E-Book, Deutsch, 496 Seiten
Armas The Long Game - Die große Liebe sucht man nicht, sie findet einen
23001. Auflage 2023
ISBN: 978-3-492-60555-7
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman | Mit zwei exklusiven Bonuskapiteln | TikTok made me read it!
E-Book, Deutsch, 496 Seiten
ISBN: 978-3-492-60555-7
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Elena Armas ist eine spanische Schriftstellerin, eine hoffnungslose Romantikerin und stolze Bücherhorterin. Nachdem sie jahrelang Geschichten verschlungen und auf ihrem Instagram-Account @thebibliotheque darüber gepostet - und manchmal auch geschrien - hat, hat sie endlich den Sprung gewagt und angefangen, eigene Geschichten zu schreiben.
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1
Adalyn
Der Kopf löste sich von seinen Schultern und rollte mit einem dumpfen Schlag gegen meine Füße.
Mir lief ein kalter Schauder über den Rücken, und auf meinen Armen bildete sich Gänsehaut.
Die Szene hätte mir vertraut sein müssen. Ich sollte mich an etwas erinnern, was ich durchlebt hatte – und jetzt auf einem Bildschirm erneut beobachtete. Aber ich konnte mich nicht entsinnen. Als sich also Schweigen ausbreitete und ein Vakuum in den Räumlichkeiten der Miami Flames zu entstehen schien, rutschte mir das Herz in die Hose. Und als im Video ein Kameramann leise die Worte flüsterte: »Mann, hast du das aufgenommen?«, war ich mir ziemlich sicher, dass meine Atmung aussetzte.
O Gott. Was …
Pauls Kopf erschien über dem kopflosen Hals von Sparkles, dem Teammaskottchen, und eine Welle von Panik überschwemmte mich.
Paul blinzelte, halb wütend, halb schockiert, dann spuckte er mir »Was, zum Teufel, stimmt nicht mit dir?« entgegen.
Ich öffnete den Mund, als wollte ich ihm unwillkürlich antworten. Jetzt. Auch wenn es keinen Unterschied bedeuten würde. »Ich …«
Die Darstellung auf dem Bildschirm erstarrte und zwang mich dadurch, den Blick auf das Gesicht des Mannes zu richten, der das iPad hielt, auf dem diese dreißig Sekunden abgespielt worden waren, die in meinem Gedächtnis nicht existierten.
»Ich glaube, wir haben genug gesehen«, sagte Andrew Underwood, CEO und Hauptgeschäftsführer des Miami Flames FC und in Miami ansässiger Geschäftsmogul.
»Da bin ich anderer Ansicht«, sagte der Mann an seiner Seite mit einem leisen Lachen. »Dies ist eine Krisensitzung. Es sollte gewährleistet sein, dass wir im Besitz aller Fakten sind.« Eine Krisensitzung? »Tatsächlich«, fuhr David fort, »finde ich, wir sollten es noch mal von Anfang an abspielen. Ich bin mir nicht ganz sicher, was Adalyn da gegrunzt hat, während sie unseren lieben Sparkles geköpft hat. War das nur ein wütendes Knurren, oder hat sie tatsächlich Worte …«
»David«, fiel Andrew ihm ins Wort und ließ das iPad auf den übermäßig breiten Schreibtisch fallen, der die Männer von mir trennte. »Das hier ist ernst.«
»Ist es«, stimmte der jüngere Mann zu. Ich musste ihn nicht ansehen, um zu wissen, dass er schmunzelte. Ich kannte dieses Schmunzeln. Ich hatte dieses Schmunzeln geküsst. War ein ganzes Jahr mit ihm ausgegangen. Um dann unter diesem Schmunzeln zu arbeiten, als man ihn auf die Position berufen hatte, von der ich mein gesamtes Leben lang geträumt hatte. »Schließlich passiert es nicht jeden Tag, dass die Leiterin der Presseabteilung eines Major-League-Soccer-Clubs sich in fünfzehn Zentimeter hohen Absätzen auf das Maskottchen des eigenen Clubs stürzt.« Ich nahm wahr – hörte –, wie sein Lächeln breiter wurde und spürte, wie meine Miene versteinerte. »Ein schockierender Vorfall, ohne Zweifel. Aber auch …«
»Inakzeptabel«, beendete Andrew den Satz für ihn. »Wie jeder in diesem Raum weiß.« Diese fahlblauen Augen suchten meinen Blick, scharf und unversöhnlich. Was mich nicht überraschte. Ich kannte auch diesen bösen Blick. Ich hatte Das Starren den Großteil meines Lebens ertragen. Er fuhr fort: »Adalyns Temperamentsausbruch war unentschuldbar, aber du solltest es nicht übertreiben, David. Wir sprechen hier von meiner Tochter.«
Ich schob das Kinn vor, als hätte er mich nicht an etwas erinnert, was ich täglich zu vergessen suchte.
Adalyn Reyes, die übermäßig ambitionierte Tochter des CEO eines Fußball-Franchise, für das sie ihr gesamtes Leben lang gearbeitet hatte.
»Ich entschuldige mich für meinen Tonfall, Andrew«, sagte David. Ich sah ihn nicht an, auch wenn er nicht mehr so amüsiert klang. Ich konnte es nicht. Nicht nach allem, was in den letzten vierundzwanzig Stunden geschehen war. Nicht nach dem, was ich erfahren hatte. »Aber als stellvertretender Geschäftsführer der Flames mache ich mir Sorgen wegen der Auswirkungen dieses Vorfalls.«
Der Vorfall.
Meine Lippen wurden schmal.
Mein Vater schnalzte missbilligend mit der Zunge, richtete den Blick wieder auf das iPad und entsperrte es erneut.
Sein Finger wischte nach oben und unten, rechts und links, bis sich ein Dokument öffnete. Selbst auf dem Kopf stehend konnte ich sofort erkennen, was er ansah. Dieses Template hatte ich für die Presse- und Kommunikationsabteilung angelegt. Und jetzt benutzten es alle. Ich hatte das farbcodierte System zur Priorisierung entwickelt, das momentan dafür sorgte, dass der Bildschirm rot leuchtete.
Rot, also höchste Priorität. Rot, wie in Krise.
Wir hatten seit Monaten keine Krise gehabt. Seit Jahren.
»Das habe ich nicht freigegeben«, murmelte ich und hörte damit zum ersten Mal meine Stimme, seitdem mein Vater das Video gestartet hatte. »Jeder Bericht sollte über meinen Schreibtisch gehen, bevor er das Management erreicht.«
Aber mein Vater schnaubte nur und ignorierte mich, um weiter durch den – ich lehnte mich vor – fünfzehnseitigen Bericht zu scrollen.
Meine Augen wurden groß. »Kann ich …«
»Mediale Auswirkungen des Vorfalls«, sagte er, ohne auf mich zu achten. »Lasst uns damit anfangen.«
Wieder öffnete ich den Mund, aber David trat näher heran, und ich ließ mich von seiner Mähne sandblonden Haars ablenken. Sein Schmunzeln fing meinen Blick ein, und ich erkannte sofort, dass er etwas wusste. Etwas, wovon ich noch nichts ahnte.
»Viralitätsrate«, fuhr mein Vater fort und tippte mit dem Zeigefinger auf den Bildschirm. Mein Magen sank tiefer. Viralität? Wovon? Die Brauen meines Vaters senkten sich unheilvoll. »Inwiefern unterscheidet sich die Wirkung von der Klickzahl?«
»Von welcher Plattform reden wir?«, stieß ich hervor und nahm die Schultern zurück. »Deswegen muss ich solche Berichte erst freigeben. Gewöhnlich füge ich Notizen für dich hinzu. Wenn du mich das mal sehen lässt, kann ich …«
David stieß ein Zischen aus, den Blick auf das iPad in den Händen meines Vaters gerichtet. Dann witzelte er: »Ich vermute, es spielt wirklich keine Rolle, Andrew.« Erneut sah er mich an. »Das Video ist auf allen Plattformen sechs Millionen Mal angesehen worden. Ich denke, das verstehen wir alle.«
Das Video.
Sechs Millionen Aufrufe.
Meine Knie wurden weich. Gerieten ins Wanken. Ich wankte. Für gewöhnlich sah mir das nicht ähnlich.
Mir war öfter als einmal mitgeteilt worden, dass ich zu kühl auftrat, mein Humor zu trocken war und ich zu selten lächelte. Meine Assistentin, Kelly – die Einzige im Büro der Flames, die sich die Mühe gemacht hatte, sich mit mir anzufreunden –, nannte mich offen eine unerschütterliche Statue. Aber ich wusste, dass die meisten Leute mich Eiskönigin oder Schneekönigin nannten – oder irgendeine Variation des Begriffs, der sich darauf bezieht, weiblich und kalt zu sein. Ich hatte mich davon nie beeinflussen lassen.
Weil ich mich nicht ins Wanken bringen ließ. Nie zitterte. Mich nie von irgendetwas beeinträchtigen ließ.
Oder zumindest nicht bis gestern, als ich …
David gluckste amüsiert. »Du bist offiziell viral gegangen, Ads.«
Als ich mich in fünfzehn Zentimeter hohen Absätzen auf das Maskottchen des Clubs gestürzt habe, wie David es ausgedrückt hatte.
Galle stieg mir in die Kehle, teilweise wegen dieses ›Ads‹, das ich immer so sehr gehasst hatte, und teilweise weil … Gott. Ich konnte nicht glauben, dass es viral gegangen war. Ich war viral gegangen. Viral.
»Sechs Millionen Aufrufe«, sagte mein Vater mit einem Kopfschütteln, als ich nichts sagte – nichts sagen konnte. »Sechs Millionen Leute haben gesehen, wie du das Maskottchen gerammt, sein Gesicht zerkratzt und ihm den Kopf abgerissen hast. Sechs Millionen....




