E-Book, Deutsch, Band 5, 128 Seiten
Reihe: Tillas Eifel-Ermittlungen
Berenz Landluft, Mord und Eifelglück: Der doppelte Tote
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-5001-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein charmanter Eifel-Krimi mit Amateur-Ermittlerin
E-Book, Deutsch, Band 5, 128 Seiten
Reihe: Tillas Eifel-Ermittlungen
ISBN: 978-3-7517-5001-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Björn Berenz ist in der Eifel zu Hause. Geboren 1977 in Koblenz, lebt er seit vielen Jahren mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in der Vulkaneifel. Als Autor beschäftigt er sich mit vielen Themen, von fantastischen Geschichten über Kinder- und Jugendbücher bis hin zu Krimis. Aber die Romane um Tillas Ermittlungen mit ihrem fahrenden Krämerladen nehmen einen besonderen Platz in seinem Herzen ein - beginnen sie doch direkt vor seiner Haustür ...
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Kapitel 2
Kopfüber stürzte Tilla sich in ihren Transporter, suchte nach dem Handy, das sie eben noch am Ohr gehabt hatte. Sie war so aufgeregt, dass sie zunächst im Seitenfach der Fahrertür suchte, dann im Handschuhfach, bloß, um das Handy schließlich auf dem Beifahrersitz liegen zu sehen. Blitzschnell nahm sie es zur Hand und betrachtete irritiert den schwarzen Bildschirm, bis ihr wieder einfiel, dass der Akku leer war. »Verflucht!«, schimpfte sie erneut. In ihrer Ratlosigkeit lehnte sie sich gegen das Seitenwellblech ihres Transporters. »Wenn man einmal das Handy braucht.« Schnaubend verfrachtete sie es in die Hosentasche, schnappte sich den Feuerlöscher, der unter dem Fahrersitz verstaut war, und eilte zurück zum Cabrio. Mit zwei gezielten Stößen unter die Motorhaube erstarb die Rauchsäule. Ihre Gedanken rasten. »Ich muss die Unfallstelle absperren«, sprach sie mit sich selbst. Sie wollte wieder zurück zum Transporter, um das Warndreieck herauszukramen. Wo habe ich das denn verstaut? Doch ihr Blick fiel im Umdrehen auf die Leiche. Sie blieb stehen, zwang sich dazu, den Mann genauer anzuschauen. Das auf dem Lenkrad ruhende Gesicht wurde verdeckt von grauen Haaren, die von dem Blut verklebt waren, das aus einer tiefen Wunde an seiner Schläfe rann. Sein Oberteil, ein dunkles Poloshirt, war von Glassplittern übersät, die im ersten Morgenlicht glitzerten. Sie trat noch näher an ihn heran und legte Zeige- und Mittelfinger auf den Hals des Mannes. Obwohl sie keinen Zweifel an seinem Zustand hatte, versuchte sie einen Puls zu ertasten. Sie fand ihn nicht. Der Mann war mausetot. Mit einem tiefen Atemzug riss sie sich zusammen und zog ihn vom Lenkrad weg, brachte den Oberkörper in eine aufrechte Position. Der Kopf fiel wie der einer Stoffpuppe nach hinten und gegen die verrutschte Kopflehne. Blasse Augen starrten ins Nichts oder vielmehr direkt auf den Baum, der diese Fahrt beendet hatte. Tilla hoffte, dass dieser Mann beim Aufprall wenigstens sofort tot gewesen war. Es war ein älterer Mann, sie schätzte ihn auf Ende fünfzig. Womöglich auch ein wenig jünger. Die Haare waren durchzogen von vielen kleinen Glassplittern, die ziemlich sicher von der zerborstenen Windschutzscheibe stammten und in der aufgehenden Sonne funkelten wie kleine Diamanten. Sie riss sich vom Anblick des Toten los und setzte sich wieder in Bewegung. An ihrem Transporter angekommen, öffnete sie die Heckklappe und fand das Warndreieck unter einer Apfelkiste. Damit lief sie einige Meter zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war, und stellte das Dreieck gut sichtbar hinter der nächsten Kurve auf. Noch immer war weit und breit kein anderer Verkehrsteilnehmer zu sehen. »Ich muss Hilfe holen!«, sprach sie mit dem nächstgelegenen Baum. »Aber wo?« Sie befand sich mitten im Nirgendwo. Bis nach Adenau waren es noch sieben Kilometer. Das letzte Dorf, an dem sie vorbeigefahren war, lag mindestens genauso weit weg. Sie überlegte, welche Richtung die sinnvollere war, als ihr einfiel, dass sie vorhin an einem Bauernhaus vorbeigekommen war. Und zwar in etwa zu dem Zeitpunkt, als sich ihr Handyakku verabschiedet hatte. Ohne länger zu überlegen, kletterte sie in den Transporter, drehte den Zündschlüssel und wendete in fünf Zügen. So schnell es der untermotorisierte Motor zuließ, tuckerte sie die Landstraße zurück. Gerade, als sie sich mit dem Gedanken anfreundete, sich das Bauernhaus nur eingebildet zu haben, und überlegte, wieder umzukehren, sah sie es zwischen den Tannen aufblitzen. Sie verlangsamte die Fahrt, um die kleine Abbiegung nicht zu verpassen, die von der Straße zu dem weißen Haus führte. Der Weg war nicht asphaltiert, sondern mündete sofort in einen Schotterweg, der ein wenig bergab in einer sanften Rechtskurve genau vor dem Anwesen endete. Tilla lenkte ihren HY bis auf den Hof, schaltete den Motor aus und stieg aus. Kaum hatte sie einen ersten Schritt auf die Tür zu gemacht, wurde diese geöffnet, und zum Vorschein kam eine überraschend junge Frau mit lebhaften blauen Augen und lockigem, kastanienbraunem Haar. Sie kam Tilla mit wogendem Schritt und einem Lächeln auf den Lippen entgegen. »Haben Sie sich verfahren?«, fragte sie gut gelaunt. »Ich habe kein Gemüse bestellt.« »Wie?« Tilla sah sie verwundert an. »Ach so, der Wagen.« Sie winkte ab und trat ihr entgegen. »Ich liefere kein Gemüse«, erklärte sie kurzatmig. »Es gab einen schweren Autounfall, mit einem Toten. Nur wenige Kilometer von hier entfernt die Straße hinunter, und mein Handy ist leer.« Das Lächeln im Gesicht der jungen Frau erstarb. Gleichzeitig öffnete sich ihr Mund, schloss sich aber ebenso schnell wieder. »Das … das ist ja schrecklich.« Tilla nickte. »Und ob es das ist. Dürfte ich vielleicht Ihr Telefon benutzen? Ich bin übrigens Tilla.« »Aber … klar, natürlich. Ich heiße Irena.« Sie trat zur Seite und winkte Tilla heran. »Komm mit rein.« Als Tilla durch die Tür in das Haus trat, war sie einmal mehr erstaunt, weil es im Inneren genauso aussah, wie sie es sich von außen vorgestellt hatte – bevor Irena ihr entgegengetreten war. Der gesamte Flurbereich war mit dunklem Holz vertäfelt, und aus jeder Ecke starrte ihr ein ausgestopftes Tier entgegen. »Das ist das Haus meiner Großeltern«, erklärte die junge Frau ungefragt. »Ich habe es vor einiger Zeit geerbt und sehe hin und wieder nach dem Rechten.« Sie deutete nach rechts und schlug diese Richtung ein. »Das Festnetztelefon befindet sich im Wohnzimmer.« Auch hier wimmelte es von toten Tieren. Auf der riesigen Fensterbank sah Tilla einen Fuchs in Lauerstellung. Und überall an den Wänden hingen Geweihe von Hirschen in allen erdenklichen Größen. Über einem Kamin erkannte sie sogar das Geweih eines Zwölfenders. »Den hat mein Opa selbst erlegt«, erklärte die Hausbesitzerin. »Darauf war er mächtig stolz.« Ihrer Stimme war nicht anzuhören, was sie davon hielt. Stolz schwang jedoch eindeutig nicht darin mit, wie Tilla fand. »Er war Jäger.« Tilla nickte versonnen. »Wie unschwer zu erkennen ist.« »Hier ist das Telefon, bitte schön.« Sie deutete zur Seite, wo ein grüner Wahlscheibenapparat auf einem Platzdeckchen stand, eingehüllt in einen Überzug aus Brokat mit Bommeln. Zuletzt hatte Tilla Derartiges in ihrer Kindheit gesehen. Sie wählte die Nummer der Dienstwache in Elzbach, die sie sich eine ganze Weile lang auf der großen schwarzen Scheibe zurechtdrehen musste. »Hauptkommissar Engel, was kann ich …?« »Ben!«, schrie sie ihm entgegen. »Ich bin’s, Tilla!« »Du?«, kam es überrascht zurück. »Aber was ist das denn für eine Nummer, von der du mich anrufst?« »Mein Handy ist leer, und ich bin in einem fremden Haus. Es ist ein Notfall. Ich habe einen Autounfall gesehen. Es gibt einen Toten.« »Das ist ja schrecklich! Doch nicht etwa jemand, den wir kennen?« »Nein, zum Glück nicht, aber …« »Wo steckst du denn? Wo ist der Unfall passiert?« Tilla nahm tief Luft und schilderte ihm, wo sie war. Die Erwiderung darauf überraschte sie. »Das ist ja gar nicht unser Zuständigkeitsgebiet«, kam es ein wenig ruppig aus dem Hörer. »Da musst du dich an die Dienststelle von Adenau wenden.« »Aber …« »Nichts aber, Tilla. Ich komme hier um vor Arbeit, weiß nicht, wo mir der Kopf steht.« Ein tiefes Schnaufen schraubte sich durch die Leitung. »Du hast keine Vorstellung davon, welch ein heilloses Durcheinander mir Marhöfer hinterlassen hat.« »Aber …« »Adenau«, sagte Ben wieder. »Die sind zuständig. Moment, ich geb’ dir die Nummer.« Tilla nahm sie wie in Trance entgegen und brachte ein »Tschüss dann« viel zu spät zustande, weil Ben bereits aufgelegt hatte. Von der Seite bemerkte sie den schrägen Blick der jungen Frau neben ihr. »Männer«, meinte diese mit einem schiefen Grinsen und brachte damit alles auf den Punkt, was es zu sagen gab. Also wählte Tilla die Nummer der Adenauer Polizeistation. Dort schilderte sie einer freundlichen männlichen Stimme erneut, was sie gesehen hatte. Da sie den genauen Standort des Unfalls nicht benennen konnte, einigte man sich darauf, dass eine Polizeistreife, die ohnehin gerade unterwegs war, sie am Haus einsammeln und Tilla ihnen den Weg zeigen würde. Damit war auch dieses Gespräch beendet. Tilla legte den Hörer auf die Gabel. »Einen Kaffee?«, fragte Irena. »Ich habe eben welchen aufgesetzt.« »Gern!« Hinter Irena betrat sie eine geräumige Landküche, Eiche rustikal, wo eine nicht minder altertümliche Kaffeemaschine vor sich hin gurgelte. »Ich kann dir leider nur Filterkaffee anbieten«, sagte Irina entschuldigend und goss die dampfende schwarze Flüssigkeit in zwei Tassen. »Außerdem mag ich es recht stark.« Grinsend nahm Tilla die Tasse entgegen. »Dann ist das genau meine Sorte.« »Das Unfallauto ist ein altes rotes Mercedes Cabriolet, hast du am Telefon gesagt?«, begann Irena das Gespräch und runzelte die Stirn. »Und auch deine Beschreibung des Toten. Das könnte der Menzenbach sein.« Das Gesicht der jungen Frau verlor kurzzeitig jede Farbe. »Dieter. Er fährt solch ein Auto.« »Kanntest du ihn gut?« Sie schüttelte eifrig den Kopf. »Adenau ist nicht groß, da kennt jeder jeden, zumindest über mehrere Ecken. Dieter ist aktiv im Schützenverein. Er hat seine eigene Autowerkstatt im Dorf.« Kurz zögerte sie, sah sie Tilla über den Kaffeebecher hinweg fragend an. »Oder hatte?« In diesem...