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Bartenberger | Was tun, wenn man nichts tun kann? | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Bartenberger Was tun, wenn man nichts tun kann?

Pragmatische Philosophie für herausfordernde Zeiten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-407-86896-1
Verlag: Beltz Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Pragmatische Philosophie für herausfordernde Zeiten

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-407-86896-1
Verlag: Beltz Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die großen Krisen der Gegenwart verunsichern viele Menschen fundamental. Was tun, wenn man gefühlt nichts mehr tun kann? Klug und unterhaltsam beschreibt der Philosoph Martin Bartenberger, wie der Philosophische Pragmatismus hilft, gut durch schwere Zeiten zu kommen. Seine Prämisse: Es ist besser, etwas zu tun, als nichts zu tun. An Fragen wie Klimakrise und trotzdem fliegen, Fleisch essen ja oder nein, die Ukraine gegen Russland unterstützen oder nicht zeigt er, was die Pragmatische Methode ist: ein Denken in 4 Schritten, das offen bleibt für Kurskorrekturen, und uns darin unterstützt, mit Sinn und Optimismus handlungsfähig zu bleiben. Nicht nur zur Verbesserung des eigenen Lebens, sondern auch der Welt. • Beschreibt anschaulich die 4 Schritte der Pragmatischen Methode: 1. Überzeugungen entwickeln, Entscheidungen treffen. 2. ausprobieren, 3. mit Blick auf die Konsequenzen gegebenenfalls Irrtum feststellen und 4. Überzeugungen und Entscheidungen verbessern. • Ein lebensphilosophischer Ansatz für mehr Optimismus und Zuversicht im Denken und Handeln • Stärkt beim Umgang mit gegensätzlichen Positionen und Ungewissheit - für sich selbst und in Diskussionen mit anderen • Für Leser:innen von Dobelli und Kahneman, die unterhaltsam ihr Denken schärfen wollen

Dr. Martin Bartenberger studierte politische Philosophie und Krisenmanagement in Wien, den Niederlanden und den USA. Lehre an Universitäten in Wien und Forschung zum Pragmatismus in Berkeley. Langjährige Tätigkeit in der Kommunikations- und IT-Branche. Er lebt als Autor und Berater mit seiner Familie bei Passau.
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Eine kurze Geschichte des Pragmatismus


Irgendwann um 1900 befindet sich der Harvard-Professor William James auf einem Campingausflug mit Freund:innen in den Bergen. Für einen kurzen Streifzug durch die Natur entfernt er sich von der Gruppe. Als er zurückkehrt ist ein heftiger Streit zwischen seinen Freund:innen entbrannt. Zwei Gruppen stehen sich unerbittlich und mit unterschiedlichen, jeweils vehement vorgetragenen Meinungen gegenüber. Gegenstand des Streites: ein Eichhörnchen in einem Baum. Doch die Camping-Truppe aus Neuengland sieht weit mehr als nur einen niedlichen Nager, nämlich ein unlösbares »metaphysisches Problem«. Mit diesem Problem wird nun der zurückkehrende James konfrontiert, auf dass er den Streit entscheide.

Die Frage, die den Streit entfacht hatte, lautet: Angenommen, ein Eichhörnchen sitzt auf einer Seite eines Baumstamms, festgeklammert an der Rinde, sagen wir in zwei Metern Höhe. Auf der anderen Seite des Baumstammes steht ein Mann und versucht das Eichhörnchen zu sehen. Folgerichtig beginnt er um den Baum zu laufen. Gleichzeitig klettert das Eichhörnchen ebenfalls im Uhrzeigersinn rund um den Baumstamm, sodass der Baumstamm immer zwischen dem Eichhörnchen und dem Mann bleibt. Der Mann läuft also um den Baum, sieht das Eichhörnchen allerdings nie, sondern immer nur den Baumstamm, der das Eichhörnchen verdeckt. Die Frage, die sich den Campern nun stellt: Geht der Mann um das Eichhörnchen herum oder nicht? Zugegeben eine etwas absurde Frage. Sie stellt sich so wohl nur auf bildungsbürgerlichen und offensichtlich gelangweilten Camping-Partien oder in schlechten Filmen, die Tiefgang vortäuschen wollen.

Dieses Beispiel stammt allerdings nicht aus einem Film, sondern – knapp daneben – aus einer Philosophie-Vorlesung. Gehalten im Jahr 1906 von William James selbst, gilt diese Vorlesungsreihe als Meilenstein des philosophischen Pragmatismus.11 Das geschilderte Eichhörnchen-Beispiel dient James in der zweiten Vorlesung dazu, die grundlegende Methode des Pragmatismus zu veranschaulichen.

Die pragmatische Methode


Welche pragmatische Antwort fand William James auf die Frage, ob der Mann um das Eichhörnchen herumgeht oder nicht? Die Antwort lautet: Es kommt darauf an, was wir mit »um das Eichhörnchen herumgehen« praktisch meinen. Diese Antwort ist auf den ersten Blick fast enttäuschend banal. Das soll die Magie des Pragmatismus sein? Ein schwächliches »Es kommt darauf an«? Doch wenn wir uns die Antwort näher ansehen, enthüllt sie die Kraft pragmatischen Denkens.

Laut James gibt es zwei verschiedene praktische Bedeutungen von »um das Eichhörnchen herumgehen«. Zum einen, dass der Mann – wenn er sich zum Beispiel nördlich des Eichhörnchens befindet – sich zuerst östlich des Eichhörnchens bewegt, um dann südlich, westlich, und am Schluss wieder nördlich des Eichhörnchens zu landen. Er hat sich also um das Eichhörnchen herumbewegt, unabhängig davon, ob sich das Eichhörnchen selbst dabei am Fleck gedreht und dem Mann immer seine Vorderseite gezeigt hat (und dazu auch noch vom Baumstamm verdeckt war).

Das wäre nämlich die zweite Bedeutung von »um das Eichhörnchen herumgehen«. Dabei ist der Mann einmal vor dem Eichhörnchen (sieht also seinen Kopf), dann rechts vom Eichhörnchen (sieht also seine rechte Seite), dann hinter dem Eichhörnchen (sieht es also von hinten), dann links vom Eichhörnchen, um am Schluss wieder vor dem Eichhörnchen zu landen.

Während wir also über die theoretische und prinzipielle Bedeutung von »um das Eichhörnchen herumgehen« ewig diskutieren können, löst sich dieser Widerspruch auf, wenn wir die Debatte auf eine praktische Ebene holen. Dann gibt es zwei handfeste Bedeutungen, die klar unterscheidbar sind: Entweder ich meine damit, dass ich mich geografisch um das Eichhörnchen bewege oder dass ich es von allen Seiten betrachten kann.

Damit haben wir auch schon eine der Schlüsselstrategien des Pragmatismus kennengelernt, die uns durch den Rest des Buches begleiten wird: Verliere dich nicht in uferlosen theoretischen Diskussionen und Gedankensträngen, sondern stelle die Praxis in den Mittelpunkt deines Denkens. Ein Beispiel: Wenn sich die Frage stellt, was »hart sein« bedeutet, ergibt es für den Pragmatismus wenig Sinn, nach einer prinzipiellen Härte oder der Essenz des »Hart-Seins« zu suchen. Die Bedeutung von »hart sein« zeigt sich in der Praxis, nicht mehr und nicht weniger: Zum Beispiel können harte Gegenstände weichere Gegenstände zerkratzen oder durchtrennen und sie brechen weniger schnell.12

Unser Beispiel mit dem Eichhörnchen dürfen wir deshalb einen Schritt weiterdenken. Wenn ich von »um das Eichhörnchen herumgehen« spreche, welche Anwendung und welchen praktischen Zweck verfolge ich denn damit? Will ich zum Beispiel für wissenschaftliche Zwecke Aufnahmen des Eichhörnchens von allen Seiten (Vorderseite, linke Seite, Hinterseite und rechte Seite) machen, dann besteht kein Zweifel, ob ich nach diesem praktischen Zweck um das Eichhörnchen herumgegangen bin oder nicht. 13

Dies ist auch die Bedeutung der Grundmethode des Pragmatismus, die pragmatische Maxime. Sie lautet: Wenn wir einen Begriff von einem Gegenstand haben, dann lässt sich dieser Begriff auf die praktischen Eigenschaften und Konsequenzen dieses Gegenstandes reduzieren.

Die Philosophie des Pragmatismus vertritt damit zuerst einmal die recht einfache Position, dass unser Wissen von der Welt untrennbar mit unserer Praxis in dieser Welt verbunden ist. Das heißt, wir erweitern unser Wissen nicht dadurch, dass wir irgendwo herumsitzen und nachdenken wie der erwähnte Denker von Rodin, sondern indem wir etwas tun und ausprobieren, beobachten, was dann passiert und daraus lernen. Für den Pragmatismus ist die Dimension des Handelns und der Praxis entscheidend, auch für philosophische Fragen wie die danach, was wahr ist, oder die ethische Frage danach, was richtig ist, wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden. Pragmatisches Denken blickt deshalb auf die praktischen Konsequenzen eines Begriffs oder einer Handlung und weniger auf die Prinzipien, die diese möglicherweise leiten oder hervorgebracht haben.

Dieser Überzeugung liegt ein bestimmtes Weltbild zugrunde. Die Welt ist für den philosophischen Pragmatismus vielfältig, komplex und pluralistisch. Wir können sie mit unserem Geist nicht vollständig erfassen, sondern durch unser Handeln nur immer ansatzweise und versuchsweise verstehen. Trotzdem – und das ist entscheidend – ist die Welt von uns gestaltbar und damit potenziell auch verbesserbar. Verbesserungen liegen also in unserer Verantwortung, sie treten nicht zwangsläufig, etwa durch naturgesetzliches Wirken, ein.

Durch diese Weltsicht wohnt dem philosophischen Pragmatismus auch ein gewisser positiver Grundgeist inne. Diesen hat der amerikanische Philosoph John Lachs schön auf den Punkt gebracht: Für ihn ist der philosophische Pragmatismus ganz einfach die Lehre von der Anwendung menschlicher Intelligenz und Fähigkeiten zur Verbesserung unseres Lebens. Oder anders gesagt: ein generelles Ethos von »Lasst es uns anpacken und versuchen unser Leben (und das anderer) zu verbessern«.14 Dieses radikale Ins-Zentrum-Stellen menschlicher Praxis mit stets hoffnungsvoller Geisteshaltung hat auch mein eigenes Interesse für den philosophischen Pragmatismus geweckt.

Wie ich zum Pragmatismus kam


Wer mich gut kennt, würde mich wohl als »etwas schlampig und sehr stur« charakterisieren. Zumindest sagt das meine Frau. Das klingt erst einmal nicht nach einem Bilderbuch-Pragmatisten. Und das bin ich auch keineswegs. Dieses Buch soll daher auch kein erhobener Fingerzeig sein, frei nach dem Motto: »Ich bin so toll, seid ihr es doch auch!« Vielmehr habe ich mich wohl anfangs so sehr vom philosophischen Pragmatismus angezogen gefühlt, weil er mit einigen meiner persönlichen Charakterzüge ganz gut und mit einigen so gar nicht harmoniert. So fordert der Pragmatismus meine Sturheit und Eigensinnigkeit immer wieder heraus und...



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