E-Book, Deutsch, 308 Seiten
Barth Hochzeitstag Sonderedition
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7396-3269-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 308 Seiten
ISBN: 978-3-7396-3269-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die ganze Geschichte (Hochzeitstag und Hochzeitstag II - Zerbrochene Träume) - erstmals komplett! Teil 1: 'Deine Fantasien werden heute Realität. Komm ins Schlafzimmer und mache den ganzen Tag mit mir, was immer du auch willst. Ich werde alles zulassen und dir alles geben, was du verlangst oder dir wünschst. Lass uns spielen! Keine Grenzen, keine Regeln!' Ein 'pikantes' Geschenk wird zu einem nicht enden wollenden Albtraum. Was wäre, wenn alles, was Sie über Ihren Partner zu wissen geglaubt haben, nur eine Fassade war? Teil 2: 'Wir kennen die Wahrheit über Ihr Buch Hochzeitstag! Alles was man tut, kommt früher oder später auf einen zurück. Sie hören bald wieder von uns!' Zwei Jahre nach der Veröffentlichung ihres Romans 'Hochzeitstag', holt die Vergangenheit Daniela gnadenlos ein und setzt Ereignisse in Gang, die nicht nur ihre Karriere, sondern ihr ganzes Leben zu zerstören drohen. Niemand kannte die Wahrheit über ihr Buch. Niemand wusste, dass ihre Geschichte auf wahren Begebenheiten beruhte. Bis heute. Zwei Psychothriller über Vertrauen und Hingabe, Verrat und Verzweiflung. Zwei Bücher, die uns einen Blick in den Spiegel einer dekadenten Gesellschaft gewähren und uns mit deren Bösartigkeit und Perversion konfrontieren.
Autoren/Hrsg.
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Schauspieler
Marcel war immer lange unterwegs, wenn es an ihm war, die Einkäufe zu erledigen. Doch an diesem Tage wurde es selbst für seine Verhältnisse ziemlich spät. Daniela hatte sich indes bis zum letzten Raum ihres Putzmarathons vorgearbeitet. Sie hatte sich die Küche bis zum Schluss aufgehoben, um nebenher das Essen vorzubereiten. Die Gedanken an das Arbeitszimmer ihres Mannes, seinen Monitor und die Bilder, die sie darauf entdeckt hatte, lagen tief verborgen hinter einer perfekten Maske aus aufgesetzter Sorglosigkeit. Sie blickte gerade über die Spüle zum Fenster hinaus, als der graue Ford Focus die kleine Auffahrt hinauf geschlichen kam und vor dem Garagentor anhielt. Die Fahrertür schwang auf. Die kurze, blonde und wie immer perfekt gestylte Stachelfrisur ihres Mannes war das Erste, was sie sah, als er aus dem Wagen stieg. Er trug eine dieser Spiegelsonnenbrillen, die in den Achtzigern mal ziemlich angesagt waren. Bei den meisten Leuten, die derzeit auf der Retrowelle mitsurften, wirkten diese Brillen einfach nur lächerlich, aber bei Marcel war es anders. Alles schien eigens wie für ihn gemacht zu sein, perfekt auf ihn zugeschnitten. Das weiße Muskelshirt und die ebenfalls schneeweißen, halblangen Bermudas mit dem Tribal-Aufdruck hätten nicht jedem gestanden, aber Marcels durchtrainierter Körper glich einem Schaufenster der Eitelkeiten. Was er auch trug, er verkörperte stets die pure, leicht arrogante, aber extrem anziehende Ausstrahlung eines Calvin-Klein-Unterwäsche-Models. Als er Daniela hinter dem Küchenfenster bemerkte, ließ er einem sanften »Hallo«, dieses liebevolle Grinsen folgen, das es einem nahezu unmöglich machte, sich seinem Charme zu entziehen. Daniela erwiderte das Lächeln und bedeutete ihm mit einer Geste, dass sie rauskommen würde, um ihm mit den Einkäufen zu helfen. Beim Verlassen der Küche fiel ihr Blick auf die Uhr, die ihr zwei Dinge zeigte: zum einen, dass sie noch fünfzehn Minuten Zeit hatte, bevor sie ihren Nudelauflauf aus dem Ofen holen musste, und zum anderen, dass die Einkaufsfahrten ihres Mannes kontinuierlich immer mehr Zeit in Anspruch nahmen. Und da waren sie schlagartig wieder, die verbannten Gedanken, die sich zu Fragen hinreißen ließen wie: War er bei so einer Domina oder Fetisch-Tante, wo er seine perversen Gelüste ausleben konnte? Und der kleine Teufel auf Danielas Schulter beschloss kurzerhand, Marcels Körper heute Abend unauffällig nach irgendwelchen verräterischen Spuren abzusuchen. Dem Engelchen auf ihrer anderen Schulter, das ihr klar machen wollte, wie sehr Marcel sie liebte und dass er so etwas niemals tun würde, zog sie symbolisch eines mit dem Kochlöffel über, bevor sie diesen über eben jene Schulter zielsicher in die Spüle warf.
Als sie die Küche verließ, war ihre Maske der Ignoranz bereits wieder perfekt in Form gebracht. Daniela war fest entschlossen, sich nicht das Geringste anmerken zu lassen. Nicht jetzt. Nicht heute. Mit einem Lächeln, das sich übertrieben unwissend anfühlte, öffnete sie die Tür, trat hinaus und half, nach einem kurzen, aber zärtlichen Kuss, die vielen Taschen ins Haus zu tragen. Kurz darauf verschwand Marcel eilig nach oben, um noch vor dem Essen eine erfrischende Dusche zu nehmen. Danielas Gedanken liefen erneut Amok und bombardierten sie regelrecht mit Mutmaßungen. Muss er sich den Geruch der Anderen abwaschen? Niemand geht so lange einkaufen. Nicht einmal ich. Wo zur Hölle war er so lange? Und warum dauern seine Einkäufe jedes Mal länger? Doch wieder verdrängte sie die Stimmen in das dunkelste Loch ihres Verstandes und machte sich daran, den Tisch zu decken. In dem riesigen, hellen Wohnzimmer, das direkt an die Küche grenzte, hatten die beiden sich eine kleine, gemütliche Essecke eingerichtet.
Der Duft des noch dampfenden Auflaufs breitete sich schnell in der ganzen Wohnung aus und schien Marcel geradezu hypnotisch anzuziehen. »Das riecht absolut fantastisch, mein Schatz«, meinte er fast verletzend beiläufig und setzte sich mit noch tropfnassen Haaren an den Tisch. »Lass es dir schmecken«, erwiderte Daniela, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Marcel schlang gierig die ersten Bissen hinunter und verbrannte sich in seinem Eifer direkt die Zunge. »Das kommt davon, wenn man zu gierig ist«, flachste Daniela mit einem gekünstelten Lächeln und wurde sich, erst nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte, bewusst, dass sie damit im Grunde gar nicht sein Essverhalten meinte. Marcel lachte sorglos und nichtsahnend über ihre Bemerkung. Hätte er auch nur die geringste Vermutung gehabt, was für ein Krieg in Danielas Kopf tobte, wäre ihm sein Lachen sicher mitsamt den viel zu heißen Nudeln im Hals steckengeblieben. »Du, ich muss gleich noch ein bisschen arbeiten. Ich weiß schon, es ist dein erster Urlaubstag und so. Aber ich will das mit der Selbstständigkeit so schnell wie möglich geregelt bekommen. Du wirst ja auch davon profitieren.« »Ist schon in Ordnung. Ich habe den ganzen Tag das Haus auf Vordermann gebracht und bin nicht böse drum, wenn ich jetzt mal ein bisschen die Seele baumeln lassen kann. Ich werde mir den Laptop schnappen und es mir auf der Couch gemütlich machen.« »Keine Einwände? Du nimmst es doch sonst nicht so einfach hin, wenn ich am Wochenende noch arbeiten muss?« »Ach, wie du schon sagtest: Es ist mein erster Urlaubstag. Wir haben noch genügend Zeit für uns. Mach ruhig, was immer du zu tun hast.« Wieder ertappte sie sich dabei, dass das, was sie aussprach, nicht unbedingt auf Marcels eigentliche Aussage bezogen war. Unweigerlich drängten sich die Fotos wieder in ihr Bewusstsein und bildeten eine Symphonie der Perversitäten. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihren Mann mit runtergelassenen Hosen, masturbierend und notgeil nach den unerreichbaren Frauen auf dem Bildschirm lechzen. Der Kloß in ihrem Hals arbeitete synchron dazu an einem Brechreiz, den sie wieder und wieder unterdrückte, um nicht daran ersticken zu müssen. Jedoch drangen ihre inneren Kämpfe, zumindest für Marcel, nicht nach außen. Dementsprechend unbekümmert räumte er nach dem Essen das Geschirr in die Küche und trottete anschließend gemütlich und gelassen hinauf in sein Arbeitszimmer.
Daniela hatte in der Regel großes Verständnis für seine Pläne. Marcel mochte nicht länger in der Werbeagentur arbeiten. Er wollte sein eigener Chef sein und hatte in den letzten Monaten viel dafür getan, die Weichen in diese Richtung zu stellen. Bereits jetzt konnte er auf einen beträchtlichen Kundenstamm zugreifen, dem er wesentlich günstigere Dienste anbieten konnte, als es einer Werbeagentur je möglich gewesen wäre. Böse Stimmen hatten behauptet, dass er überhaupt nur noch in der Agentur arbeitete, um Kunden abzuwerben. Doch die Kündigung war bereits geschrieben, und in acht bis zehn Wochen wollte er es endlich im Alleingang versuchen. Zwar sollte ein großer Vorteil dieser Pläne der sein, zu Hause arbeiten zu können, doch gerade jetzt, während der Vorbereitungen, war er dermaßen eingespannt, dass sie eher noch weniger Zeit füreinander hatten als zuvor. Aber in ein paar Tagen würde auch Marcel seinen Resturlaub antreten. Sicher würde sich dann einiges ändern. Das hoffte Daniela zumindest. Zumal sie nun nicht mehr sicher sein konnte, ob er sich da oben wirklich nur auf seine Selbstständigkeit vorbereitete oder sich seinen bizarren Fantasien hingab.
Daniela ließ das Geschirr in der Spülmaschine verschwinden, schnappte sich eine Flasche ihres Lieblingsweines und ging zurück ins Wohnzimmer. Die große weiße Eckcouch vor der Terrassentür kam ihr wie ein lebendiges Wesen vor, das nur darauf gewartet hatte, sie willkommen zu heißen. Daniela schenkte sich ein Glas des süßen Rotweins ein und öffnete das Notebook, das auf dem gläsernen Couchtisch lag. Ihre Gedanken ließen sich nicht länger in der Verbannung festhalten. In dem Gefängnis der Erinnerungen wuchs eine neue Pflanze wie ein Parasit heran, der gefüttert werden wollte. Die Neugier. Sie musste einfach mehr erfahren. Sie musste sich in diese dunkle und ihr nahezu unbekannte Welt begeben, die ihren Ehemann so offensichtlich faszinierte. Mit einem Mausklick war der Internetbrowser geöffnet und wartete nur darauf, ihr die Informationen zukommen zu lassen, nach denen ihr Misstrauen verlangte. Doch da war noch etwas. Ein Gefühl, das niemand gerne in seinem Leben hat, ein Gefühl, das mit der Neugier auf diese neue, bizarre Welt einherging. Das Gefühl der Angst. Angst, die richtigen Fragen zu stellen, und eine weitaus größere vor den entsprechenden Antworten. Dennoch konnte sie dem Drang nicht widerstehen. Sie gab den Begriff Fesseln in die Suchmaschine ein. Einen Wimpernschlag später erhielt sie fast zwei Millionen Treffer zu diesem Wort. »Na toll. Wo soll ich denn nun anfangen?«, murmelte sie im Monolog vor sich hin. Sie entschied sich für ein anderes Wort, das sie in den Suchergebnissen fand, und gab Bondage ein. Diesmal erhielt sie sogar fast siebzig Millionen Treffer und fragte sich schlagartig, in was für einer...




