Backenstraß / Heinrichs / Rosner | Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 161 Seiten

Backenstraß / Heinrichs / Rosner Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP)

E-Book, Deutsch, 161 Seiten

ISBN: 978-3-17-035635-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



CBASP ist ein psychotherapeutischer Ansatz zur Behandlung der chronischen Depression bzw. der Persistierenden Depressiven Störung. Von James P. McCullough entwickelt und über Jahre im Zuge der Behandlung einer Vielzahl chronisch depressiver Patientinnen und Patienten optimiert, integriert CBASP Konzepte, Theorien und Vorgehensweisen verschiedener Therapieschulen. Besonders innovativ ist im CBASP die Gestaltung der therapeutischen Beziehung. Das Buch beschreibt klar und nachvollziehbar das therapeutische Vorgehen, veranschaulicht anhand eines ausführlichen Fallbeispiels. Zudem stellt es den aktuellen Stand der Forschung im Hinblick auf die Störungsannahmen und die Wirksamkeitsprüfung dar.
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3          Wissenschaftliche Grundlagen
      In diesem Kapitel werden zunächst aktuelle Prävalenzzahlen zur chronischen Depression berichtet, um die Notwendigkeit effizienter Therapiemöglichkeiten dieser Störung zu untermauern. Danach werden die von McCullough (2000, 2013, McCullough et al. 2015) formulierten Störungsannahmen, auf denen CBASP basiert, dargestellt. Der ausführlichen Darstellung der Störungsannahmen liegt die nahezu banale Überzeugung zugrunde, dass ein angemessener Einsatz bzw. eine gelingende Anwendung der CBASP-Interventionsstrategien vor allem dann möglich ist, wenn sie vor dem Hintergrund eines Verständnisses der Störungsannahmen angewendet werden. Trotz eines hohen Ausmaßes an Strukturiertheit der Interventionen kommt es bei der Anwendung von CBASP – wie wahrscheinlich bei allen Psychotherapiemodellen – zu schwierigen Situationen zwischen Patient und Therapeut, die sozusagen nicht im Therapiemanual vorbeschrieben sind. In solchen Situationen ist ein Verständnis der Störungsannahmen absolut notwendig, um im Sinne des Therapiemodells entsprechende Interventionen und Therapeutenverhalten abzuleiten. Einer wissenschaftlichen Fundierung des Therapiemodells verpflichtet, soll dann in einem weiteren Unterkapitel in aller Kürze die empirische Befundlage zu den Störungsannahmen zusammengetragen werden. 3.1       Prävalenz und klinische Relevanz der Persistierenden Depressiven Störung
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen. Die chronische Depression, die mit der Einführung des DSM-5 (APA 2013) auch als Persistierende Depressive Störung bezeichnet wird und unterschiedliche Verlaufstypen zusammenfasst ( Kap. 4), gilt dabei als besonders beeinträchtigend für die Betroffenen. Populationsbasierte Prävalenzstudien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, irgendwann im Verlauf des Lebens an einer Dysthymie zu erkranken (die sogenannte Life-Time-Prävalenz), grob geschätzt zwischen 2 und 5 % liegt (Kessler et al. 2005, Murphy und Byrne 2012). Eine genaue Schätzung der Erkrankungshäufigkeiten ist dadurch erschwert, dass viele Betroffene, die unter der leichteren Form der chronischen Depression, nämlich der Dysthymie leiden, im Verlauf ihrer Erkrankung zusätzlich eine schwerere depressive Episode erleiden. So ermittelten Daniel N. Klein und Kollegen (2006), dass knapp 80 % der von ihnen untersuchten – zum Untersuchungszeitraum – dysthymen Patienten im Verlauf ihres Lebens bereits eine Major Depression entwickelt hatten. Die Wahrscheinlichkeit, in den letzten zwölf Monaten an einer Dysthymie erkrankt gewesen zu sein, liegt nach der aktuellsten, bevölkerungsbasierten Studie, die in Deutschland durchgeführt wurde, bei 2 % (Jacobi et al. 2014). Damit waren geschätzte eine Million Bundesbürger alleine von der leichteren Form der chronischen Depression betroffen. Betrachtet man von allen Personen, die im Laufe ihres Lebens irgendwann einmal an einer Depression erkrankt waren, den Anteil derjenigen, die eine Persistierende Depressive Störung aufweisen, dann ergibt sich eine relative Häufigkeit von knapp 30 % (Murphy und Byrne 2012). Das bedeutet, dass nicht ganz ein Drittel aller unipolaren Depressionen einen chronischen Verlauf nehmen. In der bereits erwähnten Studie von Klein et al. (2006) zeigte sich, dass im Verlauf von zehn Jahren – zu Studienbeginn chronisch depressive – Patienten wesentlich schlechter auf Behandlungen ansprechen und sich dementsprechend die Symptome langsamer zurückbilden. Zudem konnte in weiteren Studien gezeigt werden, dass chronisch depressive Patienten mehr Suizidgedanken berichten, häufiger unter komorbiden Störungen leiden, geringere Raten an sozialer Unterstützung angeben, über ein geringeres Ausmaß an körperlicher Gesundheit verfügen und sich weniger selbstwirksam erleben (z. B. Gilmer et al. 2005, Murphy und Byrne 2012, Satyanarayana et al. 2009). Merke:
Chronische Depressionen stellen ein bedeutendes Gesundheitsproblem in der Bevölkerung dar. Es wird geschätzt, dass ca. 30 % aller unipolaren Depressionen einen chronischen Verlauf nehmen. 3.2       Interpersonelles Störungsmodell der chronischen Depression
Wie bereits eingangs erwähnt, hat McCullough die chronische Depression/Persistierende Depressive Störung von Beginn an der Entwicklung von CBASP in einen interaktionellen Kontext gestellt. Basierend auf Bandura (1977) und Kiesler (1996) geht McCullough zunächst davon aus, dass normale zwischenmenschliche Beziehungen durch eine wechselseitige, bidirektionale Beeinflussung des interpersonellen Verhaltens der an der Interaktion beteiligten Personen gekennzeichnet sind. Vereinfacht formuliert: Person A beeinflusst Person B und umgekehrt beeinflusst Person B Person A, sobald beide in Interaktion treten. In seiner aktuellen Auffassung der Psychopathologie chronisch depressiver Patienten nimmt McCullough (2013, McCullough et al. 2015) an, dass diese Art der wechselseitigen Beeinflussung durch zwei Kernprobleme der chronisch depressiven Person gestört ist und dass diese Kernprobleme wesentlich an der Entwicklung und Aufrechterhaltung der chronisch depressiven Symptomatik beteiligt sind. Das erste Kernproblem chronisch depressiver Patienten besteht darin, dass sie aufgrund ihrer interpersonellen Grundängste ein anhaltend interpersonelles Vermeidungsmuster zeigen (vgl. auch Neudeck et al. 2010). Dieses interpersonelle Angst-Vermeidungsmuster ( Abb. 3.1) zeigt sich häufig in zwischenmenschlichem Verhalten, das sich anhand des Kiesler-Kreises ( Kap. 5.6) als feindselig-submissiv (im Kontakt nicht spürbar, zurückgezogen und passiv), feindselig (attackierend und distanziert) und/oder feindselig-dominant (herabwürdigen und abwerten) beschreiben lässt. Dieses Verhalten führt in der Regel zu einem Sich-Abwenden der mit dem Depressiven interagierenden Personen. Die chronisch depressive Person selbst zieht sich ebenfalls immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurück, wenn sie sich nicht schon im Verlauf des Lebens durch eine geringe Grundrate an sozialen Beziehungen ausgezeichnet hat. Positiv erlebte und verstärkende soziale Interaktionen bleiben aus, was zur Aufrechterhaltung der chronischen Depression beiträgt, die wiederum auf die interpersonellen Grundängste und das Vermeidungsverhalten aufrechterhaltend rückwirkt. Abb. 3.1: Schematische Darstellung der Kernproblematiken der chronischen Depression Das zweite Kernproblem besteht nach McCullough (2013) in der Entkopplung der Wahrnehmung des Patienten von seiner sozialen Umwelt und deren Folgen ( Abb. 3.1). Mit dem Begriff der Wahrnehmungsentkopplung (im Original perceptual disconnection, z. B. McCullough et al. 2015) wird im CBASP sprachlich das Phänomen zu fassen versucht, dass chronisch depressive Patienten sich nicht gewahr sind, dass interpersonelles Verhalten Konsequenzen auf Seiten des jeweiligen Interaktionspartners hat. Dieses »Sich-nicht-bewusst-sein-dass …« führt dazu, dass die Konsequenzen des von der chronisch depressiven Person gezeigten Verhaltens zu keiner Verhaltensänderung führen. Das Feedback der interagierenden Person, sei es positiv oder negativ, wirkt nicht verhaltensändernd auf die depressive Person zurück. Sie erlebt sich im zwischenmenschlichen Bereich als ineffektiv, alles scheint so zu bleiben, wie es immer war. Die so erlebte Hilflosigkeit führt in die chronische Depression, hält diese aufrecht und wirkt zugleich in einem aufrechterhaltenden Sinne einerseits auf das interpersonelle Angst-Vermeidungsmuster und andererseits auf die Wahrnehmungsentkopplung zurück. Vor dem Hintergrund vieler psychotherapeutischer Behandlungen von Patienten mit chronischen Depressionen hat McCullough (z. B. 2000) die mit diesen beiden Kernproblemen in Zusammenhang stehenden Denk- und Interaktionsstile chronisch Depressiver an die Beschreibung der präoperationalen Phase aus der Entwicklungstheorie von Piaget erinnert. Kinder im ca. dritten bis siebten Lebensjahr würden – wie chronisch depressive Patienten – global und prälogisch denken. Ihre Denkprozesse würden sich nicht durch die Argumentation und logische Denkweise anderer beeinflussen lassen. Sowohl Kinder in der präoperationalen Phase als auch chronisch Depressive würden in ihrer Selbst- und Fremdwahrnehmung durchweg ichzentriert sein. Sehr häufig sei die Kommunikation monologisierend und schließlich seien beide Gruppen nicht zu authentischer, interpersoneller Empathie fähig. Die Vergleichbarkeit des Denkens und Verhaltens hat McCullough jedoch nicht generell gesehen, sondern auf Seiten der chronisch depressiven Personen auf den interpersonellen Bereich eingeschränkt. Lediglich im...


Prof. Dr. Matthias Backenstraß, Psychologischer Psychotherapeut, Apl.-Professor für Psychologie, Universität Heidelberg, Leiter des Instituts für Klinische Psychologie, Klinikum Stuttgart. CBASP-Therapeut, -Trainer und -Supervisor.


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