Asen / Morris | Kinder im Kreuzfeuer | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 194 Seiten

Reihe: Systemische Therapie

Asen / Morris Kinder im Kreuzfeuer

Systemische Arbeit bei massiven Elternkonflikten

E-Book, Deutsch, 194 Seiten

Reihe: Systemische Therapie

ISBN: 978-3-8497-8331-0
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Eia Asen und Emma Morris beschreiben in diesem Buch einen innovativen Ansatz der Arbeit mit Familien, deren Kinder unter der feindseligen Beziehung ihrer Eltern leiden – vor, während oder nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Es erläutert ein Modell therapeutischer Arbeit, das Kinder, ihre Eltern, die erweiterte Familie und ihr soziales Netz einbezieht. Der Ansatz zielt darauf, Kinder vor den Konflikten ihrer Eltern zu schützen und ihnen dadurch eine gedeihliche Beziehung zu beiden „Seiten“ ihrer Familie zu ermöglichen.
Das Buch wendet sich an alle, die mit stark zerstrittenen Familien arbeiten, sei es beratend, therapeutisch oder in anderer begleitender Funktion.
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Zielgruppe


Familientherapeut:innen
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen
Familienrichter:innen
Rechtsanwält:innen
Mediator:innen
gesetzliche Verfahrensbeistände
Mitarbeiter:innen in Beratungsstellen
Sozialarbeiter:innen
Psychiater:innen


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2Konzeptueller Rahmen und Forschungsstand
Das Hauptziel von Family Ties ist es, Kinder aus ihrer Verstrickung in elterliche Beziehungskonflikte zu befreien und, sofern dies als ratsam erscheint, den distanzierteren Elternteil dem Kind näherzubringen, damit das Kind eine »hinreichend gute« (Winnicott 1965) Beziehung zu beiden Eltern unterhalten kann. Dies kann die Wiederherstellung des indirekten und direkten Umgangskontakts zu einem Elternteil beinhalten, den ein Kind seit Monaten oder sogar Jahren nicht gesehen hat. Darüber hinaus zielen die therapeutischen Interventionen darauf, dauerhafte Beziehungen zu beiden Eltern herzustellen und das Kind aus den elterlichen Konflikten herauszuhalten, was hauptsächlich erreicht wird, indem man beide Eltern dazu bringt, sich intensiver an der Betreuung des Kindes zu beteiligen. Unabhängig von jedweden darüber hinausgehenden Fortschritten ist es in komplexen Fällen oft so, dass allein eine erneute und positive Begegnung mit dem distanzierteren Elternteil dem Kind hilft, verzerrte negative Erinnerungen und Repräsentationen zu überprüfen und vielleicht sogar zu korrigieren; das kann zu einer besseren Integration der Aspekte, die das Kind mit dem betreffenden Elternteil assoziiert, beitragen und sich so positiv auf das entstehende »Selbst« auswirken. Außerdem hilft dies Kindern, mit Schuldgefühlen fertigzuwerden, die sie wegen ihrer Ablehnung eines Elternteils haben, und sie gegebenenfalls aufzulösen; es hilft ihnen auch, Gefühle zu verarbeiten, die sie haben, weil sie vom distanzierteren Elternteil im Stich gelassen worden zu sein glauben oder tatsächlich gelassen worden sind. Im Laufe der Jahre wurden einige therapeutische Ansätze entwickelt, die dazu dienen, die Situation von Kindern zu verbessern, die unter Entfremdungs- und Triangulierungsprozessen leiden (Gardner 2001; Everett 2006; Lowenstein 2006; Major 2006; Lebow a. Rekart 2007; DeJong a. Davies 2012; Gottlieb 2012; Baker a. Sauber 2013; Fidler et al. 2013; Woodall a. Woodall 2017; Hertzmann et al. 2016; Hertzmann et al. 2017). Sie umfassen viele nützliche Konzepte und Interventionstechniken, die Lebow (2003) unter der Bezeichnung »multi-level systemic therapy« zusammengefasst hat. Der zusätzliche auf das Mentalisieren gerichtete Fokus – also das zentrale Interesse an den eigenen mentalen Zuständen und denen von anderen – unterscheidet den Family-Ties-Ansatz von anderen Modellen der Arbeit mit hochstrittigen Eltern und ihren triangulierten Kindern. Family Ties wurde in den ersten beiden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts in London von einem multidisziplinären Team entwickelt, zunächst im Rahmen des National Health Service und dann im Anna Freud National Centre for Children and Families. Der Ansatz verbindet systemische und mentalisierungsbasierte Konzepte und nutzt außerdem kognitive, behaviorale und psychoedukative Verständnisrahmen und Interventionen. 2.1Systemische Aspekte
Der Family-Ties-Ansatz versteht die Familie als System innerhalb eines umfassenderen Systems: der unmittelbaren und der erweiterten Familie in ihren sozialen und kulturellen Settings (Ackerman 1967; Bowen 1978). Man kann die Familie selbst als System mit unterschiedlichen Teilen – den Familienmitgliedern – verstehen, deren Verhalten sich an einer Anzahl expliziter und impliziter Regeln orientiert, die im Laufe der Zeit und manchmal über Generationen hinweg entstanden sind und die Beziehungen und Kommunikationsweisen der Mitglieder des Systems prägen (Watzlawick et al. 1969). Diese Regeln können für die Probleme in zerrütteten Familien ausschlaggebend sein, insofern sie zu ihrer Entstehung beitragen können, was die Verbitterung beider Parteien und nachteilige Auswirkungen auf Emotionen und Verhalten der Kinder zur Folge haben kann. Bei der Begutachtung und bei der therapeutischen Arbeit können die in betroffenen Familien gültigen Regeln und Muster entdeckt und enthüllt, hinterfragt und schließlich so modifiziert werden, dass zwischen den Familienmitgliedern neuartige Interaktionen möglich werden. Im Sinne des systemischen Ansatzes stehen außerdem die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern und innerhalb des umfassenderen Systems auf dem Prüfstand, was, abgesehen vom sozialen Netzwerk der Eltern, auch das Netzwerk professioneller Helfer einschließen kann, das sich um die elterliche Beziehung gebildet hat, sowie das Rechtssystem, das im Laufe der Zeit einbezogen wurde und das bei den Konflikten eine wichtige Rolle spielt. Die Arbeit strukturell und strategisch orientierter Familientherapeuten (Haley 1985; Minuchin 1977) und ihr Interesse an dem, was sie als »dysfunktionale« Hierarchien zwischen den Generationen oder als inadäquate Grenzen zwischen Eltern und ihren Kindern bezeichneten, ist bei der Beurteilung von Familien, in denen massive Streitigkeiten dominieren, von besonderer Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Einfluss auf den Family-Ties-Ansatz ist die Wirkung des Verhaltens und der Überzeugungen von Familienmitgliedern auf die übrigen Familienangehörigen, was mithilfe von zirkulärem und reflektierendem Fragen untersucht wird (Selvini Palazzoli et al. 1981; Cecchin 1987). Auch narrative Ansätze haben unser Arbeitsmodell inspiriert (White u. Epston 2009), insofern sie sich damit beschäftigen, wie kindliche Erlebnisse von anderen Menschen und insbesondere von den Eltern zu einer »Geschichte« verarbeitet werden. Solche Geschichten oder »Geschichtchen« stimmen mit der Realitätswahrnehmung der betreffenden Kinder möglicherweise ganz und gar nicht überein – beispielsweise kann ihre reale Wahrnehmung eines distanzierteren Elternteils dem dominierenden Narrativ widersprechen (White a. Epston 1990) und deshalb als problematisch erlebt werden. 2.2Die Bindungstheorie
Ein weiterer für den Family-Ties-Ansatz wichtiger theoretischer Rahmen ist die von John Bowlby (1953) entwickelte Bindungstheorie. Bowlby postuliert die Existenz eines universellen menschlichen Bedürfnisses nach der Entwicklung enger affektiver Bindungen. Bindung kann als biologisches und evolutionsrelevantes System verstanden werden, das uns vor Raubtieren und anderen Gefahren zu schützen sucht. Es handelt sich um ein offenes biopsychosoziales homöostatisches System, welches das emotionale Erleben und die physiologische Erregung beeinflusst. Wollte man dem Bindungssystem ein Ziel zuschreiben oder würde man glauben, es sei für einen bestimmten Zweck geschaffen worden, so wäre es das Gefühl der Sicherheit. Mit der Fähigkeit, unsere emotionalen Reaktionen zu steuern, werden wir nicht geboren, sondern sie entwickelt sich aufgrund des regulierenden Systems, das beinhaltet, dass die primäre Bezugsperson die Signale des Säuglings, welche die inneren Zustände des Kindes zum Ausdruck bringen, versteht und darauf reagiert. Auf diese Weise lernt das Kind, dass die Bezugsperson beeinflussen kann, wie es sich fühlt. Befindet sich ein Säugling in einem Zustand starker, anscheinend oder scheinbar unkontrollierbarer Erregung – etwa weil er sich fürchtet –, verhält er sich so, dass physische Nähe zur primären Bezugsperson hergestellt wird, damit sie ihn schützt und beruhigt. Wie und wann Bindungsverhalten initiiert wird, hängt stark von der Beurteilung einer Anzahl von Umgebungssignalen ab und davon, ob diese Signale Gefühle der Sicherheit oder Unsicherheit bzw. der Sicherheit oder Furcht auslösen. Der Bindungstheorie gemäß werden Säuglinge mit einem Repertoire an Verhaltensweisen geboren, die sie benutzen, um die Aufmerksamkeit ihrer primären Bezugspersonen auf sich zu lenken und Nähe herzustellen, wenn sie sie zu brauchen glauben. Sie erreichen das beispielsweise durch Weinen oder Anklammern oder durch Lächeln und liebevolle Empfindungen weckende stimmliche Äußerungen. Auf solche Bemühungen der Bindungssuche gehen die primären Bezugspersonen in der Regel ein – indem sie beispielsweise das Baby halten, berühren oder beruhigen –, und diese Reaktionen stärken das Bindungsverhalten des Kindes den primären Bezugspersonen gegenüber. Begriffe wie »Affekteinstimmung« oder »empathische Responsivität« beschreiben einen Prozess des Austauschs, der zwischen Kindern und ihren primären Bezugspersonen stattfindet. Sie meinen die Fähigkeit, den Affekt eines Kindes wahrzunehmen und gemäß dem Verhalten und dem diesem wiederum zugrunde liegenden Affekt zu reagieren – was bewirkt, dass das Kind die entsprechenden Verhaltensweisen der Bezugspersonen als Reaktion auf den eigenen Affektzustand wahrnimmt (Stern 1998). Das Eingehen der Bezugspersonen auf die Bedürfnisse erzeugt beim Säugling ein Gefühl der Sicherheit, das ihm in seiner weiteren Entwicklung zugutekommt. Nach Bowlby (1969) war die primäre Bindungsfigur für einen Säugling in der Regel die Mutter, und infolge dieser Einschätzung blieb die Mutter-Säugling-Einheit einige Jahrzehnte lang der Fokus der Forschung und Theorie, wodurch andere wichtige Familienmitglieder, insbesondere Väter, aber auch Geschwister und Großeltern, meist ausgeschlossen blieben....


Eia Asen, Prof. Dr. med., FRCPsych (Fellow of the Royal College of Psychiatrists), ist Psychiater für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und arbeitete 40 Jahre im britischen National Health Service. Er war viele Jahre lang klinischer Leiter des Marlborough Family Service, einer systemisch orientierten psychiatrischen Einrichtung für Kinder, Jugendliche und Familien im Zentrum von London. Seit 2013 arbeitet er als Psychiater und Familientherapeut für das Anna Freud National Centre for Children and Families. Neben seiner Gastprofessur am University College London hält er Lehrveranstaltungen in Europa, den USA und Asien ab. Veröffentlichungen u. a.: Praxis der Multifamilientherapie (4. Aufl. 2019), Handbuch der Multifamilientherapie (2017, beide zus. mit Michael Scholz).

Emma Morris, Dr., DClinPsy; klinische Psychologin am Anna Freud National Centre for Children and Families, London; arbeitet u. a. in einer Praxis für ambulante und stationäre Behandlungen; hält Lehrveranstaltungen und Konsultationen in Großbritannien und Kontinentaleuropa.


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