E-Book, Deutsch, Band 4, 136 Seiten
Reihe: Tillas Eifel-Ermittlungen
Berenz Landluft, Mord und Eifelglück: Ein tödliches Fest
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7517-5000-4
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein charmanter Eifel-Krimi mit Amateur-Ermittlerin
E-Book, Deutsch, Band 4, 136 Seiten
Reihe: Tillas Eifel-Ermittlungen
ISBN: 978-3-7517-5000-4
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Björn Berenz ist in der Eifel zu Hause. Geboren 1977 in Koblenz, lebt er seit vielen Jahren mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in der Vulkaneifel. Als Autor beschäftigt er sich mit vielen Themen, von fantastischen Geschichten über Kinder- und Jugendbücher bis hin zu Krimis. Aber die Romane um Tillas Ermittlungen mit ihrem fahrenden Krämerladen nehmen einen besonderen Platz in seinem Herzen ein - beginnen sie doch direkt vor seiner Haustür ...
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
»Ich kann nicht glauben, dass wir das wirklich machen!« Tilla pustete sich eine Strähne aus ihrer Stirn, die sich unter der Bommelmütze befreit hatte. »Nicht meckern, mit anfassen«, ermahnte Joos sie keuchend. »Das Teil ist furchtbar schwer.« Und so wuchteten sie zu zweit den riesigen Tannenbaum aus ihrem Transporter, der nicht nur schwer, sondern mit seinen drei Metern auch enorm lang war. Sie hatten die Hecktüren offen lassen und eine rote Fahne befestigen müssen, um ihn sicher nach Hause zu transportieren. Und da er nicht nur schwer und lang war, sondern auch Nadeln hatte, die piksten, stand ihre Mutter natürlich nur daneben, statt ebenfalls zu helfen. Immerhin gab sie dem rückwärtsgehenden Joos Navigationsanweisungen. »Etwas mehr links und jetzt nach vorn, Achtung – Schlagloch! Ja, so ist gut.« Ächzend, stöhnend und keuchend befreiten sie das Monstrum von Baum aus Tillas Transporter. »Weißt du, Renate.« Obwohl sie eine gewisse Wut im Bauch verspürte, war Tilla um einen freundlichen Tonfall bemüht. »Es wäre einfacher, wenn du mit anpacken würdest.« Erbost streckte ihre Mutter die in dünnen Wollhandschuhen steckenden Hände aus. »Du weißt doch, wie empfindlich meine Haut ist«, beschwerte sie sich. »Von den piksenden Nadeln bekomme ich jede Menge rote Pünktchen, die dann wie verrückt jucken.« Joos sah sie vorwurfsvoll an. »Dann hättest du dir besser mal einen Baum mit Nadeln aussuchen sollen, die nicht piksen.« »Das hätte ich natürlich tun können, aber dann wäre es kein so schöner Baum.« Nun schnaufte Tilla, denn genau das war ja das Problem dieses Monsterbaumes. Er war nicht schön genug. Zumindest nicht in den kritischen Augen ihrer Mutter. Die klatschte zweimal in die Hände, was mit den Wollhandschuhen ziemlich dumpf klang. »Kommt schon, ich habe nicht den ganzen Nachmittag Zeit. Außerdem wird das Wetter immer ungemütlicher.« Sie hob den Kopf und stellte den riesigen Kragen ihres bunt gefilzten Winterponchos auf. Tilla sparte sich den Kommentar, dass sie auch dickere Handschuhe hätte anziehen können, um zu helfen. Auf ein Nicken hin hoben sie und Joos den Baum erneut an und stapften mühsam durch das frische Schneeflockengestöber. Es war der erste Schnee in diesem Winter, und obwohl es erst Mitte Dezember war, war es bereits so kalt, dass er als zuckrige Schicht auf dem Boden liegen blieb. Renate ging voraus und führte sie zwischen den geparkten Autos hindurch, den schneebedeckten Pfad entlang, der geradewegs zum Bauernhof führte. Dieser war weihnachtlich geschmückt und gespickt mit bunt blinkenden Lichterketten, die sich an der hohen Mauer entlangzogen. Überhaupt hingen überall bunte Lichterketten, die hektisch blinkten, was dem Bauernhof allerdings weniger ein weihnachtliches Flair als eher das Ambiente einer Kirmes verlieh. Inmitten des Hofes standen Reihen unzähliger Tannenbäume, die in ordentlichen Linien der Größe nach angeordnet waren. Sich am Baum abschleppend, traten sie durch die Einfahrt. Tilla erblickte einen Stand am Rand des Hofes, an dem Glühwein verkauft wurde. Der würzige Duft von Zimt und Nelken wehte in der kalten Luft zu ihnen herüber. Kinder spielten im Schnee, während ihre Eltern sich die Bäume ansahen oder sich am Glühweinstand aufwärmten. Doch auch hier wurde jedweder Anflug einer vorweihnachtlichen Stimmung zunichtegemacht, weil aus den Boxen Musik dröhnte, die so gar nicht in diese winterliche Atmosphäre passen wollte. Es waren Reggaeklänge. Ein Mann mit dicker Daunenjacke und Gummistiefeln näherte sich ihnen. Er hatte eine Baumwollmütze tief ins Gesicht gezogen, die er sich nun nach hinten schob und eine hohe Stirn preisgab, als er unmittelbar vor ihnen zum Stehen kam und sie unsicher anlächelte. »Hallo«, sagte er. »Ich bin Erik Nolden, der Hofbesitzer.« Er rieb sich die Hände, vermutlich der Kälte wegen. Aus dem unsicheren Lächeln wurde ein belustigtes Grinsen. »Bringt ihr euren eigenen Baum zum Weihnachtsbaumverkauf mit?« Er neigte spielerisch den Kopf. »Ich fürchte, ihr habt da etwas falsch verstanden.« Nun lachte er aufrichtig, doch weder Renate noch Joos und schon gar nicht Tilla schlossen sich dem an. Tilla ließ den Baum einfach los, sodass die Spitze im Schnee landete, direkt vor den Füßen des Bauernhofbesitzers. »Wir sind hier«, übernahm Renate die Wortführung, »weil wir diesen Baum umtauschen wollen.« Mit dem Wollhandschuh zeigte sie auf den Baum und nickte Joos zu, der ihn ächzend in die Höhe wuchtete. »Umtauschen?«, wiederholte der Bauer und hörte endlich mit seinem Gegrinse auf. »Ganz genau!«, beharrte Renate. »Aber … warum?« Er fuhr sich mit der Hand unter die Mütze und kratzte sich am arg nach hinten gerutschten Haaransatz. »Weil ich mich eben umentschieden habe. Er passt so gar nicht in die Feng-Shui-Ausrichtung meines Wohnzimmers.« Deines Wohnzimmers?! Tilla horchte auf und bekam mit, dass auch Joos Kopf überrascht in ihre Richtung zuckte. »Feng-Shui«, wiederholte der Mann leise und betrachtete den Baum zum ersten Mal ausgiebig, als versuchte er diesen Begriff damit in Einklang zu bekommen. Den verkrampften Zügen nach zu urteilen, schien es ihm nicht so recht zu gelingen. Renate jedoch zeigte sich gänzlich unbeeindruckt von seinem offensichtlichen Unbehagen und sprach von Harmonie und perfekter Ausrichtung, während Tilla sich die Superkraft herbeiwünschte, sich in Luft auflösen zu können. Warum hatte sie sich darauf eingelassen, bei dieser Umtauschaktion zu helfen? Als Renate mit ihrer Ausführung fertig war, sah sie den Mann ernst an. »Es gibt doch wohl auch bei Bäumen ein zweiwöchiges Umtauschrecht?« Mit dieser Frage schien er nun vollkommen überfordert. »Ich glaube nicht, dass es das gibt«, flüsterte Tilla ihr hinter vorgehaltener Hand zu, aber dennoch so laut, dass auch der Mann sie hörte. »Soweit ich weiß, sind Naturprodukte wie Pflanzen und Bäume von jeglichem Umtausch ausgeschlossen.« Der Bauer nickte dankbar. »Ganz genau!« Renate hingegen befeuerte ihre Tochter mit Todesblicken. Erik trat einen Schritt auf den Baum zu und betrachtete ihn genau. »Nun, in Ihrem Fall würde ich gerne eine Ausnahme machen und den Baum dennoch zurücknehmen.« Er sah Renate und Joos abwechselnd an. »Bloß stammt dieser Baum nicht von meiner Schonung. Und deshalb kann ich ihn auch nicht zurücknehmen.« »Bitte was?« Renates Brauen schossen nach oben – so hoch, dass sie beinahe gänzlich unter ihrer Nepalmütze verschwanden. »Sie müssen den Baum woanders gekauft haben«, wurde Erik deutlicher. »Er stammt nicht von meiner Plantage.« »Das kann nicht sein!« Renate verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe ihn vor zwei Tagen an Ihrem Stand auf dem Marktplatz in Elzbach gekauft. Klar ist der von Ihnen.« Joos nickte zustimmend. Der Verkäufer lächelte unerbittlich. »Ist er nicht. Ich habe zwar einen Stand in Elzbach, aber direkt daneben ist auch der Stand eines anderen Weihnachtsbaumverkäufers.« Wieder kratzte er sich am Kopf. »Es sieht so aus, als ob dieser Baum von ihm stammt. Und ehrlich gesagt hätte ich Ihnen niemals einen Baum von solch einer miserablen Qualität verkauft.« Er beugte sich vor und zog an einem der Tannenäste, streckte ihn Renate entgegen. »Sehen Sie, der ganze Baum ist schon ziemlich trocken. Meine Bäume hingegen sind absolut frisch.« »Tja, und jetzt?« Mit einem Mal sah Renate ziemlich ratlos aus. »Ich würde Ihnen vorschlagen, Sie bringen den Baum zu Günni, der hat seinen Hof auf der anderen Seite des Tals. Er wird Ihnen dieses kümmerliche Gewächs angedreht haben. Dann soll er ihn auch wieder zurücknehmen.« Auch Joos ließ den Baum nun los, woraufhin dieser, vom schweren Stamm nach unten gedrückt, an Tillas Ende in die Höhe federte und sie mit einem Nebel aus Schneestaub und Matsch bestäubte. »Ich schleppe das Gestrüpp ganz bestimmt nicht mehr zurück in den Wagen«, verkündete er. »Und ich auch nicht!«, schoss Tilla hastig hinterher. »Aber … wir brauchen doch einen schönen Baum für unser Weihnachtsfest!« Renates Unterlippe schob sich nach vorn, und Tilla befürchtete das Schlimmste. Aber ihre Mutter riss sich zusammen. »Es ist doch unser erstes gemeinsames Weihnachten in der Mühle. Das ist etwas ganz Besonderes.« Tilla konnte sich ihrer Euphorie nicht anschließen. Was jedoch nicht an der Aussicht lag, dass sie nach all den Jahren Weihnachten wieder mit ihrer Mutter feierte. Nein, es war sogar ihre Idee gewesen, in der Mühle eine Weihnachtsparty an Heiligabend auszurichten. Und dazu hatte sie alle eingeladen, die ihr am Herzen lagen. Nur die Person, auf die sie sich besonders gefreut hatte, hatte ihr einen Korb gegeben. Zumindest der Verkäufer strahlte. »Na, dann sind Sie hier doch goldrichtig. Ich habe jede Menge wundervolle Weihnachtsbäume. In allen Größen und Formen. Ich habe kleine Bäume und große Bäume, buschige und schlanke, knubbelige und erhabene …« Er zwinkerte Renate mit einem spitzbübischen Lächeln zu. »Und allesamt sind sie garantiert Feng-Shui-tauglich!« Tilla musste grinsen, doch Joos brummte genervt vor sich hin. »Also kaufen wir jetzt noch einen Baum, oder was?«, fragte er übellaunig. »Ich mache Ihnen auch einen guten Preis«, versprach der Bauer. »Und im nächsten Jahr kommen Sie dann direkt zu mir.« Also ließen sie sich die besten Bäume zeigen, die der Hof zu bieten hatte. Bloß war keiner dabei, der Renates Ansprüchen genügte. »Die sind...