Bode | Der lange Weg in die Freiheit! Deckname "Walpurgis" | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 444 Seiten

Bode Der lange Weg in die Freiheit! Deckname "Walpurgis"

Hintergründe, sichtbare & unsichtbare Gegner, Denunzianten, Freunde & Helfer
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-347-20247-4
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Hintergründe, sichtbare & unsichtbare Gegner, Denunzianten, Freunde & Helfer

E-Book, Deutsch, 444 Seiten

ISBN: 978-3-347-20247-4
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Erst waren es Bekannte, die einen Ausreiseantrag gestellt hatten, dann deren Bekannte und immer so weiter, es war eine Kette ohne Ende. Plötzlich waren sie Teil dieser Kette, denn der Autor stellte im Juni 1984 für sich und seine Familie einen Antrag auf ständige Ausreise aus der DDR. Die Handlung ist geprägt durch eine Vielzahl von Personen, deren Einstellung von einem verwandtschaftlichen, freundschaftlichen, dienstlichen oder auch konträren Verhalten gegenüber dem Verfasser und seiner Familie geprägt war. Die Ausführungen beginnen im Frühjahr 1984, als in den bundesdeutschen Medien täglich neue Zahlen über in Gießen eingetroffene Übersiedler aus der DDR berichtet wird. Das nach der Antragstellung folgende Leben mit seinen Höhen, Tiefen, Absurditäten, Ängsten, Hoffnungen und Enttäuschungen bis zum Tag der Ausreise und den ersten Monaten in der Bundesrepublik wird aus der Sicht der Antragsteller beschrieben, immer im Kontext zu den Aussagen ihrer Kontrahenten in den Betrieben, Behörden und Institutionen während der Rückgewinnungsgespräche, vorgefunden in der von der Stasi geführten OPK-Akte 'Walpurgis'. Dramatische Höhepunkte, sie ergaben sich in den ersten Jahren reichlich, werden z.T. mit wörtlicher Wiedergabe nach dem Gedächtnis beschrieben, wie z.B. die 'Rückgewinnungsgespräche' bzw. 'Aussprachen' in den Betrieben, bei der Abt. Inneres, beim Ministerium für Inneres in Berlin und im Volkspolizeikreisamt, auch der Schweigemarsch Runde um Runde um den Alten Markt, der Besuch des Magdeburger Doms zu den jeden Donnerstag stattfindenden Friedensgebeten usw. Aus den Gedächtnisprotokollen geht die Dramatik dieser Aussprachen hervor, denn es war immer eine Gratwanderung zwischen dem, was nach 'DDR-Recht' möglich war, nämlich auf der Familienzusammenführung zu beharren, und dabei politische Attacken gegen die DDR zu unterlassen, was nicht immer leicht war. Nach den Höhepunkten kam die Zeit des Wartens und der Hoffnungslosigkeit mit ihren täglichen Trivialitäten.

Am 22. März 1939 in Magdeburg geboren, 1953 bis 1957 Lehre und Beruf als Stahlschiffbauer; 1957 bis 1960 Studium an der Ingenieurschule für Schwermaschinenbau, Abschluss als Ingenieur; 1961 bis 1970 Sachverständiger für Hebezeuge und automatische Anlagen der Technischen Überwachung; Technische Hochschule Magdeburg: 1961 bis 1967 Fernstudium, Abschluss als Dipl.-Ing. für Regelungstechnik, 1971 bis 1985 Assistent und Oberassistent, 1975 Dr.-Ing., 1979 "Facultas docendi" für "Regelungstechnik und Prozeßsteuerungen"; 1979/1980 Moçambique, Universität Maputo, Dozent für Automatisierungstechnik; 1985 bis 1989 in verschiedenen Betrieben Magdeburgs tätig als: Laboringenieur, Lagerarbeiter, Behälterbauer, Programmierer; 22.03.1989 Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR und Übersiedlung mit der Familie in die Bundesrepublik Deutschland. Nürnberg: 1989 bis 1992 als Projektingenieur tätig für die Siemens AG; 1992 bis 1993 Lehraufträge an der FH "Georg Simon Ohm"; 1992 bis 1993 freier Mitarbeiter am Bayerischen Forschungszentrum für Wissensbasierte Systeme Erlangen; 1993 bis 2003 Professor für "Theoretische Grundlagen automatisierter Systeme" an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, 1994 bis 1997 Studiendekan des Fachbereichs Elektrotechnik. Seit Oktober 2003 im Ruhestand. Verfasser mehrerer wissenschaftlicher Fachbücher zur Regelungstechnik mit MATLAB, einer kommerziellen Software zur Lösung mathematischer Probleme und ihrer grafischen Darstellung. Ehrenamtliche Tätigkeit im Archiv der Heimatgemeinde.

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3. Die unsichtbare Front 1984 Während der Jahre, die wir auf die Genehmigung zur Ausreise aus der DDR warteten, beschäftigte sich, wie unten gezeigt, die Staatssicherheit nur wenige Tage nach unserer Antragstellung beginnend, bis Monate, nachdem wir ausgereist waren, unentwegt mit uns. Die Tätigkeiten der Mitarbeiter des MfS waren für uns nicht direkt spürbar, d.h. unsichtbar. Die Aufgaben des MfS werden in [7.]9 wie folgt beschrieben: »In der umfassenden Beschaffung von Informationen sah die MfS-Führung im Einklang mit der politischen Führung eine Möglichkeit, den sog. feindlich-negativen Kräften auf Dauer wirksam begegnen zu können. Einbezogen in diese Überlegung waren Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit. Auch sollten Möglichkeiten der Informationsbeschaffung genutzt werden können, um Versuche „von Bürgern der DDR, die die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen“, zu unterbinden und zurückzudrängen, sowie Möglichkeiten für eine „vorbeugende Verhinderung, Aufklärung und wirksame Bekämpfung damit im Zusammenhang stehender feindlich-negativer Handlungen“ zu schaffen.« Ganz im Sinne der o.a. Aufgaben des MfS wurde am 15. Juni 1984 durch den Offizier des Hauses (OdH) der Kreisdienststelle (KD) Magdeburg unter der Nr. 1622 [1.]10 auf einem Vordruck nachfolgend wiedergegebener handschriftlicher Rapport erstellt: »Rapport zu Ersuchern auf Übersiedlung in die BRD/WB Datum: 15.6.84 Uhrzeit: 16.40 Uhr Wer meldet: Gen. Eckert Personalien des Antragstellers: Name, Geburtsname: Bode Dr. Ing. … Entscheidung der Abt. Innere Angelegenheiten ./. Auftreten des Antragstellers und die Reaktion Schriftlich am 6.6.84 Maßnahmen der Abt. Inneres 15.6.84 Dr. Bode. Für sich u. Familie Antrag auf Ausreise aus der DDR zwecks Übersiedlung in die BRD. Beziehen auf die Schlußdokumente KSZE In der BRD leben Bruder seiner Frau und ihre Tante. Tante hat Frau großgezogen keine Antwort von Inneres – wollen Beurteilung Einschätzung – Nächste Woche mit ihm Aussprache – WB11 nicht bekannt, koppelt sich seit längerer Zeit ab, B12 1983 nicht bestätigt
Lehre-Fernstudium VL-Studenten13 Automatisierungstechnik S. 7 u. 8 – etwas engeres VH14 nur zu Dr. M---- – Sektionsball am 8.6. kein Hinweis darauf, auch Ehefrau nichts dazu gesagt …
S. 2 S-----15, C----- ehemalige RK16
S. 6 Dr. H-----
ZV - Bode im MOP17 Planung drinne [sic!18]
Frau Apothekenwesen
Vorsitzender HGL -Kommission - Gesundheits- u. Arbeitsschutz sitzt alleine in einem Zimmer Anlage 3              WS Mgb 0017-129/84 Reg. Nr. 1622 bei Abt. Inneres« Nach dem Inhalt muss der Informant wohl aus meinem näheren Umfeld gewesen sein! Meinen Aufzeichnungen kann ich entnehmen, dass an dem Freitag, nach dem wir den ersten Antrag gestellt hatten, der Sektionsball stattfand. Da das Stellen des Antrags bis jetzt nur ein Thema unter uns und unserer Tochter war, hatten wir natürlich auch keine Person, schon gar nicht aus dem Umfeld der Hochschule, darüber informierten. Das nächste Schriftstück, ebenfalls handschriftlich, der Abt. XX/319 an Ref. 1 Gen. Major A-----, ist vom 19.6.84 [1.]20: »Versuch zur Übersiedlung in die BRD Am 6.6.84 stellte der Dr. BODE, Helmut … Oberassistent TH Mgb. bei der Abt. Inneres RdSt21 Mgb. einen Antrag zur Übersiedlung in die BRD Der Antrag wurde für die gesamte Familie gestellt, unterschrieben hat nur er Seine Ehefrau … ist Mitarbeiterin im Versorgungszentrum Pharmazie und Medizintechnik der Stadt Mgb Es existieren 2 Kinder ge. ------------- Alle Personen nicht erfaßt. An THM22 war die Antragstellung bisher nicht bekannt. Seitens der TH wird z Z eine Beurteilung des Dr B erarbeitet u eine Aussprache ist mit ihm für den 25 od. 26.06.84 vorgesehen Ziel Rücknahme. Vertrauenspersonen zur Rückgewinnung gibt es nicht. Wir bitten prüfen zu lassen – Ist die Antragstellung im Arbeitsbereich bekannt? – Wenn nicht, so umgehend Verbindungsaufnahme zur Kdr Abt.23 der THM empfehlen zur Abstimmung gemeinsamer Maßnahmen! – Gab es Anzeichen, die auf Antragstellung hinweisen? – Gibt es Vertrauenspersonen zur Einflußnahme auf die Bode – GVS VVS24 Probleme – Vorstellungen zur Arbeitsumsetzung, wenn notwendig? – Sind Aussprachen mit ihm geplant? – Sind ihre Motive bekannt? Bitte um Rückinfo bis 25.06.84 15.00 Uhr Ref Ltr XX/3« Auf der zweiten Seite des o.a. handschriftlichen Berichtes ist ein Handzettel mit den Abmessungen 10 x 10 cm festgeklammert. Dieser Zettel enthält den Namen meines großen Bruders! Und einige Begriffe, deren Bedeutung sich mir nicht erschließt, aber, was wir beim ersten Lesen der Akten in Berlin mit Befriedigung feststellen konnten, war noch folgendes vermerkt: »subj. Nichteignung 1984 ins Archiv; Dixbiona 2571; Gallrein 2770«. Wie war es zu diesem Zettel gekommen. Hier das Wenige, was ich meinem Bruder entlocken konnte, auch nach so vielen Jahren ist er nicht gewillt sich mehr darüber zu äußern! Er wurde auf seiner Arbeitsstelle angerufen und bekam zu hören: „Stellen Sie keine Fragen und machen Sie nur das, was Ihnen gesagt wird. Kommen Sie sofort zum Eingang, Sie werden erwartet.“ Er wurde von zwei Personen empfangen und in einen PKW verfrachtet. Nach einiger Zeit hielt der Wagen, er musste aussteigen und wurde in ein Haus, eine (konspirative) Wohnung und schließlich in ein Zimmer geführt. Hier versuchte man ihn dazu zu bewegen, sich zu verpflichten, über uns ständig zu berichten! Dieses Ansinnen wies er zurück, sodass er schließlich zurückgebracht wurde. Einige Zeit später starteten die MfS-Schergen einen weiteren Versuch, meinen Bruder als Informant gegen uns zu gewinnen, diesmal in einer anderen Wohnung! Aber er blieb auch diesmal wieder standhaft und lehnte dieses Ansinnen ab! Über diese Begebenheit hätte er, in seinem eigenen Interesse, Stillschweigen zu bewahren! Seine Weigerung, einer Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit gegen uns zuzustimmen, drückt sich ganz sicher in dem Vermerk »subj. Nichteignung« aus! Immer wieder, wenn ich mir diese Situation versuche vorzustellen, bewundere ich meinen Bruder für seine Standhaftigkeit, diesen „doch so um unser aller Wohl besorgten“ Stasileuten gegenüber! Er ließ sich nicht einschüchtern! Es gelang der Stasi nicht, einen IM in unsere Familie oder in unseren Freundeskreis einzuschleusen. Dafür gab es aber Personen aus dem Kollegenkreis oder aus dem Haus, in dem wir wohnten, die sich dazu berufen fühlten der Stasi, vermutlich ohne Aufforderung, als Informant oder Denunziant anzubiedern. Dazu später mehr. Nach [9.]25 gab es Ende 1989 im Stadtgebiet von Magdeburg »47 konspirative Wohnungen« und wie »im März 1990 … vom Koordinationsstab der Bürgerkomitees aus dem Zentralcomputer des MfS-Berlin« ermittelt, lag die Anzahl »für den gesamten Bezirk bei knapp 500« konspirativer Wohnungen! Im Wochenbericht der Abt. XX vom 22. Juni, Abschnitt 3.4. „Sicherungsbereich“ (SB) Hochschulen [2.]26 wird der Inhalt des Rapports vom 15. Juni zunächst in verkürzter Form wiedergegeben. Neu ist, dass sogenannte VSH27-Vermerke über BRD-Kontakte aufgeführt sind und »Lt. Ifo des Gen. OSL28 -----------, BdVP29 v. 10.6.80 hatte B. folgende Einreisen aus der BRD: 1972, 74, 77,78 und 80 Der B. muß gem. DA 1/80 in Abt. XII30 KK31 erfaßt und in ZPDB32 eingespeichert werden. Dazu ist dem Ref. AuI33 eine aufbereitete Gesamtinformation und MKM-Auskunft34 zu übergeben. Maßnahmen: B. wurde in SLK35 erfaßt und Ehefrau in VSH36 eingelegt.« Aus dem o.a. Wochenbericht ist zu entnehmen, dass sich der Genosse Oberstleutnant, er wohnte im gleichen Haus wie wir, als Informant der Staatssicherheit entpuppt, in dem er sich Daten über Besucher von Mitbewohnern beschaffte und diese an die Stasi meldete. Das geschah im Juni 1980, also zu einer Zeit, wo wir eigentlich noch als unbescholtene...



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