ein Toastbrot und kein Müsli und trank ihren Tee am Morgen schwarz. »Natürlich bekommst du den«, gab sie lächelnd nach.
»Willst du denn keine?«, fragte er, als sie die restliche Milch in den Becher goss und ihn in die Mikrowelle stellte.
»Nein danke, Liebling, ich...