E-Book, Deutsch, 199 Seiten
Bentner / Jung Resilient durch Krisen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8497-8397-6
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Führungskräfte und Teams schwierige Zeiten bewältigen
E-Book, Deutsch, 199 Seiten
Reihe: Beratung, Coaching, Supervision
ISBN: 978-3-8497-8397-6
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Krisen gibt es zu allen Zeiten, und sie treffen Einzelne ebenso wie Gruppen und Teams. Für ihre Bewältigung ist es entscheidend, die eigene Resilienz zu entdecken, bewusst wahrzunehmen und nach Möglichkeit zu stärken.
Ariane Bentner und Jan P. Jung führen zu diesem Zweck das Resilienzkonzept mit weiteren vielversprechenden interdisziplinären Ansätzen zusammen, darunter Krisenkonzepte, systemische Konflikttheorie und agile Ansätze. Auf dieser theoretischen Basis zeigen Fallbeispiele aus der Beratungspraxis, wie systemische Methoden einen lösungsfokussierten Umgang mit Krisen ermöglichen.
Beratende, Coachs, Führungskräfte und Teams, die Krisen durchleben und begleiten müssen, finden hier einen leichtgewichtigen Einstieg in das Thema individuelle und organisationale Resilienz und einen verlässlichen Kompass durch die "VUKA-Welt". Die farbenfrohen Illustrationen von Jan P. Jung tragen dazu wesentlich bei und machen das Lesen auch zu einem optischen Genuss.
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Vorwort
Verschwende nie eine gute Krise. Winston Churchill Das Thema Resilienz beschäftigt und begleitet uns in Theorie und Praxis schon viele Jahre. Wir erinnern uns: Vor ca. zehn Jahren wurden wir als systemisch und lösungsorientiert arbeitende Unternehmensberatung erstmals von einem Infrastruktur-Dienstleister und Flughafenbetreiber beauftragt, ein Konzept zu entwickeln, das den Mitarbeitenden und Führungskräften helfen sollte, auch schwierigste Herausforderungen im beruflichen Alltag zu bewältigen, ohne in übermäßigen Stress oder unnötige Konflikte zu geraten. Agilität und der Umgang mit Komplexität und Ungewissheit war das Personal dieses Konzerns schon lange gewohnt, denn der Konzern lebt als Flughafen von seiner Kernkompetenz, schon aus Gründen der Sicherheit extrem schnell und flexibel auf relevante Umweltereignisse reagieren zu können. Was damals fehlte, war ein deeskalierender Umgang des Personals mit sehr aggressiven Passagieren in Extremsituationen – wenn diese zum Beispiel frühmorgens nach einem langen Nachtflug aus Südamerika am Flughafen stundenlang auf ihre Koffer warten mussten und nicht wussten, warum. Informationen gab es keine, das menschliche Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle wurde dadurch massiv verletzt, der Stresslevel stieg, und es kam zu verbalen Eskalationen … Dass das lange Warten etwas mit den Kontrollaktivitäten beim Zoll wegen möglicher Drogentransporte zu tun haben könnte, blieb eine – ebenfalls aus Sicherheitsgründen – unbestätigte Hypothese, zu der sich das Personal nicht äußern durfte, was bei den Flugreisenden verständlicherweise zu großem Verdruss führte. Es kam daher fast immer zu verbalen Eskalationen und Konflikten zwischen den völlig übermüdeten, gestressten und aufgebrachten Passagieren, die nur noch nach Hause wollten, und dem ebenfalls durch extreme Schichtarbeit belasteten Flughafenpersonal, das das Ende dieser Nachtschichten herbeisehnte und sich nicht mehr rollenadäquat verhalten konnte. In unserem Projekt ging es also sowohl um das Entwickeln eines Konzeptes zum Selbst- und Stressmanagement des Personals in Extremsituationen als auch um das Finden angemessener Verhaltensweisen in Ausnahme- und Krisensituationen. Das Ergebnis war ein gemeinsam mit den Führungskräften entwickeltes Konzept zur Stärkung der Resilienz aller Beteiligten, das später ins mittlerweile preisgekrönte BGM-Angebot1 des Konzerns aufgenommen wurde. In der Folge ging es bei unserer Beratungsarbeit immer wieder darum, wie Menschen in herausfordernden Situationen und Krisen handlungs- und arbeitsfähig bleiben können und was Unternehmen oder Organisationen dazu beitragen können. Insbesondere die besonders belasteten Berufsgruppen aus den helfenden und psychosozial beratenden Berufen, aber auch das Gesundheitspersonal steht bei diesem Thema seither im Zentrum unserer Fortbildungs- und Beratungstätigkeit. Dabei herrscht ja an Krisen kein Mangel: Finanzkrise, Terrorismus, Klimawandel und Umwelt, Corona – nach der Krise ist vor der Krise, so scheint es. Was genau bedeutet Krise eigentlich? Im Griechischen bedeutet krisis so viel wie »Beurteilung«, »Zuspitzung« oder »Entscheidung«. Im Lateinischen wurde daraus crisis, was bei uns vor allem medizinisch konnotiert ist und sich etwa übersetzen lässt mit »Wende- oder Höhepunkt einer bis dahin kontinuierlich verlaufenden Entwicklung. […] In ihren ursprünglichen Bedeutungen ist die Krise also ein Zeitpunkt oder eine nicht besonders lang anhaltende Phase der Entscheidung mit ungewissem Ausgang: Nach der Krise kann es besser oder schlechter werden« (Urner 2021, S. 20). Auch uns selbst hatte die Corona-Krise zu Beginn kalt erwischt: Persönliche Krisen haben wir ebenso durchlebt wie viele andere Menschen auch. Wir mussten plötzlich lernen, Krisenmanagement für uns selbst zu betreiben, Beratung von analog auf remote umzustellen, um als kleines Unternehmen zu überleben. Das war sehr anstrengend und hat zunächst viele Widerstände ausgelöst. Kurz nach dem ersten Lockdown im März 2020 hatten wir vorsichtig mit dem Schreiben begonnen – damals noch ohne genaues Ziel. Irgendwann nahmen wir die Pandemie einfach als »Begleitmusik« und Gelegenheit, um unsere Erfahrungen, Konzepte und Methoden zum Umgang mit Krisen in der Arbeitswelt hier mit unseren interessierten Lesern und Leserinnen zu reflektieren und zu teilen, uns durch die Arbeit an diesem Buch auf sinnvolle Weise zu beschäftigen und Geduld und Zuversicht zu lernen. Dabei wollen wir hier für ein etwas anderes Verständnis von Krise werben: Durch die Globalisierungsfolgen, die Beschleunigung unseres Lebenstempos, den Klimawandel, gestiegene Anforderungen in Ausbildung und Beruf, Vereinbarkeitsproblematiken, Fluch und Segen der neuen Homeoffice-Arbeitswelt, den permanenten Veränderungsdruck in Organisationen usw. hat das Erleben von Krisen – auch jenseits von Pandemien – eine gewisse Normalität angenommen, so unser Befund. Diese Normalität mag nicht schön sein und sie macht auch häufig wenig Spaß, aber wir müssen sie so hinnehmen und schauen, wie wir so gut und so gesund wie möglich mit ihr umgehen können. Unser Gehirn bietet uns die Voraussetzungen dafür – so viel sei vorab schon verraten. Wir wollen ein anregendes Fachbuch für Menschen vorlegen, die sich professionell mit dem Management von Krisen befassen und die dabei einen Mix von theoretischen Hintergrundkonzepten, Fallbeispielen aus unserer Beratungspraxis und praktischen Methoden zum Handling von Krisen schätzen. Der Fokus dieses Buches liegt klar auf der Resilienz in Krisen im Kontext von Führung und Teams in Organisationen. Der systemische Ansatz in seinen vielen Facetten zieht sich als roter Faden durch das Buch, auch wenn wir hie und da interdisziplinäre Abstecher in andere wissenschaftliche Gefilde unternommen haben. Die Illustrationen von Jan P. Jung sollen für Abwechslung sorgen und das Lesen zu einem optischen Genuss machen. Wir haben uns dem Thema Resilient durch Krisen aus verschiedensten Richtungen angenähert: Kapitel 1 widmet sich zunächst den »Chancen und Risiken von Krise(n)«. Hier erfolgt eine erste Hinführung zum Thema, eine neurowissenschaftliche Selbstaufklärung darüber, was Krisen bei uns Menschen (und in Organisationen) an Gefühlen, Impulsen und Verhaltensweisen auslösen können, systemische Sichtweise(n) auf Krisen als evolutionäre »Normalfälle«, Ermutigungen zum Rückgriff auf verfügbare Ressourcen als Handlungsstrategie in Krisen, Dos und Don’ts für Menschen in Organisationen und natürlich auch – mit der aus der Tiefenpsychologie Fritz Riemanns entlehnten »Landkarte der Befürchtungen« – ein erstes Interventionsinstrument, das sich auch in die systemische Beratungspraxis gut integrieren lässt. Ein Exkurs ins Gebiet der Stressforschung darf hier natürlich nicht fehlen, damit bestimmte Verhaltensweisen in der Krise besser verstehbar werden. In Kapitel 2 geht es um »Krisen aus systemischer Sicht – Strategien zur Konfliktbewältigung«. Das Feld der Konfliktarbeit wird bisher in Theorie und Praxis überwiegend von anderen – eher interdisziplinär aufgestellten – Konzepten wie der Mediation bestellt. Fritz B. Simon (2018) hat Grundzüge einer systemischen Konflikttheorie erarbeitet, die wir hier vorstellen und methodisch garnieren wollen. Unser Praxisfokus liegt hier bei Fallbeispielen aus dem Non-Profit-Bereich, weil dieser für bestimmte Konfliktkonstellationen aufgrund ihrer strukturellen Verfasstheit besonders anfällig zu sein scheint. Die Konflikt-Matrix und andere systemisch-lösungsfokussierte Methoden runden das Kapitel ab. Im Kapitel 3 »Resilienz als menschliche Kernkompetenz in Krisen« haben wir versucht, den aktuellen Forschungsstand zu diesem immer bedeutsamer werdenden Thema aufzubereiten. Hier geht es um eine Hinführung zur Entstehung von Resilienz als Paradigma menschlicher Ressourcen – weg von der Sicht auf Fehler und Defizite hin zum Bewusstsein von Resilienz als Widerstands- und Überlebenskraft gerade in Krisen. Risiko- und Schutzfaktoren werden analysiert, Methoden zum Resilienztraining für Menschen in Organisationen oder im klinischen Bereich werden vorgestellt. Kapitel 4 »Resilienz in Organisationen« widmet sich der durch die aktuellen Krisen virulenter und drängender gewordenen Frage, wie Organisationen ihre Resilienz stärken und ihr Personal gesund halten können. Im letzten, Kapitel 5 gehen wir schließlich der Frage nach, wie wir mit den »Chancen und Risiken der Beschleunigung« – wie wir sie u. a. aktuell unter dem Stichwort Digitalisierung erleben – umgehen können, was das für Führungskräfte und Teams bedeutet und wie auch große und alte Organisationen ihre...