Berndt | Schattenfürst | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Berndt Schattenfürst

Geflügelte Seelen
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7487-1349-4
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Geflügelte Seelen

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-7487-1349-4
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



In einem erbitterten Kampf tötet der junge Fürst der Nachtmahre versehentlich seinen grausamen Bruder. Von dessen Geliebten verflucht, verliert er seine menschliche Hülle und ist fortan zu einem Leben im Zwielicht verdammt. Auf der Suche nach seinem Körper durchwandert Ari die Träume der Menschen und begegnet dort der 17-jährigen Patrice. Die Traummelodie der Street Art Künstlerin zieht ihn nicht nur wegen ihrer Sinnlichkeit, sondern auch wegen ihrer Widerstandskraft an. Schnell wird ihm klar, dass er sich schon lange nicht mehr so lebendig gefühlt hat. Doch das vermeintliche Glück ist nur von kurzer Dauer, denn seine Widersacher sind ihm dicht auf den Fersen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, der ihn durch die Schattenwelt der Bretagne bis nach Amsterdam treibt. Ari wird klar, dass durch seine Liebe zu Patrice mehr als nur ein Leben auf dem Spiel steht.

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1. Prolog
  Handtuchschmal, schwarz und umwabert vom Brackwassergestank der ständig schwappenden Kanäle. Das Haus mit dem verschnörkelten Giebel, das sich in den Schatten der Nachbarhäuser duckte, musste Svanas Hort sein. Das einzige Helle war ein Schild über der Tür. Ein ausgezackter Kreis in Gold. Sonst versank das Gebäude in dunkler Trostlosigkeit. Für einen Nachtmahr kein schlechter Platz. Ungehinderter Zugang zu den vor Angst und Irrsinn strotzenden Träumen der Menschen. Ari schleuderte seine Haare zurück. Sie klatschten regennass auf den steifen Mantelkragen. Es goss in Strömen und nur wenige Augenblicke außerhalb der Kutsche genügten, damit kaltes Wasser seinen Rücken hinab rann. Mit misstrauischem Blick stieg Hákon aus. Die Elsternfedern in seinem Haar standen in alle Richtungen ab. Sein Onkel hatte sich sofort bereit erklärt, ihn zu Svana zu begleiten, der Vertrauten seines Bruders. Es hieß, sie hätte ihm einige Siege mit der alten Magie erkauft. Letztendlich war es umsonst gewesen. Die Hünen mit den gelben Bärten zerschlugen Svanas Zauber mit schweren Äxten und breiten Schwertern. Eine Alte humpelte dicht an ihm vorbei. Sie erstarrte, als sie die Rabenfedern in Aris Haaren bemerkte. Schnell zog er seine Kapuze über den Kopf. Je weniger sie auffielen, desto besser. Ari wäre es lieber gewesen, die Sonne würde unter- und nicht aufgehen, dann hätte er seinen Körper in der Kutsche ablegen können und wäre unsichtbar für die Breitgesichter. Mit Beginn der Dunkelheit löste sich die Seele eines Nachtmahres und war nur noch für ihresgleichen sichtbar. In Fleisch und Blut ließ sich nicht durch Träume wandern. »Wenn mir nicht passt, was Svana von uns will, köpfe ich sie, wie es einer Verräterin gebührt.« Hákon griff unter seinen Mantel, wo er ein Schwert verbarg. »Die Luft vibriert vor Träumen. Wir sollten uns beeilen, damit wir sie endlich genießen können.« Hoch, schrill, manchmal dumpf und schwer. Die Traummelodien der Breitgesichter. Aris Hunger wuchs, doch vorher mussten sie zu Svana. Von schräg oben, aus einem der bunten Häuser, drang ein leidenschaftlich voller Rhythmus. Die Sehnsucht, diesen Traum zu kosten, kribbelte unter Aris Haut. Hákon seufzte und neigte den Kopf. »Hör weg, Junge. Das ist noch nichts für dich.« Ach nein? Ari konnte die Sinnlichkeit auf der Zunge schmecken. Hätten sie mehr Zeit, würde er dem Schläfer einen Besuch abstatten. Wenn er sich beherrschte, dauerte es lang, bis der Träumer seine Anwesenheit bemerkte. Doch ab diesem Moment änderte sich die Melodie, bis sie zu einem angstvollen Kreischen anschwoll. Die Stippvisite eines Nachtmahres war kein Geschenk. Die Metallpoller an dem Kanal waren schmierig vor Rost und Feuchtigkeit. Amsterdam. Ari sehnte sich nach Hause. Bane lenkte die Rappen näher an das träge schwappende Wasser. Sie brauchten das Gefährt nur zu einem Zweck: um den Leichnam seines Bruders abzuholen und ihn in Brocéliande den heiligen Flammen zu übergeben. Eine bittere Aufgabe. Zumal Ari ihn getötet hatte. Nicht aus Absicht. Es war einfach geschehen. Hákon sah einem Kind nach, wie es mit der Mutter Schritt zu halten versuchte. Mit einem schiefen Grinsen leckte er sich über die schmalen Lippen. »Zu gern würde ich ihm das Glück aus den Träumen fressen.« Der Glanz in seinen Augen glich kaltem Stahl. »Ein oder zwei Nächte, und es wäre blass wie die Frau, die es auf die Welt geworfen hat.« »Deshalb sind wir nicht hier.« Ari trieb sich nie in Kinderträumen herum. Die Schonzeit endete, wenn die Breitgesichter erwachsen wurden. Hákons Vorliebe für Grausamkeit überstieg auch für einen Nachtmahr das übliche Maß. Er nahm sich niemals zurück, sondern durchpflügte jeden Traum, der ihm in die Krallen kam – mit Gewalt und Entsetzen. Dennoch war Ari froh, dass ihn sein Onkel begleitete. Eine Begegnung mit Svana hätte er allein nicht hinter sich bringen wollen. »Ari!« Hákon nickte zu einer Toreinfahrt, aus der ein Pulk Männer stolperte. Breite Gesichter, Schultern wie Gebirge und gelbe Bärte. Wie damals. Sein Herz schlug schneller. Vor Dreck und Muskeln strotzende Breitgesichter rannten auf ihn zu. Verfilzte Haare und vor Wahnsinn glühende Augen. Schartige Schwerter zerbrachen seinen Schild, zerschnitten sein Fleisch. Die Krieger brüllten wie die Winterstürme über dem Nordmeer, während Ari schweigend versuchte, ihren Hieben auszuweichen. Die Gelbbärte waren Menschen. Kein Nachtmahr richtete jemals das Wort an sie. Gleichgültig, ob er meinte, unter ihnen sterben zu müssen oder nicht. Ari schüttelte die Erinnerung mit den Regentropfen von sich. Hoffentlich hatte Hákon seine Angst nicht bemerkt. Die Hünen von damals waren tot. Zusammen mit Átthagar versunken oder später von der Zeit geholt. Menschen starben – mit und ohne Krieg. Zeitalter waren verstrichen, aber für Ari fühlte es sich an, als ob er gestern noch die Sehne gespannt hatte, um einem Gelbbart den Pfeil zwischen die Augen zu schießen. Das Krächzen der Krähen durchbrach seine Gedanken. Sie kreisten wie dunkle Wolkenfetzen um die Schornsteine des schwarzen Hauses. Svanas Lakaien. Sie hatten ihre Botschaft bis zum westlichsten Zipfel Brocéliandes getragen und ihn hierher geführt.   Ich kenne deine Taten, junger Fürst. Dein Titel ist mit dem Blut deines Bruders erkauft. Komm und hole ihn, wenn du ertragen kannst, was du in deinem kindlichen Übermut angerichtet hast.   Den Brief hatte er verbrannt, aber die Warnung, die zwischen den Zeilen stand, konnte er weder vernichten noch ignorieren. Kindlicher Übermut. Jung oder nicht, er war mit den Kriegen um Átthagar groß geworden, hatte in ihnen gekämpft und das Leid gesehen, das sie anrichteten. Immer wieder, bis er es nicht mehr aushielt, in die gebrochenen Blicke seiner Freunde zu starren. Átthagar war verloren. Seine Kälte, seine karge Schönheit. Wie hatte er seine Heimat geliebt. »Was ist, wenn dich Svana erpressen will?« Hákon musterte das schwarze Haus mit zusammengezogenen Brauen. »Einer aus deinem Gefolge muss dich verraten haben. Sie weiß, was du getan hast und hat dich in der Hand. Erfährt der Rat davon, wird er dich verbannen lassen.« »Du, Tian und Bjarki. Sonst weiß niemand, was in Átthagars letzten Stunden geschehen ist.« Bjarki und Tian hatten mehr als einmal ihr Leben für ihn riskiert. Sie waren seine Freunde, seine Lehrer. Vor jeder Schlacht, in die ihn sein Bruder hineingezwungen hatte, waren sie auf die Barrikaden gegangen. Er sei zu jung zum Kämpfen, zu unerfahren und Jarle, ob Fürst oder nicht, gehöre gesteinigt, dass er Kinder in den Krieg schickte. Auf beide konnte sich Ari verlassen. Bevor sie ihn verrieten, schnitten sie sich lieber die Zunge heraus. Mittlerweile war er kein Kind mehr. Er selbst wusste es. Aber Bjarki und vor allem Tian weigerten sich, dieser Tatsache ins Auge zu sehen. Allerdings spielten sich die Beweise dafür auch fern von ihren Augen ab. Für einen Moment fühlte sich die nasskalte Luft zu warm auf seinen Wangen an. Hákon zog eine angewiderte Grimasse. »Dennoch gefällt mir nicht, dass dieses Weib zu viel von damals weiß. Lass sie uns anhören und dann töten.« Vom Tod und Sterben hatte Ari bis in alle Ewigkeiten die Nase voll. Aus dem halb unter dem Gehsteig eingelassenen Fenster glomm Licht. Eine Frau mit eingefallenem Gesicht trat aus der Kellerwohnung. Mit müdem Blick band sie ihr Tuch enger um die Schultern. Kein Wunder, dass sie elend aussah. Sie musste sich mit einem Nachtmahr die Träume teilen. Nacht für Nacht hielt das kein Mensch aus. Mit langen Schritten überquerte Hákon die Straße und stieß die Tür auf. Ari stand noch auf der obersten Stufe, als ihm bereits ein penetranter Geruch nach Schimmel und Feuchtigkeit entgegenschlug. Nur ein einziger Raum, der durch einen Vorhang vom hinteren Teil abgetrennt war. Ein verdreckter Kohleherd, ein Bett, dessen Kopfkissen Schmutzränder zeigten. Ein Mädchen lag darin. Seine Wangen glühten fiebrig rot und auf der Stirn klebten verschwitzte Haarsträhnen. Unruhig warf es sich im Traum hin und her. »Was machen wir, wenn es aufwacht?« Hákon stieß es an der Schulter an. »Schreit es, bekommen wir Ärger.« »Es wird uns für einen Fiebertraum halten.« So krank, wie es war, ging von ihm keine Gefahr aus. Hákon beugte sich über das Mädchen und legte die Hand auf dessen Stirn. »Ich liebe Fieberträume«, murmelte er und schloss die Augen. »Wild, verworren und berstend voll mit Chaos.« Das Mädchen wimmerte im Schlaf. Es hatte den ungebetenen Gast bemerkt. Ari nahm Hákons Hand und zog sie von der heißen Stirn. Dem Mädchen ging es auch ohne seine grausamen Späße miserabel genug. Die Wohnung glich einem Loch. Die Wände waren bis unter die Zimmerdecke verrußt und die Scheiben beinahe blind. Kälte und Feuchtigkeit herrschten. Eine Ratte huschte vor seinen Füßen entlang. Hákon zog sein Schwert. Der Stahl blitzte auf. Kein Quicken, nur noch ein Zucken. »Wo versteckt sich Svana?« Er schleuderte das Tier von der Klinge und es klatschte gegen die Wand. »Je schneller wir wieder verschwinden, desto besser.« »Hier bin ich, edle Herren. Willkommen in meinem Heim.« Die vor Hohn triefende Stimme schien von überallher zu kommen. Hákon umfasste das Heft seines Schwertes mit beiden Händen. »Zeig dich.« Der Vorhang schob sich zur Seite und Svana schritt auf sie zu. »Welch eine Freude, meine Feinde zu sehen.« Der Blick der schieferdunklen...



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