Berndorf | Eifel-Schnee | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 254 Seiten

Reihe: Eifel-Krimi

Berndorf Eifel-Schnee

Der 4. Siggi-Baumeister-Krimi
Überarbeitete Auflage
ISBN: 978-3-89425-825-2
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der 4. Siggi-Baumeister-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 4, 254 Seiten

Reihe: Eifel-Krimi

ISBN: 978-3-89425-825-2
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der 4. Band der Eifel-Serie Am Heiligen Abend verbrennen Ole und Betty in einer Feldscheune. Berndorf erzählt von Träumen und Sehnsüchten junger Leute, die alles tun, um nicht zu den Verlierern dieser Gesellschaft zu gehören.

Jacques Berndorf - Pseudonym des Journalisten Michael Preute - wurde 1936 in Duisburg geboren und lebt heute in der Eifel. Er war viele Jahre als Journalist tätig, arbeitete unter anderem für den 'stern' und den 'Spiegel', bis er sich ganz dem Krimischreiben widmete. Seine Siggi-Baumeister-Geschichten haben Kultstatus, im Grafit Verlag sind erschienen: Eifel-Blues, Eifel-Gold, Eifel-Filz, Eifel-Schnee, Eifel-Feuer, Eifel-Rallye, Eifel-Jagd, Eifel-Sturm, Eifel-Müll, Eifel-Wasser, Eifel-Liebe, Eifel-Träume und Eifel-Kreuz. Außerdem lieferbar: Die Raffkes und Der Kurier (beides Politthriller).

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ERSTES KAPITEL
  Weihnachten, das steht im Handbuch jedes anständigen Deutschen, ist ein hohes Fest, eine äußerst gefühlige Angelegenheit. Also hatte ich mir ein paar sehr schöne Zweige der Weimutskiefer aus dem Wald geholt, dazu im Supermarkt in Hillesheim zwei Kartons rote und blaue Weihnachtskugeln erstanden und vier Pakete rotes und vier Pakete silbernes Lametta – man gönnt sich ja sonst nichts. Ich hatte mir vorgestellt, zusammen mit meinen Katzen ein gemütliches Fest zu verleben, versonnen in brennende Kerzen zu blicken und sehr andächtig zu sein. Einmal im Jahr braucht der Mensch das. Am Heiligen Abend machte ich gegen Mittag Schluss mit der Arbeit und hielt Momo und Paul eine informative Rede, in der ich ihnen grob erklärte, was es mit dem menschlichen Weihnachten so auf sich hat, weshalb wir dieses Fest feiern und warum die Hälfte der Weltbevölkerung in Schmalz ersäuft, wenn sie nur an diese Tage denkt. Meine Katzen sind sehr kluge Tiere, und sie hörten mir offensichtlich aufmerksam zu, blinzelten und zeigten blanke Kinderaugen. Dann beobachteten sie nervös, wie ich eine Dose Ölsardinen öffnete und ihnen jeweils die Hälfte auf die Teller füllte. Sie fraßen mit einer ungeheuren Geschwindigkeit und lauschten dann erneut, während ich ihnen mit väterlicher Güte mitteilte, dass das nur die Vorspeise gewesen sei. Der Hauptgang bestand aus je einhundert Gramm grober, handgedrechselter Bauernleberwurst, das Dessert aus je drei Esslöffeln Vanillevla direkt von einer holländischen Molkerei nahe Utrecht. Momo übergab sich als Erster. Er erledigte das sehr dezent in einer dunklen Ecke unter dem alten Küchenherd, die ich nur erreichte, indem ich mich bäuchlings platt auf die Fliesen legte. Paul, der als jugendlicher Rabauke nicht so viel Rücksicht nahm, entleerte seinen Magen kurzerhand auf meinem neuen schwedischen Wollteppich. Weil Weihnachten war, schimpfte ich nicht. Dann gingen wir daran, unseren Weihnachtsstrauß aufzustellen und festlich zu schmücken. Die Kiefernzweige waren etwa einen Meter zwanzig lang, und die Vase, die ich auserkoren hatte, war aus Ton und ungefähr vierzig Zentimeter hoch. Handwerklich geschickt, wie ich nun einmal bin, legte ich etwa ein Kilo Kieselsteine unten in die Vase, um sie genügend zu beschweren. Schließlich füllte ich Wasser auf. Da hinein kamen die Zweige, die angenehm nach Zitrone rochen. Ich arrangierte sie so, dass eine Ikebana-Meisterin neidisch gewesen wäre. Die Kugeln und eine hoch künstlerische Drapierung des Lamettas folgten. Derweil erzählte ich meinen Katzen die Geschichte von meinem Vater und mir, als wir zusammen einen Weihnachtsbaum geschmückt hatten und dabei unbedingt einer Flasche Whisky auf den Grund gehen mussten. Ich gestand ihnen auch, dass ich sturzbetrunken von einer Leiter in den zwei Meter hohen, höchst aufwendig geputzten Baum gefallen war, der anschließend so ausgesehen hatte wie ein Kohlstrunk nach den ersten Nachtfrösten. »Weihnachten«, erklärte ich den Katzen, »ist für jedermann ein Anlass, sich zu erinnern. An all die vielen Weihnachtsfeste, die man im Kreis seiner Lieben verbracht und die man auf die wunderbarste Weise überlebt hat.« Momo hatte sich in den Sessel vor den Fernseher gelegt, Paul zu seinen Füßen. Sie schauten mir zu, und wahrscheinlich dachten sie: Der Alte sollte weniger reden und stattdessen noch ein paar Ölsardinen rausrücken. Gegen siebzehn Uhr sendete die ARD eine seit Jahrhunderten beliebte ölige Sendung in der Art Wir warten auf das Christkind. Andächtig lauschten wir dem Thomanerchor, der ganz verzückt bekundete, es sei erneut ein Ros’ entsprungen. Später brutzelte ich mir Bratkartoffeln mit sechs Spiegeleiern und überlegte, in die Christmette nach Maria Laach zu fahren. Seit ich Kind war, habe ich einen erschreckenden Hang zu mönchischem Leben. Aber dann fand ich die Idee gar nicht mehr so gut, weil es ja geschehen konnte, dass mich jemand anrief und mir fröhliche Weihnachten wünschen wollte. So etwas ist ja nicht auszuschließen. In diesem Moment klingelte entfernt mein Handy. Ich wusste genau, ich hatte gegen Mittag in der Wanne gesessen und telefoniert. Also musste das Gerät im Badezimmer sein. Es fand sich unter einem Haufen alter Handtücher. »Siggi Baumeister. Fröhliche Weihnachten denn auch«, meldete ich mich. »Ich bin es«, antwortete Dinah kläglich. »Ich wollte, ich wäre nicht zu meinen Eltern gefahren.« »Du hast darauf bestanden«, schnauzte ich. »Na denn, fröhliche auch«, schniefte sie. »Mein Vater schmückt gerade den Tannenbaum. Wie geht es denn den Katzen?« »Fantastisch«, behauptete ich. »Wie geht es dir?« »Nicht so gut«, jammerte sie. »Meine Mutter hat darauf bestanden, dass ich ein Kleid anziehe. Jetzt fühle ich mich wie achtzehnhundertachtundachtzig. Baumeister, meinst du, ich könnte übermorgen schon nach Hause kommen?« »Sicher kannst du das. Hast du deinen Eltern erzählt, dass es mich gibt?« »Noch nicht. Ich bin noch gar nicht dazu gekommen. Ich habe ein paar Freundinnen und Freunde getroffen. Dann hat mein Vater einen Puter gekauft und versaut. Er hat die Plastiktüte mit den Innereien dringelassen und plötzlich roch das so furchtbar … Baumeister, ich wollte, ich wäre in der Eifel. Was machst du heute Abend?« »Ich stelle mir vor, du wärst hier«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Habt ihr einen neuen Puter?« »Nein, aber ein Karnickel. Ich mag kein Karnickel. Ich fühle mich ganz scheußlich.« »Das legt sich. Wie geht es deiner Mutter?« »Prima, soweit ich weiß. Sie hat eben länger geweint. Wenn sie an Weihnachten grundlos weint, geht es ihr immer gut. Ich ruf dich später noch mal an. Nimm das Telefon mit ins Bett.« Ich hockte auf dem Badewannenrand und erklärte einem unsichtbaren Besucher: »So geht es Leuten, die behaupten, sie könnten Weihnachten ganz gut allein verbringen, verdammte Scheiße!« In diesem Augenblick kam von unten zunächst ein merkwürdiges Klatschen, dann ein Poltern, als sei etwas Schweres auf die Holzdielen gefallen, und ein merkwürdiger Laut zwischen heller Lebensfreude und tiefem Erschrecken. Ich verzog keine Miene, weil ich Kummer gewöhnt bin. Langsam und gefasst stieg ich in das Erdgeschoss hinab, und ich ging ungeheuer lässig, damit die blöden Viecher nicht dachten, ich wollte sie überraschen. Tatsächlich fuhren sie arglos mit ihrem neuen Weihnachtsspiel fort. Paul hatte etwas Faszinierendes entdeckt. Er sprang auf die Fensterbank, leckte sich hingebungsvoll und scheinbar traumverloren die Pfoten, um dann wie von der Sehne geschnellt in den Weihnachtsstrauß zu springen. Der lag längst auf dem Teppich, hatte sich von ungefähr vier Litern Wasser befreit und bildete ein entzückendes Arrangement von dunklem Grün und bunt glitzerndem Schmuck. Unter dem Strauß lag Momo auf dem Rücken und schien sich mächtig zu freuen, als Paul angesegelt kam. Sie balgten sich nach Herzenslust, fauchten und schienen viel Spaß miteinander zu haben. »Ich hasse euch«, rief ich in eine plötzlich aufkommende Stille. »Ich hasse euch aus tiefstem Herzen.« Ich würdigte sie keines Blickes mehr, räumte das Chaos auch nicht auf, verzog mich in mein Bett. Ich grollte und las Nietzsche. Irgendwann schlief ich ein. Als das Telefon schellte, war es drei Uhr. Ich nörgelte: »Wieso bist du noch auf?«, aber es war nicht Dinah, es war jemand, der mit kindlicher Stimme aufgeregt fragte: »Bist du dieser Journalist?« »Ja«, bestätigte ich. »Fröhliche Weihnachten. Und wer bist du?« »Ich bin Schappi«, sagte er. »Ole und Betty sind tot. Die sind am Brennen.« »Langsam, bitte. Du bist also Schappi, und es ist drei Uhr nachts. Stimmt das?« »Ja.« »Und du hast nichts getrunken?« »Nein.« »Also gut. Und wer sind Ole und Betty?« »Ole ist mein Bruder. Und Betty ist seine Frau, also seine Freundin.« »Und die sind verbrannt?« »Ja, die brennen immer noch.« Panik kroch in mir hoch. »Warum weckst du dann nicht Nachbarn oder sonst wen? Und wieso rufst du hier an? Woher hast du meine Telefonnummer?« »Mama und Papa stehen sowieso schon auf, die haben mich gehört. Ole hat gesagt, du heißt Baumeister und auf dich ist Verlass. Sagt Ole.« »Und von wo aus rufst du an?« »Vom Birkenhof in Jünkerath.« »Was brennt denn da genau?« »Die Scheune. Da haben die sich zwei Zimmer gemacht. Das weiß doch wirklich jeder.« »Warum rufst du mich an?« »Weil Ole gesagt hat, er will sowieso alles mit dir besprechen.« »Was will er besprechen?« »Was so los ist. Kannst du mal kommen?« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich kannte ihn nicht, ich wusste nichts von Ole und Betty, und vom Birkenhof in Jünkerath hatte ich auch noch nie etwas gehört. Aber der Junge klang sehr ernst und aufrichtig. »Guck genau nach, ob Papa und Mama schon auf sind, dann rufst du die Feuerwehr«, bestimmte ich schließlich. »Wähl die eins, eins, zwei und sage, dass es brennt. Ich komme.« »Ist gut, Mann«, antwortete er erleichtert. Ich hockte noch eine Weile auf der Matratze und dachte über diese Kinderstimme nach, ehe ich mich anzog und hinausging. Es war sehr kalt, der Himmel war ein schwarzes Loch, und durch den gelben Lichthof der Laterne fiel sanft der erste Schnee des Jahres. »Fröhliche Weihnachten«, sagte ich halblaut. Sicherheitshalber fügte ich hinzu: »Verdammter Mist!« Ich fuhr über Hillesheim, weil ich es nicht riskieren wollte, zwischen Wiesbaum und Birgel bei Glätte von der Straße gefegt zu werden. In den großen Wäldern hinter Hillesheim konnte ich aufdrehen und...


Jacques Berndorf - Pseudonym des Journalisten Michael Preute - wurde 1936 in Duisburg geboren und lebt heute in der Eifel. Er war viele Jahre als Journalist tätig, arbeitete unter anderem für den "stern" und den "Spiegel", bis er sich ganz dem Krimischreiben widmete.

Seine Siggi-Baumeister-Geschichten haben Kultstatus, im Grafit Verlag sind erschienen: Eifel-Blues, Eifel-Gold, Eifel-Filz, Eifel-Schnee, Eifel-Feuer, Eifel-Rallye, Eifel-Jagd, Eifel-Sturm, Eifel-Müll, Eifel-Wasser, Eifel-Liebe, Eifel-Träume und Eifel-Kreuz.

Außerdem lieferbar: Die Raffkes und Der Kurier (beides Politthriller).



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