Becker | Mäßige dich! | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 436, 168 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 190 mm

Reihe: Lindemanns Bibliothek

Becker Mäßige dich!

Ein Selbstgespräch über das gute Leben: Das Allzeit-Alles im Allzeit-Jetzt?
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-96308-246-7
Verlag: Lindemanns VERLAG & AGENTUR
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Ein Selbstgespräch über das gute Leben: Das Allzeit-Alles im Allzeit-Jetzt?

E-Book, Deutsch, Band 436, 168 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 190 mm

Reihe: Lindemanns Bibliothek

ISBN: 978-3-96308-246-7
Verlag: Lindemanns VERLAG & AGENTUR
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Was hat die „Mäßigung“, eine der vier Grundtugenden abendländischen Denkens seit Sokrates, mit einem guten Leben zu tun? Diese Frage beschäftigt den philosophischen Schriftsteller Kurt E. Becker schon seit vielen Jahrzehnten. Die Antworten in seinem neuen Buch überzeugen durch ihre Stringenz in Theorie und Praxis, reichen sie doch von der exemplarisch abschreckenden Maßlosigkeit eines Doktor Faust in Goethes gleichnamiger Tragödie über die Probleme mit der bürokratischen Regulatorik der einschlägigen Klimaverordnung in der Politik bis hin zu der Tatsache, dass eine Weltbevölkerung von zehn Milliarden Menschen eine neue Sicht auf unser aller Existenz nötig macht. Fraglos: eine erkenntnisreiche Lektüre mit großem praktischen Gewinn für die eigene Lebensführung!

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Faust, der Maßlose
Fraglos: Zu den wenigen Highlights meines Schülerdaseins vor vielen Jahrzehnten gehörte die Lektüre von Goethes „Faust“. Eine faszinierende Erfahrung. Weil mein Deutschlehrer zu faul war, seinen Unterricht angemessen vorzubereiten, musste er irgendwie Stunden totschlagen und hatte den Text deswegen als didaktische Notlösung vorlesen lassen, mir dabei die Rolle des Faust zuteilend. Was für ein Glück für mich! Ich hatte die Vorleserei inbrünstig genossen: „Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin und leider auch Theologie durchaus studiert mit heißem Bemühen …“ Fausts zu Recht berühmten Eingangsmonolog fand ich äußerst passend für mich als eine Art Programmatik meines geplanten Studiums. Der „Übermensch“ hat mich seither immer wieder beschäftigt, sei es bei Friedrich Nietzsche als Wertezertrümmerer und Werteschöpfer oder eben bei Johann Wolfgang von Goethes Faust: „Welch erbärmlich Grauen fasst Übermenschen dich“, wie der von Faust beschworene Erdgeist höhnt und vor dessen Anblick Faust erschrickt. Im Laufe meines Lebens habe ich Faust immer wieder aufs Neue und immer wieder aus anderem Blickwinkel gelesen und in unterschiedlichsten Inszenierungen an vielen Bühnen Deutschlands und nicht zuletzt am Goetheanum in Dornach/Schweiz in der Interpretation Rudolf Steiners gesehen. Und das immer mit dem Zugewinn neuer Erkenntnisse. Dem Jugendlichen den größten und bis ins Alter nachhaltigsten Eindruck hatte die Gründgens-Inszenierung am Hamburger Schauspielhaus hinterlassen, die ich allerdings nur als Konserve kannte und kenne mit der filmischen Einspielung eines Atompilzes am Ende der Aufführung als Versinnbildlichung der drohenden Apokalypse, damals eine dramaturgische Sensation. Grandios in dieser Aufführung: Will Quadflieg als Faust und Gustav Gründgens himself als Mephistopheles. Auch heute noch sehenswert! Die Faust-Saga habe ich in verschiedenen Publikationen immer wieder bemüht, zuletzt in meinem Buch „Behaustsein und Hausen“, Faust als Inkarnation des hausenden Menschen schlechthin interpretierend. Nun ein neuer Kontext, eine deswegen andere Perspektive der Interpretation: Faust – der Maßlose. In der Tat kann Doktor Heinrich Faust als Personifizierung weißer männlicher Maßlosigkeit abendländischer Provenienz gedeutet werden. Faust ist maßlos in allem, was er denkt und tut, nichts und niemand vermag ihn aufzuhalten in seiner alle Grenzen missachtenden und überschreitenden Wissens- und Lebensgier. Gescheitert in seinem wissenschaftlichen Erkenntnisstreben sucht er Hilfe im Geisterreich, verbündet sich mit dem Teufel höchstpersönlich, schließt einen Blutsvertrag mit ihm und verpfändet seine Seele. Als Gegenleistung verspricht Mephistopheles: „Euch ist kein Maß und Ziel gesetzt.“ Fausts daran geknüpfte Erwartung: „Lass in den Tiefen der Sinnlichkeit uns glühende Leidenschaften stillen! In undurchdrungnen Zauberhüllen sei jedes Wunder gleich bereit! Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit, in’s Rollen der Begebenheit!“ Schon im Vorspiel auf dem Theater verweist ein Direktor auf die maßlose Vieldimensionalität der Tragödie: „Der Worte sind genug gewechselt, laßt mich auch endlich Taten sehen! … Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen probiert ein jeder, was er mag; drum schonet mir an diesem Tag Prospekte nicht und nicht Maschinen! Gebraucht das groß’ und kleine Himmelslicht, die Sterne dürfet ihr verschwenden; an Wasser, Feuer, Felsenwänden, an Tier und Vögeln fehlt es nicht. So schreitet in dem engen Bretterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus und wandelt mit bedächtger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle!“ Der Weg ins Allzeit-Alles im Allzeit-Jetzt ist für Faust dank mephistotelischer Dienstleistung geebnet. Zu dieser Dienstleistung gehört zunächst eine Verjüngungskur mithilfe eines Zaubertranks, den Faust in einer Hexenküche verabreicht bekommt. Verjüngt eilt er dann mit dem Teufel höchstpersönlich von einer Sensation zur nächsten, vor allem im ewig Menschelnden eine Schleifspur von Not und Verzweiflung hinterlassend. Der Zaubertrank hatte nicht zuletzt seine Libido aufs Äußerste gesteigert: „Du siehst mit diesem Trank im Leibe bald Helenen in jedem Weibe“, bringt Mephistopheles faustisch sexuelle Begierde auf den Punkt. Heinrich Fausts Objekt der Begierde ist Margarete, Gretchen gerufen. Der Dialog, der sich zwischen Faust, Margarete und Mephistopheles entwickelt, nachdem Faust Margarete auf der Straße flüchtig begegnet war, ist gar zu schön, exemplifiziert darüber hinaus Faustens Lüsternheit und seine maßlose Forderung nach dem Allzeit-Alles des Begehrens im Allzeit-Jetzt des Augenblicks. Faust: Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen? Margarete: Bin weder Fräulein, weder schön, kann ungeleitet nach Hause gehn. Faust, nachdem Margarete sich von seinem Zugriff befreit hat und von der Bühne abgetreten ist: Beim Himmel, dieses Kind ist schön! So etwas hab’ ich nie gesehn. Sie ist so sitt- und tugendreich, und etwas schnippisch doch zugleich. Der Lippe Rot, der Wange Licht, die Tage der Welt vergess’ ich’s nicht! Wie sie die Augen niederschlägt, hat tief sich in mein Herz geprägt; wie sie kurz angebunden war, das ist nun zum Entzücken gar! Zu Mephistopheles, der nun die Szene betritt: Hör, du musst mir die Dirne schaffen! Mephistopheles: Nun, welche? Faust: Sie ging just vorbei. Mephistopheles: Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen, der sprach sie aller Sünden frei; ich schlich mich hart am Stuhl vorbei. Es ist ein gar unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging; über die hab ich keine Gewalt! Faust: Ist über vierzehn Jahr doch alt. Mephistopheles: Du sprichst ja wie Hans Liederlich, der begehrt jede liebe Blum für sich, und dünkelt ihm, es wär kein Ehr und Gunst, die nicht zu pflücken wär; geht aber doch nicht immer an. Faust: Mein Herr Magister Lobesan, lass Er mich mit dem Gesetz in Frieden! Und das sag ich Ihm kurz und gut: Wenn nicht das süße junge Blut heut Nacht in meinen Armen ruht, so sind wir um Mitternacht geschieden. „Lass er mich mit dem Gesetz in Frieden“: An Gesetze, welcher Art auch immer, fühlt Faust sich nicht gebunden. Keine Spur von Mäßigung bei unserem Übermenschen. Er macht seine eigenen Gesetze, lebt nach eigenem Maß, ohne Rücksicht auf andere. So zeitigt denn Fausts maßlos lüsternes Begehren im ersten Teil der Tragödie immerhin drei Tote: Valentin, den Bruder Margaretes, von Faust erstochen; das von ihm gezeugte und von der Mutter getötete Kind und Margarete, des Kindsmords wegen zum Tode verurteilt und von Faust schmählich im Stich gelassen. Im Kerker auf die Vollstreckung ihres Todesurteils wartend, schleudert Gretchen dem Doktor entgegen: „Heinrich, mir grauts vor Dir!“ Fausts Maßlosigkeit sprengt alle Dimensionen irdischen Seins, seine psychedelische Tour mit Mephistopheles lässt denn auch alles Zeitliche hinter sich, er ist im Allzeit-Jetzt unterwegs: „Dasein ist Pflicht, und wär’s ein Augenblick.“ Von der Fortsetzung seines Egotrips erfahren wir im zweiten Teil der Tragödie. Ich beschränke mich auf die wesentlichen Etappen dieses Trips, soweit sie für Fausts Maßlosigkeit von Relevanz sind und Zeugnis davon ablegen. Zunächst erleben wir Faust als „Kapitalisten“. Goethe, selbst ehemals Finanz- und Wirtschaftsminister am Hof zu Weimar, lässt den höchsten Repräsentanten des Staates, den Kaiser, Folgendes ausrufen: „Es fehlt das Geld. Nun gut, so schaff es denn!“ Faust und Mephistopheles sind bereitwillig zur Stelle, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Sie erfinden Papiergeld. Mit diesem Papiergeld wird ein Kapitalmarkt in des Wortes moderner Bedeutung etabliert – mit allen uns geläufigen Implikationen. Goethe nimmt vor mehr als 200 Jahren vorweg, was uns in seinen maßlosen Konsequenzen als Krisenszenario seit einigen Jahren weltweit begleitet. Allerdings wird bei Goethe das Anwerfen der Notenpresse immerhin als Possenreißerei entlarvt, als Teufelswerk, das den Lauf der Welt und der Dinge in ihr unaufhaltsam und umfassend verändert, der Realität des Natürlichen, aber auch des kultürlichen Seins und Werdens eine virtuelle Dimension des Geldes und damit der Spekulation überstülpend. Maßlosigkeit in Reinkultur also, die Grenzen der realen Welt neu vermessend und ins Ungewisse transferierend. Mäßigung am Kapitalmarkt? Im Gegenteil. Eine ungebremste Maßlosigkeit heutzutage völlig neudimensioniert durch die Krypto-Währungen, der Casino-Mentalität des Kapitalmarktes völlig neue Dimensionen eröffnend. Und an den Spieltischen Glücksritter vom Schlage eines Mephistopheles. Auch die Technologie, speziell die Gentechnologie, kommt im Faust nicht zu kurz. In „Dichtung und Wahrheit“ kommt Goethe selbst auf seine Motivation für diesen „Ausflug“ zu sprechen: „Auch ich hatte mich in allem Wissen umhergetrieben und war früh genug auf die Eitelkeiten desselben hingewiesen worden. Ich hatte es auch im Leben auf allerlei Weise versucht und war immer unbefriedigter und gequälter zurückgekommen …“ In seiner Tragödie nun führt Goethe uns bereits vor 200 Jahren in die Welt der künstlichen Intelligenz und Robotik ein. Wagner, Fausts Famulus, schafft nicht Geringeres als einen künstlichen Menschen. Wagner zu Mephistopheles: „Es wird ein Mensch gemacht.“ Und dieser künstliche Mensch, Homunkulus, lässt sich folgendermaßen...


Becker, Kurt E.
Dr. Phil. Kurt ?E. Becker, Journalist, Kommunikationsprofi, Medien- und Executivecoach für Führungskräfte der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens, ist in der Medienbranche in unterschiedlichen Funktionen aktiv. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher zur Frage des Menschseins in unserer Zeit.



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