Bauer | Jakobsweg - geholfen hat es nicht | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Bauer Jakobsweg - geholfen hat es nicht


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-347-21509-2
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-347-21509-2
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Autor ist von Beruf Feuerwehrmann und Notfallsanitäter. Betätigungsfelder, die Stress bewirken und somit für einen Burn-out prädestiniert sind. Konzentrationsmangel, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit sind klassische Symptome eines Burn-out. Diese Symptome hat der 47-jährige Vater und Ehemann schon. Als er sich nach einem Dienstunfall nicht mehr in die Arbeit einfinden kann, stößt er zufällig auf den Jakobsweg. Er hofft auf diesem Weg die Probleme wieder los zu werden. Doch der Jakobsweg gibt einem nicht das, was man möchte, sonder das, was man braucht. Ein Reisetagebuch über 800 Kilometer voller persönlicher Eindrücke, gespickt mit Geschichten, Legenden und Wissen. Geschrieben in einer lebendigen Erzählung.

Andreas Bauer wurde am 12. Februar in Hockenheim geboren und wuchs größtenteils in Südhessen als jüngstes von zwei Geschwistern auf. Nach einer Ausbildung bei der Deutschen Post begann er 1994 bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main. Nach der Grundausbildung folgten Sonderausbildungen zum Höhenretter, Insektenberater, Tierretter, Rettungsassistent und Sachkundiger für tragbare Feuerlöscher. Mitte 2016 legte er die Ergänzungsprüfung zu Notfallsanitäter ab.

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Aller Anfang ist schwer Da sitze ich nun. In einem Zug auf dem Weg in ein kleines Dorf in den Pyrenäen. In Saint-Jean-Pied-de-Port beginnt meine Pilgerreise nach Santiago de Compostela, von der ich mir sehr viel verspreche. Der Kalender sagt, es ist Montag. Genauer gesagt der 16. April 2018. Die Umgebung rauscht an mir vorbei. Alles, was zu nah ist, verschwimmt. Nur die Ferne lässt sich bei der Geschwindigkeit erfassen. Das war auf dem deutschen Teil der Strecke anders. Als wäre ich mit einem Mofa unterwegs gewesen, das ich in Straßburg gegen eine Rennmaschine eintauschte. Doch ich bin gar nicht umgestiegen, es ist derselbe ICE. In Deutschland hält der Zug ständig an irgendwelchen Stationen. Jede Stadt entlang einer ICE-Trasse ist der Meinung, sie wäre wichtig genug, um ein ICE-Bahnhof zu sein. Nachdem der Wecker neben dem Bett mir heute Morgen um 4.20 Uhr erklärt hat, dass die Nacht vorbei ist, genoss ich noch einmal die eigene Dusche. Auch das Frühstück genoss ich, hatte ich doch überall von einem recht gewöhnungsbedürftigen Frühstück in Spanien gelesen. Es blieb sogar noch Zeit meine Frau in die Arme zu nehmen, bevor sie mich dann zum Bahnhof fuhr. Von dort, einem Bahnhof, in der Nähe meines Heimatortes, fuhr ich mit dem Nahverkehrszug nach Frankfurt. Morgens um 5.30 Uhr sind die Züge nicht sonderlich voll. Das kam mir sehr gelegen, denn ich hatte ja einen Rucksack dabei. Nicht den typischen Rucksack, mit dem man in die Arbeit oder zu einem Tagesausflug fährt. Nein, dieses Mal ist er groß. Und er wiegt 14,6 Kilogramm. Das ist natürlich viel zu viel. Zumindest, wenn man die Foren von vorne bis hinten durchliest. Er soll auf gar keinen Fall zehn Prozent des Körpergewichtes überschreiten. Jedenfalls ohne Wasser und Proviant. Und natürlich ohne die Kleidung, die man am Körper trägt. Und um auch ja auf dieses Gewicht zu kommen, bei mir wären es 8,6 Kilogramm, grassieren im Internet allerlei Packlisten, an die man sich halten soll. Wer sich also gerne um Gewichtsunterschiede von einigen Gramm streitet, kann in den Foren reichlich diskutieren. Ich habe einige Teile mitgenommen, die andere für unsinnig halten würden, mir aber wichtig sind. Und so ist mein Rucksack halt ein wenig schwerer. Das sollte im Moment jedoch kein Problem sein, denn ich fuhr ja mit dem Zug. Im Gegensatz zum Nahverkehrszug hatte ich im ICE einen Sitzplatz reserviert, was ab Straßburg sowieso Pflicht wäre. Und da ich die Fahrt genießen wollte, hatte ich mich bei der Buchung vor drei Monaten dazu hinreißen lassen dreißig Euro mehr auszugeben und dafür erster Klasse zu fahren. Doch bevor ich mich am gehobenen Equipment der Deutschen Bahn erfreuen konnte, durfte ich noch etwa 45 Minuten den Hauptbahnhof Frankfurt genießen. Mit einer Laugenstange in der Hand schlenderte ich in Richtung Gleis 18, denn dort sollte später mein Zug abfahren. Und da ich noch so viel Zeit hatte, konnte ich mich in Ruhe umschauen. Etwa dreißig Jahre ist es her, dass ich hier regelmäßig entlang hetzte, wie es auch jetzt alle anderen um mich herum taten. Ich war Auszubildender und sowohl mein Ausbildungsplatz, als auch meine Berufsschule waren hier in Frankfurt gewesen. Dreißig Jahre, in denen sich viel am Frankfurter Hauptbahnhof verändert hat. Am Gleis 18 angekommen, begab ich mich in den markierten Raucherbereich und rauchte noch schnell zwei Zigaretten. Die letzten, für die nächsten vier Stunden. Vier Stunden für die Fahrt von Frankfurt nach Paris. Zwei davon benötigt man für die etwa 210 Kilometer von Frankfurt nach Straßburg. Schneller geht es halt nicht, wenn man zwischendurch in Mannheim und Karlsruhe anhalten muss. Da lohnte es sich, dass kurz nach der Abfahrt in Frankfurt ein Bediensteter der Bahn vorbeikam und fragte, ob man etwas trinken oder essen möchte. Ich nahm nichts, sondern genoss meinen gemütlichen Sitz, den Ausblick und die Ruhe. Mit der Ruhe war es allerdings in Straßburg vorbei. Bahnfahren scheint in Frankreich Volkssport zu sein. Selbst die erste Klasse war jetzt komplett voll. Jetzt machte auch die Reservierungspflicht auf einmal Sinn. Wer möchte schon erster Klasse stehen? Und dann begann das Erlebnis Hochgeschwindigkeitszug! Kaum aus Straßburg draußen, gleisten wir auf die Hochgeschwindigkeitstrasse auf und der Lokführer durfte den Geschwindigkeitsregler einmal richtig ausnutzen und beschleunigte auf etwa 300 km/h. Nächster Halt Paris. Die rund 450 Kilometer schafften wir in einer Stunde und 47 Minuten. Da sitze ich nun. Ich sitze da und denke daran, was mir in den nächsten Wochen bevorsteht und wie viel ich schon hinter mich gebracht habe. Ende 2016 hatte ich einen Bänderriss im Sprunggelenk. Während des Dienstsports spielten wir Fußball und ein Kollege war nicht damit einverstanden, dass ich den Ball hatte. Seine Idee mir den Ball auf unkonventionelle Art abzunehmen fanden wiederum meine Bänder nicht gut und schon stand ich geschlagene sechs Wochen im Aus. Es mag Berufe geben, bei denen man mit Bänderriss oder halb ausgeheiltem Bänderriss arbeiten gehen kann, Feuerwehrmann gehört leider nicht dazu. Und so ließ ich mir daheim die Decke auf den Kopf fallen. Wieder im Dienst hatte ich irgendwie Probleme, mich wieder einzufinden. Egal, was ich machte, ich hatte das Gefühl, es wäre falsch. Und eines Abends sah ich im Fernseher den Film „Ich bin dann mal weg“. Was soll ich sagen: Der Samen war gesät. Ich las Bücher über Bücher, meldete mich in Foren an und stellte das Internet auf den Kopf. Ich saugte förmlich alles über den Jakobsweg in mich auf. So las ich unter anderem, dass das Pilgern auch bei einem Burn-out-Syndrom helfen kann. Das hatte ich zwar nicht, aber die ersten Symptome, wie ständige Müdigkeit, Antriebslosigkeit sowie eine gesenkte Reizschwelle, waren zu erkennen. Natürlich fiel meiner Frau mein plötzliches Interesse auf, aber ich beruhigte sie erst einmal. Immerhin könnte es ein Strohfeuer sein. Ich bin nämlich prädestiniert für Strohfeuer. Als Drohnen bezahlbar wurden, habe ich alles Mögliche über Drohnen in mich aufgesaugt und wollte eine haben. Nach etwa zwei bis drei Monaten fand ich das Thema zwar noch immer interessant, aber eine Drohne wollte ich nicht mehr. Mit dem Jakobsweg war es anders. Er faszinierte mich auf so viele Arten, dass ich ihn unbedingt gehen und erleben wollte. Dies jedoch führte unweigerlich zu langen Diskussionen mit meiner Frau. Von „willst du mich verlassen?“, als ob wir ein Eheproblem hätten, bis hin zu „du bist ja sonnig“ habe ich alle Diskussionen geführt. Sonderlich begeistert war sie nicht, ließ mich aber gehen. Die elf Monate, die bis zu meinem Jakobsweg noch vor mir lagen, waren größtenteils sehr intensiv. Da ich privat gerne Trekkinghosen trage und beruflich Funktionskleidung besitze, brauchte ich mich darum schon mal nicht zu kümmern. Schuhe waren natürlich ein besonderes Thema. Da ich Einlagen trage, führte mich mein erster Weg zu meinem Orthopädietechniker. Mit den Einlagen ging ich dann Schuhe kaufen und mit den Schuhen wieder zum Orthopädietechniker. Bei einer Probewanderung versagte dann mein 25 Jahre alter Rucksack und ich brauchte einen neuen. Egal wo wir waren, Outdoorläden waren wie ein Magnet für mich. Langsam aber sicher vervollständigte ich meine Ausrüstung. Bei der Arbeit stellte ich einen Antrag auf Abbau von Überstunden. Dort hatte ich das große Glück, dass mir acht Wochen am Stück genehmigt wurden. Ich hatte also viel Zeit für den Weg. In Paris angekommen, strebe ich in Richtung der U-Bahn Linie vier. Die Schilder, die mir den Weg weisen, sind trotz der Baustelle nicht zu übersehen. Das Ticket für die Fahrt zum Bahnhof Gare Montparnasse habe ich, dank eines Tipps, schon im ICE gekauft. Als meine Fahrkarte von dem dortigen Schaffner kontrolliert wurde, fragte ich nach dem Ticket für die U-Bahn und bekam prompt den französischen Kollegen vorbei geschickt. Auf diese Art musste ich mich wenigstens nicht mit dem Automaten am Bahnhof in Paris auseinandersetzen. Gleich die erste U-Bahn, die einfährt, ist mit der Nummer 4 versehen. Als sie dann anfährt, bleibt mir nur die Hoffnung, dass ich mich nicht mit der Richtung vertan habe. Etwa 25 Minuten später fahre ich in die Station Gare Montparnasse ein und atme auf. Nun beginnt eine unterirdische Wanderung durch Paris. Die Strecke in der riesigen Röhre ist so lang, dass es Laufbänder gibt, wie sie auch auf großen Flughäfen vorkommen. Es erscheint mir unwirklich eine derart lange Strecke zurückzulegen, wenn man doch an der richtigen Station ausgestiegen war. Aber auch der längste Tunnel endet irgendwann und per Rolltreppe erreiche ich die Bahnhofsvorhalle. Gar nicht mal so groß, war mein erster Gedanke, als ich in der Halle stand. Und da ich von jetzt an Zeit habe, der Zug fährt erst in etwa eineinhalb Stunden, gehe ich erst einmal zum Rauchen an die frische Luft. Vor dem Bahnhof sind ein paar kleine Grünflächen mit wenigen Bäumen. Dahinter ein Busbahnhof und links und rechts am Bahnhof...



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