Bergner | German Burnout | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Bergner German Burnout

Woher unsere Erschöpfung und Unzufriedenheit kommen und wie wir sie loswerden
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-608-12380-7
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Woher unsere Erschöpfung und Unzufriedenheit kommen und wie wir sie loswerden

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-608-12380-7
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Deutschland ist ausgebrannt!« Dr. Thomas Bergner Dr. Thomas Bergner hat einen neuen Patienten: Deutschland! Diagnose: Burnout. Absolut verblüffend stellt der Burnout-Experte dar, wie sich Deutschlands politische und gesellschaftliche Entwicklungen sowie die gedrückte Stimmung im Land auf ein und denselben Befund zurückführen lassen  - und wie wir der Passivität und dem Missmut entkommen können. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Deutschen eine Neigung zur Apokalyptik haben: Wenn ein Gefühl viele Deutsche bewegt, dann ist es Unzufriedenheit. Immer mehr berichten auch von einem Gefühl der Leere, von Überforderung und Orientierungslosigkeit. Überbürokratisierung und politischer Reformstau scheinen zur Staatsräson geworden zu sein und zerren an unseren Nerven. Die aktuellen Krisen verstärken das negative Empfinden: Kriege, Rechtsruck, Klimawandel, Inflation. Doch was wäre, wenn dies nur Symptome einer Erkrankung sind? Der Arzt und Berater Thomas Bergner sieht in diesen Entwicklungen deutliche Anzeichen von Burnout. Anhand zahlreicher Beispiele aus Politik, Geschichte und Gesellschaft erläutert er Ursachen und Auswirkungen unseres »German Burnout« - und zeigt auf Basis seiner jahrelangen Arbeit, wie wir selbstwirksam aus diesem Zustand herausfinden.

Thomas Bergner, Dr. med., Studium der Humanmedizin in Erlangen und München, Facharztausbildung zum Dermatologen, psychotherapeutische und systemische sowie Coaching-Ausbildungen, von 1993 bis 2002 in eigener Praxis im Raum München niedergelassen, seit 1994 tätig als Coach für Führungskräfte mit dem Fokus auf Burnout-Prävention, Lösung von Überlastungsreaktionen und persönlichem Change-Management, Sach- und Fachbuchautor sowie Berater, Speaker und Trainer für internationale und mittelständische Unternehmen und im Non-Profit-Bereich.
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Ein kurzer Blick auf die Ausgangssituation


Genauso wie ein Mensch, der als Erwachsener psychische Probleme bekommt, im Sinne des psychotherapeutischen Systemverständnisses einen Blick auf seine Jugend und Kindheit werfen sollte, braucht es auch bei Deutschland den Blick auf seine Geschichte.

Die Gründung der Bundesrepublik und kurz danach die der Deutschen Demokratischen Republik folgten nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur im Deutschen Reich im Mai 1945.

Opferzahlen des Zweiten Weltkriegs (aus Bode 2006)

Schwerversehrte 1,5 Millionen

Spätheimkehrer 2 Millionen

Kriegerwitwen 2,5 Millionen

Bombengeschädigte 4,5 Millionen

Vertriebene 9 Millionen

Heimatvertriebene 14 Millionen

KZ-Tote & Kriegstote 60 Millionen

Kein Staat hat vorher innerhalb weniger Jahre so viele Millionen Menschen am Fließband getötet. Folgende Opferzahlen sind unabhängig vom Zweiten Weltkrieg zu beklagen (102): Sechs Millionen tote Menschen jüdischen Glaubens, sieben Millionen tote sowjetische Zivilisten. Drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene, 1,8 Millionen polnische und 312 000 serbische Zivilisten, eine Viertelmillionen behinderte Menschen und ebenso viele Sinti und Roma, 190 000 Zeugen Jehovas und 70 000 sogenannte »Asoziale« und »Wiederholungstäter« starben. Es waren etwa 19 Millionen Tote.

Letztlich haben wir uns darauf »geeinigt«, dass die Überlebenden des Zweiten Weltkriegs gut davongekommen sind. Erst etwa zwei Jahrzehnte nach Kriegsende wurde die Verdrängung der Gräueltaten immer lauter kritisiert und deren Aufarbeitung begann. Dem wirtschaftlichen Wiederaufbau wurde lange Zeit Aufmerksamkeit geschenkt – daran hielt man gut 30 Jahre fest (Bode 2006). Übersehen wurde dabei, dass Verschweigen und Verdrängen nicht funktionieren. Einerseits weiß man mittlerweile um die transgenerationale, auch epigenetisch determinierte, Vererbung von Traumata, gleichzeitig hatte es natürlich direkte Folgen für das Verhalten und die Psyche der Menschen dieser zwei neuen Staaten.

Gefühle von Scham und Schuld über das Geschehene blieben und wurden lange Zeit verdrängt. Das Schuldgefühl kann sich darauf beziehen, selbst zu einer fragwürdigen oder verbrecherischen Tat etwas beigetragen zu haben. Schuld kann auch entstehen, weil man nach einer schlimmen Handlung etwas nicht getan hat, wie Hilfe geleistet, oder weil man nur zu- oder weggeschaut hat. Schuldgefühle können auch bei den Menschen entstanden sein, die »noch einmal davongekommen sind«, ohne dass sie selbst schuldig wurden. Schließlich kann man sich schuldig fühlen, weil man »das Falsche fühlte«, beispielsweise weil man den Parolen der Nazis begeistert zustimmte. Die Nationalsozialisten kamen 1933 nicht durch einen militärischen Umsturz an die Macht. Die letzte freie Wahl im November 1932 zum 7. Deutschen Reichstag erbrachte immerhin 33,1 Prozent aller Stimmen für sie. Die Reichstagswahl am 5. März 1933 war aufgrund der Verordnung des Reichspräsidenten zum »Schutz von Volk und Staat« bereits nicht mehr frei. Sie fanden im Schatten der heraufziehenden Diktatur statt.

Tiefgehende Probleme in der Kindheit, besonders mit den eigenen Eltern, sind grundsätzlich traumatisch. Wer diese Erlebnisse als Kind nicht gut verarbeitet, zeigt als Erwachsener noch Jahrzehnte danach typische Verhaltensweisen und entwickelt Gefühle, die das eigene Leben nachhaltig belasten können. Ein Beispiel sind Trennungen der Eltern während der Kindheit (Hummel, Theeg 2023). Betroffene Kinder haben später als Erwachsene oft ein zu geringes Selbstwertgefühl. Daraus entstehen eine eher geringe Tatkraft und ein starkes Hilfsbedürfnis. Meistens sind diese Menschen überaus konfliktscheu. Denn ein Konflikt kann immer zu einer Belastung oder Beendigung einer Beziehung führen. Und eine solche war für diese Menschen früher schon einmal überaus schwer. Betrachten wir es in gleicher Weise für die Bundesrepublik, dann bedeutet dies: Der Vorgängerstaat sorgte für massive Traumata. Diese Erlebnisse wurden Jahrzehnte lang kaum betrachtet, sie wurden verdrängt (96, 97). Grundsätzlich wird man mit einem schlechten Ruf besser fertig als mit einem schlechten Gewissen. Man versuchte es genau umgekehrt, strebte einen guten Ruf an, unterdrückte und ertrug sein schlechtes Gewissen. Das kostet Kraft – bis hin zur Erschöpfung. Das hat wiederum Auswirkungen. Deutschland konnte kein ausreichendes Selbstwertgefühl entwickeln.

Die Gründungen der BRD und der DDR waren zudem kontrollierte Vorgänge. Den Deutschen wurde wenig zugetraut, den Alliierten viel. Davon unabhängig flossen wiederum zahlreiche Ideen aus der Weimarer Verfassung in das Grundgesetz ein. Auch die Auflösung der DDR 1989/90 und damit die Festlegung Deutschlands als das heute bestehende politische Gebilde bekam Hebammen, die zum Zwei-plus-Vier-Vertrag führten. Die Eingliederung unter die Sowjetunion im Osten und unter die USA im Westen musste zusätzlich zur Abnahme des Gefühls der Selbstwirksamkeit führen. Aber diese ist eine wesentliche Ressource für seelische Stabilität. Ob dies eine von den Siegermächten gewollte Schwächung war, bleibt im Rahmen von Vermutungen. Dennoch dürften die Fremdbestimmung ebenso wie die unsäglichen Geschehnisse bis zum Kriegsende und deren Verdrängung auch heute noch im Sinn der transgenerationalen Vererbung wirken.

Der Zusammenbruch der


Den Menschen in der DDR wurde noch mehr zugemutet als denen im Westen. Sie mussten sich praktisch übergangslos mit einer zweiten Diktatur arrangieren. Die Grenze zwischen den zwei Teilen Deutschlands isolierte die Menschen, Familien wurden getrennt. Unrecht und staatliche Bespitzelung waren an der Tagesordnung. Dermaßen drangsaliert und geschwächt fiel am 9. November 1989 die Berliner Mauer, am 3. Oktober 1990 wurde der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland rechtlich wirksam. Die Aufhebung der deutschen Teilung war sicher ein freudvoller wie kritischer Moment in unserer Geschichte.

Die Menschen aus dem Osten mussten erleben, wie ihr System innerhalb von Monaten zusammenbrach. Schon 44 Jahre zuvor war das nationalsozialistische System zusammengebrochen. Beide Male war der strukturelle Halt im Außen weg. Die fehlende Stabilität wurde nicht aufgefangen.

Die Erfahrung, die Deutsche im Westen einmal und im Osten eben zweimal machen mussten, lautet: Wer auf eine Idee setzt und von ihr nicht lässt, verliert Halt. Daher ist die menschlich übliche Schlussfolgerung, lieber im Bekannten zu bleiben, als Risiken einzugehen. Diese Einstellung führte zu Stillstand, einem Vorboten von Burnout.

Enttäuschte Erwartungen

Es gibt kaum einen Wandel, der nur Verlierer oder nur Gewinner produziert. Die Abwicklung der DDR produzierte durchaus Gewinner, und nicht nur Westdeutsche. Die Regionen rund um Leipzig, Dresden und Jena waren auf der Gewinnerseite.

Aber viele ländliche Regionen leiden bis heute unter der Abwanderung. Schon in den ersten vier Jahren nach der Einheit zogen 1,4 Millionen Menschen vom Osten in den Westen. Die Unzufriedenheit der Ostdeutschen erreichte in den 1990er Jahren ihren Höhepunkt (Pollack 2020).

Eine repräsentative Erhebung (Institut für Demoskopie Allensbach 2012) lässt etwas tiefer in das Verhältnis zwischen Ost und West blicken. Sie zeigt vor allem, dass tiefe Vorurteile bei der wechselseitigen Bewertung von Ost- und Westdeutschen bestehen. Die Ostdeutschen hatten in mehr als 40 Prozent ein negatives Bild von den Westdeutschen. Diese seien arrogant, oberflächlich und geldgierig. Von West nach Ost hatten nur 25 Prozent Vorwürfe, welche sich auf die Unzufriedenheit, Ängstlichkeit und das Misstrauen bei Ostdeutschen bezogen. Sich selbst fanden die Ostdeutschen hingegen in Ordnung. Sie schrieben sich selbst Bescheidenheit, Fleiß und Erfindungsreichtum zu. Die Westdeutschen sahen sich selbst erheblich kritischer, 83 Prozent beschrieben Selbstzweifel. Der Effekt wurde auf die stete Selbsthinterfragung im Westen zurückgeführt, die in der Ost-Diktatur so nicht vorgekommen sei. Zusammengefasst werfen die Ostdeutschen den Westdeutschen Arroganz vor. Umgekehrt wird den Ostdeutschen Hochmut attestiert. Es wird auch davon berichtet, dass ein Minderwertigkeitskomplex in vielen Ostdeutschen abgespeichert sei (137).

Damit fehlt den jeweiligen Deutschen etwas Unterschiedliches. Dem Westen fehlt an erster Stelle Dankbarkeit, das geschichtlich schmale Fenster zur Vereinigung auch genutzt zu haben. Dem Osten fehlen Demut davor und Stolz darauf, in keinem totalitären Staat mehr zu leben.

(Ver-)Blühende Landschaften Mit dem »Aufbau« Ost wurde das wiederholt, was sich ab den 1950er Jahren schon bewährt hatte. Mit Geld und noch mehr Geld wurde von dem Tatsächlichen abgelenkt. Inzwischen wurden netto über 1500 Milliarden Euro vom Westen in den Osten transferiert (69). War es in den 1950er Jahren noch die Schuld, von der abgelenkt werden sollte, so wurde in den 1990er Jahren von der Verpflichtung abgelenkt, eine neue, moderne BRD aufzubauen. Geld hilft nicht bei der Gestaltung, wenn man es nicht gezielt dafür nutzt. Geld versickert.

Wenn zwei so unterschiedliche Systeme angenähert werden, indem ein System de facto unverändert oktroyiert wird, wirkt dies demütigend. Das menschliche Gehirn bewertet soziale Ausgrenzung oder Demütigung auf die gleiche Weise wie zugefügten körperlichen Schmerz, was zur Folge hat, dass beides – physischer wie psychischer...


Bergner, Thomas
Dr. Thomas Bergner ist Facharzt und Berater. Seit 1994 ist er als Coach mit dem Fokus auf Burnout-Prävention, Lösung von Überlastungsreaktionen und persönlichem Change-Management tätig. Als Sach- und Fachbuchautor sowie Berater, Speaker und Trainer arbeitet er für internationale und mittelständische Unternehmen und im Non-Profit-Bereich.

Dr. Thomas Bergner ist Facharzt und Berater. Seit 1994 ist er als Coach mit dem Fokus auf Burnout-Prävention, Lösung von Überlastungsreaktionen und persönlichem Change-Management tätig. Als Sach- und Fachbuchautor sowie Berater, Speaker und Trainer arbeitet er für internationale und mittelständische Unternehmen und im Non-Profit-Bereich.



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