Barbiana / Langer | Brief an eine Lehrerin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Territorio Gesellschaft

Barbiana / Langer Brief an eine Lehrerin

Die Schule von Barbiana
1. Auflage 2024
ISBN: 978-88-7223-425-9
Verlag: Alphabeta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Schule von Barbiana

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Territorio Gesellschaft

ISBN: 978-88-7223-425-9
Verlag: Alphabeta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Brief an eine Lehrerin (1967) ist ein schmales kollektives Werk, das im Italien der Sechziger- und Siebzigerjahre bald zu einem Vademecum für demokratische Lehrpersonen und zu einem Manifest für die Studentenbewegung wurde. Stark durch Lorenzo Milani beeinflusst, wurde es von den Schülerinnen und Schülern in Barbiana – einem kleinen, abgelegenen Dorf nicht weit von Florenz – geschrieben. Der Brief ist eine scharfe Kritik an der damaligen elitären Pflichtschule und enthält Reformvorschläge für eine Schule, die allen gerecht wird: Sie soll nicht die Besten fördern, sondern allen das Mindestmaß an Werkzeug in die Hand geben, um Unterschiede zu beseitigen. Der junge Alexander Langer, der sich mit Milani schon über die Kriegsdienstverweigerung auseinandergesetzt und die Schule besucht hatte, erkannte sofort die außerordentliche Kraft des Briefes und übersetzte ihn 1970 ins Deutsche.
Die systemischen Herausforderungen und die Jahre der Pandemie haben die Schwachstellen der öffentlichen Schule erneut ans Licht gebracht. Der Brief und die anderen Texte – von Lorenzo Milani und Alexander Langer –, die in diesem Buch enthalten sind, bieten eine gute Gelegenheit, die Grundlagen einer demokratischen und inklusiven Schule und Gesellschaft zu überdenken.

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Weitere Infos & Material


Sabina Langer Brief über die Lust am Lernen
Dieses Buch könnte einfach ein Geschenk für Don Lorenzo Milani zu seinem 100. Geburtstag sein, dahinter steckt jedoch auch eine andere Absicht: Es soll zum Nachdenken über die Rolle der Schule in der Gesellschaft anregen. Lettera a una professoressa ist der Wendepunkt, der ab 1967 die Vision der italienischen Schule für immer veränderte. Alexander Langer hat es gleich ins Deutsche übersetzt; der Tradition von alphabeta entsprechend soll dieses Buch auch heute zwischen Kulturen und Blickpunkten – zwischen der Toskana und Südtirol – vermitteln. Sicherlich hat sich die Welt inzwischen drastisch geändert, die wirtschaftlich-sozialen Bedingungen sind ganz anders geworden, aber die Schule könnte (und sollte) heute immer noch der Emanzipation dienen und den Kindern und Heranwachsenden helfen, ihren Platz in der Welt und in der Gesellschaft zu finden. Im Brief an eine Lehrerin steht: „Schule ist jedenfalls immer noch besser als Stallmist“ (S. 43). Lernen gibt vor allem den Bauern- und Arbeiterkindern – heute könnten wir u. a. an Kinder mit Migrationshintergrund denken – die Möglichkeit, ihre eigene Situation zu verbessern und damit die Welt zu verändern. Lernen – verstanden als Transformationsprozess – ermöglicht, nicht länger in den herrschenden Dynamiken und Systemen steckenzubleiben oder sie nur zu reproduzieren. Deshalb ist es so wichtig, die Lust am Lernen zu erwecken. Die systemischen Herausforderungen unserer Zeit wie Klimawandel, Pandemien und Kriege bedürfen wirkmächtiger Gedanken, um kreative Lösungen zu finden. Und dieses Büchlein kann dabei vielleicht helfen. Der toskanische Pfarrer Lorenzo Milani und der Südtiroler Alexander Langer hatten beide ganz klare Vorstellungen bezüglich der damaligen Lebensbedingungen der Bevölkerung. Sie trafen sich manchmal und tauschten ihre Meinungen aus: Langer besuchte Milani in Barbiana, einem kleinen Dorf nicht weit von Florenz. Nachdem Langer die Idee aufgegeben hatte, Mönch zu werden, zog er nach Florenz, wo er Jura bei Giorgio La Pira1 studierte und in katholischen politisch engagierten Bewegungen aktiv war. Wie alle jungen Männer in seinem Alter war Langer militärpflichtig, erwog aber die Kriegsdienstverweigerung – und dies brachte ihn dazu, Pfarrer Milani aufzusuchen, der sich für die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen persönlich eingesetzt hatte und dafür auch vor Gericht gestellt, aber schlussendlich freigesprochen worden war.2 Milani und Langer hatten beide jüdische Wurzeln, waren „konkrete“3 Pazifisten, kannten den Wert und die Bedeutung der Minderheiten, versuchten die Abstände zwischen Menschen und Volksgruppen zu verkleinern, sahen kompetente Kommunikation und Dialog als Basis zwischenmenschlicher sowie interkultureller Interaktion. Allgemein setzten sich beide für den Aufbau einer gerechteren Welt ein, in der für alle Platz sein sollte. Diesbezüglich konzentrierte sich Milani stärker darauf, die sozialen Unterschiede zu bewältigen, Langer bleibt uns – neben seiner aktiven Umweltpolitik – vor allem wegen der „gemischten Gruppen“4 und wegen seines Engagements für den Frieden in Bosnien-Herzegowina in Erinnerung. Beide waren sie im Innersten Lehrer. Lorenzo Milani (1923–1967) setzte sich für eine inklusive, demokratische Schule ein; wie diese Schule sein sollte, lesen wir im Brief an eine Lehrerin. In der unmittelbaren Nachkriegszeit konnte ein großer Teil der italienischen Landbevölkerung weder lesen noch schreiben. Als junger Priester wurde Milani 1947 nach Calenzano, in ein Dorf in der Nähe von Prato (Toskana) versetzt, wo er wenig später eine Abendschule für Arbeiter und Bauern gründete. Er war fest davon überzeugt, dass auch die Armen ihre Lebensbedingungen verstehen und somit verbessern sollten, sie sollten auch ihre Rechte kennen und verteidigen; durch Schulung und Bildung könnten sie Ungerechtigkeiten erkennen und Veränderungen in Gang bringen. Dasselbe galt für Frauen – er wollte auch für sie eine Schule eröffnen; dazu sollte es aber nicht kommen. Milanis Ideen waren für die damalige Zeit viel zu fortschrittlich: Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit der Kurie in Florenz wurde er 1954 nach Barbiana versetzt. Barbiana war ein noch abgelegeneres, noch kleineres Dorf. Hartnäckig schwor er seinen Überzeugungen nicht ab und gründete eine Ganztagsschule für die Kinder und Heranwachsenden. Das Grundprinzip der Scuola di Barbiana lässt sich mit dem englischen Motto I care („Ich kümmere mich darum“) zusammenfassen. Die Schule gab es von 1954 bis 1967, sie wurde wenige Monate nach dem Tod von Milani, der nur 44 Jahre alt wurde, geschlossen. Alexander Langer (1946–1995) lebte in Sterzing, Bozen und Florenz. Wie Milani selbst und wie es dieser seinen Schüler:innen beibrachte, widmete auch Langer sein Leben den Menschen und der Gesellschaft; er war Lehrer, Journalist, Übersetzer, Politiker. Er lehrte Deutsch, Geschichte, Philosophie an Gymnasien in Südtirol und Trentino; später etwa zehn Jahre lang in Rom (ab 1968), wenn auch nicht kontinuierlich; u. a. kamen der Militärdienst (er wäre im Falle einer Verweigerung zweifellos zu einer langen Militärgefängnisstrafe verurteilt worden) und eine wissenschaftliche Arbeit in Deutschland dazwischen. Langer war ab 1978 Landtagsabgeordneter in Südtirol, gehörte zu den Gründern der grünen politischen Bewegung in Italien und Europa und wurde Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Er setzte sich für ein friedliches Zusammenleben unter den Menschen sowie der Menschen mit der Natur ein. Alexander Langer nahm sich mit 49 Jahren das Leben. Kurz nachdem Lettera a una professoressa (1967) in Italien erschienen war, übersetzte Langer den Brief ins Deutsche. Marianne Andre, eine böhmische Jüdin, die oft in Barbiana gewesen war, überarbeitete die Übersetzung – Langer war damals Anfang zwanzig. Alexander Langer war es wichtig, dass die Vorschläge und Überlegungen auch jenseits der Alpen und vielleicht auch von deutschsprachigen Lehrer:innen in Südtirol gelesen und verstanden werden konnten. Auch die deutschsprachige Fassung des Briefes ist ein wirkmächtiges Dokument aus jener Zeit. Langer ist sowohl Übersetzer als auch Herausgeber, obwohl diese Angaben auf dem Einband fehlten. In der kurzen Vorbemerkung erklärt Alexander Langer Eigenheiten des damaligen italienischen Schulsystems – die in Deutschland weitgehend unbekannt waren und heute zum Teil vergessen sind. Diese einleitenden Zeilen dienen dazu, die italienische Schule der Sechzigerjahre besser zu verstehen und sie gleichzeitig vom Blickwinkel des Studenten Langer aus zu betrachten. Eine Besonderheit der deutschsprachigen Fassung ist der Vorspruch Über unsere Schule, der in der ursprünglichen italienischsprachigen Ausgabe nicht enthalten war. Nachträglich von den Schüler:innen geschrieben, ermöglicht der Vorspruch einen Überblick über die grundlegenden Merkmale der Schule von Barbiana, einer Schule „ohne Ängste“, wo nach wenigen Monaten alle „das Wissen selbst liebgewonnen“ hatten, um es „im Dienst des Nächsten zu verwenden“. In diesen paar Seiten gründet wahrscheinlich die Idee, das Buch nicht Brief an eine Lehrerin, sondern Brief über die Lust am Lernen zu nennen. Damit stellte Langer die Schüler:innen noch mehr in den Vordergrund – sie waren ihm wichtiger als irgendeine Lehrerin, die imaginäre Empfängerin des Briefes. Die übersetzten Seiten strahlen Liebe und Bewunderung für Milanis Ideen und diese Schule aus. Im Italienischen wird immer noch allzu oft das generische Maskulinum benutzt: Le maestre (die Lehrerinnen) müssen bei i maestri (den Lehrern) mitbedacht werden … „der Junge“ bedeutet implizit auch „das Mädchen“. Der Brief an eine Lehrerin wurde im generischen Maskulinum geschrieben; Langer hat getreu übersetzt, es geht – auch in der deutschen Fassung – der Zeit entsprechend vordergründig um Jungen. Mädchen werden nicht ausdrücklich erwähnt, sind aber mitgemeint. Um den Brief in der deutschsprachigen Fassung zu veröffentlichen, suchte Langer den Verleger Klaus Wagenbach in Berlin auf.5 Als die Übersetzung erschien (1970), war der Brief in Italien zu einem Vademecum geworden, mit dem demokratische Lehrer:innen neue Unterrichtsformen suchten; er wurde zu einem Manifest für die Studentenbewegung; er wurde an allen besetzten Universitäten Italiens zum Gegenstand von Seminaren; er wurde zu einem primären Bezugspunkt für alle, die sich für Bildung interessierten. Schule sollte sich nämlich laut italienischer Verfassung an alle richten, sollte für alle (da) sein. Milani war davon überzeugt, Schule solle als...


Alexander Langer (1946-1995) war u.a. politischer Aktivist, Lehrer und Journalist. Von jung auf war er in Vereinigungen und Bürgerinitiativen im Südtirol engagiert. Er war lange Landtags- bzw. Regionalratsabgeordneter Südtirols und gehörte er zu den Gründern der grünen politischen Bewegung in Italien und Europa. Ab 1989 wurde er Mitglied des Europäischen Parlaments und erster Vorsitzender der neugegründeten Fraktion "Die Grünen".



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