Biedert | Essstörungen | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 95 Seiten, Gewicht: 108 g

Reihe: utb Profile

Biedert Essstörungen


1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-8463-3003-6
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 95 Seiten, Gewicht: 108 g

Reihe: utb Profile

ISBN: 978-3-8463-3003-6
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Anorexia Nervosa und Bulimia Nervosa sind die wohl bekanntesten Formen von Essstörungen. Esther Biedert beschreibt die jeweiligen Erscheinungsbilder dieser Störungen und einer weiteren Essstörung, der Binge Eating Disorder sowie deren Verlauf. Alle Kriterien und Instrumente, die für eine verlässliche Diagnose zentral sind, werden ebenso vorgestellt wie die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten.

Dr. Esther ist niedergelassene Psychologin in Basel. Bis 2016 war sie als Post Doc an der Universität Fribourg.
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Bulimia Nervosa –Kontrollverlust beim Essen mit unangemessenen Strategien zur Verhinderung einer Gewichtszunahme
Sich zu Überessen ist für die meisten Menschen etwas Bekanntes und Harmloses – ein meist situationsbedingter Ausrutscher, den sie schnell wieder vergessen und dem sie keine weitere Bedeutung zuschreiben. Die meisten Menschen fühlen sich durch solch gelegentliches Überessen nicht beeinträchtigt oder belastet; sie führen auch keine gezielten Maßnahmen durch, um die kurzfristig erhöhte Energiezufuhr zu egalisieren bzw. zu kompensieren.
Für andere jedoch – und meist sind die Betroffenen junge Frauen –ist übermäßiges Essen eine regelmäßige Erfahrung, die mit einem Verlust der Selbstbeherrschung bzw. -kontrolle einhergeht. Anschließend versuchen die Betroffenen auf unangemessene Weise, die hohe Energiezufuhr zu neutralisieren, indem sie beispielsweise Erbrechen selbst herbeiführen. Essen, Figur und Gewicht bekommen eine enorme Wichtigkeit und werden zu einem großen persönlichen Problem, was zu einer deutlichen Beeinträchtigung des Wohlbefindens führt.
Erscheinungsbild der Bulimia Nervosa

Kernaussage
Das Kernmerkmal der Bulimia Nervosa sind regelmäßig auftretende Essanfälle mit Kontrollverlust, während derer die Betroffenen eine ausgesprochen große Menge an Nahrungsmitteln zu sich nehmen. Zentral ist dabei das Gefühl, mit dem Essen nicht mehr aufhören zu können, beinahe wie unter Zwang vorhandenes Essen zu sich nehmen zu müssen. Vor allem der Kontrollverlust unterscheidet die Essanfälle der Bulimia Nervosa von gelegentlichem Überessen.

Im Unterschied zur Binge Eating Disorder (siehe Kapitel 3) ist die Bulimia Nervosa durch regelmäßig durchgeführte Gegenmaßnahmen gekennzeichnet: Um die bei einer Essattacke zugeführte Energiemenge zu kompensieren, wenden Menschen mit Bulimia Nervosa unangemessene Praktiken zur Gewichtskontrolle an. Dazu gehören selbst herbeigeführtes Erbrechen, Einnahme von ? Laxantien und/ oder ? Diuretika (sogenanntes „Purging“-Verhalten) sowie striktes Diäthalten, Fasten oder übermäßige körperliche Aktivität (sogenanntes „Nicht-Purging“-Verhalten).
Charakteristisch für die Bulimia Nervosa ist, dass die Betroffenen sich ausgeprägte Sorgen um Figur und Gewicht machen, deren Intensität über eine bloße Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen weit hinausgeht und letztendlich eine Belastung darstellt. Figur und Gewicht beeinflussen die Selbstbewertung der Betroffenen in enormem Ausmaß.
Typischerweise bleibt die Bulimia Nervosa über einen langen Zeitraum hinweg unbemerkt, da die Betroffenen – anders als bei der Anorexia Nervosa – meist normalgewichtig sind, ihnen von Außen nichts anzusehen ist und sie die Essanfälle aufgrund von Schuld- und Schamgefühlen meist verheimlichen.
Was ist charakteristisch für die Essanfälle bei Patienten mit Bulimia Nervosa?
Typisch für die Essanfälle der Bulimia Nervosa ist, dass die Patienten eine relativ große Menge an kalorienreichen Lebensmitteln essen. In der Regel verzehren sie während eines Essanfalls hochkalorische und leicht essbare Nahrungsmittel, auf die sie ansonsten versuchen zu verzichten oder die sie sich verbieten. Durchschnittlich werden pro Essanfall ca. 3000 bis 4000 kcal zugeführt, wobei hinsichtlich der Energiemenge individuell auch große Schwankungen zu verzeichnen sind (Guertin 1999). Typischerweise treten die Essanfälle in Zusammenhang mit strengen Diäten auf. Manche Betroffene versuchen, zwischen den Essanfällen möglichst nichts zu essen, die meisten ernähren sich nach einer relativ strikten, d.h. gewisse Nahrungsmittel verbietenden, Diät.
Die Häufigkeit der Essanfälle variiert individuell zwischen zweimal wöchentlich bis zu mehrmals pro Tag. Analog zu den Essanfällen bei der Binge Eating Disorder (BED), gehen auch die Essanfälle der Bulimia Nervosa oft mit negativen Stimmungen und Belastungen einher und haben eine stimmungs- und spannungsregulierende Funktion (z. B. Alpers /Tuschen-Caffier 2001). Im Gegensatz zur BED finden die Essanfälle der Bulimia Nervosa aber meist in einem umschriebenen kürzeren Zeitraum statt, d. h., ein Essanfall erstreckt sich nicht über mehrere Stunden, kann jedoch mehrmals pro Tag auftreten (siehe Kapitel 3).
Fallbeispiel: Typischer Essanfall mit nachfolgendem Kompensationsverhalten bei Bulimia Nervosa
„Um mein aktuelles Gewicht zu halten, versuche ich, mich einerseits möglichst gesund zu ernähren, d.h., ich vermeide hochkalorische bzw. fettreiche Nahrungsmittel und achte auch darauf, dass ich prinzipiell nicht zu viel esse. Dies gelingt mir tageweise auch immer wieder, jedoch treten seit ca. einem Jahr auch regelmäßig Essanfälle auf, die ich nicht mehr kontrollieren kann.
An einem typischen Arbeitstag esse ich kein Frühstück, im Verlauf des Morgens als Zwischenmahlzeit einen Apfel. Das Mittagessen nehme ich meist in der Kantine ein, wo ich einen kleinen Salat- oder Gemüseteller esse. Abends möchte ich eigentlich nur etwas Leichtes essen, beispielsweise einen Joghurt mit einem Stück Brot und einer Frucht. Dies gelingt mir jedoch oft nicht – anstatt dass ich nach der geplanten Mahlzeit aufhöre zu essen, kann ich nicht mehr stoppen und esse unkontrolliert weiter. Ich esse das restliche Brot mit Butter und Honig bestrichen auf und habe danach Lust auf Salziges und beginne Chips zu essen, schlussendlich so lange, bis die Tüte leer ist. Dann registriere ich plötzlich, dass ich ja bereits viel mehr gegessen habe, als ich mir vorgenommen habe. Typischerweise denke ich dann „jetzt habe ich schon wieder versagt! All meine bisherigen Bemühungen waren umsonst, jetzt kann ich auch grad weiter essen, da es eh keine Rolle mehr spielt!“ Und ich koche mir eine große Portion Spaghetti und mache diese mit viel Butter und Käse an und zum Abschluss kommt das Verlangen nach etwas Süßem, sodass ich auch noch eine Tafel Schokolade und einen großen Eisbecher weg putze.
Sobald ich mit dem Essen fertig bin, kommt die Angst, dick und unansehlich zu werden. Ich mache mir große Sorgen, dass ich die übermäßig zugeführte Energie nicht wieder loswerden kann und zwangsläufig an Gewicht zunehmen werde. Um Letzteres zu verhindern, erbreche ich die ganze Mahlzeit und fühle mich danach für einen kurzen Moment beruhigt und entspannt. Alsbald empfinde ich aber große Enttäuschung über mich selbst und schäme mich, dass ich einmal mehr die Kontrolle über das Essen verloren habe. Für die kommenden Tage nehme ich mir vor, wieder strikt nach meinem erlaubten Essplan zu essen, um mein Wunschgewicht auch halten zu können.“
Epidemiologie und Komorbidität
Wie häufig tritt die Bulimia Nervosa auf?
Hinsichtlich der Verbreitung dieser Essstörung in der Bevölkerung (? Epidemiologie) können folgende Aussagen gemacht werden: Die ? Prävalenzrate der Bulimia Nervosa bei jungen Frauen in der Allgemeinbevölkerung beträgt 1 bis 2 %. Die Gruppe mit dem höchsten Erkrankungsrisiko sind 20- bis 24-jährige Frauen. Weitaus häufiger als das Vollbild tritt die subklinisch (einzelne Symptome gestörten Essverhaltens sind vorhanden) ausgebildete Form der Bulimia Nervosa auf. Zur ? Inzidenzrate der Bulimia Nervosa liegen bislang nur wenige Untersuchungen vor, die zusammengefasst mindestens zwölf Neuerkrankungen pro Jahr bezogen auf 100 000 Einwohner angeben. In...


Biedert, Esther
Dr. Esther ist niedergelassene Psychologin in Basel. Bis 2016 war sie als Post Doc an der Universität Fribourg.



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