Bechtolsheim | Vermögen bedeutet Verantwortung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Bechtolsheim Vermögen bedeutet Verantwortung

Erfahrungen und Perspektiven

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

ISBN: 978-3-451-82006-9
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Buch nimmt auf der Basis von Gesprächen mit Vermögensinhabern zentrale, vor allem ethische Begriffe in Augenschein, die im Zusammenhang mit dem verantwortungsbewussten Umgang mit Vermögen bedeutsam sind. Die erkenntnisleitende Frage lautet: Was denken Vermögensinhaber über die wesentlichen philosophisch-ethischen Fragen zum Umgang mit Vermögen, und wie gehen sie persönlich mit der daraus erwachsenden Verantwortung um?
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Teil 1:
Ursprung von Vermögen
Im ersten Teil geht es um die am Ende nur zwei möglichen Arten, zu einem Vermögen zu kommen: (a) durch Arbeit respektive eine unternehmerische Leistung und (b) durch ein Erbe oder eine Schenkung. Dieser Teil beleuchtet die individuelle Historie von Vermögen im Kontext von Begriffen wie Arbeit, Leistung, Erfolg, Glück etc. Herkunft von Vermögen: erarbeitet oder geerbt
Wer sich mit Vermögen beschäftigt, steht am Anfang vor der Frage, wo es herkommt, welchen Ursprung es hat und wie dieser Ursprung moralisch zu bewerten ist. Vermögen kann einerseits durch eigene Arbeit, eine unternehmerische Leistung beispielsweise, selbst geschaffen werden. Andererseits kann man Vermögen erben oder geschenkt bekommen. Wie ist dieser Unterschied zu bewerten? Ist das selbst erarbeitete Vermögen moralisch oder sittlich »besser« als das geerbte Vermögen? Müssen denjenigen, der sein Vermögen geerbt oder der es geschenkt bekommen hat, Gewissensbisse plagen, weil ihn das Schicksal derart begünstigt? Um die Antwort vorwegzunehmen: Nein, Gewissensbisse müssen denjenigen, der sein Vermögen geerbt oder geschenkt bekommen hat, nicht plagen. Zum einen sind Erbschaften und Schenkungen in unserer Rechtsordnung erlaubt, zum anderen sucht sich niemand aus, in welche Vermögenssituation ihn das Schicksal stellt. Entscheidend ist – und das zieht sich wie ein roter Faden durch die Antworten praktisch aller Gesprächspartner –, was man aus seinem Vermögen macht. Das selbst erarbeitete Vermögen erlaubt hier mehr Freiheit, es nach eigenem Ermessen einzusetzen. Ererbtes Vermögen bringt eine besondere zusätzliche Verantwortung mit sich: Sie besteht darin, sich als Teil einer Kette zu verstehen, deren Aufgabe darin besteht, das Vermögen für die kommende Generation zu bewahren und weiterzugeben. »Wenn man ein Vermögen erbt oder es geschenkt bekommt, dann hat man dieses Vermögen nur treuhänderisch bekommen, um es der nächsten Generation weiterzugeben. Wenn man davon lebt und eine Konsumhaltung einnimmt, dann wird es schwierig«, sagt etwa Christa Ratjen, Gesellschafterin der Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG. Eine charakteristische Aussage für Vermögensinhaber, deren Hintergrund ein Familienunternehmen ist. Der Bankier Friedrich von Metzler betont, »dass ererbter Reichtum nicht nur ein reines Glück, sondern eine schwere Verpflichtung sein kann und immer eine Handlungsaufforderung an den Erben ist«. Die Aufgabe zu übernehmen – manchmal übernehmen zu müssen –, das Familienvermögen zu bewahren und an die nächste Generation weiterzugeben, darf man sich nicht als andauernden Spaß vorstellen. Der Unternehmer Martin Schoeller berichtet, bei den Großgrundbesitzern freuten sich alle, wenn sie in der x-ten Generation den Wald, die Landwirtschaft und das Schloss erhielten. Die »Schlotbarone« aber frage man, ob sie nicht ein schlechtes Gewissen hätten, weil sie eine große Firma geerbt haben. »Das müssen wir überhaupt nicht haben. Wenn Produktlebenszyklen sechs Jahre lang sind, muss ich mich alle sechs Jahre zur Wahl stellen. Das ist kein Geschenk für immer. Das Erbe – das ist auch Ethos in unserer Familie – ist eine Aufgabe«, so Schoeller. Derjenige, der sich zum Fortführen bereit erkläre, sei nicht der, der von allen beneidet werde. Das werde auch als eine Bürde angesehen. Wenn man sich als ein Glied in der Kette und nur als Sachwalter der nächsten Generation verstehe, dann agiere man schon sehr sorgfältig. Die Angst, zu versagen, sei ein Gefühl, das es zu beachten gelte. Der schwäbische Textilunternehmer Wolfgang Grupp sieht es ähnlich. Ein Vermögen zu bekommen sei ein Vorteil, aber er verpflichte auch. »Auch meine Kinder bekommen das Erbe, sie können es ›genießen‹, aber sie haben die Verpflichtung, es in die nächste Generation weiterzugeben. Ich weiß nicht, ob das Kind, das das Unternehmen bekommt, nicht benachteiligt ist gegenüber dem anderen, das optisch vielleicht etwas weniger erhält, aber im Prinzip freier ist. Ein Vermögen, eine Firma vor allem ist natürlich auch eine Hypothek.« »Aufgabe«, »Verpflichtung«, »Bürde«, »Hypothek«: Wer sich die Erbschaft oder Schenkung eines Vermögens vorrangig als eine das Leben versüßende Zugabe vorstellt, übersieht, dass Vermögen häufig unternehmerisch gebunden sind. Vor allem in Deutschland mit seinen sehr vielen mittelständischen Familienunternehmen ist das oft der Fall. Natürlich werden auch Geld- oder Wertpapiervermögen, Bilder- oder Autosammlungen übertragen. In diesen Fällen kann der Empfänger in seinen Entscheidungen, was er mit diesem Vermögen macht, freier agieren. Sobald ein Unternehmen ins Spiel kommt, sieht die Sache anders aus. Hier geht es um Mitarbeiter, den Erhalt von Arbeitsplätzen, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten und zur Gesellschaft als Ganzes. Heinz Dürr, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von AEG und Deutsche Bahn und mit seiner Familie Mehrheitsaktionär der Dürr AG, beklagt, es gebe einige Erben, »die mit ihrem Vermögen etwas ›schlampig‹ umgehen, die nur etwas für sich selber machen, denen völlig egal ist, was mit der Gesellschaft passiert. Meine Lebensweisheit war immer: Ein Unternehmen ist eine gesellschaftliche Veranstaltung.« Es versorge die Gesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen, bemühe sich darum, Arbeitsplätze möglichst sicher und langfristig anzulegen, und achte auf eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Damit diese gesellschaftliche Veranstaltung funktioniere, müsse ein Unternehmen Gewinn machen – und zwar auf Dauer. Gewinn ist laut Dürr somit das Mittel zur Erfüllung der eigentlichen Ziele des Unternehmens und nicht umgekehrt. Gewinn sei also nicht Zweck des Unternehmens, sondern Messgröße, ob die gesellschaftliche Veranstaltung Unternehmen funktioniert. Das Weiterführen eines solchen Unternehmens im Sinne des Erblassers sei durchaus eine Leistung, die beachtenswert ist, meint Claus Hipp. »Wenn ein Erbe nicht alles für sich selbst konsumiert, sondern Arbeitsplätze erhält, Produkte entwickelt, die gut sind, die Verbrauchern und der Allgemeinheit helfen, dann ist das sehr positiv.« Aus dem Erbe »nichts zu machen« (Patrick Adenauer), mit dem Geschenkten »nicht adäquat umzugehen« (Hubertine Underberg-Ruder), umgekehrt mit Vermögen »gut und sinnvoll umzugehen« (Annunziata Gräfin Hoensbroech), es »für etwas Gutes zu nutzen« (Natalie Mekelburger), »etwas Vernünftiges mit dem Geerbten« (Gregor von Opel) anzufangen, überhaupt »etwas daraus zu machen« – das ist der Tenor, geht es um die Frage nach der moralischen Bewertung der unterschiedlichen Herkunft von Vermögen. Die Herkunft allein ist weder moralisch verwerflich noch moralisch zweifelsfrei, sondern es geht darum, was man macht. So sieht denn auch Klaus Mangold, früherer Vorstandsvorsitzender von Quelle und Vorstandsmitglied von Daimler Benz, in der unterschiedlichen Herkunft von Vermögen keinen moralischen Unterschied. »Aber ich sehe schon einen Unterschied in der Qualität der Einstellung. Ich glaube, man hat eine andere Einstellung zu seinem Vermögen, wenn man sich das selbst erarbeitet, praktisch ›green field‹ begonnen und sich ein Vermögen erschaffen hat.« Die Münchner Unternehmerin Maria-Theresia von Seidlein meint, »dass ein selbst erarbeitetes, wirklich von null erschaffenes Vermögen einem eine größere Genugtuung und eine größere moralische Rechtfertigung gibt«. Ähnlich sieht es Andreas Jacobs, Sproß der bekannten deutschen Unternehmerfamilie und selbstständiger Unternehmer, der sein Vermögen teilweise geschenkt bekommen und teilweise selbst erarbeitet hat: »Das selbst erarbeitete Vermögen hat ein anderes Gewicht, wenn es um Verantwortung geht, wenn es um Selbstbestimmung, um sein eigenes Recht geht, damit umzugehen. Die Freiheit, es einzusetzen, ist größer, weil es mehr das eigene ist und nicht das vom Vater übernommene oder geerbte.« Wer nur ein großes Vermögen erbe, ohne selbst unternehmerisch tätig zu sein, im Familienunternehmen mitgewirkt zu haben oder anderweitig aktiv gewesen zu sein, um das Vermögen zu erhalten oder zu vermehren, der habe vielleicht weniger Selbstvertrauen, was sein Vermögen anbelangt, meint Seidlein ergänzend. Patrick Adenauer, der in eine Familie geboren wurde, »in der es kein Vermögen zu vererben gab«, betont, für ihn sei es wertvoll, dass er alles, was er habe, »mehr oder weniger selbst erarbeitet habe«. »Ich weiß nicht, ob ich es moralisch ›schlechter‹ nennen würde, wenn einer sein Vermögen geerbt hat. Ich finde nicht gut, wenn Leute, die etwas erben, nichts daraus machen«, so sein Fazit. Auch bei denen, die Vermögen geerbt oder geschenkt bekommen haben, ist das, was folgt, mit Arbeit verbunden. Nicht immer kann man den Eindruck gewinnen, dass das überall gesehen und verstanden wird. Nur eine recht naive Betrachtung der Verhältnisse kann zu der Sichtweise führen, nach dem Erbe eines Vermögens ließe sich doch umstandslos zum Savoir vivre übergehen. Manche mögen das tun, viele tun es nicht und können es auch gar nicht. Natürlich erleichtert ein Vermögen in materieller Hinsicht vieles, darüber hinaus bedeutet es Arbeit, wenn man es erhalten, weiterentwickeln und an die nachfolgende Generation übergeben möchte. Heinz Dürr berichtet, er habe von seinem Vater die Firma Dürr geerbt. »Das war eine Blechfertigung, eine einfache Firma. Die habe ich ausgebaut zu einem Weltmarktführer für Lackieranlagen und jetzt auch Holzbearbeitungsmaschinen, also Maschinen- und Anlagenbau. Insofern ist das Vermögen durch Arbeit entstanden. Es war für mich nie eine Frage, ob das ein großes Vermögen ist oder nicht. Für mich war entscheidend, dass ich meine Anlagen in der ganzen...


Christian Frhr. v. Bechtolsheim ist ein deutscher Unternehmer und war von 2012 bis 2018 Botschafter des Souveränen Malteserordens in Litauen. Er hat Betriebswirtschaft und Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München studiert. 1987 Diplomkaufmann; in der Folge war er in der Vermögensverwaltung der Matuschka Gruppe tätig sowie in leitenden Funktionen bei der Bayerischen Vereinsbank und Dresdner Bank. Von 1996 bis Juni 2000 Bereichsleiter und Direktor in der DG Capital Management GmbH, der Vermögensverwaltungstochter des DG-Bank-Konzerns. Seit Mitte 2000 Gründungsaktionär und Vorstandssprecher der FOCAM AG, Frankfurt/Main.


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