Barnert | Kreuzkogel (E-Book) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten, PB

Reihe: Rother Bergkrimi

Barnert Kreuzkogel (E-Book)


1., Auflage 2014
ISBN: 978-3-7633-0102-7
Verlag: Rother Bergverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 200 Seiten, PB

Reihe: Rother Bergkrimi

ISBN: 978-3-7633-0102-7
Verlag: Rother Bergverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eigentlich könnte es Martin Keller bestens gehen: Er arbeitet erfolgreich bei einer Konstanzer Pharmafirma, hat eine attraktive neue Freundin und wohnt in unmittelbarer Nähe zu seinen geliebten Bergen.
Doch dann entdeckt er durch Zufall etwas, was er nie hätte erfahren dürfen. Nun muss er wählen zwischen Loyalität und ärztlichem Gewissen. Um sich über seine Situation klar zu werden, fährt er in die Tiroler Berge. Doch während einer Rast auf dem Gipfel muss er mit ansehen, wie zwei Männer seinen Campingbus im Tal aufbrechen und anschließend in seine Richtung loslaufen.
Eine gnadenlose Verfolgungsjagd durch das Gebirge beginnt, die für einen der Beteiligten tödlich endet.

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MONTAG, 17. AUGUST 1 Der Weg schlängelte sich in immer neuen Serpentinen steil empor, vorbei an rot-weißen Farbmarkierungen, die auf einzelnen Steinen am Rand feucht glänzten. Man konnte die klare Morgenluft an diesem Augusttag tief in die Lungen saugen. Sie schien Kraft zu geben, und Martin Keller wurde zusehends wacher, mit jedem Atemzug, mit jedem Schritt und jedem gewonnenen Höhenmeter. Den Duft der feuchten Erde glaubte er zu riechen, die Kräuter und Blumen der saftigen Almwiesen. Eine Bergdohle schwebte an ihm vorbei und entschwand zwischen den imposanten Wänden und Zinnen des Gebirges, das mehr als eine steinerne Kulisse für ihn war. Endlich, dachte er, endlich bin ich hier. Er spürte, wie sich die Zeit langsam auflöste, sich alles zuvor Erlebte entfernte. Wie sehr hatte er diesen Augenblick herbeigesehnt. Er konnte gehen, wohin er wollte, so schnell er wollte, er konnte eine Pause einlegen und den kargen Proviant aus seinem Rucksack verspeisen oder etwas trinken, wo und wann es ihm beliebte. Und doch war er nicht mehr der unschuldige Entdecker früherer Tage, der die Freiheit des Bergvagabunden auf Zeit genoss. Er hatte schon lange andere Prioritäten in seinem Leben gesetzt. Eigentlich hatte er sie gar nicht bewusst gesetzt, es hatte sich so ergeben. Schließlich musste er sich bei aller Bergbegeisterung auch dem realen Leben stellen. Und dazu gehörte einen Beruf zu ergreifen, der ihn ernährte und vielleicht auch die Familie, die er gerne gründen würde, aber deren Realisierung ihm meist wie ein diffuser Traum vorgekommen war. Martin Keller glaubte trotzdem, dass auch ihm die Rolle des Familienvaters vorbestimmt war, und dass er den Weg dorthin genauso wenig wissen konnte wie das Ergebnis eines Forschungsvorhabens oder das Wetter bei einer alpinen Unternehmung. All seine Erfahrungen und Erlebnisse, alles Erlernte und Ersparte sollte doch eines Tages den eigenen Kindern weitergegeben werden, aber bislang war es nicht dazu gekommen. Vielleicht würde er mit Nadine eine Familie gründen? Sie hatten schon einmal darüber gesprochen, und sie war, so schien es, nicht abgeneigt. Aber bevor es dazu kommen konnte, musste er sein Problem lösen, das in gewisser Weise auch ihr Problem war. Die Sonne kündigte sich mit einem rötlichen Horizont an. Er erahnte die Euphorie früherer Tage und doch fehlte das Feuer in ihm, das einmal so hell gebrannt hatte. Wo war diese überschwängliche Lebensfreude geblieben? Beschönigte er vielleicht die Vergangenheit? Er überlegte kurz: Nein, er war sich sicher, es hatte sich etwas verändert. Er war nicht mehr derselbe und er wusste auch weshalb. Keller hatte die letzte Nacht in seinem Campingbus geschlafen, den er sich vor sechs Jahren gekauft, aber kaum genutzt hatte, obwohl er sich zuvor immer einen gewünscht hatte, als er noch viel unterwegs war. Als er dann vor seiner Tür stand, war dieser Bus eine Insel der Freiheit, ein Überbleibsel seines alten Lebens, das sich zusehends verlor und schließlich nur noch die theoretische Möglichkeit verkörperte, aus den neuen Realitäten auszubrechen. Bis er durch einen Zufall Nadine kennenlernte. Am vorigen Abend war er hergekommen, im Dunkeln noch über die nicht geteerte und nur für Anrainer zugelassene Almstraße zu seinem Übernachtungsplatz auf gut zweitausend Metern hinaufgefahren, hatte ein paar Scheiben Brot gegessen, eine Flasche Bier getrunken und war in seinen Schlafsack gekrochen. Die Wettervorhersage, die er auf der Anfahrt im Radio gehört hatte, sprach von vereinzelten nachmittäglichen Schauern oder Wärmegewittern, und so hatte er sich spontan für diese Tour entschieden. Als er zu Hause losgefahren war, hatte er kein konkretes Ziel gehabt, es war die Sehnsucht, die ihn aufbrechen ließ, die Sehnsucht nach einer vergangenen Zeit, in der ihm alles klar und einfach erschien, keine Verantwortung auf ihm lastete und, was heute sicher noch schlimmer war, kein diffuses Gefühl der Schuld. Nach einer kurzen Nacht piepste sein Mobiltelefon. Er schaltete den Wecker aus, stellte beruhigt fest, dass er keinen Empfang hatte, zog sich an, kochte sich einen Tee, frühstückte gemächlich und packte seinen Rucksack. Schließlich warf er noch einen Blick auf die Karte. Dann brach er in der Dämmerung auf. Der Himmel war klar und wolkenlos. Er hatte diese Tour schon einmal vor vier Jahren gemacht, aber alles sah anders aus als in seiner Erinnerung. Fest entschlossen, den Nebel der Vergangenheit zu vertreiben, wollte er sich diesen Flecken Bergwelt wieder erobern, so als könnte er dadurch den Graben überwinden, der zwischen seinem früheren und seinem heutigen Leben klaffte. Unbewusst hoffte er, dadurch die innere Ruhe wiederzuerlangen, die ihm irgendwann verloren gegangen war. Als erfahrener Bergsteiger ging er gemächlich los, auch weil er noch müde war. Er gewann nur langsam an Höhe. Doch nun war er wieder dort, wo er einst glückliche Tage verbracht hatte. Er merkte, wie sein Kreislauf langsam auf Touren kam und spürte die Wärme, die seinen Körper durchdrang, während er Kehre um Kehre des schmalen Pfades hinaufstieg. Nachdem er eine gute Stunde bergan gestiegen war, ging die Sonne auf und er fühlte sich wach und lebendig bis in die letzten Fasern seines Körpers. Gleichzeitig musste er feststellen, dass er nicht mehr so gut zu Fuß war, aber das machte nichts, er hatte sich ein harmloses Ziel ausgesucht, welches sich auch im halben Tempo bewältigen lassen sollte. Mit seinen ein Meter vierundachtzig wirkte er zwar immer noch schlank und sportlich, die Waage hatte ihm aber erst vor ein paar Tagen wieder einmal verraten, dass er zu seinen Glanzzeiten ein paar Kilo weniger gewogen hatte. Auch die ansehnlichen Geheimratsecken, die sich tief in seine kurzen, dunkelblonden Haare vorgearbeitet hatten, waren dem Umstand zu verdanken, dass er die vierzig schon vor gut drei Jahren überschritten hatte. Kurz bevor er die Scharte erreichte, an der ein luftiger Grat begann, den er zu überklettern gedachte, während der Wanderweg über steiles Geröll hinab ins südlich gelegene Kaltertal führte, streifte ihn der erste Sonnenstrahl. Froh und seltsam erleichtert setzte er sich und aß einen Müsliriegel. Sein Blick reichte jetzt weit über das benachbarte Tal auf die gegenüberliegenden Gipfel. Auf manchen von ihnen hatte er schon gestanden. Doch auch sie schienen sich inzwischen verändert zu haben. Trotzdem war er erfreut und fühlte ein wenig dieses ursprünglichen Glücks, das er immer geliebt hatte. Ein Glück, welches ihm die Berge aus freien Stücken schenkten, wenn er sich ihnen hingab. Keine Willkür oder Schufterei eines anderen Menschen hatte das bisher verhindern können. Das Bergsteigen, in all seiner Vielfalt, war immer ein ehrliches Geschäft, das nur die höhere Macht des Wetters zu verhindern wusste. Nach einer halben Stunde Pause blickte er auf seine Multifunktionsuhr und entschloss sich zum Aufbruch, es war kurz vor acht. Etwas in ihm hätte am liebsten den ganzen Tag hier verdöst, um dann nachmittags gemütlich hinab zum Auto zu schlendern, aber nach kurzem Zaudern verwarf er diese Anwandlung. Das hätte ihn nicht befriedigt, er brauchte mehr, eine richtige Bergtour und keine halbherzige Wanderung. Er zog seine Kletterschuhe an, verstaute seine Wanderstiefel und seine Jacke im Rucksack, setzte seinen Helm auf und begann in der wärmenden Morgensonne den Westgrat auf den Roten Kreuzkogel zu erklettern. Das Gestein war zwar nicht immer fest, dafür war es nur eine eher harmlose Kletterei, die sich bis auf zwei Stellen im dritten Schwierigkeitsgrad immer in leichterem Fels abspielte. Trotzdem gehörte diesmal Überwindung dazu, sich in diese Luftigkeit zu begeben, die er hier früher gar nicht wahrgenommen hatte und die ihn nun etwas beeindruckte. Ein wenig stockend und verunsichert stieg er die ersten steileren Meter den Grat empor und umging einen Turm auf der kalten Nordseite, auf der noch ein paar Reste von Schnee überdauert hatten, der unter seinen Sohlen knarrte. Es hatte nachts etwas gefroren, denn immerhin war die Scharte schon rund 2800 Meter und der Gipfel gut 3100 Meter hoch. Nach ein paar leichteren Passagen fühlte er sich zunehmend sicherer und musste nun die erste der beiden schweren Stellen bewältigen. Glücklicherweise waren diese nicht so ausgesetzt. Im Falle eines Sturzes wäre er zwar unsanft auf dem breiten Band unterhalb der Passage gelandet, aber eben nicht im einige hundert Meter tiefer gelegenen Kar. Ein breiter Riss führte durch eine glatte, geneigte Platte, man konnte die Füße meist auf Klemmblöcke innerhalb stellen, nur auf einer Länge von zwei Metern war es notwendig, die Kletterschuhe und Fäuste etwas im Riss zu verklemmen und auf deren Reibung zu vertrauen. Und eben das gefiel Martin Keller nicht, obwohl er wusste, dass er sich hier, gemessen an seinen früheren Unternehmungen, in lächerlichen Schwierigkeiten bewegte. Also ließ ihn sein Stolz zwar zittrig, aber flüssig weitersteigen. Am Ende der glatten Stelle fehlten ihm nur wenige Zentimeter zu einem vielversprechenden Griff, als ihn ein Anfall von Unsicherheit stocken ließ. Er spürte, wie ihm plötzlich kalter Schweiß ausbrach, und sein Gehirn kreiste ausschließlich um zwei Gedanken: Wie komme ich an diesen Griff, und was passiert, wenn ich hier hinunterfalle? Den zweiten Gedanken konnte er verdrängen, nachdem er die lähmende Panikattacke überwunden hatte. Nach kurzer Analyse sah er links oberhalb auf der Platte ein kleine Leiste, auf die er antreten konnte. Würde er nun den anderen Fuß ein Stück höher im Riss verklemmen, müsste er den Griff erreichen können. Als er schließlich den Arm ausstreckte und den Griff ertastete, war dieser von komfortabler...



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