E-Book, Deutsch, 232 Seiten
Attwood Das Asperger-Syndrom
5. Auflage 2022
ISBN: 978-3-432-11501-6
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten
E-Book, Deutsch, 232 Seiten
ISBN: 978-3-432-11501-6
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alle Chancen für Ihr Kind
Ihr Kind entfaltet seine geistigen Fähigkeiten ganz normal, ist aber sehr zurückgezogen und manchmal wenig einfühlsam? Sind seine Bewegungen unbeholfen und schließt es keine Freundschaften?
Tony Attwood, der bekannteste Experte für das Asperger-Syndrom, erklärt verständlich, was betroffene Kinder auszeichnet, was sie brauchen und welche Potentiale sie haben. Eltern, Therapeuten und Lehrer erhalten viele Anregungen, um die Kinder besser zu erreichen und zu fördern.
- Erkennen: Durch zahlreiche Tests und Checklisten zu einer sicheren Diagnose.
- Verstehen: Kinder und Erwachsene mit Asperger-Syndrom schildern eindrucksvoll, wie sie denken und fühlen.
- Stärken: Bewährte Spiele und Übungen helfen Ihrem Kind, mit sich selbst und anderen besser zurechtzukommen.
Zielgruppe
Gesundheitsinteressierte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Einschätzskala und diagnostische Beurteilung
Um zur Diagnose Asperger-Syndrom zu gelangen, können Eltern eine Einschätzskala ausfüllen oder es erfolgt eine diagnostische Beurteilung durch Fachleute.
Nur wenige Eltern und Fachleute, das heißt Lehrer, Therapeuten und praktische Ärzte, kennen die Symptome des Asperger-Syndroms. Von daher ziehen sie es gar nicht in Erwägung, ein Kind auf tief greifende Entwicklungsstörungen hin untersuchen zu lassen.
Schritt 1: Die Einschätzskala
Sicherlich sind die Standard-Einschätzskalen, die für den Autismus erarbeitet wurden, nicht für Kinder mit Asperger-Syndrom geeignet. ? [3] Glücklicherweise wurden zwei neue Skalen entwickelt, mit deren Hilfe sich herausfinden lässt, ob Kinder an diesem Syndrom leiden. Sie sind für Eltern und Lehrer konzipiert; die erste wurde in Schweden entwickelt ? [4], die zweite in Australien ? [5]. Sie basieren auf den offiziellen Diagnosekriterien der Fachliteratur über die damit verbundenen Merkmale und einer großen klinischen Erfahrung. Im Folgenden finden Sie die australische Skala für das ? Asperger-Syndrom.
Schritt 2: Die fachärztliche diagnostische Beurteilung
Eine diagnostische Beurteilung nimmt viel Zeit in Anspruch und umfasst die Untersuchung spezifischer Aspekte der sozialen, sprachlichen, kognitiven und motorischen Fertigkeiten sowie qualitative Aspekte der Interessen des Kindes. Es kann auch ein Test stattfinden, bei dem eine Reihe psychologischer Verfahren zur Anwendung kommt. Darüber hinaus findet stets ein Gespräch mit den Eltern statt, um Informationen über die Entwicklungsgeschichte und das Verhalten ihres Kindes in speziellen Situationen zu erhalten. Eine weitere unschätzbare Informationsquelle sind Berichte von Lehrern sowie Sprach- und Ergotherapeuten.
Während der diagnostischen Beurteilung konstruiert der Spezialist Situationen, um spezifische Verhaltensweisen herauszufinden, und macht sich Notizen auf einer Kontrollliste für diagnostische Anzeichen. Wenn er das Sozialverhalten untersucht, hält er fest, inwieweit Reziprozität besteht, wie die andere Person in das Gespräch oder Spiel mit einbezogen wird, wann Augenkontakt erwartet wird; ferner die Palette der Gesichtsmimik und der Körpersprache. Er fragt das Kind, was es sich unter Freundschaft vorstellt, und bittet es, eine Reihe von Emotionen zu erkennen und auszudrücken. Die Eltern werden über das Verständnis ihres Kindes in Bezug auf die Regeln des Sozialverhaltens befragt, über seine Reaktionen auf den Druck von Gleichaltrigen, das Ausmaß seines Wettbewerbsgeistes und seine Fähigkeiten im Spiel mit anderen Kindern. In einem klinischen Umfeld ist es gewöhnlich nicht möglich, die Interaktionen des Kindes mit Gleichaltrigen zu beobachten; daher kann es angebracht sein, einen Besuch zu vereinbaren, bei dem das Kind im Klassenzimmer und auf dem Schulhof beobachtet wird. Erst so wird eine vollständige Beurteilung seiner sozialen Fähigkeiten möglich.
Sprachliche Fähigkeiten
Bei Verdacht auf Asperger-Syndrom erstellt der Spezialist auch ein genaues Profil der sprachlichen Fähigkeiten. Das Muster schließt oft einen leicht verzögerten Sprechbeginn mit ein, aber wenn das Kind dann sprechen lernt, sind die Eltern zumeist schnell von seinen unaufhörlichen Fragen und seinen einseitigen Gesprächen genervt. Im Laufe der diagnostischen Beurteilung hält der Arzt fest, wie viele Fehler das Kind in den praktischen Aspekten der Sprache macht, das heißt, wie die Sprache im sozialen Kontext verwendet wird. Häufig ist zu beobachten, dass das Kind – wenn es nicht weiß, was es auf eine Frage antworten soll – nicht um eine Erläuterung bittet, sondern nur ungern zugibt, dass es keine Erwiderung weiß; in diesem Fall wechselt es oftmals zu einem Thema über, bei dem es sich auskennt, oder es zögert einfach sehr lange, bis es eine Antwort gibt. Die Sprechweise kann flüssig und gehoben sein, aber die Auswahl der Wörter ist ungewöhnlich – ein wenig pedantisch oder übermäßig förmlich. Das Kind kann einen merkwürdigen Tonfall haben, der nicht mit dem anderer Kinder seiner Umgebung übereinstimmt, oder auch eine überkorrekte Aussprache an den Tag legen. Wichtig ist auch, wie oft die Personalpronomen falsch verwendet werden, wann das Kind seinen Vornamen benutzt, statt mich oder ich zu sagen, wann es etwas wortwörtlich interpretiert und ob es seine Gedanken bei Gelegenheiten ausspricht, wo man eigentlich erwarten würde, dass es schweigt.
Die australische Skala
Der folgende Fragebogen ? [6] wurde für Kinder im Grundschulalter entwickelt. In diesem Alter fallen ungewöhnliche Verhaltensmuster und Fähigkeiten am häufigsten auf.
Jeder Frage oder Aussage folgt eine Skala von 0 bis 6, wobei 0 das gewöhnliche Ausmaß für Kinder dieser Altersgruppe, 6 das ungewöhnlichste angibt.
Soziale und emotionale Fertigkeiten:
-
Fehlt es dem Kind an Verständnis dafür, wie es mit anderen Kindern spielen kann? Beispiel: Es kennt die ungeschriebenen Regeln von sozialen Spielen nicht.
-
Vermeidet es den sozialen Kontakt lieber, wenn es die Möglichkeit hat, mit anderen Kindern zu spielen, etwa in der Schulpause? Beispiel: Es geht in einen abgelegenen Raum oder in die Bibliothek.
-
Ist sich das Kind sozialer Konventionen oder Verhaltensmaßregeln nicht bewusst und neigt es dadurch zu unangemessenen Handlungen und Bemerkungen? Beispiel: Es sagt etwas zu jemandem, ohne sich bewusst zu sein, dass diese Bemerkung womöglich verletzen könnte.
-
Fehlt es dem Kind an Empathie, d. h. dem intuitiven oder unmittelbaren Verständnis für die Gefühle anderer Personen? Beispiel: Es erkennt nicht, dass eine Entschuldigung einer anderen Person helfen könnte, sich besser zu fühlen.
-
Scheint das Kind zu erwarten, dass andere Leute seine Gedanken, Erfahrungen und Meinungen kennen? Beispiel: Es erkennt nicht, dass man etwas nicht weiß, weil man zu dem Zeitpunkt nicht mit dem Kind zusammen war.
-
Muss das Kind besonders ausgiebig beruhigt werden, insbesondere wenn Dinge verändert werden oder schiefgehen?
-
Fehlt es dem Kind an Feingefühl im Gefühlsausdruck? Beispiel: Das Kind zeigt eine für die Situation übermäßig starke Belastung oder Gefühlsbewegung.
-
Fehlt es dem Kind an Angemessenheit in seinem Gefühlsausdruck? Beispiel: Es versteht nicht, welches Ausmaß seines Gefühlsausdrucks bei verschiedenen Personen angemessen ist.
-
Ist das Kind nicht daran interessiert, an Wettkämpfen, Spielen oder Aktivitäten teilzunehmen?
-
Ist das Kind gleichgültig gegenüber dem Anpassungsdruck? Beispiel: Es folgt nicht der neuesten Mode bei Spielsachen oder Kleidung.
Kommunikative Fertigkeiten:
-
Interpretiert das Kind Bemerkungen wörtlich? Beispiel: Es wird durch Redewendungen wie »sich warm anziehen müssen«, »Blicke, die töten können« oder »jemandem die Augen öffnen« verwirrt.
-
Hat das Kind eine ungewöhnliche Sprachmelodie? Beispiel: Das Kind scheint einen ausländischen Akzent zu haben oder einen gleich bleibenden Tonfall, bei dem die Betonung der Schlüsselwörter fehlt.
-
Erscheint das Kind desinteressiert an den Kommentaren und Bemerkungen des Gesprächspartners? Beispiel: Es fragt nicht nach und nimmt nicht Stellung zu Gedanken oder Einstellungen des Gesprächspartners.
-
Tendiert das Kind in Gesprächen zu weniger Blickkontakt, als man es erwarten würde?
-
Ist die Sprache des Kindes übergenau oder pedantisch? Beispiel: Es spricht förmlich oder wie ein wandelndes Wörterbuch.
-
Hat das Kind Probleme, einen Gesprächsverlauf zu korrigieren? Beispiel: Wenn das Kind verwirrt ist, fragt es nicht nach, sondern wechselt zu einem vertrauten Thema oder benötigt eine Ewigkeit, um über eine Antwort nachzudenken.
Kognitive Fähigkeiten:
-
Liest das Kind Bücher vorrangig zur Information und scheint nicht an fiktiven Welten interessiert? Beispiel: Es ist ein gieriger Leser von Lexika und wissenschaftlichen Büchern, aber nur wenig an Abenteuergeschichten interessiert.
-
Hat das Kind ein ungewöhnliches Langzeitgedächtnis für Ereignisse und Fakten? Beispiel: Es merkt sich das Nummernschild von einem früheren Auto des Nachbarn, oder es erinnert sich deutlich an Vorgänge, die mehrere Jahre zurückliegen, egal wie jung es zu dem Zeitpunkt war.
-
Zeigt das Kind keine sozialen »So-tun-als-ob«-Spiele? Hiermit ist Folgendes gemeint: Andere Kinder werden in seine imaginären Spiele nicht einbezogen, oder das Kind ist verwirrt von den »So-tun-als-ob«-Spielen der anderen Kinder.
...