Buch, Deutsch, 330 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 144 mm x 217 mm, Gewicht: 452 g
Erwerbsloseninitiativen im Diskurs über Arbeitslosigkeit
Buch, Deutsch, 330 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 144 mm x 217 mm, Gewicht: 452 g
ISBN: 978-3-593-39226-4
Verlag: Campus Verlag GmbH
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Volkswirtschaftslehre Allgemein Beschäftigung, Arbeitslosigkeit
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Kultur Interessengruppen, Lobbyismus und Protestbewegungen
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Gewerkschaften, Industrielle Beziehungen
Weitere Infos & Material
Inhalt1. Einleitung9I. Vorstellung und Reflexion der Theorie und Methodik2. Theoretischer Hintergrund192.1 Erwerbsloseninitiativen192.1.1 Geschichtlicher Überblick über die Organisation von Erwerbslosen202.1.2 Forschungsansätze zu politischer Interessenvertretung von Erwerbslosen262.2 Öffentlichkeit, Öffentliche Meinung und Handlungsstrategien politischer Akteure292.3 Marginalisierte Akteure und die Vertretung schwacher Interessen373. Methodologie433.1 Diskursanalyse und die Konstruktion von Deutungs- und Handlungsrahmen433.1.1 Diskursanalysen nach Foucault453.1.2 Konstruktion von Frames523.1.3 Wissenssoziologische Diskursanalyse663.1.4 Verbindungslinien der vorgestellten Ansätze703.2 Der kollektive Akteur und seine Einbettung in den Diskurs773.3 Datenauswahl, Interpretation und Kodierung813.4 Darstellung der Ergebnisse983.5 Kritische Reflexionen über meine Vorgehensweisen100II. Empirische Analysen4. Arbeitslosigkeit - diskursive Formationen und Handlungsräume1094.1 Der Diskurs über Arbeitslosigkeit1094.2 Deutungen des Diskurses über Arbeitslosigkeit durch die Erwerbsloseninitiativen1294.3 Kommunikationsmittel der Erwerbsloseninitiativen1334.4 Zwischenfazit Diskurs1435. Andere Akteure - mögliche Allianzen und Gegner1455.1 Allianzen und Gegner1455.1.1 Gewerkschaften1475.1.2 Kirchen und Wohlfahrtsverbände1555.1.3 Politische Parteien und Politiker1585.1.4 Staatliche Akteure1625.1.5 Vertreter der Wirtschaft1655.1.6 Vertreter der Medien1675.1.7 Sonstige Akteure1685.2 Koordination gemeinsamer Forderungen und Aktionen1705.3 Konstruktion gemeinsamer Handlungsrahmen der Erwerbsloseninitiativen1755.4 Konstruktion gemeinsamer Handlungsrahmen mit anderen Akteuren1775.5 Zwischenfazit Akteure1836. Kommunikative Strategien der Erwerbsloseninitiativen1856.1 Arbeitslosigkeit: Problemdefinition und Forderungen 1876.2 Selbstdarstellungen1986.3 Darstellungen von Erwerbslosen2046.4 Bezüge auf allgemein anerkannte Grundwerte2146.4.1 Gerechtigkeit2156.4.2 Menschenwürde2266.4.3 Demokratie2346.4.4 (Sozialer) Frieden2406.4.5 Wahrheit - Wissenschaftlichkeit2456.5 Gesetze und Rechte2516.6 Gesellschaftlich anerkannte Probleme2576.7 Diskursive Strukturen und Strategien von Erwerbsloseninitiativen2726.7.1 Institutionell verankerte "Wahrheiten", anerkannte Akteure und Werte2746.7.2 Der strategische Bezug auf diskursive Ereignisse2776.7.3 Die Suche nach starken Allianzen und breiter öffentlicher Unterstützung2796.7.4 Umgang mit Gegenpositionen2826.7.5 Aufmerksamkeit versus Beeinflussung2877. Fazit291Literatur303Anhang329
1. EinleitungDer Diskurs über Arbeitslosigkeit in Deutschland ist geprägt vom Aufeinandertreffen verschiedener Werte und Interessen, die von den Akteuren auf mannigfaltige Weise und mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten eingebracht werden. Nicht erst seit den zwischen 2003 und 2005 in Kraft getretenen Gesetzen zur Reform des Arbeitsmarktes ist das Thema Arbeitslosigkeit in der Öffentlichkeit allgegenwärtig. An Erklärungen für steigende bzw. sinkende Arbeitslosigkeit mangelt es nicht: Sie reichen von strukturellen Begründungen wie Konjunkturentwicklung, Globalisierung oder Rationalisierung über Hinweise auf politische Defizite wie Schwächen im Bildungssystem oder zu geringe Förderung von Erwerbslosen bis hin zu individuellen Schuldzuschreibungen wie mangelnde Bereitschaft, mobil und flexibel zu sein. Nicht nur das Bild des typischen Arbeitslosen wird durch seine öffentliche Thematisierung verändert, sondern auch die ihnen gegenüber ausgeübte Politik. Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Arbeit angenommen, dass Erwerbslose ein Interesse daran haben, Deutungen zum Themenbereich Arbeitslosigkeit, aber auch einzelne politische Entscheidungen zu beeinflussen. Blickt man alleine auf die Arbeitslosenzahlen der letzten Jahre, so handelt es sich bei Erwerbslosen um eine sehr große Gruppe von Betroffenen. Daher ist es verwunderlich, dass in der Öffentlichkeit und in der politischen Entscheidungsfindung nur selten Forderungen und Deutungen im Sinne der Erwerbslosen durchgesetzt werden: ihre Rechte und die Höhe ihrer Zuwendungen wurden nicht zuletzt durch die Reformen am Arbeitsmarkt eingeschränkt und in den Medien erscheinen Erwerbslose etwa häufig als Opfer oder als Nutznießer staatlicher Leistungen auf Kosten der Allgemeinheit.In dieser Arbeit interessiere ich mich aus diesem Grunde für eine organisierte Form der Interessenvertretung: die Erwerbsloseninitiativen. Ich gehe der Frage nach, wie diese Akteure, welche vor allem die Interessen von Erwerbslosen vertreten wollen, versuchen, Einfluss auf den Diskurs über Arbeitslosigkeit zu nehmen. Mein Ziel ist es zu zeigen, welche kommunikativen Strategien von den Akteuren entworfen und eingesetzt werden, um ihre Deutungen von Arbeitslosigkeit in den öffentlichen Diskurs einzubringen und vor allem um ihre Forderungen durchzusetzen.Deutungen sind als Teil von politischen Weltbildern (Knobloch 1998, 19) zu verstehen. Jedoch handelt es sich in der vorliegenden Arbeit nicht nur um die Rekonstruktion solcher Weltbilder. Bei der Durchsetzung von bestimmten Forderungen und eigenen Deutungsmustern können Akteure nämlich auf die Kommunikation von Teilen ihrer Weltbilder verzichten, um so die Chancen der Durchsetzung einer Forderung bzw. eines bestimmten Deutungsmusters zu erhöhen (Ferree 2003, 339). Ausgehend von Ansätzen der Bewegungsforschung untersuche ich die Rahmungen von Äußerungen eines Akteurs. Diese werden systematisch mit dem Diskurs über Arbeitslosigkeit verbunden. Hier beziehe ich mich vor allem auf Foucaults Ansätze der diskursiven Strukturen, Gouvernementalitätsstudien und Arbeiten aus dem Bereich der Wissenssoziologischen Diskursanalyse (vgl. Kapitel 3.1.3). Meine Untersuchung bezieht sich hauptsächlich auf den Zeitraum von etwa einem Jahr vor der Einführung der Reformen am Arbeitsmarkt. Sie wird zudem durch eine Beschreibung der Veränderungen des deutschen Diskurses zum Sozialstaat und zum Arbeitsmarkt in den letzten Jahrzehnten kontextualisiert.