Bliefert | Die Samariterin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 418, 300 Seiten

Reihe: KBV-Krimi

Bliefert Die Samariterin

Thriller
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95441-445-1
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 418, 300 Seiten

Reihe: KBV-Krimi

ISBN: 978-3-95441-445-1
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sie pflegt. Sie hilft.
Doch sie kann auch anders …

In einem alten Forsthaus am Rande der Eifel verzichtet die Krankenschwester Susanne Kleinschmitt auf ein eigenes Leben. Sie pflegt ihre Mutter – eine bösartige Frau, unter deren Tyrannei sie seit ihrer Kindheit leidet. Susanne ist die sprichwörtliche Samariterin, selbstlos, still, unsicher.
Doch dann, ebenfalls aus dem Wunsch heraus zu helfen, beginnt sie einen Briefwechsel mit dem Häftling Andreas Vogel, der in der JVA Diez einsitzt. Den Briefen folgen schon bald Besuche, aus Zuneigung wird schließlich Liebe. Vogel könnte bei günstiger psychologischer Beurteilung vielleicht schon bald die Freiheit wiedererlangen.
Es hat den Anschein, dass sich Susannes Leben ganz unerwartet zum Positiven verändert. Ist dies die Chance auf das Glück, das Menschen wie sie niemals für sich zu beanspruchen wagen? Doch dann tut sich plötzlich ein Abgrund auf, als sie etwas herausfindet, das sie niemals hätte entdecken dürfen …

Ein äußerst raffiniert gewobener Thriller um Manipulation, Selbstzweifel und die Suche nach der Schuld.

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Autoren/Hrsg.


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KAPITEL 1
Es gibt Menschen, die schnarchen geradezu lieblich: sanft schnarrendes Einatmen, gefolgt von einem genussvoll entspannten Püüü oder Pfüüü; beide Sequenzen etwa gleich lang und beinahe ohne Pause aufeinander folgend: Genussschnarcher, mit schönen Träumen. Aber die waren in der Klinik eindeutig in der Minderzahl. Nach unzähligen Nachtschichten waren Susanne Kleinschmitt sämtliche anderen Varianten vertraut: Stressschnarcher zum Beispiel wirkten selbst im Tiefschlaf noch gehetzt, als gäbe es furchtbar Wichtiges, Unaufschiebbares zu erledigen: ein dumpfes Knarzen wie von einer schweren Eichentür, dann eine mitunter beängstigend lange Pause – unter zehn Sekunden Atemstillstand gab es jedoch keinen Anlass zur Sorge –, dann ein knappes, arrogantes Ph! Die Einschüchterungsschnarcher übertrafen alle anderen in Sachen Lautstärke und Kontinuität. Sie demonstrierten Dominanz und Kompetenz, ganz im Sinne jener Theorie, dass das Schnarchen einst dem Verscheuchen wilder Tiere gedient und somit der Menschheit das Überleben gesichert habe. Das Ausatmen erfolgte bei ihnen meist geräuschlos, damit der nächste Schnarcher umso wirkungsvoller in Szene gesetzt werden konnte. Mutti war Ekelschnarcherin. Ihr Einatmen erinnerte an das Geräusch, mit dem manche Männer ihren Nasenschleim zu komprimieren pflegen, um ihn anschließend auf die Straße zu spucken. Meist folgte auf Muttis Einatmer eine längere Pause – Susanne zählte jedes Mal die Sekunden –, und beim Entweichen der Atemluft entstand ein blubberndes Geräusch. Mitunter bildete sich dabei eine kleine Speichelblase, die nach kurzer Zeit mit einem »Plitsch!« zerplatzte. Susanne Kleinschmitt stellte ihrer Mutter eine Thermoskanne mit Hagebuttentee und einen Teller mit Schinkenbrötchen und Essiggurken auf den Nachttisch. »Mutti, brauchst du noch was?« »Samstags hast du noch nie Spätschicht gehabt.« Ich hab auch heute keine, aber das werd’ ich dir nicht auf die Nase binden. »Ich bin für Katja eingesprungen, das ist die Schwangere, weißt du? Die, die letztes Jahr unseren Physiotherapeuten geheiratet hat. Micha heißt er.« Glatt gelogen. »Ich will Bier.« »Gleich, Mutti.« Bier macht das Ganze noch schlimmer. Irgendwann krieg ich den Uringestank beim besten Willen nicht mehr raus. Susanne nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und brachte es – zusammen mit Flaschenöffner und Glas – ins Zimmer ihrer Mutter. Früher hatte der Raum als Esszimmer gedient, mit einem Ausziehtisch und sechs Stühlen in der Mitte. Eine sinnlose Möblierung, denn außer Pfarrer Beckmann kam nie jemand zu Besuch. Als Mutti nicht mehr in den ersten Stock hoch konnte, hatte Susanne den Eichentisch und die Polsterstühle in den Keller gebracht und das Zimmer zum Krankenzimmer umgestaltet, obwohl Mutti damals noch gar nicht krank war. Sie zog es einfach vor, im Bett zu bleiben. Raucherbein. Die Prothese lag ungenutzt im Kleiderschrank. Und irgendwann war Mutti so dick geworden, dass sie ohne Hilfe kaum noch aufstehen konnte. Oder wollte. Gertrud Kleinschmitt biss in ihr Schinkenbrötchen, kaute und musterte ihre Tochter missbilligend von oben bis unten. »Seit wann donnerst du dich für den Dienst so auf?« Susanne wurde rot. »Das Kleid hab ich doch schon seit dreieinhalb Jahren. Hab’s nur noch nie angezogen.« Auch gelogen. Aber egal. Ihre Mutter gab einen abschätzigen Schmatzlaut von sich. »Bei deinen schrohen Knien solltest du besser nur Hosen tragen.« Susanne rollte den Toilettenstuhl neben das Bett und schlüpfte in ihren Anorak. »Tschüss, Mutti. Bis dann.« Das Fahrrad stand vor der Tür, gleich neben der Treppe. Unabgeschlossen. Hierhin kam ohnehin kein Mensch. Siebenhundert Meter Mischwald bis zum nächsten Wanderpfad: Privatweg! Durchgang und Durchfahrt verboten! Das Haus war der Preis dafür, dass Gertrud Kleinschmitt bei Susannes Geburt nicht wahrheitsgemäß »Vater: Wolfgang Thelen«, sondern »Vater unbekannt« angegeben hatte. Ein uneheliches Kind wäre dem Image des traditionsreichsten Mayener Bestattungsunternehmens nun mal mehr als abträglich gewesen. Als Wolfgang Thelens Vater das Haus diskret auf Gertrud Kleinschmitt überschreiben ließ, hatte es bereits mehr als ein Jahrzehnt lang leer gestanden. Ein weißes, villenähnliches Gebäude mit Schieferdach, erbaut um die Jahrhundertwende, in Ausmaß und Ausstattung dem Zeitgeist Rechnung tragend. Nach dem Kriegsende hatte es für einige Jahre das Forstamt beherbergt: acht Zimmer, drei Mansarden, Keller, Waschküche, Vorratsraum, Balkon und Terrasse, dazu eine Küche in Gutshausformat und drei Bäder. Viel zu viel Platz für eine junge Mutter mit Kind, aber weit genug abgelegen, um Gertrud Kleinschmitt der Mayener Gerüchteküche zu entziehen. Als Gegenleistung hatte sie sich bereit erklärt, auf Kindesunterhalt zu verzichten. Lebenslänglich. Beherzt trat Susanne Kleinschmitt in die Pedale. Bestimmt wird Stefan kommen. Stefan Stühn. »Streberleiche« hatten die anderen ihn gerufen, aber Susanne hatte ihn verehrt. Glühend. Er war der Klügste in der Klasse. Eigentlich hatte Susanne das neue, taubenblaue Seidenkleid nur seinetwegen gekauft. Ich hätt mir eine passende Jacke dazu besorgen müssen. In Grau oder Beige. Der grüne Anorak passt überhaupt nicht dazu. An ihrer ehemaligen Schule angekommen, klemmte Susanne den Anorak auf den Gepäckträger und stellte das Rad genau an der Stelle ab, an der sie es auch damals immer abgestellt hatte. Auf dem Pausenhof schlug ihr ehemaliger Sportlehrer gerade ein Fass an. »Hallo! Schön, dass Sie gekommen sind. Marianne, nicht wahr?« »Susanne«, korrigierte Susanne, »guten Abend, Herr Wirtz.« »Bierchen?« »Gern.« Susanne stürzte in rascher Folge zwei Gläser eiskaltes Bitburger herunter und versuchte, in den Gesichtern der anwesenden Enddreißiger die Schulkameradinnen und Schulkameraden von damals wiederzuerkennen. Die mit den unnatürlich weinroten Haaren und dem viel zu engen Blazer musste Bettina sein. Bettina Kersten. Die hat sich schon damals für nichts als Mode und Schminken interessiert. Und der hochgewachsene Blonde mit Stirnglatze und Designerbrille war eindeutig Stefan. »Stefan?« Er saß mit Michaela Dornbusch zusammen an einem der Biergartentische und fummelte an seinem iPhone herum. Als Susanne an den Tisch trat, blickte er nur kurz auf. »Ach. Grüß dich.« Michaela Dornbusch sagte »Hi«, ohne den Blick von Stefans iPhone zu wenden. »Toller Strand.« Susanne wurde rot. »Ich wollte nicht stören.« »Ach was! Setz dich doch.« Das Seidenkleid klebte an ihren Oberschenkeln. Hätt ich doch bloß ’nen Unterrock druntergezogen! »Wie alt ist er denn jetzt?« Michaela wischte auf dem iPhone herum und schaute immer noch nicht hoch. »Finn? Dreieinhalb. Geht ab nächsten Herbst in den Kindergarten. Silke will auf jeden Fall wieder halbtags arbeiten.« »Versteh ich gut! Ging mir genauso damals.« Dieses Lachen von der Dornbusch. Aufdringlich. Genau wie früher. Michaela Dornbuschs Lachen ging in kokettes Kichern über. »Gott, ist der süß! Willst du auch mal sehen?« Sie reichte Susanne das iPhone und wandte sich dann wieder Stefan zu. Das Foto zeigte einen auffallend hellblonden kleinen Jungen, der umgeben von bunten Plastikförmchen im Sand buddelte. »Das ist unser kleiner Finn.« Susanne lächelte tapfer. Ich muss jetzt irgendwas Nettes sagen … »Finn? Schön. Passender Name.« »Was?« »Finn. Das kommt doch aus dem Gälischen. Fionn. Das heißt ja blond oder sehr hell.« »Quatsch!« Stefan lachte. »Finn kommt aus dem Schwedischen und heißt ganz einfach der Finne oder die Finnin.« »Aber bei uns auf der Station war mal eine Schottin, und die hat gesagt …« Stefan winkte ab. »Jaja. Andere behaupten, der Name würde aus dem Altgriechischen stammen. Von Phineas abgeleitet. Aber …«, er lachte erneut, »aber das ist genauso bescheuert. Das heißt nämlich dunkel oder...


Ulrike Bliefert, geb. 1951, ist eine beliebte Film- und TV-Schauspielerin. Ende der 70er Jahre wurde sie mit der Rolle der Maximiliane in den Literaturverfilmungen "Jauche und Levkojen" und "Nirgendwo ist Poenichen" bekannt. Sie wirkte bis heute in mehr als 40 Hauptrollen in Fernseh- und Kinofilmen, Serien und Reihen mit, u. a. als Täterin, Ermittlerin, Hauptverdächtige und Zeugin in vier Tatort-Folgen, in der Eifelkrimi-Reihe "Der Bulle und das Landei" und der Krimiserie "Morden im Norden". Neben umfangreicher Tätigkeit als Hörspiel- und Featuresprecherin arbeitet sie als Drehbuchautorin (u. a. Tatort "Rückfällig"), Bühnen- und Romanautorin. Sie veröffentlichte eine Jugend-Thriller-Reihe sowie diverse Kurzkrimis in Anthologien.



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