E-Book, Deutsch, 280 Seiten
Amend / Kircher-Morris / Gore Hochbegabte Kinder
3., überarbeitete Auflage 2024
ISBN: 978-3-456-76339-2
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das große Handbuch für Eltern
E-Book, Deutsch, 280 Seiten
ISBN: 978-3-456-76339-2
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Leben mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen ist in vielerlei Hinsicht eine besondere Freude, aber auch eine besondere Herausforderung. Als Eltern, Lehrkraft oder betreuende Person stehen Sie oft vor wichtigen Fragen und Entscheidungen, finden jedoch nur wenig verlässliche Informationen über die Erziehung von hochbegabten Kindern und Jugendlichen.
Die erste und zweite Auflage des vom renommierten Psychologen James T. Webb konzipierten Ratgebers wird in der vorliegenden dritten Auflage von Edward R. Amend, Emily Kircher-Morris und Janet L. Gore fortgeführt. Sie verfügen über viele Jahrzehnte Erfahrung im Bereich Hochbegabung und bieten umfangreiche, professionelle Hilfestellungen für die unterschiedlichsten Herausforderungen:
Welche Eigenarten hat mein hochbegabtes Kind? Wie kommuniziere ich mit hochbegabten Kindern richtig? Welcher Kindergarten und welche Schule sind die richtigen für mein Kind?Wie plane ich die Ausbildung oder das Studium? Wie ist die Beziehung zu Freund*innen und Geschwistern? Wie kann ich mein Kind motivieren und wie gehe ich mit Minderleistung um? Wie und in welchem Maß setze ich Disziplin um?
Die dritte, überarbeitete Auflage enthält die aktuellen Forschungsergebnisse aus Neurowissenschaft, Psychologie und Pädagogik sowie zahlreiche praktische Anregungen für den Alltag. Zudem werden wichtige Themen wie soziale Medien, kulturelle und sprachliche Diversität, Depression, Trauma, Mobbing, aber auch Neurodiversität und LGBTQ+ beleuchtet.
Die deutschsprachige Ausgabe wurde ergänzt und herausgegeben von den Expertinnen für Hochbegabung Inga Liebert-Cop und Suzana Zirbes-Domke.
Zielgruppe
Eltern, Lehrer, Schulpsychologen.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
|15|Vorwort
Ein hochbegabtes Kind zu erziehen, ist, als lebe man in einem Themenpark voller Abenteuer und Nervenkitzel. Manchmal lächelt man. Manchmal ringt man nach Luft. Manchmal möchte man schreien. Dann ist einem wieder zum Lachen zumute. Manchmal ist man sprachlos vor Staunen, dann wieder starr vor Schreck. Manchmal ist man stolz. Und manchmal ist die Achterbahnfahrt so nervenaufreibend, dass man nur noch weinen kann.1 -- Carol Strip und Gretchen Hirsch Eltern eines hochbegabten Kindes zu sein, ist eine Erfahrung, die viel Freude und Lachen mit sich bringt. Diese Kinder sind aufregend und beglückend, und es ist eine wahre Wonne, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie Dinge tun, die einem regelrecht den Atem verschlagen können. Vielen Eltern in unserer Gesellschaft bereitet der Gedanke, dass ihr Kind außergewöhnlich klug, schnell im Lernen oder begabt ist, jedoch Unbehagen oder sogar Angst. Oft haben sie widersprüchliche Gefühle: Einerseits sind sie stolz darauf, dass ihr Kind mit einer raschen Auffassungsgabe gesegnet ist; andererseits macht es ihnen aber auch Sorgen, dass sie nun eine neue, eine andere Verantwortung tragen, denn schließlich wollen sie das Kind so erziehen, dass es seine Fähigkeiten voll entfalten kann. Eltern fühlen sich oft unter Druck gesetzt und befürchten, dass sie es irgendwie vermasseln, denn ein hochbegabtes Kind zu haben, ist komplizierter als man denkt. Hochbegabung kann Kinder und ihre Eltern vor Herausforderungen stellen, die das tägliche Leben erschweren. Dass viele Eltern verunsichert sind und zwiespältige Gefühle haben, liegt häufig daran, dass sie nicht genau wissen, was „hochbegabt“ eigentlich bedeutet. Möglicherweise haben sie noch nie etwas über Hochbegabung gehört, oder sie gehen fälschlicherweise davon aus, dass ein hochbegabtes Kind grundsätzlich ein Genie oder ein Wunderkind ist, oder dass es anderen in allen Bereichen haushoch überlegen ist. Viele Eltern wissen nicht, dass ein Kind auch dann hochbegabt sein kann, wenn es „nur“ in einem oder zwei Bereichen weit überdurchschnittliche Fähigkeiten besitzt. Hochbegabung äußert sich nicht nur in den allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten, sondern auch durch eine besondere akademische Begabung, besondere Fähigkeiten in den bildenden oder darstellerischen Künsten, durch Führungsqualitäten, Kreativität oder besondere berufliche oder technische Fähigkeiten. Ein Talentbereich muss eine Person jedoch nicht definieren, und hochbegabte Kinder haben das Recht auf eine Identität, die über ihr einzigartiges Talent hinausgeht.2 |16|Sind hochbegabte Kinder wie alle anderen Kinder? In mancher Hinsicht schon. Wie alle Kinder wollen sie Freundschaften schließen, Spaß beim Spielen haben, Liebe und Geborgenheit in ihrer Familie finden und neue Fertigkeiten lernen. Aber manche Kinder lernen eindeutig schneller und leichter als andere. Die meisten Kinder brauchen viel Übung und Wiederholungen, um in der Schule eine neue Fertigkeit zu erlernen. Ein hochbegabtes Kind, das rasch lernt und bereits eine Fertigkeit erworben hat oder keine Wiederholungen braucht, um sie zu beherrschen, kann dadurch sehr entmutigt werden; das kann so weit gehen, dass es die Schule nicht mehr mag oder sogar hasst, weil es dort nichts Neues oder Interessantes lernt. Alle Kinder müssen von Erwachsenen angeleitet und ermutigt werden, um ihr Potenzial auszuschöpfen. Kinder mit großen sportlichen Fähigkeiten werden dazu ermutigt, diese Fähigkeiten durch gezieltes Training und die Mitgliedschaft in Vereinen oder Mannschaften zu entwickeln. Ebenso werden Kinder mit einer musikalischen Begabung dazu ermutigt, Musikstunden zu nehmen und in einer Band oder in einem Orchester zu spielen. Dasselbe gilt für Kinder, die ein hohes akademisches Potenzial haben. Kinder mit besonderen intellektuellen, kreativen, künstlerischen oder anderen Fähigkeiten brauchen ebenfalls Gelegenheiten, um ihre Talente zu entwickeln. Tatsächlich gehen die Lernbedürfnisse hochbegabter Kinder unmittelbar aus ihren Stärken hervor; gerade weil diese Kinder schnelle und fortgeschrittene Lerner sind, brauchen sie spezielle Lerngelegenheiten. Es sind außergewöhnliche Kinder, und entsprechend brauchen sie außergewöhnliche Maßnahmen, genau wie Kinder mit Lernschwierigkeiten außergewöhnlich sind und besondere Maßnahmen und Aufmerksamkeit benötigen. Und natürlich haben manche hochbegabte Kinder, die wir als zweifach außergewöhnlich bezeichnen, auch Lernschwierigkeiten und benötigen spezielle Fördermaßnahmen, die sowohl auf ihre Stärken als auch auf ihre Schwächen zugeschnitten sind. Wir glauben, dass es für Eltern und Erzieher wichtig ist, den Lehrplan auf die Fähigkeiten eines Kindes abzustimmen und dafür zu sorgen, dass das Kind Fortschritte macht, anstatt „auf der Stelle zu treten“. Um kontinuierliche Bildungsfortschritte zu gewährleisten, brauchen hochbegabte Kinder eine entsprechende akademische Anleitung und Unterstützung für ihre Begabungen. Leider herrscht eine zunehmende Voreingenommenheit und in manchen Fällen sogar Feindseligkeit gegenüber hochbegabten Kindern und der Begabtenförderung, was dazu führt, dass den Bildungsbedürfnissen nicht entsprochen wird. Hochbegabte Kinder müssen aber nicht nur in ihren Talentbereichen angeleitet und unterstützt werden, sondern auch im sozialen und emotionalen Bereich. Wie alle Kinder wollen sie Freunde haben und von anderen akzeptiert werden. Dabei |17|kann es zu zwischenmenschlichen Schwierigkeiten kommen; weil sie anders sind, fällt es hochbegabten Kindern möglicherweise schwerer, Freunde zu finden. Manchmal werden sie ungeduldig, wenn andere Kinder nicht so schnell mitkommen. Es kann sein, dass sie von anderen Kindern ausgeschlossen werden, weil sie anspruchsvollere Aktivitäten bevorzugen, die ihre Altersgenossen einfach nicht interessieren. Viele Hochbegabte sind eher introvertiert, was soziale Kontakte erschwert und dazu führt, dass sie sich allein und isoliert fühlen.3 Eltern und Lehrer können hochbegabten Kindern helfen, mit den alltäglichen Hochs und Tiefs umzugehen. Sie können ihnen helfen, zu verstehen, dass Menschen nun mal unterschiedlich sind, und dass diese Vielfalt eine Bereicherung für die Welt ist. Doch einzigartig und anders zu sein und gleichzeitig zu einer Peergruppe und zur Gesellschaft dazugehören zu wollen, kann eine schwierige Aufgabe sein. Die Linse, durch die hochbegabte Kinder die Welt wahrnehmen, unterscheidet sich grundlegend von der ihrer Peers. Die Hochbegabung ist wesentlich für das Kind. Sie wirkt sich auf alles aus, was es denkt, empfindet, sagt und tut. Sie ist der Schlüssel zu seiner Persönlichkeit. Man kann sie nicht einfach vom Kind trennen und sich nur damit auseinandersetzen, wenn es anderen gerade passt. Hochbegabung lässt sich nicht ignorieren oder herunterspielen, denn hochbegabte Kinder sind grundsätzlich anders. Insgesamt erreichen sie die Meilensteine der Entwicklung früher – manchmal sogar viel früher – und erleben sie intensiver als andere Kinder; sie verarbeiten abstrakte Vorstellungen in einem früheren Alter als andere Kinder;4 und sie reagieren sensibler auf Reize.5 Um hochbegabte Kinder zu unterstützen und ihnen zu helfen, müssen wir zunächst einmal zur Kenntnis nehmen, dass sie tatsächlich anders sind. Als nächstes müssen wir verstehen, inwiefern sie anders sind; nicht alle hochbegabten Kinder sind gleich. In unserer Eigenschaft als wichtige und einflussreiche Erwachsene in ihrem Leben müssen wir sie anleiten, und zwar nicht nur im schulischen Bereich, sondern auch im Hinblick auf ihre sozialen, zwischenmenschlichen und Selbstentwicklungsfertigkeiten. Und schließlich müssen wir hochbegabten Menschen helfen, ihre Neurodivergenz und die Auswirkungen dieser Unterschiede zu verstehen, wenn sie sich in der Welt bewegen. Wir müssen hochbegabten Individuen helfen, ihren Platz in einer Welt zu finden, die ihre Talente nicht immer anerkennt oder zu schätzen weiß. Für hochbegabte Kinder ist es eine wichtige Aufgabe, die richtige Balance zwischen dem Sichanpassen und dem eigenen Weg zu finden. Dieser Balanceakt ist von Person zu Person verschieden. Den eigenen Weg zu gehen, ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden und hat seinen Preis; das zu verstehen, ist wichtig für das Selbstverständnis und letztlich auch für die Selbstverwirklichung. ...