Altmeyer | EMDR-Intensivtherapie (Leben Lernen, Bd.) | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 140 Seiten

Reihe: Leben lernen

Altmeyer EMDR-Intensivtherapie (Leben Lernen, Bd.)

Systemisch – fokussiert – effektiv
1.Auflage 2024
ISBN: 978-3-608-12336-4
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Systemisch – fokussiert – effektiv

E-Book, Deutsch, 140 Seiten

Reihe: Leben lernen

ISBN: 978-3-608-12336-4
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



EMDR effektiv als Intensivtherapie einsetzen Die innovative Methode an einem konkreten Fall erläutert Mit wichtigen Basics zur praktischen Umsetzung und zu Settings Für stationäre und ambulante Therapie einsetzbar Die Autorin beschreibt in diesem Buch besonders anschaulich, wie eine EMDR-Intensivtherapie effektiv und nachhaltig bei traumatisierten Patient:innen eingesetzt werden kann. Selten bekommen Leser:innen die Gelegenheit einer Therapeutin so unmittelbar über die Schulter zu schauen und gleichzeitig den Therapieprozess auch aus Sicht der Patientin zu erleben.   Im Mittelpunkt der Therapie steht eine hochstrukturierte therapeutische Technik, die die Autorin mit ihrer systemischen Herangehensweise um zahlreiche fantasievolle, ressourcenorientierte Methoden ergänzt - wo immer es im Therapieprozess angebracht ist. Daraus ergibt sich eine höchsteffektive Methode, Veränderung in Gang zu bringen und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.

Susanne Altmeyer, Dr. med., ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Neurologin, Systemikerin und EMDR-Therapeutin. Sie leitet als Chefärztin die Klinik und die Tagesklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotraumatologie und EMDR des Gezeiten Hauses Schloss Eichholz bei Köln.
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Autoren/Hrsg.


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2


In diesem Kapitel möchte ich einige Informationen geben zu dem Störungsbild, um das es in diesem Buch geht, und über die Verfahren und Methoden, die meine Kolleg:innen und ich anwenden, um den Betroffenen zu helfen. Sie werden auch in der Fallgeschichte wieder auftauchen. Ich beginne mit dem, was für mich am wichtigsten ist: meiner therapeutischen Haltung und dem Rollenverständnis, das ich von meiner psychotherapeutischen Tätigkeit habe.

2.1


Die Begriffe, die meine therapeutische Haltung am treffendsten beschreiben, sind Liebe und Professionalität. Mit Liebe meine ich dabei nicht die erotische Liebe, sondern die Liebe zu meinen Mitmenschen allgemein, zu dem sozialen Miteinander, zu der Freude, die wir aneinander haben, wenn wir etwas zusammen oder füreinander machen, wenn wir Gedanken teilen, wenn wir diskutieren, wenn wir auf Ideen kommen und vieles mehr. Ich freue mich darüber, dass ein:e Patient:in, ein anderer Mensch also, mir so viel Vertrauen entgegenbringt, dass er oder sie sich mir mit seinen/ihren Sorgen öffnet und somit verletzlich macht, und ich fühle mich von der ersten Minute einer therapeutischen Begegnung an verantwortlich dafür, diesem Vertrauen gerecht zu werden. Das kann im Extremfall bedeuten, dass eine Therapie nicht zustande kommt, weil zum Beispiel die Rahmenbedingungen nicht stimmen oder weil ich den Eindruck habe, dass meine oder unsere therapeutischen Mittel nicht für diese:n Patient:in ausreichen. Dem Vertrauen gerecht zu werden würde in diesem Fall bedeuten, dass ich das diesem Menschen freundlich, wertschätzend und gut verständlich erkläre und ihm wenn möglich andere Stellen vermittle, wo ihr oder ihm besser geholfen werden kann. Kommt die Therapie zustande, betrachte ich jeden Menschen als einzigartiges Wesen, das kennenzulernen mir eine neue Welt erschließt. Ich habe Interesse und auch eine Neugier, diese neue Welt zu ergründen, und ich stelle viele Fragen und habe gleichzeitig eine gewisse Vorsicht, weil ich nicht wissen kann, wie die Fragen wirken, und beobachten muss, was sie auslösen. Das heißt, ich muss genau beobachten und zuhören und beim Beobachten und Zuhören entstehen in mir Hypothesen von diesem Menschen und seiner Welt, die ich bei ihm oder ihr überprüfen muss, also nachfragen, um immer mehr zu verstehen. Diesen Prozess erlebe ich als sehr erfüllend, insbesondere dann natürlich, wenn mein Verstehen gelingt, also wenn mein:e Patient:in sich von mir wirklich verstanden fühlt. Dann kann der Prozess beginnen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, den ich als solidarisch und liebevoll empfinde – ich stelle mein gesamtes Wissen über Psychotherapie zur Verfügung, um ein Heilen zu ermöglichen, und bemühe mich, in meinen Reaktionen und meinem Handeln so zu sein, dass es meinem Patienten, meiner Patientin nützt.

Professionalität bedeutet, dass dieses Wissen umfassend ist, dass ich die erforderlichen berufsrechtlichen Voraussetzungen habe, meine Tätigkeit auszuüben, dass ich mich ständig weiter bemühe, neue Erkenntnisse einzubeziehen, und dass ich ethisch korrekt, transparent und nach insgesamt bestem Wissen und Gewissen mit den Menschen umgehe, die mir anvertraut sind. Es bedeutet auch, dass ich mich in der Therapie ständig zurücknehme, dass ich mir im Klaren darüber bin, dass es nicht um meine Bedürfnisse geht. Ich bin »nur« die Bergführerin im Gebirge, die über die Beschaffenheit der Wege Bescheid weiß und darüber, wie man verhindert, sich zu verletzen. Wo es hingehen soll, entscheidet letztlich der/die Patient:in. Ob ich eine gute Führerin, eine gute Psychotherapeutin bin, entscheidet dabei ebenfalls der/die Patient:in, und tatsächlich ist es so, dass keine therapeutische »Reise« genau wie eine andere ist, jedes Mal erlebe ich mit meinen Patient:innen neue Abenteuer. Was dazu führt, dass ich nicht nur meine Patient:innen liebe, sondern auch meinen Beruf!

2.2


Es sind mehrere Rollen, die ich meiner Überzeugung und Empfindung nach im therapeutischen Prozess einnehme. Da ist einmal die der Bergführerin, wie oben erläutert, die die Wegbeschaffenheit und Geh- und Klettertechniken kennt und dabei berät, wie man jetzt weiter gehen und klettern könnte, die also den EMDR-Prozess rahmt.

Noch davor steht die Rolle der Expertin für das Fach, hier also die Psychotraumatologie im Allgemeinen, die der Patientin, dem Patienten ihr Expertenwissen zur Verfügung stellt, zum Beispiel im Rahmen von Psychoedukation. Die Zusammenarbeit mit meinen Patient:innen erlebe ich als Zusammenarbeit von zwei Experten: die Expertin für das Fach (Susanne Altmeyer) tauscht sich aus mit dem/der Expert:in für die Person (Patient:in) und beide finden eine Übereinkunft über das Vorgehen, also zum Beispiel über Stationen auf dem Weg und das Ziel.

Am spannendsten finde ich noch eine andere Rolle, die ich in dem gesamten Therapieprozess einnehme: die des »Ressourcentrüffelschweins«. Ich erlebe in der Therapie einen anderen Menschen, ich erfahre von seiner/ihrer Geschichte und »erschnuppere« von Anfang an, wo innere oder äußere Kraftquellen (= Ressourcen) sein könnten, was er oder sie geschafft hat, wo besondere Fähigkeiten und Talente sind, was sie oder ihn liebenswert machen könnte. Ich weise im Verlauf des Therapieprozesses wiederholt und immer wieder darauf hin. Bei mir selbst erlebe ich in schwierigen Situationen ein sofortiges, quasi automatisiertes Abrufen von Lösungsansätzen, die ich habe oder die ich erfinden könnte, um das, was problematisch scheint, zu meistern. Ich erlebe dieses ressourcenorientierte Denken als äußerst hilfreich, sinnvoll und sogar freudvoll für mein Leben und kann es nur jedem empfehlen! Mein Ziel in der Therapie ist es, dass auch meine Patient:innen mit der Zeit selbst damit anfangen, in Ressourcendimensionen zu denken, was in der Regel zu einem Zuwachs an Selbstwirksamkeitsgefühl und damit Selbstwertgefühl führt. In einer der ersten Stunden benenne ich meistens auch, dass ich mich als »Ressourcentrüffelschwein« verstehe, was in der Regel für Erheiterung bei den Patient:innen führt, ihnen gleichzeitig aber auch verdeutlicht, dass es wichtig ist, sich der Ressourcen bewusst zu werden und zu bleiben. Oink, oink!

2.3


Traumafolgestörungen sind seelische Verletzungen, wie sie zum Beispiel durch und nach Naturkatastrophen entstehen, nach Unfällen, nach Kriegsereignissen, Vergewaltigungen oder Folterungen. Hierbei sind Traumatisierungen, die von anderen Menschen ausgehen, besonders schlimm. Je jünger ein Mensch ist, wenn er solchen potenziell traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt ist, desto gravierender wirkt sich das auf sein Gehirn aus, da Kinder viel weniger Möglichkeiten des Selbstschutzes und der Verarbeitung haben. Je ausgereifter ein Nervensystem ist, desto widerstandsfähiger ist es auch. Verheerend auf kindliche Gehirne wirken sich neben körperlicher und sexueller Gewalt auch eine schwere Vernachlässigung oder wiederholte Demütigungen oder Kränkungen aus.

Die Folgen sind verschiedenste Symptome und Störungen. Zum Beispiel: Ängste, Depressionen, Zwänge, Abhängigkeitserkrankungen oder eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit sich aufdrängenden Erinnerungen, einer Übererregung des vegetativen Nervensystems und als Gegenregulation verschiedensten Bemühungen, Erinnerungen an das Trauma zu vermeiden.

Insbesondere dann, wenn die Traumatisierungen im Kindes- oder frühen Jugendalter erfolgten (sexualisierte Gewalt, körperliche Misshandlung, emotionale Misshandlung, Vernachlässigung), kann eine sogenannte Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS) entstehen, gekennzeichnet durch Probleme mit dem Selbstbild und dem Selbstwert, ein ausgeprägtes Misstrauen anderen Menschen gegenüber, vielfältige körperliche Beschwerden, depressive Lebenserwartungen, eine Störung der Kontrolle von Gefühlen und Impulsen, Suizidalität und selbstschädigendes Verhalten sowie Dissoziationen.

Mit Dissoziation (lat.: dissociare = trennen, scheiden) meint man die Aufteilung von Erlebtem in verschiedene Fragmente. Dissoziation ist ein unbewusster Vorgang, in dessen Folge es zum Auseinanderfallen der Wahrnehmung, des Bewusstseins, des Gedächtnisses, der Identität und der Motorik, die normalerweise zusammenhängen, kommen kann. Dies führt zu Symptomen wie einer verfremdeten Wahrnehmung der Umwelt und der eigenen Person und Veränderungen der Gedächtnisfunktion und des Zeiterlebens. Diese Symptome sind für die Betroffenen und ihre Umwelt oft sehr befremdlich und beunruhigend und werden nicht selten mit Schizophrenie oder Wahn verwechselt.

Der Begriff wurde zunächst Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich benutzt und meinte sehr unscharf verschiedene psychische Symptome, wie bei der Schizophrenie und bei Persönlichkeitsproblematiken. Von Anfang an war es schwierig, die Phänomene der Dissoziation klar zu definieren, da sie sehr umfassende Veränderungen von mentalen Vorgängen bezeichnen. Außerdem wurde der Begriff in den verschiedenen therapeutischen Schulen durchaus unterschiedlich gebraucht, aber selten exakt definiert.

Schwierig für die Verwendung ist auch, dass Dissoziation auch ein normales Alltagsphänomen sein kann. Dieser Alltagstyp der Dissoziation bezeichnet flüchtige Erscheinungen und gilt als nicht pathologisch. Jeder Mensch kennt Zustände mit graduellen Funktionsänderungen des Erlebens: Zustände hoher Konzentration, automatisierte Handlungsabläufe wie Autofahren, leichte Trance-Erfahrungen in...


Altmeyer, Susanne
Susanne Altmeyer, Dr. med., ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Neurologin, Systemikerin und EMDR-Therapeutin. Sie leitet als Chefärztin die Klinik und die Tagesklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotraumatologie und EMDR des Gezeiten Hauses Schloss Eichholz bei Köln.

Susanne Altmeyer, Dr. med., ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Neurologin, Systemikerin und EMDR-Therapeutin. Sie leitet als Chefärztin die Klinik und die Tagesklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotraumatologie und EMDR des Gezeiten Hauses Schloss Eichholz bei Köln.



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