Autorenteam aus den Bereichen Medizin und Psychologie, Rechtsanwält*innen und Spezialist*innen des Beobachter-Beratungszentrums sowie externe Jurist*innen / Jötten / Limacher | Long Covid | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 189 Seiten

Reihe: Beobachter-Ratgeber

Autorenteam aus den Bereichen Medizin und Psychologie, Rechtsanwält*innen und Spezialist*innen des Beobachter-Beratungszentrums sowie externe Jurist*innen / Jötten / Limacher Long Covid

Hilfe für Betroffene und Angehörige
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-03875-448-0
Verlag: Beobachter-Edition
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Hilfe für Betroffene und Angehörige

E-Book, Deutsch, 189 Seiten

Reihe: Beobachter-Ratgeber

ISBN: 978-3-03875-448-0
Verlag: Beobachter-Edition
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Post-Covid-19-Erkrankung, Long-Covid-Syndrom, kurz Long Covid – die Krankheit,
die nach einer Infektion mit dem Coronavirus auftreten kann, hat viele
Namen. Seitens vieler Ärzte und Forscherinnen ist noch immer überraschend
wenig darüber bekannt und es gibt auch noch wenige Therapie- und Behandlungsansätze. Der Beobachter-Ratgeber zu Long Covid soll Betroffenen und Angehörigen helfen. Er gibt medizinisches Hintergrundwissen, klärt die aktuelle Rechtslage – und zeigt, was man selber tun kann, um mit der Situation besser fertig zu werden. Ein Rundum-Ratgeber, der medizinisches, arbeitsrechtliches, sozialversicherungstechnisches und psychologisches Rüstzeug mitgibt.

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Was bedeutet Long Covid aus medizinischer Sicht?

Für die Gesellschaft ist es eine schlechte Nachricht, für Betroffene eine Erleichterung – die medizinische Forschung zweifelt nicht daran, dass die Erkrankung Long Covid existiert. Studien aus aller Welt haben gezeigt, dass Menschen noch lange nach ihrer akuten Infektion mit dem Sars-Corona-Virus-2 an den Folgen leiden können. Eine Untersuchung der Uni Basel belegt: Auch viele Schweizerinnen und Schweizer sind betroffen. Für die «Swiss Corona Stress Study» wurden mehr als 11 000 Menschen online befragt. Dabei zeigte sich, dass ein Jahr nach einem positiven Coronatest 30 Prozent das Long-Covid-Symptom der schnellen körperlichen Erschöpfung angaben, bei den Personen, die keinen nachweislichen Sars-Cov-2-Infekt hatten, waren es hingegen 15 Prozent.1«Der Anteil, der auf eine Infektion zurückzuführen ist, liegt demnach bei 15 Prozent», sagt Dominique de Quervain, Professor für Neurowissenschaften an der Uni Basel und Leiter der Studie. «Mit einer Häufigkeit von rund 20 Prozent für mindestens ein Long-Covid-Symptom liegen wir in unserer Studie im Bereich der 10 bis 50 Prozent, von denen in den meisten internationalen Studien berichtet wird.» Dass die jeweiligen Anteile je nach Studie so unterschiedlich ausfallen, liegt an deren verschiedenen Designs. So beruhen die Daten oft auf Umfragen und es gibt nur wenige Vergleichsgruppen. Ausserdem sprechen solche Umfragen eher Menschen an, die an Long-Covid-Symptomen leiden. «Dies trifft allerdings auf die Swiss-Corona-Stress-Studie eher weniger zu», sagt de Quervain. «In unserer Studie ging es namentlich um Stress, die Bezeichnung ‹Long Covid› fiel bei der Symptomerhebung nirgendwo.» Allerdings bleibt die Verzerrung, dass eher Menschen an der Befragung teilnehmen könnten, die etwa an Erschöpfung leiden. «Long-Covid-Symptome werden aber anscheinend nicht durch psychischen Stress nach einer Infektion ausgelöst», sagt de Quervain. «Denn Symptome von Stress und Depression sind bei positiv Getesteten nicht gehäuft vorgekommen.»

Die stärksten Nachwirkungen einer Coronainfektion haben Menschen, die sich wegen eines schweren Verlaufs ins Spital begeben mussten. Laut einer britischen Studie haben über 70 Prozent ein Jahr später noch Beschwerden.2«Hier dürfte allerdings ein grosser Teil der Beschwerden auf die invasive Krankenhausbehandlung zurückgehen», sagt Lara Diem, Neurologin am Inselspital Bern. «Wir sehen in unserer Long-Covid-Sprechstunde eher Menschen, die einen milden Verlauf hatten.»

Post Covid Unter Betroffenen und in der Bevölkerung hat sich die Bezeichnung Long Covid für anhaltende Beschwerden nach einer Infektion mit Sars-Cov-2 durchgesetzt. Dagegen unterscheiden Mediziner einerseits Long Covid mit Symptomen, die zwischen mehr als einem und drei Monaten dauern, und andererseits Post Covid, mit Symptomen, die länger als 12 Wochen anhalten. In der englischsprachigen Fachliteratur sind weiterhin die Bezeichnungen PASC (post-acute sequelae of COVID-19, «Postakute Folgekrankheiten von Covid-19») oder Long haul COVID («sich lange hinziehendes Covid») gängig.

Klar ist: Es sind nicht wenige Menschen betroffen. Die Invalidenversicherung hat bereits 2000 Anträge wegen Long Covid erhalten, 150 kommen jeden Monat dazu. Es könnten mehr werden, denn aktuelle und künftige Varianten des Coronavirus entgehen dem Immunschutz immer besser. «Die Hoffnung, dass Omikron und seine Varianten weniger oft Long Covid auslöst, musste ich begraben», sagt Lara Diem vom Inselspital Bern. «Wir sehen leider auch mehr und mehr Betroffene auch aus den Wellen im Jahr 2022.» Die Impfung, insbesondere die vollständige Serie, bestehend aus drei Dosen mRNA-Impfstoff (Moderna oder BioNTech/Pfizer), verhindert Infektionen und damit auch Fälle von Long Covid. Unklar ist dagegen, wie gut sie vor ebendiesen langwierigen Komplikationen schützt, wenn man sich dann doch infiziert. Die Mehrzahl der Studien zeigt, dass die Fälle von Long Covid unter Geimpften mit einer Durchbruchsinfektion seltener sind als bei Ungeimpften die sich infiziert haben.3Allerdings verringert sich die Wahrscheinlichkeit nur um etwa 50 Prozent,4andere Studien zeigen gar keinen Schutz der Impfung gegen Long Covid.5«Wir werden mit Anfragen überflutet», sagt Lara Diem über die Long-Covid-Sprechstunde am Inselspital in Bern. Auch Gregory Fretz, Leiter Medizinische Poliklinik am Kantonsspital in Chur, der dort die entsprechende Einrichtung leitet, sagt: «Wir haben Mühe, den Anfragenden einen Termin zu geben, ohne dass die Wartezeit allzu lange wird. Es kommt sicher ein gesellschaftliches Problem auf uns zu, denn viele Betroffene können vorerst nicht mehr arbeiten.»

INfo An Long Covid erkranken etwas häufiger Frauen als Männer. Die Altersgruppe der 35–49-Jährigen ist mit einem Anteil von 26,8 Prozent am häufigsten betroffen, dicht gefolgt von der Gruppe der 50–69-Jährigen. Die einzige Vorerkrankung, die nachgewiesenermassen das Risiko für Long Covid erhöht, ist ein vor der Infektion bestehendes Asthma.6

Symptome von Long Covid und deren Behandlung

Seit Oktober 2021 gibt es eine WHO-Definition von Post Covid (das in diesem Buch Long Covid genannt wird).7Sie besagt, dass es sich dabei um eines oder meist mehrere typische Symptome handelt, die ab drei Monaten nach der Sars-Cov-2-Infektion für die Dauer von mindestens zwei Monaten vorhanden sind, das tägliche Leben beeinträchtigen und nicht durch eine andere Diagnose ausgeschlossen werden können. «Wir machen neurologische, pneumologische, kardiologische Untersuchungen und schliessen so andere Ursachen aus», erläutert Gregory Fretz. «Einen Marker, der uns mit Sicherheit zeigt, dass Long Covid vorliegt, kennen wir noch nicht.»

Laut WHO fallen unter Long Covid sowohl Beschwerden, die seit der akuten Infektion durchgehend andauern, als auch solche, die nach einer vollständigen Genesung neu auftreten können. «Die Symptome können auch schwanken oder es kann Rückfälle geben.»

Die Symptome sind vielfältig, das Bundesamt für Gesundheit nennt: Übermässige Müdigkeit und Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Atembeschwerden, kognitive Störungen, Kopfschmerzen, Husten, Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn, Schlaflosigkeit, Muskelermüdung/Muskelschmerzen, Schmerzen in der Brust, intermittierendes Fieber, Hautausschläge, Beschwerden nach körperlicher Anstrengung.8 Betroffenennetzwerke nennen weitere Symptome wie Schwindel oder sexuelle Störungen.9Auch Gelenkschmerzen, Gefühlsstörungen, Tinnitus/Ohrschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, andauernde Erkältungssymptome, Depressions- und Angstzustände10sowie Kopfschmerzen werden beschrieben.11

Die häufigsten Symptomkomplexe werden im Folgenden mit verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt.

Erschöpfung (Fatigue)

Eigenschaften und Diagnose

Das Leitsymptom Fatigue (Englisch für «Ermüdung») von Long Covid ist rätselhaft, schwer zu fassen und den Menschen in der Umgebung kaum zu vermitteln. «Die Betroffenen beschreiben eine bleierne Müdigkeit und einen Hirnnebel», sagt Gregory Fretz, der als einer der Ersten in der Schweiz in Chur eine Sprechstunde für Long-Covid-Betroffene anbot. «Manche sagen, dass sie sich wie dauerhaft verkatert fühlen.»

Im Kantonsspital Graubünden gab es zuvor schon Expertise für das Chronic-Fatigue-Syndrom, das eine ähnliche Symptomatik aufweist. Dagegen kennen viele, insbesondere niedergelassene Mediziner sich kaum mit solchen Erschöpfungszuständen aus. Betroffene schildern, dass sie mit ihren Problemen nicht ernst genommen werden. Ein verlässlicher Biomarker, etwa ein messbarer Blutwert, mit dem die Diagnose gestellt werden kann, ist bislang unbekannt.

«Es handelt sich um körperliche und geistige Abgeschlagenheit, aber nicht um Schläfrigkeit», sagt Neuroimmunologin Lara Diem. «Die Batterien sind einfach leer, kleinste Anstrengungen können die Betroffenen bereits überfordern.» Eine Diagnose ist möglich – mittels verschiedener Fragebögen, zum Beispiel der «Fatigue-Skala für Motorik und Kognition» (FSMC)12. In diesem wird der Grad der körperlichen und geistigen Ermüdung gemessen und wie sehr man davon psychisch belastet ist. «Fatigue kann körperliche oder geistige Erschöpfung oder beides heissen», sagt Lara Diem. «Bei Post Covid häufig beides, am Anfang ist eher mehr das Körperliche zu spüren, im Verlauf dann oft mehr die geistige Beeinträchtigung.»

Doch so schwer die Erschöpfung auch ist, es gibt auch eine gute Kehrseite. «Ein wichtiges Charakteristikum ist, dass kognitive Fähigkeiten –anders als bei einer Demenz – nicht dauerhaft beeinträchtigt sind», erklärt Lara Diem.

«Konzentration und Merkfähigkeit nehmen eben nur rasch ab.» Dass die Hirnleistung nicht irreparabel gestört ist, lässt sich genauso mit neuropsychologischen Tests nachweisen wie die Konzentrationsstörungen. Am Anfang steht etwa der «Symbol Digit Modalities Test», bei dem man Symbolen Zahlen zuordnen soll.13«Der dauert nur 90 Sekunden, aber wenn es da Auffälligkeiten oder Unklarheiten gibt, testen unsere Neuropsychologen Gedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit – das geht über mehrere Stunden», sagt Lara Diem. Allerdings werden solche aufwändigen Tests in der Praxis und ausserhalb von Universitätsspitälern selten gemacht. «Sie werden vor allem dann angewendet, wenn es darum geht, ob der oder die Betroffene arbeitsunfähig ist und eine...



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