Amtsberg | SUPERBUHEI | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

Reihe: Debütromane in der FVA

Amtsberg SUPERBUHEI


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-627-02244-0
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

Reihe: Debütromane in der FVA

ISBN: 978-3-627-02244-0
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Scorpions, ein Supermarkt und ein tödliches Spiel um Identität: Skurriler Roman über das Scheitern mit Kultpotenzial Romanvorlage für die Kino-Verfilmung: Jesse Bronske, ein erfolgloser Kneipenbesitzer, hat Angst, dass ihm sein bösartiger Zwillingsbruder Aaron, vor dem er vor langer Zeit geflohen ist, wieder auf der Spur ist und nun dabei ist, sein Leben Schritt für Schritt zu übernehmen... Dass Langenhagen der Platz sein würde, den das Leben ihm zugedacht hat, hätte Jesse Bronske nicht geglaubt. Auch nicht, dass die Sitzschönheit Mona die Frau an seiner Seite sein würde. Mona ist Supermarktkassiererin im SUPERBUHEI, wo Jesse die Kneipe »Klaus Meine« betreibt. Tag für Tag schenkt er trostlosen Gestalten Drinks aus, die er nach Scorpions-Songs »Gin of Change« oder »Grog you like a hurricane« genannt hat.  Mit seinem alten Leben hat er abgeschlossen, vor allem mit seinem Zwillingsbruder Aaron, der ihm so sehr gleicht, dass noch nicht einmal ihr Vater, Imbissbudenbesitzer und Elvis-Imitator in Hamburg-Rahlstedt, sie auseinanderhalten kann. Doch als Jesse eines Nachts vor seinem Haus eine Gestalt im Maisfeld sieht, ist er sich plötzlich sicher: Aaron ist zurückgekehrt und verfolgt den teuflischen Plan, ihn zu ersetzen... Sven Amtsbergs furioses Romandebüt ist Komödie und Vorstadtroman, am Ende ein Thriller. Amtsbergs unverwechselbarer Sound, hanseatisch-lakonisch, ein »Unernst mit Tiefenwirkung« (Hamburger Abendblatt) und sein schräger, unschlagbar charmanter Witz machen SUPERBUHEI zu einem unendlichen Spaß. »In der literarischen Performance-Szene Hamburgs ist er schon lange der bunte Hund, die Rampensau, der komische Vogel. Und jetzt will dieser Sven Amtsberg auch noch einen Roman voller skurrilem Horror und lustiger Depression können? Ja, will er. Und kann er!« Frank Schulz »Der Imbisswagen als Sinnbild einer verfehlten Existenz -- Sven Amtsberg bindet in Superbuhei den ganz normalen Wahnsinn zu einem Bouquet wermu?tiger Heiterkeit.« Jamal Tuschick, der Freitag »Hier will ein Autor, der als Literaturentertainer zur Marke geworden ist, seine Leser unterhalten. Es gelingt ihm vortrefflich.« Thomas Andre, Hamburger Abendblatt »Alles drin: Sven Amtsbergs Roman Superbuhei ist witzig, klug, lakonisch, und spannend.« Judith Liere, STERN

Sven Amtsberg, geboren 1972 in Hannover, lebt in Hamburg und ist Autor, Veranstalter und Moderator diverser Entertainmentformate. Er betreibt das »Autorendock«, eine private Autorenschule, an der Dozenten wie Juli Zeh, Clemens Meyer oder Tilman Rammstedt Seminare geben. Für das Hamburger Abendblatt schrieb er die wöchentliche Kolumne »Amtsbergs Ansichten«. Zuletzt erschien sein Erzählband »Paranormale Phänomene. Fast wahre Geschichten«. »SUPERBUHEI« (FVA 2017) ist sein Romandebüt, das gegenwärtig verfilmt wird und voraussichtlich 2026 in die Kinos kommt.
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IS THERE ANYBODY THERE?


Ich liege wach im Bett mit einem Gewehr und sorge mich wegen unserer Sicherheit. Ruhig liegt Mona neben mir und schläft. Wenn Mona schläft, sieht es so aus, als atme sie nicht, sondern beiße Stücke aus der Luft. Immer hektischer schnappt sie danach, und im Laufe der Nacht beginnt das Schlafzimmer nach ihrer Mundhöhle zu riechen, so dass es in den frühen Morgenstunden kaum noch darin auszuhalten ist. Vermutlich liegt das am Unterbewusstsein. Vieles liegt ja am Unterbewusstsein. Mona sagt, sie träume oft davon, ein Wolf zu sein. Wegzulaufen und zu beißen. Am Tage hat sie nur wenig von einem Wolf. Sie wirkt dann eher wie ein Beutetier.

Heute Abend ist Mona früh schlafen gegangen, wie immer, und ich war froh darüber. In letzter Zeit macht mir die Stille zwischen uns zu schaffen. Gerade wenn sie wie ein Gas ist, das aus unseren Mündern strömt und uns ganz allmählich betäubt. Ja, ich liebe Mona. Sicher liebe ich sie noch. Doch früher habe ich das auch gefühlt und musste es mir nicht vor Augen halten. Mich fast schon dazu zwingen. Jetzt gibt es Nächte, in denen ich wach im Bett sitze und die schlafende und beißende Mona betrachte und mich frage, wie das alles gekommen ist, warum das der Platz ist, den das Schicksal mir zugedacht hat. Ich denke darüber nach, wo sonst mein Platz sein könnte. Doch so recht fällt mir nichts ein.

Nach wie vor sehne ich mich nach Einsamkeit. Allein sein kann man in einer Partnerschaft ja nur, wenn der andere schläft oder im Krankenhaus ist. Manchmal glaube ich, dass ich nur so sein kann, wie ich wirklich bin, bin ich allein. Und da ich nie allein bin, weiß ich nicht, wie ich wirklich bin. Zumindest bin ich nicht so, wie andere glauben, dass ich bin. Auf alle Fälle bin ich anders, ist wer da, und deshalb bin ich immer froh, wenn Mona früh schlafen geht. Ja, ich warte richtig darauf. Und um von vornherein ehrlich zu sein: Ich mische Mona manchmal etwas Schlafmittel ins Essen, um uns diese quälenden Abende zu ersparen. Wenn wir gemeinsam fernsehen und nichts so recht zu reden haben. Es ist nie viel Schlafmittel. Wirklich nicht. Immer nur ein bisschen, damit ich ein paar Stunden für mich habe, in denen ich einfach nur dasitze, nachdenke, rauche und die bewusstlose Mona betrachte. Sie ist wegen ihrer Müdigkeit schon beim Arzt gewesen.

»Vielleicht die viele Arbeit«, sage ich dann jedes Mal.

»Vielleicht«, sagt Mona.

Der Arzt hat nichts feststellen können. Sie solle mehr Sport treiben, und anschließend ist Mona ein paar Tage lang immer wieder ums Haus gelaufen oder die Straße hoch und runter, hat begonnen, auch abends Kaffee zu trinken. Doch geholfen hat all das nichts.

Um ihr unbemerkt Schlafmittel ins Essen mischen zu können, koche ich in letzter Zeit oft. Was die Sache etwas anstrengend macht. Eigentlich koche ich überhaupt nicht gern. Nun gebe ich vor, es sei mein Hobby. Ständig sehe ich mir irgendwelche Kochsendungen an, lese Bücher über die fleischhaltige Küche der Waliser etwa, bestelle im Internet Gewürze, deren Namen ich mir nie werde merken können und von denen ich ein wenig wahllos mal in dieses, dann in jenes Gericht streue.

An diesem Abend habe ich Mona ein bisschen mehr Schlafmittel ins Essen getan. Etwas ist passiert, und ich weiß, ich muss jetzt wachsam sein. Muss aufpassen auf uns und unsere Sicherheit. Noch mehr als sonst. Mona habe ich nichts gesagt, ich will sie nicht beunruhigen. Sie neigt schon immer zur Hysterie.

Kurz hatte ich Sorge, sie würde auf dem Sofa einschlafen. Hochtragen kann ich Mona schon lange nicht mehr. Dazu hat das Leben sie einfach zu schwer werden lassen. Je müder sie wurde, umso mehr insistierte ich, sie möge doch bitte nach oben gehen und sich ins Bett legen. Am Ende flehte ich sie richtiggehend an. Man kann es glauben oder nicht, aber ich habe Angst um sie. Ich weiß, dass wir nicht mehr sicher sind. Schon gar nicht unten. Vor ein paar Stunden habe ich dieses Foto entdeckt, und die Angst ist seitdem schlagartig wieder da. Diese verdammte Angst.

Ich umklammere das Gewehr fester und lausche in die Dunkelheit. Ob da wer ist. Er. Aber es knackt nur. Das Haus besteht im Inneren zu großen Teilen aus Holz. Monas Vater hat fast alle Wände damit verkleidet. Dazu Holzfußböden verlegt, die in einigen Räumen so schief sind, dass umgekippte Weinflaschen quer durch das Zimmer bis zur gegenüberliegenden Wand rollen. Wir mussten das Bett umstellen, da uns nachts das Blut in den Kopf schoss und die Träume rot ertränkte. Monas Vater ist zur See gefahren, bis er vor fünf Jahren plötzlich verstarb. Ihr Vater sei immer lieber auf einem Schiff gewesen als in einem Haus, erzählte Mona, und tatsächlich sei er oft landkrank geworden, mit ganz ähnlichen Symptomen wie bei Seekranken. Deshalb hat er wohl versucht, alles im Haus so schiffsähnlich werden zu lassen, wie das nur eben möglich ist. Man gerät hier ins Schwanken, taumelt, wankt, und nicht nur einmal meinte ich schon, plötzliche Übelkeit überfalle mich. Was hilft, ist aus dem Fenster zu sehen und einen festen Punkt da draußen zu fixieren. Das Maisfeld. Vermutlich ist es das einzige Haus auf der Welt, in dem man seekrank werden kann.

Nächtelang habe ich wach gelegen und dem Knacken zugehört, nach einem Muster darin gesucht, einem System. Bis ich es gefunden habe. Nun kann ich ohne große Mühe fremdes von natürlichem Knacken unterscheiden – und genau das ist jetzt das Problem: Denn was ich höre, ist nicht das natürliche Knacken des Hauses. Sondern da ist wer! Irgendwo im Erdgeschoss geht wer umher.

Es ist nahezu unmöglich, sich leise durch dieses Haus zu bewegen. Selbst wenn man es so gut kennt wie ich. Alles knackt. Alles knarrt. Ganz egal, wohin man tritt – alles gibt nach. Die einzige Möglichkeit ist, langsam zu gehen, so dass das Knarren der Schritte sich in die natürliche Symphonie des Knarrens des Hauses einfügt.

»Holz lebt«, sagt Mona immer. »Holz lebt«, und manchmal, wenn wir unten auf dem Sofa sitzen, um uns das ganze verdammte knackende Holz, da habe ich das Gefühl, dieses Holz lebt mehr, als wir es tun. Manchmal überkommt mich richtiggehend Neid auf dieses verdammte Holz. Holz, das lebt, ohne dass es dafür groß etwas tun muss. Holz lebt einfach so, wir dagegen müssen uns spüren. Müssen uns verwirklichen, um leben zu können.

Ich stehe auf und schleiche langsam zu einem der beiden Schlafzimmerfenster, schaue nach, ob draußen etwas zu sehen ist. Das Gewehr umklammere ich mit beiden Händen. So fest, dass ich es kaum noch als Fremdkörper wahrnehme, es ist ein Teil von mir.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße steht unser Auto auf unserem Parkplatz. Dahinter beginnt das Maisfeld, das jetzt sachte wogt. An stürmischen Tagen kann es so aussehen wie ein Meer. Ein Maismeer. Vermutlich hat Monas Vater deshalb das Haus gekauft. Echten Meerblick konnten sie sich nicht leisten. Sonst ist dort aber nichts zu sehen.

Das Gewehr ist der natürliche Freund der Sicherheit. Auch ein Hund wäre es, ein großer Hund. Nur leider hat Mona eine Hundeallergie, so dass wir stattdessen einen elektrischen Hund kauften, von dem man keinerlei Allergien bekommt. Es ist ein kleiner weißer Plastikkasten, auf dem auf Taiwanesisch steht, so glaubt Mona zumindest, der nun neben der Haustür liegt und eigentlich blechern bellt, nähert sich jemand. Nur jetzt reagiert er nicht. Warum bloß?

Mona weiß nicht, dass ich ein Gewehr habe. Ich hole es nur, wenn ich mir sicher sein kann, dass Mona wirklich schläft. Ansonsten verstecke ich es hinter der Holzvertäfelung im Zimmer nebenan, das durch eine Tür mit unserem Schlafzimmer verbunden ist. Wir nennen es das Zimmer der Eltern, obwohl ihre Eltern schon eine ganze Weile tot sind. Trotzdem riecht noch immer das ganze Haus nach ihnen, fast so, als akzeptiere es uns nicht als neue Bewohner.

Im Zimmer der Eltern steht noch immer benutztes Geschirr vom Vater, das wegzuräumen oder auch nur abzuspülen Mona nicht übers Herz bringt. Sogar fünf Jahre nach seinem Tod nicht. Auch ich darf es nicht tun. Sie schreit, fasse ich es nur an. In den Schränken hängt Kleidung der Eltern, die anzuziehen sie mich manchmal bittet. Ein Wunsch, dem ich nur nachgebe, wenn ihre Trauer zu groß ist. Dann hocke ich da in den Sachen des Vaters, manchmal auch der Mutter. Mona hinter mir weint oder schluchzt, ich darf mich nicht nach ihr umdrehen. An den Wochenenden sehen wir uns hin und wieder Super-8-Filme von ihren Eltern an. Glück. Für Mona ist das Glück. Diese verwackelten Aufnahmen, auf denen sie nackt irgendwo in Dänemark herumrennt und ihre Mutter im Bikini betont lässig am Strand entlangzustolzieren versucht. Und hier stehe ich nun in der Vergangenheit im Zimmer der Eltern und starre nach draußen in die düstere Gegenwart. Ob dort etwas zu sehen ist, was unsere Zukunft bedroht. Je länger ich nach draußen sehe, umso mehr Silhouetten schälen sich aus der Dunkelheit. Was eben noch schwarz war, beginnt nun grau und bald schon hellgrau zu werden. Ich erkenne nun sogar einzelne Maiskolben, die schwer an den Stängeln hängen und hin und her wogen.

Ich weiß nicht, ob ich ihn wirklich erschießen kann, wenn es sein muss. Oft habe ich mir das vorgestellt. Früher schon. Ihn einfach zu erschießen, um endlich mein Leben leben zu können, so wie ich das will. Er ist der Grund, warum ich überhaupt hier bin. Warum ich geflohen und untergetaucht bin. Seinetwegen habe ich mir auch das Gewehr besorgt. Ich habe schon immer gewusst, dass er mich irgendwann finden und dass mir dann vermutlich keine andere Wahl bleiben würde. Und ein Gewehr, weil ich glaube, dass ich, wenn ich ihn erschießen würde, es nur aus großer Distanz tun könnte. Ich...


Amtsberg, Sven
Sven Amtsberg, geboren 1972 in Hannover, lebt in Hamburg und ist Autor, Veranstalter und Moderator diverser Entertainmentformate. Er betreibt das »Autorendock«, eine private Autorenschule, an der Dozenten wie Juli Zeh, Clemens Meyer oder Tilman Rammstedt Seminare geben. Für das Hamburger Abendblatt schrieb er die wöchentliche Kolumne »Amtsbergs Ansichten«. Zuletzt erschien sein Erzählband »Paranormale Phänomene. Fast wahre Geschichten«. »SUPERBUHEI« (FVA 2017) ist sein Romandebüt, das gegenwärtig verfilmt wird und voraussichtlich 2026 in die Kinos kommt.

Sven Amtsberg, geboren 1972 in Hannover, lebt in Hamburg und ist Autor, Veranstalter und Moderator diverser Entertainmentformate. Er betreibt das »Autorendock«, eine private Autorenschule, an der Dozenten wie Juli Zeh, Clemens Meyer oder Tilman Rammstedt Seminare geben. Für das Hamburger Abendblatt schrieb er die wöchentliche Kolumne »Amtsbergs Ansichten«. Zuletzt erschien sein Erzählband »Paranormale Phänomene. Fast wahre Geschichten«. »SUPERBUHEI« (FVA 2017) ist sein Romandebüt, das gegenwärtig verfilmt wird und voraussichtlich 2026 in die Kinos kommt.



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