Allroggen / Gerke / Rau | Umgang mit sexueller Gewalt in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 112 Seiten

Allroggen / Gerke / Rau Umgang mit sexueller Gewalt in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche

Eine praktische Orientierungshilfe für pädagogische Fachkräfte

E-Book, Deutsch, 112 Seiten

ISBN: 978-3-8409-2839-0
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Kinder und Jugendliche, die in pädagogischen Einrichtungen leben, haben nicht nur überdurchschnittlich häufig bereits in der Vergangenheit Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht, sondern haben auch ein erhöhtes Risiko, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden oder selber sexuell aggressives Verhalten zu zeigen. Sexualisierte Gewalt an oder durch Bewohner und Bewohnerinnen einer pädagogischen Einrichtung stellt eine Herausforderung für die dort tätigen pädagogischen Fachkräfte dar. Häufig besteht eine große Unsicherheit, wie in diesen Situationen zu handeln ist. Hier will der Leitfaden Abhilfe schaffen.
Der Band stellt unterschiedliche Formen und Folgen sexualisierter Gewalt, Hintergründe zur Entstehung sowie Risiko- und Schutzfaktoren dar. Der Schwerpunkt des Leitfadens liegt auf Empfehlungen zur Prävention von sexueller Gewalt sowie zum Umgang mit sexualisierter Gewalt unter Gleichaltrigen und mit sexuellen Übergriffen durch Erwachsene. Dabei werden sowohl pädagogische, psychiatrisch-psychotherapeutische als auch formal-juristische Aspekte berücksichtigt. Zudem wird auf Themen wie Selbstschutz und Übergriffe gegenüber Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eingegangen. Konkrete Handlungsschritte und praktische Arbeitshilfen in Form von Entscheidungsbäumen werden zur Verfügung gestellt. Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen wird anhand von Fallbeispielen aufgezeigt. Damit stellt das Buch eine unverzichtbare Hilfe für alle Fachkräfte in pädagogischen Einrichtungen dar.
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Zielgruppe


Mitarbeiter in pädagogischen Einrichtungen, z.B. in der Jugendhilfe und in Internaten, (Sozial-)Pädagogen, Sozialarbeiter, Schulpsychologen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychiater, Kinder- und Jugendmediziner sowie Mitarbeiter in Beratungsstellen.

Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis;7
2;Einleitung – Aufbau des Buches;9
3;1Stand der Forschung;11
3.1;1.1Was ist sexuelle Gewalt?;11
3.2;1.2Prävalenz;14
3.2.1;1.2.1Sexuelle Gewalt im Jugendalter in der Allgemeinbevölkerung;14
3.2.2;1.2.2Sexuelle Gewalt bei in Einrichtungen lebenden Jugendlichen;14
3.3;1.3Sexueller Missbrauch durch Erwachsene;16
3.3.1;1.3.1Entstehungsmodelle;16
3.3.2;1.3.2Risiko- und Schutzfaktoren;17
3.3.2.1;1.3.2.1Täterfaktoren;17
3.3.2.2;1.3.2.2Risiken für eine Viktimisierung;18
3.3.2.3;1.3.2.3Umfeldfaktoren;19
3.3.3;1.3.3Strategien;19
3.4;1.4Sexuelle Gewalt unter Kindern und Jugendlichen;21
3.4.1;1.4.1Risiko- und Schutzfaktoren für übergriffiges Verhalten;21
3.4.2;1.4.2Risiko- und Schutzfaktoren für eine Viktimisierung;23
3.4.3;1.4.3Motive;24
3.5;1.5Risiko- und Schutzfaktoren der Einrichtung;25
3.5.1;1.5.1Institutionelle Risikofaktoren;25
3.5.2;1.5.2Institutionelle Schutzfaktoren;28
3.6;1.6Anzeichen und Folgen sexueller Gewalt;29
3.6.1;1.6.1Anzeichen;29
3.6.2;1.6.2Folgen;30
3.7;1.7Disclosure;33
3.8;1.8Präventionsansätze;36
3.8.1;1.8.1Kindzentrierte Prävention;38
3.8.2;1.8.2Präventionsansätze für Eltern, Fachkräfte und gesamte Einrichtungen;41
4;2Handlungsempfehlungen;43
4.1;2.1Prävention;43
4.1.1;2.1.1Präventionsmaßnahmen;44
4.2;2.2Intervention;46
4.2.1;2.2.1Grundsätze im Umgang mit sexueller Gewalt;46
4.2.1.1;2.2.1.1Dokumentation;49
4.2.1.2;2.2.1.2Schweigepflicht;50
4.2.1.3;2.2.1.3Selbstfürsorge und Privatsphäre;53
4.2.2;2.2.2Einzelne Handlungsschritte;53
4.2.2.1;2.2.2.1Intervention bei Beobachtung einer unangemessenen Situation;54
4.2.2.2;2.2.2.2Gesprächsführung;56
4.2.2.2.1;2.2.2.2.1Gespräch mit dem betroffenen Kind oder Jugendlichen;56
4.2.2.2.2;2.2.2.2.2Gespräch mit dem übergriffigen Kind/Jugendlichen;60
4.2.2.2.3;2.2.2.2.3Informieren der Eltern der beteiligten Kinder und Jugendlichen;62
4.2.2.3;2.2.2.3Emotionale Belastungen und Krisen;64
4.2.2.4;2.2.2.4Eigen- oder Fremdgefährdung;65
4.2.2.5;2.2.2.5Interne Unterstützung im Team und der Einrichtung;65
4.2.2.6;2.2.2.6Gefährdungseinschätzung;68
4.2.2.7;2.2.2.7Externe Unterstützungsmöglichkeiten;69
4.2.2.7.1;2.2.2.7.1Insoweit erfahrene Fachkraft;71
4.2.2.7.2;2.2.2.7.2Einschalten des Jugendamtes;71
4.2.2.7.3;2.2.2.7.3Einschalten der Strafverfolgungsbehörden;72
4.2.2.7.4;2.2.2.7.4Psychiatrische, psychologische und ärztliche Hilfe;75
5;3Fallbeispiele;77
6;Literatur;85
7;Anhang;93
7.1;Abkürzungsverzeichnis;95
7.2;Arbeitshilfe: Ansprechpersonen;96
7.3;Handlungsschritte in Kürze – Vier Flussdiagramme;97
7.4;Informationen, Anlaufstellen, Materialien und hilfreiche Literatur für Fachkräfte;104
7.5;Informationen, Anlaufstellen und Materialien für Jugendliche;110
8;Sachregister;112


...oder Produzieren von pornografischem Material; Leeb, Paulozzi, Melanson, Simon & Arias, 2008). Aufgrund ihres körperlichen, kognitiven und psychischen Entwicklungsstandes sind Kinder nicht in der Lage, sexuelle Handlungen mit Bezugspersonen zu verstehen und können daher in diese auch nicht einwilligen. Sexuelle Gewalt umfasst auch sexuelle Handlungen durch andere Kinder und Jugendliche, wenn diese aufgrund des Alters oder Entwicklungsstandes in einer Verantwortungs-, Vertrauens- oder Machtposition sind und die Aktivität dazu dient, ihre Bedürfnisse zu befriedigen (WHO, 1999). Im Zuge der vorliegenden Ausführung werden die o. g. Begriffe synonym verwendet. Auch sexuell belästigendes Verhalten kann als sexualisierte Gewalt verstanden werden. „Sexuelle Belästigung“ umfasst sowohl verbal (z. B. sexualisierte Bemerkungen, das unerwünschte Erzählen obszöner Witze) als auch körperlich (z. B. unerwünschtes Anfassen) übergriffiges Verhalten ebenso wie sexuell übergriffiges Verhalten über das Internet (sog. Cyberharassment).

Zentral bei der Initiierung sexueller Handlungen ist häufig die körperliche, psychische, kognitive und sprachliche Überlegenheit der Täter*innen. Betroffen von sexueller Gewalt im Zusammenhang mit Abhängigkeitsverhältnissen oder Machtgefällen sind also nicht nur Kinder, sondern auch Menschen in Betreuungs-, Beratungs- oder Behandlungsverhältnissen. Entsprechende Machtverhältnisse können von Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen gegenüber ihren Patient*innen sowie von Pfleger*innen und Betreuer*innen gegenüber Menschen mit geistiger, seelischer oder körperlicher Behinderung ausgenutzt werden. „Professional Sexual Misconduct“ (PSM) beschreibt sexuelle Übergriffe in professionellen Abhängigkeitsverhältnissen (Franke & Riecher-Rössler, 2011). Zusätzlich zu der Erfahrung sexueller Gewalt spielen hierbei insbesondere die Verarbeitung des Vertrauensbruches und Ambivalenzkonflikte bei den Betroffenen eine zentrale Rolle (Fegert, 2007).

Sexuelle Handlungen mit, an oder vor Personen, deren aktuelle Verfassung oder momentaner Entwicklungsstand kein wissentliches Zustimmen erlaubt, sind ebenfalls eine Form sexueller Gewalt. Das betrifft beispielsweise Personen mit geistiger Behinderung sowie Menschen unter Substanzeinfluss (z. B. Drogen, K.O.-Tropfen, Alkohol).

Selbstverständlich sind zudem alle sexuellen Handlungen, die unabhängig vom Alter der Beteiligten mit körperlicher oder anderer Gewalt (z. B. Erpressung, Drohungen) erzwungen werden, als sexuelle Gewalt zu verstehen.

Sexuelle Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Thematisiert werden soll in dieser Orientierungshilfe nicht nur sexueller Missbrauch durch Betreuungspersonen, sondern auch sexuelle Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Bei sexuellen Übergriffen unter Kindern und Jugendlichen ist es häufig nicht einfach, die Grenze zwischen sexuellen Übergriffen und freiwilligen sexuellen Handlungen (z. B. einvernehmlicher Geschlechtsverkehr unter Jugendlichen, spielerisches Erkunden der Geschlechtsteile unter jüngeren Kindern) zu erkennen. So bestehen bei vielen Jugendlichen, unter anderem durch einen sehr niederschwelligen Zugang zu pornografischem Material über das Internet, oftmals verzerrte Vorstellungen von Sexualität, die ebenso wie sozialer Druck oder (vermutete) Erwartungshaltungen der Gleichaltrigengruppe dazu führen können, dass Jugendliche sexuellen Handlungen zustimmen, obwohl sie diesbezüglich noch unsicher sind oder sie ablehnen. So kommt es häufig auch zu sexueller Gewalt in (jugendlichen) Partnerschaften. Einer der Partner*innen stimmt einer sexuellen Handlung möglicherweise nur aus Angst, den*die andere*n zu verlieren, oder aufgrund einer verzerrten Vorstellung darüber, wie Sexualität in einer Partnerschaft sein muss, zu.

Problematisch sind sexuelle Kontakte unter Kindern und Jugendlichen vor allem dann, wenn die Beteiligten sich deutlich im Alter und ihrer Entwicklung unterscheiden oder wenn es zum Einsatz von Gewalt oder Zwang kommt. Bei der Beurteilung eines Vorfalls müssen also Aspekte wie das Machtgefälle zwischen den Beteiligten, deren Entwicklungsstände, sowie Art und Häufigkeit des sexuellen Kontaktes, die Reaktionen auf eine Intervention in der Situation, mögliche Schäden für die Beteiligten und alters- und kulturspezifische Normen berücksichtigt werden (für eine Übersicht: Allroggen, 2015).

Zudem ist die Identifikation ausschließlicher „Täter*innen“ und „Opfer“ bei sexueller Gewalt unter Kindern und Jugendlichen nicht immer möglich, da viele Kinder und Jugendliche in verschiedenen Situationen sowohl sexuelle Gewalt erleben als auch ausüben. Insbesondere bei sexueller Gewalt in Peer-Gruppen ist es im Nachhinein schwer, einen Übergriff von einvernehmlichen sexuellen Handlungen zu unterscheiden und im Falle eines Übergriffs „Täter*in“ und „Opfer“ zu benennen, da sich die Verantwortlichkeit Einzelner durch die Gruppendynamik und den Gruppendruck überlagert. In solchen uneindeutigen Situationen darf es zu keiner voreiligen Kategorisierung in Täter*in und Opfer aufgrund von äußeren Merkmalen (Alter, sonstige Verhaltensauffälligkeiten) kommen (Allroggen, 2015). Sexuelle Belästigung und Übergriffe durch Kinder und Jugendliche gegenüber Fachkräften. In Einrichtungen für Kinder und Jugendliche kommt es neben sexueller Gewalt durch Erwachsene an Minderjährigen und Übergriffen unter den Kindern und Jugendlichen auch zu Grenzverletzungen und Übergriffen gegenüber pädagogischen Mitarbeitenden durch die Kinder und Jugendlichen. Am häufigsten sind dabei Beschimpfungen und verbale Drohungen, jedoch kann es auch zu sexuellen Übergriffen bzw. Belästigungen kommen.


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